Heute Früh um 4 Uhr 20 Min. ist der gestern in Betrieb genommene
Wasserturm auf dem Weinberg eingestürzt.
Heute in aller Frühe vernahm man, wie schon durch eine Sonderausgabe unseres Blattes, in der Nähe des neuen Wasserturms auf dem Weinberge ein
donnerähnliches Getöse. Als man nach der Ursache forschte, fand man den Wasserturm, der gestern erst dem Betriebe übergeben worden war, vollständig in
Trümmern. In den Morgenstunden eilte eine zahlreichen Menschenmenge aus der Stadt nach der Trümmerstätte. Selbstverständlich erschienen auch die
Vertreter der städtischen Behörden zur Besichtigung des Schadens.
Der ungefähr 30 Meter hohe Turm, der schon längst weithin sichtbar war, ist vollständig zerstört. Er ist nicht seitlich gestürzt, sondern in sich
selbst zusammengebrochen. Der Helm liegt, mit der Spitze gegen Süden geneigt, auf den Trümmern. Die Backsteine des Mauerwerks liegen zerstreut umher,
die Schienen der Eisenkonstruktion sind vielfach geknickt und verbogen. Bemerkenswert ist, daß sich der Boden des eisernen Wasserbehälters von dem
oberen Teile des Behälters losgelöst hat.
Allen Anschein nach hat die Tragfähigkeit des Behälters nicht ausgereicht, denn der Boden wurde durch die Last des Wassers durchgebogen. Bemerkt
sei noch, daß gestern durch ein Versehen der Schieber, der die Zuleitung zum Wasserturm
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abschließt, erst geöffnet
wurde, als das Pumpwerk bereits einige Stunden in Tätigkeit war. Ob dadurch vielleicht irgendeine Beschädigung der Anlage verursacht wurde, wird noch
festgestellt werden müssen. Wie wir erfahren, soll das Wasser heute früh, ehe der Einsturz erfolgte, im Behälter ungefähr einen Meter unter dem oberen
Rande gestanden haben. Nach dem Einsturze trat in der Wasserversorgung in der Stadt eine vorübergehende Störung ein, doch wurde diese mit Hilfe des
alten Turmes alsbald wieder behoben.
Da gestern Nachmittag, zwischen 4 und 5 Uhr die Besichtigung des Turmes durch die städtischen Kollegien erfolgte, ist es als ein Glück anzusehen,
daß niemand verunglückt ist. Die Ursache des Einsturzes wird erst durch eine Untersuchungskommission festgestellt werden müssen. Der Turm, dessen
Behälter einen Inhalt von 300 Kubikmetern besaß, wurde mit einem Kostenaufwande von mehr als 60 000 Mark nach den Plänen des Ingenieurs Saalbach
in Dresden erbaut, das Material der Eisenkonstruktion lieferte die Firma Gebr. Barnewitz-Dresden. Heute vormittag um 10 Uhr nahm eine städtische
Kommission an Ort und Stelle eine Besichtigung vor. Gegen Mittag traf auch auf telegraphische Verständigung hin der Lieferant des Wasserbehälters
Barnewitz aus Dresden hier ein. Er erklärte, einwandfreies Material geliefert zu haben. |