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STATUT DER
GERBER-GRABE-GESELLACHAFT
ZU OSCHATZ


Druck: Oldecop's Erben, Oschatz

Sammlung: Gerald Polster






I. Nachtrag
zum Statut der
Gerber-Grabe-Gesellschaft
zu Oschatz vom 7. Juni 1892

Laut Beschluss der Generalversammlung vom 23. Mai 1893 ist den §§ 6 und 23c nach dem ersten Absatz hinzuzufügen:
„Mitglieder, welche mit Quartalsgeldern und Steuerbeträgen sich in Rest befinden und über deren Aufenthalt nach Ablauf eines Vereinsjahres nicht bekannt ist, können auf Beschluss des Gesamtvorstandes aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden,

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II. Nachtrag
beschlossen von der General-
Versammlung am 15. Mai 1894

Der § 2 in seiner bisherigen Fassung ist ungültig und hat zu lauten wie folgt:

§ 2
Zweck

Der Zweck derselben ist. im Kirchenbezirk Oschatz verstorbene und dahin zur Beerdigung überführte Gesellschafts-mitglieder oder noch nicht selbstständige Angehörige zur Ruhestätte zu bringen.



Statut der Gerbergrabe-Gesellschaft zu Oschatz

§ 1
Gründung der Gesellschaft
Die Gerbergrabegesellschaft ist im Jahre 1576 durch den Zusammentritt mehrerer Innungen, als der Loh- und Weißgerber-, Riemer-, Sattler-, Beutler- und Täschner-Innung gegründet und von dem Rathe zu Oschatz besage Urkunde vom Dienstage nach Trinitatis, den 19, Juni 1576 bestätigt worden,

§ 2
Zweck

Der Zweck derselben ist, verstorbene Gesellschaftsmitglieder oder deren noch nicht selbstständige Angehörige zur Ruhestätte zu Bringen.

§ 3
Mitgliederzahl
Die Zahl der Gesellschaftsmitglieder ist unbeschränkt und kann jeder dem hiesigen Kirchenbezirk angehörige Einwohner unbescholtenen Rufes als Mitglied der Gesellschaft beitreten,

§ 4
Aufnahme
Aufnahmegesuche sind bei dem amtierenden Gesellschaftsvorsteher schriftlich anzubringen, Ueber die Aufnahme selbst hat der Gesammtvorstand zu entscheiden, Die Aufnahme von einzelstehenden Frauenspersonen als Gesellschaftsmitglieder ist nicht gestattet. Witwen verstorbener Mitglieder bleiben Mitglieder der Gesellschaft, Ueber 50 Jahre alte Personen werden nicht aufgenommen.

§ 5
Austritt
Der Austritt aus der Gesellschaft kann jederzeit erfolgen, er steht jedem Mitgliede frei, ist jedoch dem Vorsteher schriftlich anzuzeigen, Durch den angezeigten Austritt begiebt sich das betreffende Mitglied aller und jeder Ansorüche an das Vermögen der Gesellschaft, sowie aller sonstigen Rechte ausdrücklich, Das austretende Mitglied hat für die während der Mitgliedschaft und bis zu seinem Austritt Seiten der Gesellschaft eingegngenen Verbindlichkeiten zu haften.

§ 6
Ausschluß
Wer
a)

b)
c)
oder wer
d)

mit Abführung der Eintritts- oder Quartalgeldes sich säumig erweist und nach vorhergegangenen Erinnerung seine Beiträge nicht entrichtet,
durch entehrende Handlungen der öffentlichen Achtung sich verlustig macht,
ein unanständiges Betragen in den Versammlungen zeigt

sonst den Pflichten, welche ihm nach diesem Statut obliegen, nicht oder nur zum Theil nachkommt,
kann nach Beschluss des Gesammt-Vorstandes als Mittglied ausgeschlossen werden.
Der Ausschluss zieht den Verlust aller Rechte und Ansprüche an die Gesellschaft und das Gesellschaftsvermögen nach sich.
Ueber die erfolgte Ausschließung von Mitgliedern ist der nächsten Generalversammlung Kenntniß zu geben.

 

Pflichten der Mitglieder

§ 7
Eintrittsgeld
jedes neu eintretende Mitglied hat bei der Aufnahme in die Gesellschaft
Sechs Mark Eintrittsgeld
und zwar:
Drei Mark sofort und
Drei Mark nach und nach mit einer Mark jährlich zur Gesellschaftskasse zu bezahlen.

§ 8
Quartalgeld
Außerdem hat jedes männliche Gesellschaftsmitglied in der jährlich am 3. Pfingstfeiertage stattfindenden Generalversammlung das durch Gesellschaftasbeschluß nach Bedürfniß zu erhöhende oder zu vermindernde Quartalgeld zu bezahlen. Diejenigen Personen, welche bei der Aufnahme das 40. Altersjahr bereits überschritten haben, müssen die Quartalgelder auf die Zeit vom überschrittenen 40 Altersjahren an nachzahlen.

§ 9
Jeder, der in die Gesellschaft aufgenommen wird, ist auch verpflichtet, der Begräbnisse beizutreten.


Rechte der Mitglieder

§ 10
Jedem Gesellschaftsmitgliede stehen nach erfolgter Aufnahme folgende Rechte und Vergünstigungen zu und werden bez. den Hinterlassenen gewährt:
a)

b)
c)
d)

e)
die unentgeltliche Benutzung der Begräbnißgeräthschaften bei Beerdigung von Gesellschaftsmitgliedern und deren Kindern im Alter bis zu 14 Jahren einschließlich der Bespannung des Leichenwagens.
die unentgeltliche Dienstleistung des von der Gesellschaft angestellten Grabebitters, sowie
der Träger,
die unentgeltliche Benutzung der Begräbnißgeräthschaften bei Beerdigung von Frauen der Gesellschaftsmitglieder, welche der Begräbnißkasse nicht beigetreten sind.
Beschwerden und Anträge einbringen zu können
Etwaige Beschwerden und Anträge sind entweder 14 Tage vor jeder Generalversammlung schriftlich bei dem Vorsteher, oder sofort in der Generalversammlung mündlich anzubringen, Im letzteren Falle müssen dieselben von mindestens 19 Mitgliedern unterstützt sein,

§ 11
Generalversammlung
die Gesellschaft hält alljährlich eine Generalversammlung und zwar jedesmal am dritten Pfingstfeiertage abm wozu die Mitglieder mittelst Bekanntmachung in den Lokalblättern eingeladen werden, Außerordentliche Versammlungen werden vom Vorstande bestimmt, aber müssen auf schriftlichen Antrag von mindestens 25 Mitgliedern stattfinden.

§ 12
Beschlüsse
Die in der Generalversammlung oder in jeder anderen außerordentlichen Versammlung erschienenen Gesellschaftsmitglieder sind beschlußfähig, wenn außer den Vorstandsmitgliedern noch mindestens fünf Gesellschaftsmitglieder anwesend sind,

Rechte der Gesellschaft

§ 13
Die Gesellschaft hat
a) die Wahlen der Vorsteher und Vorstandsmitglieder zu vollziehen,
b) über rechtzeitig eingebrachte Anträge zu beschließen
c) die Erhöhung oder Ermäßigung des Quartal- und Eintrittsgeldes zu bestimmen,
d) Rechnungsrevisoren zu ernennen
e) die Rechnungsjustifikation auszusprechen,
f) Beschlüsse zu fassen über Veränderung des Vereinsvermögens
g) die Höhe der von den Vorstehern etwa zu bestellenden Kautionen zu bestimmen,
h) über die Höhe der Besoldungen der Gesellschaftsbeamten zu beschließen.

Gesammtvorstand

§ 14
An der Spitze der Gesellschaft stehen zwei Vorsteher und zehn Vorstandsmitglieder, welche den Gesammtvorstand bilden.

§ 15
Funktionsdauer desselben
Die Funktion des Gesammtvorstandes dauert 6 Jahre und scheiden nach Ablauf von 3 Jahren
1. Vorsteher und 5 Vorstandsmitglieder aus.

§ 16
Pflichten des Gesammtvorstandes
Die zum Gesammtvorstande gehörigen Vorstandsmitglieder treten bei allen wichtigen Gesellschaftsangelegenheiten zur Berathung und Beschlußfassung zusammen, insbesondere haben dieselben in Gemeinschaft mit den Vorstehern zu bestimmen:
a) die Einberufung von Generalversammlungen,
b) die Feststellung der Tagesordnung zu derselben,
c) Aufnahme neuer Mitglieder,
d) Aufstellung, Kündigung und Entlassung des Grabebitters und der Träger
e) die Ausschließung von Mitgliedern auf Grund § 6 und
f) die Wahl des Schriftführers bez. Stellvertreters.

Bei der Wahl der Träger ist möglichst auf Gesellschaftsmitglieder Rücksicht zu nehmen. Der Gesammtvorstand ist beschlußfähig, wenn mindestens acht Vorstandsmitglieder anwesend sind,

§ 17
Pflichten der Vorsteher
Die Vorsteher haben
   a) das Recht, Sitzungen des Gesammtvorstandes anzuberaumen, in solchen die Geschäftsführung zu übernehmen, überhaupt aber, neben der allgemeinen Verwaltung, die Gesellschaft in allen Angelegenheiten zu vertreten.

Kassen- und Rechnungsführung
   b) die Verpflichtung, über die ihren anvertraute Gesellschaftskasse alljährlich in der Generalversammlung am 3, Pfingstfeiertage Rechnung abzulegen, dieselbe auch vier Wochen vorher behufs der Durchsicht und Prüfung an die Rechnungsrevisoren gelangen zu lassen und
   c) auf Beschwerden gegen den Grabebitter und die Träger Verweise zu erteilen,
Ein Vorsteher kann nicht beide Kassen gleichzeitig verwalten.

§ 18
Pflichten des Schriftführers
Der Schriftführer hat alle Protokolle in den Generalversammlungen und den Vorstandssitzungen zu führen.

§ 19
Besoldungen
Für die Geschäftsführung bei der Grabekasse wir der Vorsteher besonders honoriert, ebenso wird dem Schriftführer die Protokollführung und den Rechnungsrevisoren die Rechnungsprüfung vergütet.

§ 20
Die Obliegenheiten des Grabebitters sind in dem selben auszuhändigenden Dienstinstruktion geregelt,

§ 21
Wahlen
Die Wahl der Vorsteher und Vorstandsmitglieder erfolgt durch schriftliche Abstimmung und absolute Stimmenmehrheit der in der Generalversammlung anwesenden Mitglieder, Wird in dem ersten Wahlgange absolute Stimmenmehrheit nicht erzielt, so entscheidet im Zweiten Wahlgange relative Stimmenmehrheit.

§ 22
Gebühren bei Beerdigungen
Wegen Erhebung der Gebühren bei Beerdigungen ist der diesem Statut beigefügte Tarif maßgebend.

Begräbnißkasse

§ 23
Was die Begräbnißkasse anlangt, so gelten bezüglich derselben folgende Bestimmungen:

a.
Aufnahme
die Aufnahme in die Gerbergrabegesellschaft bedingt zugleich auch den Eintritt in die Begräbnißkasse, ebenso wie der Austritt oder der Ausschluß eines Mitglieder aus der Gerbergrabegesellschaft auch den Austritt oder den Ausschluß bei der Begräbnißkasse zur Folge hat.

b.
Eintrittsgeld und Begräbnißsteuer
Jedes Mitglied hat bis auf Weiteres
Mk. 30 Pf. Einschreibegeld bei dem Eintritt und
Mk. 48 Pf. Steuer bei jedem innerhalb der Gesellschaft vorkommenden Sterbefall
zu bezahlen
Jedes Mitglied, welches bei der Aufnahme das 40. Lebensjahr überschritten hat, muß die Begräbnißkassengelder von Zeit des 40. Altersjahres nachzahlen.

c.
Verfahren gegen Restanten
Wer in Abführung der Steuerbeträge sich säumig erweist und etwa verlangte Steuerreste auf vorherige Erinnerung nicht sofort bezahlt, wird auf Beschluß des Gesammtvorstandes als Mitglied ausgeschlossen. Von dieser Ausschließung ist der nächsten Generalversammlung Kenntniß zu geben. Regreßansprüche an die Gesellschaftskasse oder das Gesellschaftsvermögen stehen dem Ausgeschlossenen nicht zu,

d.
Unterstützungen
In Sterbefällen wird den Hinterlassenen eines verstorbenen Mitgliedes eine Unterstützung gegen Quittung und Bescheinigung des Ablebens ausgezahlt. Die Höhe dieser Unterstützung richtet sich nach der Zahl der Mitglieder und beträgt:
   1.) bis zum vollendeten 8. Jahre nach dem Eintritt des Verstorbenen von je 10 Gesellschaftsmitgliedern – Mk. 75 Pf;
   2.) bis zum vollendeten 16. Jahr der Mitgliedschaft des Verstorbenen von je 10 Gesellschaftsmitgliedern 1 Mk. 12 Pf., und
   3.) vom vollendeten 16 Jahre der Mitgliedschaft des Verstorbenen von je 10 Gesellschaftsmitgliedern 1 Mk. 50 Pf.
Außerdem werden von den Zinsen des Vermögens der Begräbnißkasse durch die Generalversammlung zu bestimmende Zuschüsse gewährt.

e.
Kassen- und Rechnungsführung
Die Kassenverwaltung bei der Begräbnißkasse hat derjenige von den beiden Vorstehern zu führen, welcher das Jahr vorher die Verwaltung der Grabekasse besorgte.
Ueber die Kassenverwaltung ist vom Vorsteher alljährlich und zwar auf die Zeit vom 1. April bis mit 31. März Rechnung zu führen und letztere der Generalversammlung am 3. Pfingstfeiertage vorzulegen, nachdem solche zuvor von den Rechnungsrevisoren geprüft worden ist und unter den Vorstandsmitgliedern circulirt hat.
Die Rechnungsjustifikation erfolgt auf Vorschlag des Gesammtvorstandes in der Generalversammlung durch die Gesellschaft.

f.
Fortsetzung
Die Einhebung der Steuerbeträge erfolgt durch Hinausgabe von Steuerquittungen, welche ein dem Vorsteher beigegebener Einsammler an die Gesellschaftsmitglieder auträgt, Die empfangenen Steuerbeträge hat der Einsammler unter gleichzeitiger Rückgabe der nicht eingelösten Steuerquittungen an den betr. Vorsteher abzuliefern und ist ihm zur Einsammlung eine Frist von 10 Tagen nachgelassen.

g.
Besoldung des Vorstehers
Für die Geschäftsführung bei der Begräbnißkasse wird der Vorsteher besonders honoriert und erhält derselbe für das jedesnalige Ausschreiben neuer Steuern von je 100 Mitglieder-Nummern – Mk. 75 Pf.

h.
Besoldung des Einsammlers
Derselbe erhält für das Einholen der Steuerbeträge 8 Proz. von den baar abgelieferten Beträgem.

§ 24
Abänderung der Statuten
Das gegenwärtige Statut kann nur durch Beschluß der Generalversammlung abgeändert werden,

§ 25
Schluß
Dieses in der Generalversammlung am 3. Pfingstfeiertage 1892 abgeänderte und genehmigte Statut tritt mit dem 7. Juni 1892 in Kraft

Oschatz, am 7. Juni 1892
Der Gesammt-Vorstand:
H. Richter, H; Jretzschmar, C. Bernhardt, T. Büchner, G. Dietrich, H, Hartmann, G. Kretzschmar, J. Möbuß, H. Nitzsche, E Schütze, Cl. Schulze, H. Thürmer


Tarif
über die bei
Verleihung der Begräbniß-Geräthschaften und sonst bei Bedingungen zu erhebenden Gebühren

I.
Innerhalb des Kirchenbezirks Oschatz
a) Bei Beerdigung 1, Klasse:
1. für den Galawagen und vier Pferdedecken
2. für die doppelte Bespannung
3. für die einfache Bespannung
4. für den Grabebitter
5. für jeden Träger

b) Bei Beerdigung II. Klasse und abwärts
1. für den Galawagen
2. für den zweiten Leichenwagen
3. für 4 Pferdedecken
4. für 2 Pferdedecken
5. für die doppelte Bespannung
6. für die einfache Bespannung
7. für den Grabebitter
8. für jeden Träger
9. für Benutzung der Leichentücher

c) Bei Beerdigung von Kindern:
1. für den Kinderleichenwagen
2. für die Bespannung
3. für die Grabebitter

d) für den Transport eines Leichnams
mittelst Leichenwagens von der Behausung in die Leichenhalle

II.
Bei Beerdigungen außerhalb des Kirchenbezirks Oschatz,
bis zu 6 Stunden Außenbleiben

1. für den Galawagen und vier Pferdedecken
2. für den zweiten Leichenwagen
3. für das Leichetuch
4. für 4 Pferdedecken
5. für 2 Pferdedecken
6. für den Grabebitter
7.für den Träger
8. für die einfache Bespannung bei 1 Stunde Wegeweite
    bei 2 Stunden Wegeweite
    bei 3 Stunden Wegeweite
9. für die doppelte Bespannung bei 1 Stunde Wegeweite
    bei 2 Stunden Wegeweite
    bei 3 Stunden Wegeweite



Mk. 50,--
Mk. 12,--
Mk.   6,--
Mk.   9,--
Mk.   3,--


Mk. 30,--
Mk. 10,--
Mk   6,--
Mk.  3,--
Mk. 12,--
Mk.  6,--
Mk.  5,--
Mk.  1,50
Mk.  1,50 – 6


Mk.   3,50
Mk.   3,50
Mk.   2,--


Mk. 10,--




Mk. 50,--
Mk. 12,--
Mk.   6,--
Mk.   6,--
Mk.   3,--
Mk,   5,--
Mk.   3,--
Mk.   9,--
Mk. 12,--
Mk. 15,--
Mk. 18,--
Mk. 24,--
Mk. 30,--

Bei längerem Andauern des Gebrauchs der Utensilien und der Bespannung, sowie Inanspruchnahme der Bediensteten ist die zu zahlende Gebühr mit dem geschäftsleitenden Vorsteher zu vereinbaren.

 

 


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