Oschatz-damals.de > Geschichte(n) > Chronik (Inhalt) | Zweite Abtheilung







Die Stadt ward nach ihren Ringmauern zuerst nach den Gassen und Märkten, von 1414 nach Vierteln und seit der Errichtung des Brandversicherungs-Catastrum im Jahre 1785 nach Hausnummern eingetheilt. Diesen Eintheilungen werde ich auch jetzt folgen.

1)

Dieses faßt 153 Häuser, darunter 32 Baustellen sind, die seit dem großen Brande im J. 1616 noch wüste liegen, in sich und wird eingetheilt in die Rosmaringasse, 2) die große und kleine Webergasse, 3) die Lehmgrube 4) , die Gasse an der Stadtmauer gegen Mittag, drei Queergäßchen ohne Namen und die Altoschatzer Gasse. In der Rosmaringasse ward die wüste Stelle Nr 4 den 18. Jul. 1754 von dem damaligen Besitzer des Hauses am Marke Nr. 376 gegen Versteuerung 40 gangbarer Schocke und einem Groschen Quatember, erblich angenommen und mit besagtem Hause in so weit verbunden, daß solches jederzeit für die auf der Stelle liegenden Abgaben haften muß; die Plumpenmaschine, welche zwischen dem Hause Nr. 12 und dem Mühlgraben stehet und durch welche das Wasser aus dem Mühlgraben in Röhren in das Hoffmannische Brauhaus Nr. 157 gebracht wirde, war den 7. Aug. 1717 von dem Röhrmeister Christian Troisch aus Meißen angelegt, der aber, als er den Globen zum Hinaufziehen der Röhren, die damals höher als jetzt hinaufreichten, befestigte, harabstürzte und seinen Geist aufgab, indem die Balken und Sparren aus einander gingen und umschlugen; der Röhrkasten, der sein Wasser aus dem sogenannten Bergwasser bei dem Krapfischen Weinberge Nr. 663 empfängt und vorher aus eichenen Pfosten bestand, ward im J. 1800 aus Pirnaischen Werkstücken verfertigt. Auf der großen Webergasse erhält der Röhrkasten das Wasser aus den Grünthal-Quellen durch den auf jener Gasse unweit der Plumpe unter der Erde befindlichen Theiler; die gedachte Plumpe war vor Zeiten ein Ziehbrunnen, der in den Kämmerei-Rechnungen von 1581, 1588 und 1600 der Kriegsbrunnen genannt wird. Auf der kleinen Webergasse war vor Zeiten ein Brunnen, der aber 1572 weil er kein reines Wasser gab, ausgefüllt ward. Dafür ward 1605 eine Plumpe angelegt, die aber auch nach der Zeit wieder einging. Auf eben dieser Gasse geht durch Nr. 98 die mit Nr. 97 zu des Besitzers Nicol Mennichens Zeiten Ein Haus ausmachte, ein Erbfluß, der noch jetzt das Knappenbette genannt wird 5) . Der bisher beschriebene Theil der Stadt führt in der Sprache des gemeinen Umgangs, aber nie in Schriften, den Namen Aegypten 6) . Auf der Altoschatzer Gasse hat neben und über den Thore, Nr. 123 der Röhrmeister seine Wohnung. Das Haus neben dem Thore besaß ehemals ein Bürger, Namens Thomas Gößelt und war mit der Wohnung über dem Thore nicht verbunden. Der Rath hatte den damaligen Röhrmeister daselbst eingemiethet. Durch Verwahrlosung des letztern brannte es den 5. April 1659 ab, der Eigenthümer forderte von dem Rathe Ersatz des Schadens, weil der Röhrmeister dazu unvermögend war. Der Rath dankte den letztern ab, kaufte die Brandstelle, baute das Haus für 51 fl. 8 Gr. wieder auf und überließ es dem neuangenommenen Röhrmeister, so wie allen seinen Nachfolgern, zur Wohnung. In dem siebenjährigen Kriege und nachher hatte es eine Kindermutter inne, weil der damalige Röhrmeister Risse sein eigenthümliches Haus bezog. Das auf der anderen Seite an das Thor angebaute Haus, Nr. 124 ward 1701 als die Gemerals-Accise in Oschatz ihren Anfang nahm, dem Thorschreiber überlassen, nachdem es vorher ein Rathsdiener, der Thorknecht genannt, bewohnt hatte, welcher nebst anderen Diensten auch das Aus- und Einlassen der Einheimichen und Fremden zur Nachtzeit besorgte. Die Rathsfrohnveste Nr. 126 von der das Frohngäßchen seinen Namen hat, ward im J. 1573 und 1574 mit einem Kostenaufwande von 133 Schock 51 Gr. 11 Pf. außer dem Holze, den Bruchsteinen und den Fuhren, neugebaut und war eines von den wenigen Häusern, die im J. 1616 von den Feuerflammen verschont blieben. Vor Zeiten ging der Pfarrhof oder der Hof der jetzigen Superintendur bis auf die Altoscher Gasse heran. Allein zu des Pleban Dörbachs Zeiten ward mit Erlaubniß des Seußlitzer Kloster-Convents, der die Collatur über die hiesige Pfarrkirche hatte, im J. 1457 nebst mehrern Gärten vorm Altoschatzer Thor, auch ein Theil von gedachtem Pfarrhofe, um die rückständige jährliche Pension an das Kloster bezahlen zu können, an Bürger verkauft, welche darauf die 4 Häuser, die jetzt die Nr. 127 bis 130 führen, bauten. Der Raum, auf welchem die gleich darauf folgenden Häuser, Nr. 131 bis 135 (davon in neuern Zeiten Nr. 132 und 133, 134, und 135 in Ein Haus vereinigt worden sind), stehen, war sonst ein freier Platz um den Zugang zu dem alten Stadtgerichtshause, dem jetzigen Siegelhause der Tuchmacher, gewöhnlich der Schleinitzer Hof genannt, offen zu lassen, ward aber vom Rathe, als er im J. 1478 das neue Rathhaus am Markte erbauete, einigen Bürgern überlassen, welche ihn mit Häusern bebaueten. Der jetzige Eingang in den Schleinitzer Hof, von der Altoschatzer Gasse herein, war sonst auch eine Hausstelle, die in der Kämmerei-Rechnung v.J. 1533 Trurschens Haus, das vermuthlich dem von Truchsaß auf Wellerswalde gehörte, genannt wird, aber seit dem großen Brande wüste blieb. Jedoch ward ein Theil der Wüstung bebaut, als das angrenzende Haus Nr. 131 verlängert ward. Vor kurzer Zeit stand ein Spritzenhaus an der Abendseite des Rathhauses und eines gegen über, beide wurden aber 1798 abgerissen und dafür ein erweitertes auf dem Kirchhofe an dem Siegelhause aufgerichtet. Die Häuser Nr. 138 bis mit 144 brannten den 27. Oktober 1700 ab; das Feuer kam durch Verwahrlosung in Nr. 139 Sonntags gegen 2 Uhr unter dem Nachmittagsgottesdienste aus. Der vor Nr. 138 stehende Wassertrog erhält sein Wasser aus den Altoschatzer oder kleinen Forstquellen. Nr. 136 und 137 vormals zwei Altaristenhäuser. Nach einem gerichtlichen Aufsatze in dem ältesten Stadtbuche kaufte Sonnt. vor Luca Evangel. der Pfarrer Andr. Eymmelwitz, ein halbes Steinhaus am Pfarr-Kirchhofe zu S. Aegidius von Ambrosius, einem Rathsverwandten, für 7 Schock 1 Mandel Groschen und Hempel Messerschmidts Hofestätte, neben dem vorgenannten Steinhause, am Kirchhofe um 3 Schock 20 Gr. und verordnete, daß beide Grundstücke nach seinem Absterben zum Altar des h. Kreuzes fallen sollten. Nach der Reformation wurden sie an Bürger verkauft und nachdem sie 1616 abgebrannt waren, blieben sie wüste liegen, wurden von dem Amtsvoigt und Kammer-Commisar Joh. Heinr. Höpner 1678 zu einem Garten angelegt und blieben dieses bis 1796 da sie der Tuchhändler Joh. Gottlob Schmidt aufbauete und in Ein Haus vereinigte.

Dieses Viertel führt die Haus-Nummern von 154 bis 247 fort, 2 wüste Stellen mit eingerechnet. Es gehören dazu die Häuser an der halben Mittags- und der ganzen Abendseite des Hauptmarkts und der Spohrgasse 7) , auf dem Kirchhofe, in dem Kirchgäßchen, an dem einen Theile der Mittagsseite des alten Markts, in der Nonnengasse 8) , in dem Frohngäßchen, in der Brüdergasse 9) und an der Mitternachtsseite des alten Markts.

Da beide Märkte hier das erstemal erwähnt werden, so will ich eine Beschreibung derselben sogleich mittheilen.
Der Hauptmarkt wird in älteren Zeiten der Markt schlechthin, in neuen Zeiten aber der neue Markt genannt. Die Länge beträgt 100 und die Breite 70 Schritt. Seit undenklichen Zeiten haben hier an den wöchentlichen Markttagen, sonst Montags und Sonnabends, jetzt Mittwochs und Sonnabends einige einheimische Handwerker ihre Waaren und die Landleute ihr Getreide und ihre Victualien feil gehabt. Zu der auf diesem Markte befindlichen Plumpe ward der Born im J. 1493 gegraben und das Wasser mit einem Eimer durch ein Rad herausgewunden, aber 1556 ward er zu einer Plumpe umgeschaffen. Die jetzige Gestalt erhielt die Plumpe im J. 1589 und ward den 5. Jun. d. J. aufgesetzt. Die Basis besteht aus einem Kasten von Pirnaischen Werkstücken, auf dessen Ecken vier runde steinerne Säulen und über denselben wieder ein Aufsatz von Bildhauerarbeit, auf dessen Spitze aber ein auf den Hinterfüßen stehender Löwe, das Wappen der Stadt, ruhen. George Richter, Steinmetzer in Leipzig, der sie nach dem Modell des goldenen Marktbrunnens daselbst verfertigte, bekam für seine Arbeit 21 Schock 57 Gr. Auf diesem Markte stand außer der Plumpe noch 1540 ein Röhrkasten vor dem Mogkischen Hause Nr. 156, jetzt 332.

Der alte Markt, der 238 Schritte lang und 40 breit ist, sollte eigentlich der Alden Markt genannt werden, wie er in den ältern Zeiten geschrieben ward. Denn ob er gleich älter ist als der Hauptmarkt, so hat er doch nicht von seinem höhern Alterthume, sondern von den Alden oder Leibeigenen (davon oben nachzusehen ist), jene Benennung erhalten, welche noach Erbauung der Stadt theils an diesem Markte wohnten, theils vom Lande hereinkamen und daselbst ihre Victualien verkauften. Davon schreibt sich die Gewohnheit her, daß der Viehmarkt vor jedem Jahrmarkte noch jetzt allhier gehalten wird. Ich finde auch ein Beispiel, daß dem 24. Nov. 1643 eine Kindermörderin aus dem Amtsdorfe Merkwitz auf diesem Markte enthauptet worden ist. Außerdem befand sich auch daselbst an der Abendseite des 1803 errichteten kleineren Röhrkastens eine militärische Justiz, nämlich Galgen, Pfahl und Esel v. J. 1705 bis in die Zeit des siebenjährigen Krieges. Zwei Plumpen und zwei Röhrkasten verschaffen den Bewohnern dieses Markts das nöthige Wasser.
Noch ist zu bemerken, daß an das Haus Nr. 157 des Hauptmarktes ein Brauhaus angebauet ist, in welches das Wasser durch die oben beschriebene Plumpenmaschine gebracht wird. (unter Nr. 157, ist das Haus Nr. 333 zu verstehen, während da, wo das hier genannte Brauhaus sich befand, jetzt das Haus Nr. 334 steht).
Zu den merkwürdigsten Gebäuden in dem Brüder-Viertel gehört nun zuerst:

Nr. 158 (jetzt 87), das Rathhaus. (Wir erinnern hier im Voraus an die Zerstörungen durch die Brände von 1616 u. 1842 und verweisen auf die Beschreibung in der Fortsetzung der Chronik). Der Stadtrath, der seine Sitzungen vor Entstehung dieses Gebäudes in dem Stadtgerichtshause am Kirchhofe, dem jetzigen Siegelhause, gehalten hatte, fing mit dem J. 1477 an, ein neues Rathhaus am Markte auf die Stelle eines erkauften Bürgerhauses zu erbauen. Zu Anfange des J. 1538 ward es aber abgetragen und ein neues und größeres Gebäude an dessen Stelle aufgeführt. Um es zu verlängern, kaufte der Rath zwei daranstoßende Häuser in der Altoschatzer-Gasse, nämlich ein Bürgerhaus und das Haus der Jacobiten-Bruderschaft, auf deren Stellen sich jetzt im Erdgeschosse die Accis-Stube und die Waage befinden. (Diese Räume gehören jetzt zur Rathskellerwirthschaft). Um es breiter zu fassen, ward von dem Kirchhofe abgegraben und die todten Körper wurden durch den Todtengräber weiter verlegt. Der völlige Bau dauerte vom J. 1538 bis 1546. Herzog Georg schenkte dazu auf Ansuchen des Raths 62 kieferne Stämme aus dem Wehlen Walde bei Königstein. Die Werkstücke kamen aus den Pirnaischen Steinbrüchen. Die eine an den Markt stoßende Giebelseite, woran eine neue Schlaguhr mit einer Sphärenkugel, jene für 70 Fl. diese für 3 Schock von dem Uhrmacher in Dessau, Lorenz vom Berge, angebracht ward, nimmt ihre Richtung nach Morgen, die andere aber nach Abend. Die südliche, aus 9 Fenstern bestehende Länge geht in die Altoschatzer Gasse, die nördliche dagegen zieht sich am Kirchhofe hin. Auf den beiden Ecken des Daches wurden zwei italienische Thurmhauben angebracht. Die Höhe des Gebäudes beträgt, das Erdgeschoß, unter welchem sich der Wein- und Bierkeller befindet, mit eingerechnet 4 Stockwerke. In dem Erdgeschosse war sonst die untere Trinkstube, jetzt ist die General-Accis-Expedition daselbst, auch befindet sich darin die Waage, das halbunterirdische Brodgewölbe für die hiesigen Bäcker und ein Gefängniß, der schwarze Sack genannt, über dessen Eingange von außen die Worte nach der lateinischen Bibel-Übersetzung der Vulgata in Stein ausgehauen sind: ESAIE 50. PONAM SACCv. OPERIMENTv. EORVM. 1538. (Die hier genannte General-Accis-Expedition hat man ungefähr da zu suchen, wo sich gegenwärtig die Hausflur zur Rathskellerwirthschaft befindet. Der „schwarze Sack“ ist der Raum, welcher von dem Inhaber des Verkaufsgewölbes unter den gegenwärtigen Rathsexpedition als Küche benutzt wird. Der Stein mit Inschrift ist in der neuen Ueberwölbung eingefügt, welche gegenwärtig den Eingang zu den Raths-Expeditionen von der Kirche her bildet). An der Giebelseite nach dem Markte zu steht der Pranger und über demselben sind an Ketten 2 steinerne Flaschen befestiget, welche 1526 verfertiget und sonst zänkischen Weibern zur Strafe an den Hals gehangen wurden 10) . An dieser Seite ist äußerlich eine steinerne Treppe angebracht, die in das zweite Stockwerk des Rathhauses führet. Über dem Eintritte derselben ist ein steinerner Schwibbogen mit dem Stadtwappen von Bildhauerarbeit und bei dem Austritte ein bedeckter Altan, der mit den in Stein gehauenen Bildnissen der Herzoge Georg und Heinrich verzieret ist. In dem zweiten Stocke ist des Kellerwirths Wohnung, die Billard-Stube, ein Speisegewölbe und die obere Trinkstube, welche zu Gastereien und zur Societätsstube gebraucht wird. Das kirchenförmige Gewölbe der letztern scheint die Muthmaßung zu bestätigen, daß sie anfangs zu einer Kapelle angelegt worden sei, darin, wie in den Rathhaus-Kapellen anderer Städte, z.B. in Dresden 11) gewöhnlich war, vor jeder Sitzung von einem Meßpriester eine Messe gelesen werden könnte. In dem zweiten Stockwerke befindet sich die Rathsstube, gegen über die Richterstube, außerhalb derselben das Tabulat und bei der auf den Kirchhof gehenden Treppe rechter Hand eine Stube für Wechselschuldner, die nicht bezahlen konnten. Die Rathsstube zierten ehedem verschiedene Gemälde und Kupferstiche, darunter waren 2 Bildnisse von D. Luther, davon das eine von Dav. Schmidt in Bautzen in Wachs bossirt war; die Brustbilder der Kaiser Karl V. und Rudolph II.; der Churfürsten August, Christian I. und II., des Churf. zu Brandenb. Johan Georg; des Chursächs. Administrators Friedrich Wilhelm. Nächstdem war die Raths-Bibliothek aufgestellt, welche gegen 300 Bücher und Musikalien, größtentheils dem Rathe von den Verfassern derselben verehrt, in sich faßte. Unter denselben waren gegen 30 Schriften, darin nach Gewohnheit des sechszehnten Jahrhunderts, auf jedes Jahr ein Prognosticon zustellen 12) , aus der Stellung der Sterne die künftigen Begebenheiten von Astronomen und Mathematikern vorherverkündigt wurden. Aus der Rathsstube kommt man in das feuerfeste Haupt-Archiv, darin die Urkunden, die Gerichtshandelsbücher, die Kämmerei-Rechnungen u. s. w. aufgewahrt werden, auch findet sich daselbst das Gerichtsschwerdt, das in peinlichen Fällen und bei Hegung des Halsgerichts, als Zeichen der richterlichen Gewalt, gebraucht wird, ein eisernes geketteltes Panzerhemde und der Gerichtshammer. Als zwei literarische Seltenheiten, die sich darin befinden, zeichnen sich aus ein Volumen eigenhändig an den Rath und die Bürgerschaft zur Zeit der Reformation und nachher geschriebener Briefe von Luther, Melanchthon, Justus Jonas und Georg Spalatin, und eine seltene Handschrift des Sachsenspiegels, die ich einer näheren Beschreibung würdig achte. Dieser Coder des Sächsischen Rechts ist auf Pergament in großem Folio-Format, mit gespaltenen Columnen, deren jede 35 Zeilen enthält, mit Gothischen Buchstaben im J. 1382 sehr reichlich geschrieben. Die Artikel sind mit Römischen Zahlen roth numeriert, und ihr Inhalt ist am Rande mit rother Farbe angegeben. Der Anfangsbuchstabe eines jeden Artikels ist wechselsweise roth, blau auch schwarz und roth zugleich gemalt und wo ein neuer Sinn angeht, da wird dies mit einem rothen Zeichen in Gestalt eines Lateinischen q bemerkt. Kleinere Unterscheidungszeichen finden sich nicht. Das Sächsische Lehnrecht in 3 Büchern hat 191 Columnen, doch enthält dasselbe einen Paragraphen weniger, als in Ludovici im J. 1720 gedruckter Ausgabe des Sachsenspiegels, angetroffen wird, der aber auch dabei anführt, daß er denselben nirgends als bei Zobeln in Altsächsischer Sprache gefunden habe. Der Richtsteig hat 154 Columnen und 3 Zeilen, von welchem der Inhalt eines jeden Absatzes von einer späteren Hand noch besonders am Rande mit schwarzer Tinte angegeben ist. Ehe sich das Weichbild anfängt, steht statt einer Vorrede, die ich bei Ludovici nicht finde, eine kurze Chronik von Beginn der Welt bis auf die Erbauung der Stadt Rom und dann einiger Kaiser und Könige aus dem zehnten und folgenden Jahrhunderten auf 17 Columnen. Alsdann erst folgt der Anfang des Weichbildes mit der Überschrift: hy hebit sich an wichbilde recht und dieses wird auf 97 Columnen beschrieben. Der Inhalt eines jeden Abschnittes wird auch hier von späterer Hand am Rande mit schwarzer Tinte angezeigt. Das Lehnrecht begreift 125 Columnen. Am Ende des ganzen Coder sind die Worte begefügt: Anno domini MCCC Irrit completus est lib' iste in octava corporis X st i. (den 13. Junius 1382) Zu dem Haupt-Titel sind zwar die Linien gezogen, aber er ist nicht hinein geschrieben worden. Vergleicht man diesen Oschatzer Coder des Sachsenspiegels mit dem, der sich in dem Raths-Archiv der Stadt Görlitz befindet 13) , und im J. 1387 geschrieben ward, so ist jeder um 5 Jahr älter, als dieser und um eben so viele Jahre älter als der Coder in der Wieder Bibliothek. - Der Rathsstube gegen über, liegt, wie bereits bemerkt ist, die Richterstube, worin bis zum Jahre 1727 wo die Anzahl der Rathspersonen vermindert ward, die Stadtgerichten ihre besonderen Sitzungen hielten. Im J. 1777 ward sie durch den damaligen Stadt-Syndicus und Stadtschreiber, L. Gottlieb Christ Lucius zueinem zweiten Archiv für die Civil- und Landtags-Acten, die Gerichts-Protocolle und andere Schriften, die in dem ersten Archiv keinen Raum mehr hatten, mit vieler Mühe eingerichtet, und über beide Archive ein Repertorium verfertigt. Auf dem äußeren Tabulate, wo jetzt die Tuchmacher zur Jahrmarktszeit feil halten, vollzog ehemals der Rath vor versammelter Bürgerschaft auf einem Halbzirkel den Rathsumtritt, der jetzt in der Rathsstube vorgenommen wird, desgleichen wurden hier vom Jahre 1538 bis 1581 Lateinische und Deutsche Schauspiele von Schulknaben und anderen Gehülfen, unter der Leitung des Rektors, aufgeführt, welche Gewohnheit zwar vor wenigen Jahren am jährlichen Gregorius-Feste erneuert ward, aber nun wieder eingestellt worden ist. Im J. 1565 wird auch einer Fechtschule allhier gedacht. - Ueber diesem Tabulate in dem vierten Stockwerke ist ein Boden, auf welchem am Jahrmarkte die Kürschner und Pelzhändler, davon er auch der Pelzboden heißt, und am Ablaß-Markte aber nur die einheimischen Kürschner und Schuhmacher feil haben. - Das Rathhaus brannte den 4. Julius 1616 mit den übrigen Gebäuden der Stadt ab, doch blieben die Mauern, die Gewölbe und das Archiv stehen. Mit dem unversehrt gebliebenen Archiv wurden die ältesten historischen Stadtnachrichten erhalten, ohne welche meine historische Beschreibung der Stadt sehr unvollständig ausgefallen sein würde. Um die Rathssitzungen an dem gewöhnlichen Orte wieder anfangen zu können, ward den 23. Dec. 1617 einstweilen ein sogenannter Wolf auf die Brandmauern der Rathsstube gesetzt und mit Stroh gedeckt. Den 4. April 1618 ward das Rathhaus wieder aufzubauen angefangen, vom 23. Aug. bis zum 10. Sept. d. J. gehoben, und sodann den 15. Nov. wieder mit Stroh gedeckt, um es den Winter über vor dem nachtheiligen Einfluß der Witterung zu sichern. Den 10. Jul. 1619 ward Knopf und Fahne auf die mit 40 Zentnern Schiefer aus Waren gedeckte Thurmhaube gesetzt und der äußerliche Bau vollendet. In diesem Jahre ward auch das vom Landuhrmacher, Balzer Hohmann, verfertigte Uhrwerk nebst der über der Ziffertafel angebrachten sphärischen Kugel, welche den Mondwechsel anzeigt, aufgesetzt. Die aus Kupfer 41 Pfund schwere Kugel beträgt im Durchmesser fünf Viertel-Ellen, die eine Hälfte ist dein vergoldet, die andere, blau gemahlte, mit goldenen Sternen von Elfenbein geziert. Die Uhr kostete 272 fl. und die Kugel 30 fl. nebst freier Kost für den Künstler. Im J. 1776 ward von dem Hof- und Waffenschmidt Hönicke in Salasan ein neues Uhrwerk für 70 Rthl. verfertigt, welche durch eine Anlage an 1 Quatbr. von der Bürgerschaft ausgebracht wurden. Das jetzige i.J. 1809 verfertigte Uhrwerk hat den hiesigen Huf- und Waffenschmidt Joh. Gtfr. Wagner den ältern zum Urheber, der 250 Rthl. dafür erhielt. Der örtliche Giebel des Rathhauses, an welchem die Stadtuhr befindlich ist, ward von einem Steinarbeiter aus Pirna für 17 Schock 30 Gr. verfertigt und die auf beiden Seiten desselben angebrachten 11 kupfernen übergoldeten Knöpfe wiegen 37 Pf. und kosten 4 Schock 35 Gr. - Neben dem Archiv und den vom Markte auf den Kirchhof gehenden Stufen, ward im J. 1532 die Raths-Apotheke, jetzt Nr. 159 nebst dem angrenzenden Hause Nr. 160 erbaut, um dadurch den Markt vom Kirchhofe zu trennen. Der Apotheker Fulde hatte die Apotheke von 1532 bis 1572 in Pacht. Sie ging aber nach dessen Tode wieder ein und ward nebst dem gleichanstehenden Hause an Bürger verkauft. Mit Erbauung des Hauses Nr. 159 im J. 1532 ward auch das noch jetzt daran stoßende eiserne Gitter, (anfangs der Korb, nachher aber das Narrenhäuschen genannt), zu einem Gefängniß für Feld- und Gartendiebe angelegt.

Nr. 161. Die Fleischbänke. (Jetzt Nr. 89 - Hauptwache, Militärkammer und Turnhalle.) Dieses Haus gehörte nebst den darin befindlichen 18 Bänken ehemals der Aegidius-Kirche, der Elisabeth-Kapelle, einigen Geistlichen und Privatpersonen eigenthümlich zu, die das Haus gemeinschaftlich im baulichen Wesen erhielten und die Bänke an das Fleischerhandwerk gegen einen jährlichen Zins an Unschlitt und Geld vermietheten. Derselben wird zuerst in einer Urkunde v. J. 1266 gedacht, darin der Voigt, der Rath und die Gemeine zu Oschatz nebst andern Personen bezeugen, daß der Pleban Gottfried zu Schmorkau seine Fleischbank mit 2 Fenstern zu Oschatz, von welcher er jährlich 21 Schillinge Groschen hatte, zum Heil seiner Seele und seiner Aeltern den Nonnen zum h. Kreuz den Meißen überwiesen habe. In einer andern Urkunde v. J. 1360 überläßt Hanns Koppil dem Bader Hanns den Zins von einer Fleischbank, daß er und seine Nachkommen in der Badstube ewiglich Gott zu Tode und allen gläubigen Seelen zum Troste alle Jahre Mittwochs und Reminiscere den armen Leuten ein Seelbad 14) machen solle. In der Urkunde v.J. 1410 darin Bischof Thimo zu Meißen die von Nicolaus Homuth geschehene Stiftung des Seelhauses und der Kapelle des h. Leichnams und des Blutes Christi bestätiget, wird unter den Einkünften auch des Zinses einer Fleischbank in Oschatz gedacht. So überließ auch Ambrosius Dahme und seine Ehefrau, Christina, im J. 1480 dem Gestifte zu U. L. Frauen in der Stadtkirche zwei Fleischbänke zur Unterhaltung. Von dieser Zeit an bracht der Rath, zum Besten der Stadt, alle vorhandene Fleischbänke nach und nach käuflich an sich. Schon 1482 besaß er 2 freie Fleischbänke, wovon er 2 Steine geschmolzenes Unschlitt, jährlich zu Michaelis als Zins erhielt; 1484 entrichtete er dem Pfarrer 6 Gr. jährlichen Zins für eine Fleischbank; 1487 kaufte er eine von einer gewissen Wenzelin für 3 Schock 30 Gr. welche ihm 2 Stein geschmolzenes Unschlitt und 4 Gr. jährlichen Zins zu Michaelis eintrug; 1490 kaufte er eine von Christoph Langenau für 2 Schock 48 Gr. 1495 eine von Andr. Hofmann für 1 Schock 40 Gr. Daß der Rath bis zum J. 1495 außer den angeführten noch mehrere Fleischbänke gekauft habe, ist daraus klar, weil er in diesem Jahre schon 9 Bänke besaß. Im J. 1518 gab er Urban Kemrern 3 Schock für eine Fleischbank, die der Pfarrkirche jährlich 9 Gr. und 1 Stein Unschlitt zinsete; 1521 bezahlte er für eine 6 Schock an Georg Kretzschmar; 1532 entrichtete er 36 Gr. Zins an die Pfarrkirche von 4 Fleischbänken, die er in diesem Jahre gekauft hatte, und in der Nachricht, die ich davon habe, einzeln alle angegeben werden: 10 gute Schock Hanns Nitzschen für dessen Fleischbank, auf welcher 10 Fl. Kapital stehen, das dem Altar Mariä Empfängniß (conceptionis Mariae) gehört und von welcher ein halber Stein Unschlitt und 9 Gr. Zins an die Aegidius-Kirche abzugeben sind; 10 Schock für noch eine Fleischbank an Bririus Haselt bezahlt, die dem Kloster zum h. Kreuz in Meißen 1 Stein Unschlitt zinset; 10 Schock Blasius Petzschen für eine dergleichen, davon die Aegidius einen halben Stein Unschlitt Zins erhält. Nach der Kämmerei-Rechnung v. J. 1535 besaß der Rath damals alle Fleischbänken, 18. an der Zahl und bekam davon 36 Stein Zins-Unschlitt. Eine jede Fleischbank war von der andern durch eine geflochtene Zwischenwand abgesondert. Noch jetzt entrichtet der Rath einen Jahrzins von 10 Fleischbänken an das größere Kirchen-Aerarium. Nach dem Ankaufe aller Fleischbänke erbaute der Rath das dazu gehörige Haus 1531 und 1532 von neuem für 135 Schock 33 Gr. 8 Pf. und ließ im obern Stockwerke 2 Wohnungen einrichten, die er anfangs vermiethete, aber nach der Reformation an die beiden Baccalaureen der Schule überließ, die dieselben auch bis zum großen Brande inne hatten. Die Fensterstöcke sind in dem an den Markt anstoßenden Giebel, der im Brande stehen blieb, noch jetzt zu sehen. Der Wiederaufbau des Gebäudes ward den 29. Jun. 1623 angefangen, den 28. Sept. 1624 bis zum Heben gebracht, den Winter über mit Stroh gedeckt, und im J. 1625 erst vollendet. Der auf der Morgenseite eingebauten Soldaten-Hauptwache wird zuerst im J. 1676 gedacht. Das ehemalige Miethgewölbe an derselben ward 1780 als ein ganzes Bataillon Infanterie sein Stand-Quartier in der Stadt erhielt, zu einer Stube für den wachhabenden Officier eingerichtet. Die Linden in den Schranken wurden von der im J. 1723 aufgerichteten königlichen Frei-Compagnie, die hier im Quartier lag und den Dienst auf dem Hubtertusburger Palais zu verstehen hatte, angepflanzt und die außer dem Schranken im J. 1799 von der Commun gesetzt. Statt der vormaligen hölzernen Schranken wurden 1780 steinerne mit ketten verbundene Säulen eingegraben.

Nr. 162 die Garküche. (Das Gebäude, in welchem sich gegenwärtig das Regimentsbureau befindet.) Diese besteht aus drei nach und nach zusammengebauten Häusern. Das erste kaufte der Rath 1492 von Thomas Langen für 20 Schock und legte zum Besten der Stadt die Garküche darein. Das zweite ward zur Vergrößerung derselben 1517 von Andr. Gerlern dazu gekauft. Das dritte kam 1576 dazu und ward dem Besitzer Hieron. Ruprecht mit 26 Schock 15 Gr. bezahlt, vom Rathe aber das Jahr darauf, um es den anderen gleichförmig zu machen, von neuem gebaut. Nach dem Brande ward das ganze Gebäude den 22. Junius 1617 gehoben. Der Garkoch, der vor Zeiten bei dem Contingent, das die Stadt zu den Heerfahrtszügen stellen mußte, die Stelle eines Marketenders vertrat, hatte die Garküche inne und übte, statt eines Wartegeldes, auf derselben die Freiheit der öffentlichen Gastirung gegen einen gewissen Jahreszins aus 15) . Im J. 1584 hatte der Stuhlschreiber seine Wohnung mit daselbst.

Nr. 167. Die Stadtkirche (jetzt Nr. 94). Dies ist der gewöhnliche Name, womit unsere hauptkirche jetzt bezeichnet wird. In älteren Zeiten ward sie die Pfarrkirche zu St. Aegidius genannt, weil ihre ersten Erbauer den h. Aegidius 16) zum Schutzheiligen derselben erwählt hatten. Das erste und älteste Kirchengebäude ward statt der eingegangenen Burg-Kapelle in den Keilgärten, gleich bei Entstehung der Stadt am Ende des zehnten Jahrhunderts von Holz erbauet und mit Schindeln gedeckt; denn Kirchen von Stein und mit Ziegeln gedeckt, waren in den Zeiten des Mittelalters eine große Seltenheit, daher es von den Geschichtschreibern des elften Jahrhunderts, wenn sie der Erbauung einer Kirche gedenken, als etwas vorzügliches angemerkt wird, daß sie von Stein aufgeführet worden sei. Unsere Stadtkirche war im Anfange die einzige Kirche in dem Oschatzer geistlichen Bezirke und die dazu gehörigen Ortschaften hielten sich so lange zu derselben, bis in denselben eigene Kapellen und Pfarrkirchen gestiftet wurden. Zu welcher Zeit das Mauerwerk und kunstreiche Gewölbe der gegenwärtigen Kirche, das sowohl bei der Hussitischen Verbrennung der Kirche im J. 1429 als in dem Brande 1616 unzerstört blieb, erbauet worden ist, kann in keiner vorhandenen Schrift ausfindig gemacht werden. Die sie in ihrer Gothischen Bauart der Nicolai-Kirche in Leipzig ähnlich ist und diese im zwölften Jahrhunderte ihr Dasein erhalten hat 17) , so vermuthe ich, daß das Mauerwerk und Gewölbe unserer Stadtkirche auch um diese Zeit verfertigt worden sei. Der mit einem großen Kostenaufwande ausgeführte Bau konnte damals um so eher bestritten werden, da ein großer Theil der Dörfer des ehemaligen Oschatzer Presbyteriats, die jetzt eigene Pfarrkirchen haben, in unsere Stadtkirche eingepfarrt war. Peccenstein 18) meldet vom Markgrafen Friedrich mit der gebißnen Wange, daß er der Stadtkirche zu Oschatz unter andern Heiligthümern, auch einen blutigen Dorn aus der Dornenkrone Christi, den er von Rom als ein (in jenen Zeiten hochgeachtetes) Geschenk in einem großen kristallenen Glase erhalten, verehret habe. Dies hätte viele Wallfahrten veranlasset und der Stadt zu einer großen Aufnahme gedienet. - Solche Schenkungen an eine Kirche geschahen damals gemeiniglich alsdann, wenn sie eine reichliche Unterstützung zu ihrer neuen Erbauung, oder zu einer starken Reparatur bedurfte. Waren neue Heiligthümer angekommen, so geschahen desto häufigere Wallfahrten in verdienstlicher Absicht zu einer solchen Kirche. Wer sie unternahm, kam nicht mit leeren Händen, sondern legte reichliche Gaben an Gelde oder andern Kostbarkeiten auf den Altar. Dadurch bekam eine Kirche eine ansehnliche Beihülfe zur Ausführung ihres Baues. Könnte nicht Markgraf Friedrich bei seinem Geschenke an unsre Stadtkirche, da er ohnedem für Oschatz eine besondere Vorliebe hatte, auch die wohltätige Absicht gehabt haben, den Bau derselben, in welchem man vielleicht damals begriffen war, dadurch zu befördern? Da dieses sehr wahrscheinlich ist, so könnte man noch bestimmter entweder das Ende des dreizehnten, oder den Anfang des vierzehnten Jahrhunderts für die Zeit der Erbauung unserer Stadtkirche in dem Zustande, in welchem sie in ihren Mauern, Pfeilern und in ihrem Gewölbe noch jetzt vorhanden ist, annehmen.

Der Altar-Chor 19) bestehet aus zwei Abtheilungen, davon die unterste älter ist, als die obere. Der ältere Theil ist drei Stufen höher, als der übrige Theil der Kirche und war über den Stufen, die zur obern Abtheilung führen, mit einer Querwand eingeschlossen. In den Zeiten des Papstthums stand daselbst der Hochaltar, der nach der durch die Hussiten verursachten Verwüstung der Kirche durch Feuer im J. 1443 neu erbauet ward, wozu Ulrich von Saalhausen, der damals in Oschatz wohnte, 20 gute Schock Schildgroschen Freiberger Münze verehrte. Nach der Reformation wurden in diesem untern Theile des Altar-Chors folgende Personen begraben: die Superintendenten M. David Kleeblatt, M. Georg Cademann, M. Joh. Jenzsch, D. Johann Boßeck, M. C. Christoph Zandt; die Archidiak. M. Christoph Messerschmidt, M. Abel Weidemann, M. Christ. Jenzsch, der Diak. M. Christoph Weber; die Amtmänner Johann Heinrich Höpner, Vater und Sohn, D. Christian Lehmann nebst ihren Gemahlinnen, der am 9. April 1762 verstorbene regierende Bürgermeister, Christian Gotthelf Steppner. Außerdem befinden sich daselbst die Epitaphien von M. Cademann, M. Jenzsch, D. Boßeck, M. Messerschmidt, M. Weidemann, M. Weber, M. Jenzsch, von dem Cammercommiss. J.H. Höpner und dessen Gemahlin, von D. Joh. Friedlieb Höpner, Erbherrn und Altoschatz. - Im J. 1464 ward der vier Stufen höhere, aber schmälere Theil des Altar-Chors angebaut, und, nachdem der Grundstein am Abende Philippi Jacobi (den 1. Mai) gelegt worden war, am Tage Nikolai (den 6ten December) eingeweihet, wie die an einem äußern Pfeiler an der Südost-Seite in Stein gehauene Mönchsschrift deutlich berichtet. Die Mauern desselben sind bis unter das Dach von Pirnaischen Steinen aufgeführet und mit 5 äußern Pfeilern, auf welchen die Bogen des Gewölbes ruhen, verstehen, zwischen denen 5 hohe Bogenfenster, die den Chor vortrefflich erleuchten, angebracht sind. Unter dem Fußboden desselben ward zugleich eine gewölbte Kapelle mit 5 Bogenthüren, wozu der Eingang vom Kirchhofe hereinging, zur Vorsorge angeleget, wenn etwa noch mehrere Altäre, für welche in der Kirche selbst kein Raum mehr war 20) , gestiftet würden. Es ist aber nirgends eine Nachricht vorhanden, daß jemals eine gottesdienstliche Handlung darin verrichten worden wäre. Vielmehr erhellet aus den Kämmerei-Rechnungen, daß sie im J. 1531, im Winter, (also schon vor der Reformation allhier) beim Bau der Fleischbänke zur Aufbewahrung der dazu nöthigen Steine gebraucht worden ist. Nach der Reformation wurden 3 Thüren zugemauert und seitdem dienet sie dem geistl. Aerarium zu einem Kalkgewölbe und Aufbewahrungsorte für Bau-Materialien. - An der Mitternachtswand des Altar-Chors sind die Bildnisse der Superintendenten D. Garthius, D. Cundisius, M. Jenzsch, D. Rehbold, D. Boßeck, D. Richter, D. Strohdach, M. Zandt und von Brause befestigt. Diesen gegen über ist das Epitaphium von des Superint. D. Rehbolds Gemahlin Concordie, geb. Köppelin, gest. den 28sten October 1682. Es ist von Bildhauerarbeit, welche die Auferstehung Christi darstellt, und ist mit einer sinnbildlichen Abbildung des Glaubens, der Liebe und Hoffnung geziert. Auf der Mittagsseite des untern Altarchors ist ein steinerner Chor angebracht, der sonst der hier wohnenen Familie von Schleinitz zur Emporkirche diente, nachher aber dem hier in Garnison stehenden Militär eingeräumet ward. - Der erste Altar in dem neuangebauten Theile des Altar-Chors ward von dem Maler Hahn für 263 fl. verfertigt, von dem Meißner Weihbischof eingeweiht und zum Hochaltar bestimmt, dagegen aber der in dem untern Theile des Altar-Chors stehen gebliebene bis zur Reformation zum Mittel-Altar gebraucht. Jener Altar scheint im großen Brande 1616 unversehrt geblieben zu sein, wenigstens finde ich keine Nachricht, daß bei der Wiederherstellung der Kirche ein neuer verfertigt worden sei. Der jetzige Altar, der 24 Ellen hoch und 14 Ellen breit ist, ward im Jahre 1684 von dem Bildhauer Joh. Fried. Richter zu Meißen für 750 Thaler ausgearbeitet. das Hauptgemälde desselben stellet die Verfinsterung der Sonne bei dem ode Jese vor. Der Kammer-Commissar und Amtsvoigt Höpner trug zu den Kosen desselben 300 fl. bei, wofür ihm die Anlegung eines Erbbegräbnisses unter dem Soldaten-Chore gestattet ward. Auch legirte Samuel Böse 100 Rth. und Aegidius Berger 50 Rth. dazu. Der Superint. D. Rehbold weihte denselben am 22. Jun. 1684 mit einer Predigt ein. Der alte Altar ward an die im J. 1724 abgebrannte Kirche in Mutzschen verkauft. Nicht nur der Altar, sondern auch die Communion-Gefäße, Bekleidungen und andere Zierrathen sind Denkmäler von der Wohltätigkeit unserer Vorfahren. Als die Croaten zur Zeit des dreißigjährigen Krieges den 13. Okt. 1632 die Kirche geplündert, alle Ornate, 10 Kelche, eine große silberne Kanne und andere Sachen mehr geraubt hatten; so wetteiferten wohlhabende Bewohner unserer Stadt, diesen Verlust wieder zu ersetzen. Ihre Geschenke und Namen verdienen, zu dankbaren Erhaltung ihres Gedächtnisses genannt zu werden. Der Bürgermeister Tobias Taucher machte den Anfang und schenkte 1632 einen ganz vergoldeten Kelch, mit der Inschrift: Hoc ore sumitur, quod fide creditur. Accipe ex calice, quod effluxit e latere, dem er einen Hostien Teller beifügte. Der Amtsvoigt Sebastian Weißenberg folgte nach und verehrte einen ähnlichen Kelch mit dem Chronodistichon: October qVateret noVles Vt LVCe refVLget terna qVater teMplo poCLa Croata raplt. Ferner: Orto bls rIgIDo FebrVarIo In orbe CorVsCo, VveIssenbergae hIC a Vrea PoCLa LoCat. Im J. 1633 übersendeten der Bürgermstr. Daniel Richter und das Lohgerber Handwerk ebenfalls 2 vergoldete Kelche. Zacharias Weber, ein Weißgerber nebst seiner Ehefrau thaten ein Gleiches. Den Beschluß machte der Kaminer-Commißar und Amtsvoigt H.H. Höpner, nebst seiner Gemahlin Sophien Eusebien, gebornen Salzwedel mit einem großen vergoldeten Kelche, darauf die Namen der Geber mit den Buchstaben H. H. H. S. E. G. S. nebst dem Wappen angezeigt sind. Überdies wurden aus August Winkelmanns Legate 1637 6 Hostien-Teller der Kirche zugestellt. ein viereckiges silbernes Deckelchen über die Hostien schenkte M. E. Schalin und die silberne Hostien-Schachtel nebst einem mit getriebenen Blumenwerke gezierten Deckel verehrte 1685 ebenfalls ein milder Geber, dessen verzogener Name zwar an der Seite eingestochen ist, aber aller angewandten Mühe ohngeachtet nicht zu errathen ist. Durch die silberne, inwendig ganz und auswendig zum Theil vergoldete, Communion-Kanne machte sich 1644 Frau Justina, Michael Kirbachs, B. und Seifensieders allhier, Ehegattin und Johann. Pinkerts, erst Amtschößers in Oschatz und dann zu Mühlberg hinterlassene Tochter, um unsere Kirche verdient. Das silberne Crucifix, das nur an hohen Festtagen auf den Altar gesetzt wird, verehrte in neuern Zeiten die Fr. Stadtrichterin Gerhard. - Die Altar- und Kanzel-Bekleidungen rühren nicht weniger von wohlthätigen Mitbürgern her, die ehemals unter uns lebten. Die geblümte, roth stoffene verehrte 1743 Fr. Anna Sophia, geborne Ballweg aus Oschatz, Joh. Jac. Franzens, Weinhändlers in Leipzig hinterlaßene Wittwe, die den 30. Sept. 1775 zu Torgau in einem Alter von 92 Jahren starb; die blaue, mit gelben Borten besetzte der Gleitsmann Karl Christoph Kron allhier, der den 8. Jul. 1779 im 81. Jahre seine Pilgrimschaft vollendete; die stahlgrüne, mit breiten goldnen Tressen besetzte im J. 1810 der Tuchhändler Carl Sigismund Nicolai. - Eine weiße damastene Altar-Bedeckung nebst 3 neuen meßingenen Deckeln Über die Hostien-Teller schenkte aus Liebe zu seiner Vaterstadt 1811 der emeritirte Pastor in Cavertitz, M. Carl Samuel Meise, jetzt in Oschatz wohnhaft. - In dem niederen Theile des Altar-Chors führt an der Mitternachtsseite eine Thüre in die jetzige Sacristei. Sie war vormals eine Kapelle, welche die Jacobs-Brüderschaft oder Jakobiten zur Verehrung des heil. Jacobs an den darin errichteten Altar unter dem Gewölbe des Altar-Chors 21) nicht lange nach dem Jahre 1464 hatten erbauen lassen. Ueber derselben ist noch ein Gewölbe, wohin man auf der Wendeltreppe bei dem Taufsteine gelangt. Daselbst versammelten sich die Jacobiten, wenn sie auf dem in die Kirche heraus gebauten Chore, davon die Balkenköpfe noch in der Abendwand der Sacristei zu sehen sind, ihre Gesänge verrichteten. Zur Erhaltung und Vermehrung ihres gestifteten Lehns ertheilten auf Ersuchen der Jacobsbrüder den 8. Jun. 1475 sechs Cardinäle einen Ablaß-Brief, in welchem sie allen und jeden Christgläubigen beiderlei Geschlechts, die ihre Sünden bereuten und bekenneten, und dabei die Jacobs-Kapelle am Feste der Darstellung der Jungfrau Maria, desgleichen am Feste des Antonius, des Fabian und Sebastian, der Einweihung des Jacobs-Altars jährlich besuchten, zur Reparatur und Erhaltung der Gebäude, zur Anschaffung der Kelche, Bücher, Lichter und anderer zur Zierde des Gottesdienstes nöthigen Sachen ihre milde Hand aufthun würden, jedesmal 100 Tage Erlassung von den ihnen für die in der Beichte bekannten Sünden von ihrem Beichtvater auf bestimmte Jahre aufgelegten Kirchenstrafen oder Bußübungen verhießen. Den vorgedachten Ablaß der Cardinäle bestätiget Bischof Dietrich in Meißen den 12. Dec. 1475 und Bischof Johannes ebendaselbst den 20. März 1477. Beide fügten demselben noch 40 Tage Ablaß von dem Ihrigen hinzu. Im Jahr 1622 als die Kirche nach dem 1616 erlittenen Brande wieder hergestellt war, verlegte man in diese Kapelle die Sacristei, die vorher in dem Gewölbe des Erdgeschosses des nach dem Brande nicht wieder in die Höhe aufgeführten Thurms, neben der auf das Singe-Thor führenden Wendeltreppe befindlich war, und jetzt noch den Namen der alten Sacristei führet. Von der gedachten Zeit an ward auch die Kloster-Bibliothek, die sich vorher in dem Gewölbe über derselben befand und im Brande daselbst unversehrt geblieben war, in die neue Sacristei aufgestellt, wo sie noch jetzt stehet. Ich werde bei der Beschreibung des Klosters, wo sie eigentlich hingehört, mehr davon sagen. - Außerdem wird auch in der jetzigen Sacristei das Kirchen-Archiv in 2 Schränken aufgewahret. In dem einen Schranke liegen 41 Urkunden auf Pergament, davon die erste v. J. 1356 und die letzte v. J. 1541 ist, nächstdem auch 66 Urkunden und andere Documente auf Papier, davon die ersten im J. 1475 und die letztern im J. 1696 ausgestellt sind. Der andere Schrank enthält die Geburts- Aufgebots- Trauungs- und Todten-Register, vom J. 1600 an bis auf gegenwärtige Zeiten. Die Register von 1648 bis 1599 sind verloren gegangen, es hat aber der ehemalige Pastor in Naundorf, Gabriel Hanitsch, der die ersten Nachrichten von der Stadt und Diöces Oschatz sammelte, brauchbare Auszüge davon hinterlassen. Ueberdieß findet man auch daselbst die Register und Verzeichnisse über die Einnahme und Ausgabe der Pfarrkirche zu Aegidius von 1491 bis 1619 des Georgen-Hospitals, des Pfarrlehns, des geistlichen Einkommens, des fernen Hospitals zum heil. geist, der Niedermühle, nebst verschiedenen Quittungen und Belegen, von dem J. 1554 bis 1674 von welchen aber einige Jahre fehlen. - Auf den Schranken, welche das bisher beschriebene Altar-Chor einschließen, steht ein Crucifix und daneben das Bildniß der Maria und des Johannes, alles kunstreiche Bildhauerarbeit, von dem Maler Antonius Raben 1632 der Kirche zum Andenken verehrt.

In dem sogenannten Schiffe der Kirche 22) standen zur Zeit des Papstthums an den Wänden sechszehn Neben-Altäre, deren Stiftung in der gottesdienstlichen Verfassung unserer Stadt näher beschrieben werden soll. Seit der Reformation nehmen Epitaphien, Inschriften und Gemälde die Wände gegen Morgen und Mitternacht ein. Gegen Morgen hängt an dem Eckpfeiler bei dem Soldaten-Chore das Denimal von der Frau Obristwachtmeisterin Louise Charlotte von Prittwitz, geb. Freiin von Hohnhausen, zu Eisenberg in Schlesien den 25. Mai 1676 geboren und in Oschatz am 28. Mai 1748 verstorben, mit den beiden Geschlechtswappen F.C.v.P. und L.C.G.F.v.H. Ueber demselben ist das Epithaphium der Fr. Marien Susannen, geb. Winkelmann, Salamon Tauchers, Rechts-Consulenten allhier Ehegattin, die den 23. Nov. 1622 bei der ersten Niederkunft mit einem todten Sohne im 17. Jahre ihres Alters verschied, daher sie auch auf dem Gemälde mit ihrem Trauer-Habit im Sarge, das, das Kind in dem linken Arme liegend, abgebildet ist. An dem Pfeiler gegen über, der in die Wand der Sacristei eingebauet ist, seht unten das Epitaphium des Rechts-Consulenten, Joh. Caspar Stutzing, aus dem alten Edlen Pfannergeschlechte der Stutzinge und Ludewige zu Halle, den 21. März 1637 geb. und im 33. Jahre an der Wassersucht verstorben. Oben darüber ist das Monument Johann Heinrich Höpners, Erbherrn auf Korpitzsch, Detzsch und Altoschatz, Kammer-Commissars und Amtsvoigts allhier, mit der Büste derselben, mit den Augen nach der Amts-Emporkirche, seinem ehemaligen Kirchensitze, hinstehend. Er ward geboren zu Leipzig den 29. März 1629 und starb zu Oschatz den 25. Januar 1691. Im Leben war er ein thätiger Beförderer guter Anstalten und Wohlthäter der Armen, und durch seine milden Stiftungen für seine Familie, für die studierende Jugend und das Armuth unserer Stadt hat er sich einen bleibenden Nachruhm erworben. In den Schranken des Taufsteins ist unten an der Wand das steiner Epitaphium des um das Gemeinswesen sehr verdienten Bürgermeisters, Blasius Winkelmann, der in Oelsnitz geboten war um im 74. Jahre starb, aufgestellt. Die übrige Wand bei dem Taufsteine nehmen folgende, der Kirche verehrte, Oelgemälde ein: die Geiselung Christe von dem Super. D. Rehbold; die Erhöhung der ehernen Schlange in der Wüste; die Opferung Isaacs; das nächtliche Gespräch Jesu mit dem Nicodemus und die dem Thomas im Beisein der übrigen Jünger wiederfahrene Offenbarung Jese nach seiner Auferstehung. Die Personen sind in Lebensgröße dargestellt und das Gemälde ist ein Geschenk des Super. M Jenzsch und seiner Gemahlin. Unter diesen Gemälden hängt eine Tafel, auf welcher in Lateinischen und Deutschen Versen das Andenken des am 4. Jul. 1616 die Stadt betroffenen großen Brandunglücks erhalten wird. - Außer den Schranken des Taufsteins an der Mitternachtsseite fängt das Epitaphium M. Benedictus Richters, Amtsvoigts und Bürgermeisters allhier, der am 18. Nov. 1611 im 85. Jahre starb, die Reihe der auf dieser Seite stehenden Denkmäler an. Neben an stehen 2 Monumente, deren Aufschriften von dem verstorbenen Professor der Beredtsamkeit und nachher ordentlichen Prof. der Theologie D. Johann August Ernesti in Leipzig, in seinen Vorlesungen wegen ihres acht römischen Lapidarstils sehr gerühmt wurden. Das eine ehrt das Andenken des Bürgermeisters D. Joh. Welch. Debekinds, (geb. den 6. Febr. 1647 gest. den 13. April 1700) und das andere das Gedächtniß seiner Gattin, Sophia Gertraud, einer geb. Höpnerin, in Strehla den 21. Oct. 1658 geb. und in Oschatz den 17. April 1728 gestorben. - Zwischen beiden nördlichen Kirchthüren steht der Leichstein des Stadtrichters Rudolph Jüngers, geb. in Oschatz 16. Oct. 1585 gest. daselbst den 20. Febr. 1643. Zur Seite desselben befindet sich das Denkmal der Frau Anna Kathar. geb. Robinn aus Berlin, erst Johan Ranischens auf Manschatz und nach dessen Tode des Sup. D. Rehbolds zweiten Gemahlin, gest. d. 11. März 1705. Dann folgen 2 Denkmäler für D. Joh. Ge. Reinhard, Stadt-Physicus allhier, geb. zu Weißenfels im Sept. 1625 gest. den 13. April 1684 und dessen Sohn D. Joh. Simon Reinhard, Medic. Pract. geb. in Oschatz den 20. Dec. 1663 gest. den 13. Jan. 1710. An einem freistehenden Pfeiler in dem Gange nach der Kanzel linker Hand ist der Leichenstein Andr. Bertholds des ältern, Rathsverwandten, Kirchenvorstehers und Gastwirths allhier, angebracht, der den 24. Jun. 1600 geboren war und den 18. Sept. 1673 starb. Außer den jetzt gedachten Leichensteinen liegen noch viele in den Gängen der Kirche, darauf die Schrift aber größtentheils nicht mehr zu lesen ist. Ueber den Glasständen gegen Mitternacht waren ehemals in der Wand militärische Ehrenfahnen, zum Andenken hier verstorbener Offiziere, aufgemacht.

Der Taufstein stand vor Zeiten in der Nähe der alten Sacristei, da, wo jetzt die sogenannten Ehebrecherstände (die von einem Ehebrecher, wie die Sage gehet, zur Strafe gebauert worden sein sollen), befindlich sind. Als aber ein neuer Taufstein von Balthas. Barthel, Bildhauer zu Meißen, verfertigt ward, wozu der Rath 95 Schock 10 Gr. beitrug, weil das Kirchenvermögen durch die vorher aufgeführten ansehnlichen Gebäude ganz erschöpft war; so ward derselbe den 24. Oct. 1604 an der jetzigen Stelle aufgestellt, und der erst daselbst gestandene von Holz verfertigte Oelberg mit dem in seinem Leiden betenden Erlöser hinweggethan. Der Superint. D. Garthius weihte ihn den 25. Nov. d. J. mit einer Predigt ein, die er drucken ließ und dem Rathe zueignete, der ihm dafür 3 Schock 30 Gr. verehrte. Nach der Predigt wurden 2 Kinder getauft, darauf eine Figural-Musik angestimmt und die Einweihungs-Ceremonie mit dem Sehen beschlossen. Da diesen Taufstein das Feuer des großen Stadtbrandes verzehrte, so ward an seiner Statt gegenwärtiger im J. 1625 errichtet. Dieser ist unten von weißen, in der Mitte von buntem und oben, wo das Taufbecken eingelassen ist, con Schwarzem Marmor, hat eine glockenförmige Decke von Bildhauerarbeit, die einen auf Säulen ruhenden Tempel, in welchem Johannes Jesum täuft, vorstellt und kann an einer eisernen Stange auf- und niedergelassen werden.

Der jetzige Standort der Kanzel ist nach vielen gemachten andern Versuchen für den besten gehalten worden, ob er gleich auch seine Unbequemlichkeiten hat. Denn wenn der Prediger an den gegenüberstehenden Pfeiler nicht unverwandt hinredet, auch nicht bedachtsam und mit gehöriger Modulation spricht; so vertheilt sich der Schall nicht gleichmäßig in dem weiten Gebäude und der Sprechende wird von denen, die entfernt sitzen, wenig oder gar nicht verstanden. Man machte nach dem Brande eine Probe und stellte bei dem Pulte, wo die Episteln und Evangelien verlesen werden, eine Intersims-Kanzel auf, um zu erfahren, ob der Prediger hier mit leichterer Mühe verstanden werden könnte. Allein die Probe entsprach der Erwartung nicht. Man verstand den Prediger so wenig, daß sich die Zuhörer genöthigt sahen, ihre Stände zu verlassen und vor die Kanzel hinzutreten. Daher ward die Kanzel wieder weggenommen und man ließ es bei dem ersten Orte bewenden. Ich finde zweimal einer neuerrichteten Kanzel an diesem Orte gedacht. Eine ward im J. 1583 von dem Tischler, Hanns Flandereisen aus Leipzig, für 110 Schock verfertigt und am 4. Advent-Sonntage des gedachten Jahres von dem Super. M. Scheiner mit einer Predigt eingeweihet. Der andern noch vorhandenen Kanzel geschieht nach dem Brande Erwähnung. Sie ward von einem Bildhauer in Leipzig für 350 fl. mit vieler Kunst verfertigt und 1622 kurz vor dem Feste Michaelis, als dem Tage der feierlichen Einweihung der Kirche, an Ort und Stelle gebracht.

Das lange, steinerne Chor an der Mittagsseite, das 5 Ellen breit ist, auf 11 steinernen, durch 9 Schwibbogen verbundenen Säulen ruhet, einen gewölbten Fußboden und steinerne Brustlehne hat, ward den 6. Mai 1621 einem Steinmetzer aus Pirna für 500 fl. verdungen. Auf Ansuchen des Amtsvoigts Sebast. Weißenberg bewilligte Churf. Johann George I. den 20. Aug. 1653 daß von den bisher verfallenen und an Niemand gewiesenen Hüflsgeldern 50 fl. zur Erbauung des Amtsstuhls auf dem gedachten steinernen Thore für die landesherrlichen Beamten und durchreisenden Diener angewendet werden könnten, worauf der Bau sogleich vorgenommen und soweit gebracht ward, daß der Stuhl den 18. Dec. des gedachten Jahres zum erstenmale betreten werden konnte. Ueber den Glasfenstern ist das Bild des Churfürsten und an der Morgenseite das Weißenbergische Wappen gemalt. Am 9. März 1740 erfolgte ein Ober-Consistorial-Rescript an den hiesigen Superintendenten, darin gestattet ward, daß die zu Oschatz sich wesentlich aufgehaltenen könglichen Diener und zwar ihrem Range nach, sich der herrschaftlichen Emporkirche, soweit die darauf befindlichen 5 Plätze zureichten, bis auf weitere Verordnung, bedienen möchten.

Die Raths-Emporkirche ward 1653 aufs neue erbauet, auf 16 Stände eingerichtet und den 29. Mai desselben Jahres zum erstenmale betreten, ward aber in dem Jahre 1744 bei Erbauung der jetzigen Orgel und des Chors wieder weggenommen, von dem Kirchen-Aerarium, weil schon längst wegen Mangel an Kirchenstühlen eine neue steinerne Emporkirche hatte angelegt werden sollen, für 50 fl. erkauft und an der Mitternachtswand wieder aufgestellt, damit die Handwerksgesellen daselbst ihre Kirchensitze haben möchten. Die an die Stelle derselben neuerrichtete Emporkirche hat 19 Fenster, und die Vorderseite ruhet auf 4 Säulen, deren jede 4 Ellen 17 Zoll hoch ist, die Hinterwand aber auf Mauerwerk. Inwendig ist sie 3 Ellen 20 Zoll hoch und 23 Ellen lang. Die Zimmerarbeit verfertigte der Zimmermeister Johann Fritsch, die Tischlerarbeit die beiden Tischlermeister Joh. Mich. und Joh. Gottfried Stelzner, sämmtlich unsre Mitbürger, die Bildhauerarbeiten aber nebst dem an der Vorderseite angebrachten Raths-Wappen Joh. Jac. Dersieb aus Dresden. Die aufgewendeten Kosten betrugen 364 Rthl. 5 Gr. 9 Pf.

Das über dieser Emporkirche befindliche Singe- oder Orgel-Chor ging sonst in gerader Linie bis an die Wand gegen Mitternacht. Auf der Seite, wo jetzt das kleine Schüler-Chor steht, befand sich ehemals die Orgel. Einer Orgel daselbst wird zuerst im J. 1491 gedacht. Im J. 1493 ward dafür eine neue von dem Orgelbauer Caspar in Dresden verfertigte Orgel angeschaft, wozu die Klands-Brüderschaft, die den Gesang auf dem Chore besorgte, 3 Schock 30 Gr. beitrug. Im J. 1555 baute der Orgelbauer Joh. Bock von Hayn wieder eine neue für 200 fl. die am Sonntage Lätare 1556 nachdem sie auf Ersuchen des Raths von dem Churfürstlichen Capellmeister zu Torgau, Joh. Walther und dem dasigen Organist, Michael, untersuchet und für gut befunden worden war, zum erstenmale gespielt ward. bei der Uebernahme derselben wurden statt des Weins, womit, der Gewohnheit nach, die große Orgelpfeife hätte gefüllt werden sollen, 3 Viertel Wurzner Bier zur Gebühr gegeben. Im J. 1601 den 19. Nov. ward aufs neue eine Orgel von Joh. Langen aufgesetzt, dabei sich die ganzen Kosten auf 229 Schock 46 Gr. 3 Pf. oder 656 fl. 10 Gr. 3 Pf. beliefen, wovon der Orgelbauer 300 fl. für seine Arbeit erhielt. Der Rath trug 36 Schock 12 Gr. dazu bei, weil das Kirchenvermögen zu schwach war, als daß es die ganze Summe allein hätte bezahlen können. Das alte Werk ward an die Stadtkirche in Mutzschen für 35 Schock verkauft. Nach dem unglücklichen Brande 1616 blieb unsere Kirche vier Jahre hindurch ohne Orgel, an deren Statt man sich eines Positiv bediente. Im J. 1626 ward aber wieder Rath geschaft, daß im Monat August eine von Heinrich Compenius für 550 fl. verfertigte neue Orgel aufgesetzt werden konnte. Das Positiv kaufte 1630 die Kirche zu Gröba für 30 fl. Im J. 1744 machte man Anstalt, die jetzige Orgel zu bauen und verkaufte die vorige an die Nossener Stadtkirche um 170 Rthl. bei dieser Gelegenheit ward das Orgel-Chor ganz neu gebauet und in 2 Chöre, in das Singe-Thor und in das kleine Schüler-Chor abgetheilt, davon das letztere aber erst 1753 mit 35 Rthl. 12 Gr. Aufwand um einige Stufen höher als das erstere aufgeführt ward. Die Außenseite der Brustlehne an dem Singe-Thore ist nebst andern Bildhauerarbeiten in der Mitte auch mit dem Königl. Pohlnischen und Churfürstl. Sächs. Wappen verziert. Das neue Orgelwerk ward dem Königl. Hof- und Land-Orgelbaumeister Joh. Ernst Hänel für 3000 Rthl. verdungen, darüber er noch 100 Rthl. zum Geschenk erhielt, ihm auch auf sein Ansuchen erlaubt, durch die Viertelsmeister eine freiwillige Beisteuer von der Bürgerschaft einsammeln zu lassen. Die Bildhauerarbeit an dem façonirten Gehäuse, mit welchem das das ganze Werk verkleidet ist, hat der Bildhauer Joh. Jac. Dersieb aus Dresden für 75 Rthl. verfertigt. Die sieben Blasebälge sind von starken, 10 Fuß langen und 5 Fuß breiten kiefernen Pfosten, dreifach beledert und mit Spannadern verbohret, wie auch die Windladen von eichenem Holze nach mathematisch richtiger Abtheilung und französicher Façon verfertigt. Die zwei Manuale mit langer Octave, davon jedes 12 Register hat, sind von schwarzem Ebenholze gearbeitet und die Obertasten mit Elfenbein montirt. Jedes umfaßt vier volle Octaven und gehet vom tiefen C mit Ausschluß des großen Cis, bis ins dreigestrichene d. Das Pedal ist von ahornem Holze, gleichfalls mit langer Octave und geht mit Ausschluß des großen Cis von tiefem C bis ins eingestrichene d. Die Manuale und die dazu gehörige Abstractur sind leicht zu spielen. Die Klaviere können gekuppelt, oder nach Gefallen jedes allein tractirt werden. Die Federn, Scheeren, Säckelhaken, Stifte u.s.w. sowohl in den Windladen als in der Abstractur, ingleichen die Klavier-Schrauben sind von Messing gefertigt und das ganze Werk überhaupt durch alle Register dergestalt ausgeführt, daß das Pfeifenwerk durchgängig von einer wohl proportionierten Dimension und allenthalben von einer gleichen und angenehmen Intonation ist. Das Werk ist in Kammertan gesetzt. Auf jeder Vorderseite ist in der Höhe eine Pauke angebracht, die von der Statue eines Engels geschlagen zu werden scheint, deren Spiel aber durch 4 besondere Pedel-Claves dirigirt wird. Bei der Uebernahme ward das ganze Werk auf Ersuchen der Kirchen-Inspection von dem Musik-Director an der Universitäts Kirche und Organist an der Thomas-Kirche in Leipzig, Joh. Gottlieb Görner, und auf Veranstaltung des Ober-Consistorial-Präsidenten von Holzendorf von dem Königl. Kammer-Musicus und Hof-Organist in Dresden, Johann Christoph Richter und dem Organisten zu Pirna Christ. Gotthard Ziegler geprüft, für tüchtig erklärt und als ein rechtes Meisterstück gerühmt. Am ersten Advent-Sonntage 1746 ward dieses Orgelwerk von dem Sup. D. Strohbach mit einer Predigt und mit Musik vor und nach der Predigt, wobei die fremden Organisten die Orgel spielten, feierlich angeweihet.

Das Gewölbe über dem jetzt beschriebenen Schiffe der Kirche ruhet aus 12 starken, in 2 Reihen gestellten, Pfeilern, davon 4 in jeder reihe ganz frei stehen, und auf eben so vielen äußerlich an der Mauer angebrachten Gegenpfeilern, zwischen welchen hohe Fenster der Kirche hinlänglich erleuchten, daher sie auch Lindner, der Pirnaische Mönch genannt, zu Anfange des 16. Jahrhunderts als eine lichte, schöne Kirche rühmt. 23)
Der innere Flächenraum der Kirche beträgt 110 Ellen in der Länge, 52 Ellen in der Breite und 27 Ellen in der Höhe. Sie hat 5 Eingänge, nämlich 2 an der Mittags- 2 an der Mitternachts- 1 an der Abendseite, der letzte hat die Gestalt einer Bischofs-Mütze. Die von Messing gegossenen Löwenköpfe an den Thüren verehrte 1662 der Gürtlermeister Christian Mende. An dem vor dern mittägigen Eingange ist die Leichenhalle angebaut, die daher den Namen hat, weil die Leichen bei Beisetzungen in der Kirche durch dieselbe getragen werden und sonst, ehe der Begräbnißplatz vor die Stadt verleget ward, hier die Leichen bis nach geendigter Leichenpredigt abgesetzt wurden. Ueber dem Portal derselben findet man äußerlich ein Lateinisches Chronodistichon, darin die Zeit des großen Brandes und der Wiederherstellung der Kirche angegeben wird. 24)
Auf der Abendseite der Kirche standen vor dem Brande zwei Thürme. Auf dem einen, der nach dem Brande in gegenwärtiger Form wieder aufgebauet ward, führten Treppen von unten an erst auf den Glockenboden, wo 4 große Glocken hingen und von da gelangte man auf einem Gange zu dem Glockenboden des andern nicht wiederaufgebauten Thurms, wo die Salve- und Meßglocke sich befand. Im J. 1606 wurden von Joh. Hillger in Dresden 2 große neue Glocken gegossen, die gegen 218 Nßo. kosteten, dazu der Rath 78 Nßo. beitrug. Der Superint. D. Garthius weihete sie den 23. Dec. des gedachten Jahres mit einer Predigt ein, die er drucken ließ und dem Rathe zueignete, der ihm dafür 3 Schock 30 Gr. verehrte. Nach der Predigt ward das Te Deum angestimmt und mit allen Glocken gelauten. Ueber dem Haupt-Glockenboden war die Wohnung des Thurmwächters, der täglich abgelöset ward. Vom J. 1531 aber an hatte der Stadt-Musikus, der Hausmann genannt, daselbst seinen beständigen Aufenthalt, der für seine Wache außer einem gewissen Wochenlohn noch 3 Klaftern Holz jährlich erhielt. Schon vor dieser Zeit war auf dem Thurme eine Schlaguhr; das Zifferblatt, über dem sich eine sphärische Kugel befand, war an der Mittagsseite des Thurms nach der Altoschatzer Gasse hin angebracht. Dieser Uhr finde ich in der Kämmerei-Rechnung vom J. 1491 zuerst gedacht, wo das Seigerstellerlohn des Kirchners zu S. Ilgen in Ausgabe verschrieben wird. Nachher ward die Aussicht über den Seiger dem auf dem Thurme für immer wohnenden Stadt-Musikus übergeben. Das Erdgescoß dieses Thurms macht einen Theil der Kirche aus und ruhet auf der Morgen- und Mitternachtsseite auf 2 starken Pfeilern und Schibbogen. bei dem Brande 1616 schlugen die herabstürzenden Glocken da, wo sich jetzt das Rothelsche Erbbegräbniß befindet, das Gewölbe durch und die nachfallenden Feuerbrände zündeten die Stände und Chöre an. Mit dem Aufbau dieses Thurms war man den 27. Febr. 1617 schon so weit vorgerückt, dass 2 große Glocken wieder aufgehangen werden konnten. Die eine hat die Aufschrift: Laudo Deum verum, pelebem voco, convoco clerum, Defunctos ploro, Cor suscito, festa decoro. Auf der anderen stehen die Worte: Me resonante Deo resonat tuba sacra venite. – Die Ausgaben, welche die Wiederherstellung des Thurms bis an den Antort, so wie des Daches und der innere Ausbau der Kirche erforderten, wurden von milden Beiträgen, die zusammen 4501 Fl. 12 Gr. 10 Pf. betrugen, bestritten. Die Beiträge bestanden einzeln in 333g Fl. 17 Gl. 3 Pf. 1 Heller von dem Gelde, welches für die Stadt durch Collecten im In- und Auslande eingegangen war; in 50 Fl. die nebst 10000 Dachziegeln den 8. Februar 1617 von Hanns Christoph Runge aus Mannschatz und Simselwitz eingesendet wurden; in 34 Fl. 6 Gr. die der Herzog von Braunschweig den 18. Mai, 1621, bei seiner Durchreise überschickte und in 1077 fl. 10 Gl. 6 Pf. 1hl. die den 13. 14. und 15. März, 1621 von der Bürgerschaft vermittelt einer Collecte, durch die Viertelsmeister zusammengebracht wurden. - So eine bedeutende Summe hat noch keine Collecte in unserer Stadt eingebracht. Sie macht dem Herzen der Geber um so mehr Ehre, da sie zu dieser Zeit selbst viele Ausgaben bei dem Wiederaufbau ihrer eigenen Häuser zu bestreiten hatten und dabei den Druck des dreißigjährigen Krieges empfanden. Zu dieser Collecte trug der Bürgermeister Georg Wend 100 fl. und der Bgmstr. Christoph Winkelmann, der noch überdieß als geistlicher vorsterher allein Fleiß angewendet hatte, die Kirche und die übrigen geistlichen Gebäude wieder herzustellen, ebenfalls 100 fl. bei; der Rechtsconsulent Salom. Taucher gab 50 fl. und der Zinnarbeiter Georg Schöps eben so viel. Außerdem waren viele Beiträge von 25 und 15 fl. die mehresten von 3 bis 10 fl. - Die Wohnung des Thürmers, die von ihrer achteckigen Form des Namen des Achtorts führet, übernahm der Rath dazu zu bauen, weil der Thürmer durch seine Wachsamkeit das Beste der ganzen Stadt-Kommun besorgt. Der Bau fing mit dem 3. März 1620 an und endigte sich 1621. Der Achtort besteht aus 3 Stockwerken und der Haube. In dem untersten Stocke ist die Drehmaschine, wodurch die Bedürfnisse des Thürmers an Holt, Wasser und dergl. hinauf gezogen werden können. Von dem äußerlichen Gange stürzte den 1. Dec. 1690 eine Magd, Christina Reinhard, von Gaunitz gebürtig, herab und starb nach einer halben Stunde unter vielen Schmerzen. In den beiden anderen Stockwerken sind, nebst der Wohnstube, die benöthigten Kammern für den Thürmer. Das Dach der Wohnung der darauf befindlichen Haube ward mit 570 Centnern Schiefer aus Maren gedeckt. Die Spindel ist 6 Ellen lang, der übergoldete kupferne Knopf wiegt 3 Stein, 17½ Pfund. Die Fahne ist 3½ Viertel hoch, 1¾ Ellen lang und 51 Pf. schwer, in derselben steht die Jahrzahl 1621 und eine Sirene, die einen Kranz mit dem Stadtwappen hält. Die ganzen Baukosten beliefen sich auf 279 Schock. Um 2. Oct. 1625 warf ein Sturmwind die Fahne herunter, deren Wiederaufsetzung nebst andern Reparaturen des verursachten Schadens auf 29 Schock betrug. Am 27. Nov. 1705 Abends gegen 5 Uhr fuhr ein Blitz oben an dem mittelsten Fenster des Achtorts durch das Werkstück, zündete oben auf der Haube und unten auf dem Ziehboden. Die Flamme ward aber bald wieder gelöscht. Der damalige Schwedische Krieg nahm die dazu bestimmten Reparatur-Kosten weg, daher Knopf und Fahne, die herunter genommen werden mußten, nicht eher, als den 7. Sept. 1708 durch den Schieferdecker Anton Link aus Grimma und den hiesigen Raths-Zimmermeister, Paul Funke, mit großer Gefahrt aufgesetzt werden konnten. zu Anfange der Arbeit ward die von dem Stadt-Musikus das Lied: „Ich heb' mein' Augen sehnlich auf, etc.“ und nach voll brachter Arbeit das Lied: „Nun danket alle Gott“ geblasen. In den Knopf, darin noch seine Schrift befindlich war, legte der damalige Stadtschreiber Ge. Gotthelf Welk eine auf Pergament geschriebene und von ihm lateinisch abgefaßte Nachricht von den damaligen Zeitumständen, nebst einigen Geldstücken. - Den 23. Nov. 1733 in der Nacht zwischen 11 und 12 Uhr warf abermals ein heftiger Sturmwind den Knopf, die Spindel und Fahne vom Kirchthurm, und den Tag darauf fuhr ein Blitzstrahl bei starkem Schneegestöber und unerwartetem Donner in den Thurm, zündete aber nicht. Die Reparatur-Kosten kamen auf 51 Rthl. bei dieser Gelegenheit legte, zur Kunde für die Nachwelt, der Stadtschreiber Joh. Aug. Berthold eine neue Schrift in den Knopf. Den 2. Mai 1783 Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr, als Betstunde gehalten ward und der damalige Diakonus M. Pfitzer auf der Kanzel die Gebete verlas, traf bei einem aufsteigenden Gewitter und nach einigen in der Ferne erfolgten Schlägen einer der heftigsten Wetterstrahle unvermuthet den Thurm, doch fuhr der Blitz nach einiger Zerschmetterung des Schiefers an der Nordostseite der obersten Thurmkuppel und der allerstärksten Balken in der untern großen Kuppel an der Mauer heraus, an derselben herunter und an dem Drathe der Thurmklingel gleich als an einem Wetterableiter in die Erde herab. - Die durch Wind und Wetter beschädigte Thurmhaube machte es nöthig, daß 1808 Knopf und Fahne herunter genommen und das Dach wieder eingedeckt ward. Die Eindeckung des Daches, nebst der Aufsetzung des Knopfes und der Fahne geschah durch den hiesigen Zimmermeister Gottlob Mann. Auch ward eine von dem jetzigen General-Accis-Inspector und Stadtschreiber Chr. Gottlob Atenstädt verfertigte Lateinische Schilderung der gegenwärtigen Zeit nebst einigen jetzt gewöhnlichen Geldstücken in den Knopf gelegt. Die ganze Reparatur kam auf 89 Rthl.
Der Kirchhof war von Erbauung der Stadt an gerechnet, über 500 Jahre, außer dem Kloster-Kirchhofe, der allgemeine Begräbnißort der hiesigen Einwohner, worauf nach einer ohngefähren Berechnung auf 30000 von unseren Vorfahren ruhen. Als er aber zu klein ward und unverwesete Körper oft ausgegraben wurden; so vereinigte sich, wie eine Registratur im Stadtbuche besagt, Freitags nach Quasimodogeniti 1526 der Pfarrer, Greg. Hauenstein mit dem Rathe und der Gemeine, in Zukunft die Verstorbenen auf den Hospital-Kirchhof zu St. Georgen vor der Stadt zu begraben. Nachdem dieses geschehen war, war der Kirchhofs-Raum durch Abgrabung eines Theils zu dem neuerbauten Rathhause und durch die Erlaubniß, daß die Besitzer der angrenzenden Häuser Nr. 135, 136, 137, 159, 160 ihre Hintergebäude auf denselben bauen könnten, beträchtlich verengert. Vor einigen Jahren, als der aus dem großen Brande liegen gebliebene Schutt von dem Kirchhofe weggefahren ward, fand man unter demselben bei der Mauer des Schleinitzer Hofes einige Menschengerippe von ansehnlicher Länge und Stärke, die an Ort und Stelle wieder versenkt wurden. Wahrscheinlich waren es Körper verstorbener Soldaten, die im dreißigjährigen Kriege, wo man vielleicht den Schleinitzer Hof zu einem Lazareth brauchte, daselbst beerdigt worden waren.

Nr. 168 (jetzt 100). Die Kirchner-Wohnung ward 1576 neu erbauet und die Jungfrauen-Schule genannt. Nach dem Brande ward sie 1621 in ihrer jetzigen Gestalt wieder hergestellt. Auf dem anliegenden Gartenraume soll, der Sage nach, vor dem Brande die Wohnung des Stadt-Physicus gestanden haben.

Nr. 169 (jetzt 99). Da keine Nachricht vorhanden ist, in welchem Jahre die Schule gestiftet ward, so läßt sich auch die Zeit nicht angeben, in welcher das erste Schulgebäude sein Dasein erhalten hat. Daß aber schon im J. 1365 ein Schulgebäude da gewesen sein müsse, läßt sich daraus abnehmen, daß in diesem Jahre eines Schulmeisters gedacht wird, der zugleich das Singen bei der Kirche und Schule besorgen mußte. Im J. 1522 ward dasselbe entweder neu erbauet, oder wenigstens stark repariert, denn in der Kämmerei-Rechnung d. J. wird eines Gleitsbriefs gedacht, den der Kanzler ausgestellt hat, als das Holz zur Schule von Pirna auf der Elbe herunter geholet ward. bei dem großen Brande 1616 entzündete sich das Schulgebäude durch die Gluth der Spohrergasse. Die Schule konnte nun, da auch alle Privat-Wohnungen der Lehrer in der Asche lagen, nicht besser, als in dem Kloster, das vom Feuer verschont worden war, angebracht werden, wo sie 13 Jahr verbleiben mußte. Erst im J. 1629 konnte das Schulgebäude völlig wieder hergestellet und von dem Sup. M. Cademann feierlich eingeweihet werden. - in dem Erdgeschosse sind die vier untersten Classen, in dem obern Geschosse war die erste Classe ehemals in einer Stube, die in den Hof ging, sie ward aber 1796 in eine Vorderstube, wo sie noch ist, verlegt, und dem Lehrer, der diese Stube bewohnte, dafür die vorige Schulstube eingeräumt. Vormals wohnten zwei Schul-Collegen in dem obern Stocke, seit langer Zeit aber hat dasselbe nur Einer im Gebrauch.

Nr. 170 (jetzt 100). Die Rektorat-Wohnung gehörte vor der Reformation zum Altar des h. Severus, des Schutzheiligen der Tuchmacher, und war von dem Altaristen dieses Altars, Georg Sperling, auf seine eigenen Kosten gebauet worden. Die Viermeister des Tuchmacher, als Vorsteher des Altars, verglichen sich mit ihm dieserwegen vor dem Rathe Dienstags nach dem Frohnleichtnamsfeste (corporis Christi) 1486 und versprachen ihm, die aufgewendeten Kosten zu verzinsen. Nach der Reformation ward das Haus zur Rektorat-Wohnung bestimmt, im J. 1576 mit der Kirchner-Wohnung zugleich von neuem gebauet und nach dem Brande 1621 wieder hergestellt.
Nr. 181 (jetzt 110). Die Stadtschreiber-Wohnung. Dieses Haus gehörte vor der Reformation den 3 Vikarien des Stiftes unserer lieben Frauen und ward 1480 von dem Altaristen, Simon Michaelis, dazu geschenkt. Nach der Reformation ab der Rath dem einen Vikarius ein anderes Haus dafür und bestimmte jenes zur Wohnung des Stadtschreibers. Im J. 1611 ward es für 170 Schock 3 Gr. 9 Pf. neu erbaut und 1617 nach dem Brande wieder aufgerichtet. In dem dreißigjährigen Kriege ward 1638 die Oberstube sehr beschädigt. Vom J. 1643 bis 1652 wohnte der Stadt-Physicus Nicolaus Selneccer daselbst gegen einen jährlichen Hauszins von 3 Schock 30 Gr. den er an den Stadtschreiber, den in seinem eigenen Hause wohnte, entrichtete. Nachher geschah dasselbe 1659 mit dem Physikus D. Joh. Ge. Reinhard und 1702 mit dem Physikus D. Ehrenfr. Pfund.
Nr. 182 gegenwärtig 96). Das Siegelhaus der Tuchmacher. In einem alten Zins-Register der St. Aegidius-Kirche am Ende des ältesten Stadtbuches wird dieses Haus praetoritum antiquum (das alte Schultheißen-haus oder das alte Rathhaus) genannt, und von dem einen Keller unter der äußern Treppe desselben 13 Gr. und von dem andern Keller neben der Treppe 4 Schillinge Groschen, für das Haus selbst aber eine halbe Mark Zins angesetzt. Als das neue Rathhaus am Markte 1478 erbaut ward, verkaufte der Rath das alte an Wolf von Schleinitz auf Ragewitz als dieser 1526 starb, verkauften seine Söhne, Hanns und Georg, wegen ihre mannichfaltigen vom Vater hinterlassenen Schulden, durch ihren Vetter und Vormund, Bischof Johannes zu Meißen, das Haus an Christoph von Truchsaß auf Wellerswalda. Dieser verkaufte 1544 an das Tuchmacher-Handwerk, von dem es zu einem Handwerks und Siegelhause bis jetzt gebraucht worden ist. Churf. Christian I. reichte es demselben am 5. Sept. 1586 in Lehn, was auch den 4. April 1612, von dem Churf. Johann Georg I. und seinem Bruder August geschah. Von diesen Zeiten wird das Haus in den Kämmerei-Rechnungen bald der Schleinitzer Hof, bald der Tuchmacher-Freihaus genannt. Zu Anfange des J. 1801 ward der Giebel an der Abendseite des Hauses von einem Sturmwinde eingeworfen und das Dach an Sparren und Ziegeln so beschädiget, daß das ganze Dach abgetragen,die Mauern um eine Elle abgebrochen, die Fensterstöcke neu verfertigt und neue Sparren darauf gesetzt werden mußten. bei dieser Reparatur ward es ganz mit Ziegeln gedeckt, da vorher nur die Hälfte Ziegeldach war, auch wurden einige Stuben für Miethleute angelegt. Dadurch bekam das Haus mehr Festigkeit, ein besseres Ansehen und größere Brauchbarkeit. An der Morgenseite desselben ward 1798 ein neues Spritzenhaus statt der beiden sonst auf der Altoschatzer Gasse gestandenen Spritzenhäuser erbaut.

Nr. 183 (gegenwärtig 97). Die Superintendur-Wohnung. Vor der Reformation hatte hier der Pleban, welcher zugleich Erzpriester über das Oschatzer Archipresbyteriat war, seinen Sitz und war verbunden, den beiden Kapellanten und dem Prediger darin freie Wohnung und Kost zu geben. Der dazu gehörige Hofraum ward 1457 beträchtlich vermindert, als der Pleban Joh. Dörbach sich genöthiget sah, nebst einigen Aeckern auch einen Theil des Pfarrhofs an einige Bürger, die Häuser bauen wollten, nach erhaltener Erlaubniß des Seußlitzer Kloster-Convents (Urkund. 29), dem das Collatur-Recht über die hiesige Kirche zustand, zu verkaufen, um davon dem Kloster die jährliche Pension bezahlen zu können. Die Häuser sind oben S. 59. angegeben. Nach der hier eingeführten Reformation ward diese Wohnung dem eingesetzten Superintendenten übergeben und 1572 neu gebauet. Nach dem Brande 1616 ward sie in ihrer gegenwärtigen Gestalt wieder hergestellt und das in Stein gehauene Wappen des ehemaligen Superintendenten, M. Friedels, das sich vorher an sienem eigenthümlichen Hause in der Nonnengasse befand und eine symbolische Vorstellung der Dreieinigkeit enthält, so wie sie auf der 1544 dem Herzog Moritz zu Ehren geprägten Schaumünze zu finden ist 25) , über die Hausthüre aufgestellt. Da ein Theil des an M. Friedels Haus anstoßenden Gartens mit dem Garten der Superintendur grenzte, so verordnete er, daß dieser Theil nach seinem Tode bei derselben bleiben sollte.

Nr. 184. Die Archidiakonat-Wohnung. Vor dem Jahre 1513 war der Ort, wo dieses Haus jetzt stehet, noch ein leerer Platz, der zum Kirchhofe gehörte. Aber in dem gedachten Jahre baueten der Altarist des dem h. Fabian und Sebastian geweiheten Schützen-Altars, Ambrosius Leder und sein Bruder, Lucas Leder, Altarist des Altars des h. Kreuzes, das erste Haus darauf, ließen es von allen bürgerlichen Beschwerden befreien, schenkten es dem Altar des h. Fabian und Sebastian mit der Bedingung, daß der Altaris jedesmal seine Wohnung darin haben sollte. Sie ließen dieses Vermächtnis (nach der Urk. 42) von dem Bischof Johann zu Meißen am 14. Sept. 1513 bestätigen. Nach erfolgter Reformation ward es die Wohnung des Archidiakonus, doch ist es auch oft geschehen, daß der Diakonus, jedoch mit beider Bewilligung, darin wohnte, wenn etwa der ältere Diakonus bei Erlangung des Archidiakonats er Unbequemlichkeit des Ausziehens überhoben sein wollte. Das Haus ward von den 450 Gülden, die aus den verkauften Pfarr-Aeckern gelöset wurden, im J. 1596 von neuem gebauet und hat nach dem Brande 1616 seine jetzige Gestalt und Einrichtung erhalten. Daß das mit Nr. 185 bezeichnete Hause in dem Kirchgäßchen die Wohnung der beiden Baccalaureen ehemals gewesen sei, berichtet eine Urkunde vom J. 1576 ob sie gleich die Zeit der Bewohnung nicht bestimmt angiebt. Indessen müssen jene zwei Schullehrer noch vor dem Jahre 1532 hier gewohnt haben. Denn in diesem Jahre erhielten sie durch die Vorsorge des Raths ihre Wohnung über den neugebauten Fleischbänken.

Das Hintergebäude von Nr. 191 in der Nonnengasse (gegenwärtig 116) war ehedem ein besonderes Haus, das auf dem Kirchhofe, der damals bis dahin reichte, stand, daher es noch jetzt seinen eigenen Eingang an dem Wege hat, der vom Kirchhofe auf die Superintendur führt. Der Priester des Exulanten-Altars (altaris exulum), Nicolaus Winkler, erbaute es von seinem väterlichen Erbtheil im J. 1422 auf rohe Wurzel, schenkte es zur Wohnung für alle künftigen Priester des gedachten Altars und ließ es deswegen von dem Rathe von allen bürgerlichen Beschwerungen befreien. Auf eingeholte Erlaubniß des Herzogs Georg und des Bischofs von Meißen verkaufte der Pfarrer im J. 1524 dieses Haus dem Rathe für 10 Schock um sich damit, wie in der Kämmerei-Rechnung bei dem Kaufgelde angemerkt wird, aus dem banne zu lösen, womit er von dem Kloster-Convent in Seußlitz, wegen rückständiger Pension für das Patronatrecht belegt worden war. der Rath verkaufte nachher das Haus wieder an einen Bürger und es ward seitdem das Hintergebäude von der oben angegebenen Nummer.

Nr. 192 eine ehemalige Altaristen-Wohnung in der Nonnengasse. (gegenwärtig 117) Dieses Haus, das sonst zwei Altaristen bewohnten, ward den 3. April 1576 von den Kirchvätern, Blas. Winkelmann und Dav. Starke an den Superint. M. Bartholom. Friedel um 30 gute Schock verkauft 26) , der einen Theil des Gartens mit dem anliegenden Luftgarten der Superintendur vereinigte, bei der er auch nach seinem Tode verblieb.

Nr. 194 (gegenwärtig 119). Die ehemalige Amts-Frohnveste ward im J. 1553 von dem Rathe für das vom Churfürsten Moritz demselben zugeeignete Barfüßer-Kloster und dessen Kirche, erbauet, doch durfte sie nicht von demselben in baulichen Wesen erhalten werden. Seitdem aber die neue Amts-Frohnveste in der Brüdergasse gebaut worden ist, ward sie an einen Bürger verkauft.

Nr. 195. Das sogenannte Burggrafenhaus. Dieses Haus bestand vormals aus zwei Häusern. Das eine besaß vor dem J. 1434 Gebhard von Heinitz auf Böhla und seine Brüder Heinrich und Felix und ging bei dem Burggrafen Albrecht zu Leisnig zur Lehn, ward aber in dem gedachten Jahre an das Kloster Bucha bei Leisnig um 20 fl. verkauft 27) . Das andere gehörte den Brüdern Hanns und Heinrich von Zegram auf Casabra, die es 1438 ebenfalls an das Kloster Bucha um 4 Nßo. verkauften, dem es auch der Burggraf zu Leisnig in eben demselben Jahre in Lehn gab 28) . das Kloster vererbte am Tage des h. Donats, des Märtyrers, (den 7. Aug.) 1459 die beiden Hofstätte, wie sie genannt werden, an den Rath zu Oschatz gegen 10 Gr. jährlichen Erbzins (statt 2 Pfund Wachs) ins Kloster und versprach, die Lehn bei jedem Antritte eines neuen Abts umsonst zu ertheilen. Der Rath bekannte dagegen am Montage der Jungfrau Agnes (Agenetis virginis, den 21. Jan.) 1460 daß der Abt Martin zu Bucha ihm die beiden Hofstätte in Lehn gegeben habe und versprach zehen Groschen Erbzins jährlich ins Kloster zu entrichten 29) . Diese Erbzinsen werden noch jetzt vom Rathe, und zwar seitdem das Kloster aufgehoben ist, ins Amt Leisnig entrichtet. Die beiden Hoststätte lagen, nach den darüber ausgerfertigten Urkunden, nahe an der Pfarre der bei den Brüdern, den Franciscanern. Seitdem sie der Rath besessen hat, werden sie in den Kämmerei-Rechnungen nur als Ein Haus angeführt, weil sie vermuthlich von ihm in Ein Haus vereiniget worden waren und wird, weil es bei den Burggrafen in Leisnig zur Lehn ging, gemeiniglich der Burggrafen genannt. Im J. 1518 ließ es der Rath von neuem bauen und besaß es noch 1545. Nachher verkaufte er dasselbe an einen Bürger. Als es Hanns Schmidt besaß, ward es 1740 vom Winde eingeworfen und nicht wieder aufgebaut.

Nr. 196. Vormals die Terminen der Augustiner Mönche zu Wittenberg. in diesem Hause wohnte sonst ein Augustiner-Mönch aus Wittenberg, der in dem ihm angewisenen Bezirke (Termine) Allmosten und milde Gaben für sein Kloster einsammelte und aufbewahrte und daher Terminer und seine Wohnung die Terminen hieß. Als das Kloster in Wittenberg bei der daselbst eingeführten Reformation aufgehoben ward, so kaufte der Rath allhier 1522 Freitags nach Bisitat. Mar. das Haus von dem Augustiner-Orden für 10 Schock 30 Gr. und verkaufte es wieder an einen Bürger, Martin Popel, daher es in einem Artikel des Amtsbuchs, die Gerichte in der Stadt und den Vorstädten betreffend, das Haus, das den Wittenberger Mönche gewesen ist, genannt wird. Nachher kaufte es der Sup. M. Peter Scheiner, der es nach dem 1616 erlittenen Brande wieder aufbaute, wozu ihm sein Schwiegersohn, der Pfarrer in Hof M. Peter Biebeg 100 fl. in der Hoffnung verstreckte, daß seine Frau und Kinder nach seinem Tode ihre Wohnung darin finden würden. Dieses Haus brannte bei dem Besitzer Hanns Biebeg den 2. Jan. 1696 Abends um 8 Uhr ab, und blieb bis nach dem siebenjährigen Kriege wüste, wo es wieder aufgebauet ward.

Nr. 199. Die ehemalige Wohnung der Sepultur-Nonnen in der Nonnengasse gegenwärtig 1249. Was das Geschäft der Sepultur-Nonnen gewesen sei und daß die Nonnengasse von ihnen den Namen erhalten habe, ist oben erwähnt worden. Hier führe ich nur das Haus an, in welchem sie gewohnt haben. Nach 1566 bewohnte es die Wittwe des hiesigen Diakonus M. Caspar Reymanns. Von demselben erhielt das Haus Nr. 202 einen Theil durch einen Concessions-Befehl vom 17. December 1752.

Nr. 200 (gegenwärtig 125), an der Abendseite des alten Markts hat die Stallgebäude von Nr. 201 durch Kauf erhalten und Nr. 202 erhielt das Röhrwasser im J. 1764.

Nr. 211 (gegenwärtig 136). Die Klosterkirche. Der Anfang des Baues dieser Kirche ward im J. 1246 gemacht, wie die Bulle des Papstes Innocentius IV. darin er allen, die das Werk befördern würden, vierzigtägigen Ablaß ertheilte (in der Urkund. 3), ausweiset. Sie ward im J. 1248 am Sonntage vor dem Johannisfeste in die Ehre der Jungfrau Maria, wie eine ehemalige Inschrift über den Chorstühlen anzeigt 30) , eingeweihet, daher sie auch in Schriften die Marien-Kirche, auch Unsrer lieben Frauen Kirche genannt wird. Bischon Konrad zu Meißen verlieh denen, die am Tage der Einweihung erscheinen würden, Ablaß von einer Fasten und vierzigtägigen Buße. Daß schon vor 1248 ein Krichengebäude vorhanden gewesen sei, läßt sich zwar vermuthen, weil das Kloster gegen 18 Jahre früher erbaut worden ist, aber aus keiner Nachricht beweisen. Das Gewölbe des gegenwärtigen Schiffes der Kirche, die ganz im Gothischen Stil gearbeitet ist, ruhet, nach dem Urtheile des ehemaligen Architects Niese in Strehla, kühn auf vier, anderthalb Ellen starken, Pfeilern, und das Verhältniß der Gegenpfeiler an der mittägigen Außenseite der Kirchmauer gegen den Druck des Gewölbes ist der Sache angemessen. Am kühnsten ist der letzte Schaft, aus welchem zwei Bogen gewunden sind, davon der eine an das Widerlager des Gurtbogens, der zweite aber an die inwendige Seite des Kirchthurms geführet ist, weil die Schäfte nicht parallel in das Chor fortlaufen konnten. An der Mitternachtsseite der Mauer vertrauten die angebauten Kreuzgänge die Stelle der Pfeiler. Das Gewölbe blieb unversehrt stehen, als die Hussiten um Weihnachten 1429 31) . Das Schiff der Kirche ward, wie die Construction der Dächer zu erkennen giebt, eher wieder aufgebauet als der Altar-Chor. Die Kirche, der Kirchhof, der Kreuzgang und die Altäre wurden am 3. Februar, Donnerstags, am Tage Blasius 1484 von dem Meißner Weih-Bischon, der zugleich Titular-Bischof war, Andreas zu Eythera, eingeweihet. Daß es mit dem Wiederaufbau der Kirche so langsam ging, darf Niemanden befremden, der bedenkt, daß sie die Klosterbrüder, deren Hauptgelübde die Armuth war, auf ihren eigenen Mitteln nicht zu erbauen vermochten und von Wohlthätern in der Stadt und auf dem Lande keine milden Beiträge erhalten konnten, indem Jeder mit sich selbst zu thun hatte, um den durch die Hussitenkriege erlittenen Verlust wieder einigermaßen zu ersetzen.

Der nach dem Brande errichtete Hoch-Altar ist noch vorhanden. Das Hauptgemälde stellt die Auferstehung Christi vor, wie es auch auf dem Kloster-Siegel vorkommt. An den Wänden des Altar-Chrs waren Breter befestiget, auf welchen ein Verzeichnis der Provinzen, Custodien und Klöster des Ordens der Franciscaner und der heil. Clara und außerdem noch andere Nachrichten standen, welche die Kirche, das Kloster, den Franciscaner-Orden in Oschatz und andere dem Lande angehende Gegenstände betrafen. bei der im J. 1764 vorgenommenen Haupt-Reparatur der Kirche wurden aus zu weit getriebener Sparsamkeit die Breter zur Ausbesserung verbraucht und mit einem Theile derselben die Simse an den Chor-Stühlen beschlagen, wo noch einige Ueberreste zu sehen sind. Zum Glück haben zwei Freunde von Oschatzer Alterthümern, der ehemalige Rektor allhier, Georg Wiedemann und der noch lebende ältere Pastor zu Cavertitz, M. Carl Samuel Meise, der sich jetzt in Oschatz aufhält, vor jener Zerstörung Abschriften von den gedachten Nachrichten genommen, von denen ich mit Ausnahme der schon angeführten nur folgende auszeichnen will:

Anno Domini 1226 confirmatus est ordo fratrum minorum requiem Deus ex alto prospiciens mentis divi Francisci multiplicavit in personarum numero et locorum. Itaque numerus conventuum est duo millia Ccti 83. (2283). Er loca sororium sanctae virginis Clarae 400. 52. (452)
Anno Domini 1226 S Franciscus ordinis minorum institutor abiit a seclo et ao. 28. assumtus est in sanctorum catalogum.
Anno Domini 1228 circa festum S. Martini hoe monasterium coepit aedificari.
Anno Domini 1246 celebratum es in Oschatz primum capitulum.
Fridericus marchio Misnensis dux Saxoniae efficitur anno Dn. 1428.
Indem dux Saxoniae habnit conflictum cum Bohemis circa Usitz et interfecti sunt heu ibidem in bello de utraque parte ultra VII. millia virorum.

In dem Altar-Chore sind an der Mittagsseite noch die Chorstühle vorhanden, in welchen die Mönche bei den Gesangszeiten (in horis canonicis) und bei andern gottesdienstlichen Verrichtungen (officiis) saßen. Gegen über war der Beichtstuhl, dessen ich um des Vorfalls willen, der sich daselbst zugetragen haben soll, hier gedenke. M. Joh. Funk, der 1541 als Diakonus an der hiesigen Stadtkirche angestellt ward, erzählt denselben umständlich in seiner Erklärung der Offenbarung Johannis (Frankf. 1596 in Quart). Die Hauptumstände seiner Erzählung sind folgende. Ein Mönch habe in dem Beichtstuhle, der durch den Kreuzgang heraus in ein Gemacht gegangen sei, wo sich die Beichtenden versammelt hätten, Beichte gesessen. Hier habe sich auch der Satan eingefunden und so viel grobe Sünden, die er begangen und vollbringen geholfen habe, bekannt, daß der Mönch ihre Vollbringung selbst für unmöglich gehalten habe. Da ihm aber der Satan entdeckt habe, wer er wäre, so habe ihn der Mönch gefragt, warum er beichte, da doch zuvor wisse, daß er keine Gnade bei Gott erlangen werde? Der Satan habe darauf geantwortet: alle, die vor ihm zur Beichte gegangen wären, hätten so schwarz und häßlich ausgesehen, als er und sobald sie die Absolution empfangen hätten, wären sie schön und weiß gewesen; deswegen wäre er auch hierher gekommen, um es zu werden. Nach verweigerter Absolution sei er in die Höhe gefahren und habe die Decke des Beichtstuhls mit sich hinweggeführet. Zum Gedächtniß dieser Geschichte sei an demselben Orte eine Tafel, auf welcher dieselbe abgemahlt zu sehen wäre, aufgehangen worden. Diese Tafel ist noch vorhanden. Unter dem Gemälde stehen die Worte: 1478 testibus historicis. renovirt den 22. Febr. 1578. Der ganze Vorfall ist ohnstreitig von den Mönchen in der Absicht erdichtet worden, um die Kraft der Mönchs-Absolution in Ansehen zu erhalten, denn man findet, daß auch an andern Orten ähnliche Geschichten vorgefallen sein sollen 32).

An der Mitternachtsseite des Altar-Chors gehet eine Thüre in die angebaute S. Annen-Kapelle. Da die Verehrung der h. Anna, der vermeinten Mutter der Jgfr. Maria, in Sachsen erst 1495 ihren Anfang nahm, so läßt sich auch die Erbauung der Kapelle nicht in frühere Zeiten setzen. Ihr Stifter ist unbekannt, doch meldet das Stadtbuch jener Zeiten, daß Barbara, eine Nachgelassene Bastians von Wolkwitz in ihrem, Dienstags am achten Tage des wahren Leichnams (den 19. Jun.) 1509 abgefaßten, Testamente unter andern auch 28 Rfl. zur neuen S. Annen-Kapelle im Kloster vermacht habe. Seit der Reformation wird die Kapelle zur Sacristei gebraucht.
Den Altar-Chor trennte von dem Schiffe der Kirche ein eisernes Gitterwerk, wie ich aus einem Schreiben des ersten Superint. M. Buchners an den hiesigen Rath ersehen habe, darin er die Unmöglichkeit, dieses Gitter in der Stadtkirche anzubringen, vorstellt.
Von den Neben-Altären in dem Schiffe der Kirche kann ich nur einen einzigen, nämlich den 1497 von der Brüderschaft der Krone der Jungfrau Maria und des Rosenkranzes unter dem Namen: altare Coronae virginis gloriosae Mariae gestifteten Altar anführen. Daß aber noch andere vorhanden waren, wird darauf offenbar, weil bei der Einweihung der Kirche im J. 1484 mehrere Altäre angebracht werden. Wie hätte dieses geschehen können, wenn außer dem Hoch-Altare nicht noch andere Neben-Altäre da gewesen wären? Aber der Altar in der Annen-Kapelle und der Altar der Krone der Maria können damit nicht gemeint sein, denn diese wurden später gestiftet.
Es stand auch eine Orgel in der Klosterkirche, denn in der Kämmerei-Rechnung v. J. 1553 kommt eine Ausgabe vor, „der Mönche Blasebälge auf die alte Orgel zu schaffen.“
Nicht nur zu den Zeiten der Mönche, sondern auch nachher war die Kirche eine Begräbnißstätte daselbst um so lieber, weil man glaubte seiner Seligkeit desto gewisser versichert zu sein. Nur ein einziges Epitaphium ist aus diesen Zeiten noch übrig. Es steht an der Mitternachtsseite der Kirchenmauer und stellt einen Ritter im Harnisch vor, dessen Wappen, aus einem Schilde, Helme und zwei kreuzweis liegenden Pfeilen bestehend, an der Seite des rechten Fußes angebracht ist, und hat die Umschrift: der ehrenveste Wolff von Gauher de anno domini M. BC. IIII. (1504) war am tage simonis Juide selig vers. Das Geschlecht derer von Gauer war nach Gauhens Abels-Lexicon eines der ältesten und ansehnlichsten adelichen Häuser in Brabant. Auch in unserm Lande, besonders im Meißner Kreise, war es nicht unbekannt. Knauth führt dasselbe unter den Rittern und edeln Vasallen des Meißner Bezirks an 33) . So liegt auch ein Dorf Gauernitz in den Meißner-Kreisamts-Bezirk und ein Rittergut Gauern im Altenburgischen 34) . Ernst Ehph. Walch 35) nennt, die von Adel hätten den Titel Ehrenvest allein, ohne den Zusatz gestreng erst von 1526 bis 1527 erhalten, allein aus dem angeführten Epitaphium siehet man, daß es um 22 Jahre früher geschehen ist. - Von den Begräbnissen und Epitaphien aus den Zeiten nach der Refomation führe ich folgende an. Der Superint. M. Michael Schumler ward den 14. Sept. 1617 hier vor dem Altare beerdigt, weil die im vorhergehenden Jahre durch den Brand verwüstete Stadtkirche noch nicht wieder hergestellet war. Sein Epitaphium ist in der Mittagsmauer aufgestellt. Es war Anfangs nicht daselbst, sondern ward in spätern Zeiten dahin gesetzt, um damit eine Oeffnung in der Mauer zu verschließen, wodurch in den Mönchszeiten eine Thüre ging, die in den auf dem Kirchhofe befindlichen Kreuzgang führte. Im J. 1622, den 25. Jan. ward Franz von Truchsaß, auf Wellerswalda, daselbst begraben. - 1631, den 13. Jul. ward des Freiherrn Gustav Steinbecks, Reichsraths in Schweden, hinterl. Fräulein von 21 Jahren, Namens Margaretha, welche die Königin von Schweden auf ihrer Reise von Dresden nach Oschatz begleitete, krank allhier ankam und den 11. Jul. starb, in der Klosterkirche aufbewahrt und den 15. Jul. am 7. Sonnt. nach Trin. nach einer vom Superint. M. Cademann gehaltenen Leichenpredigt, bis an die drei Kreuze vor dem Brüderthore mit einer ansehnlichen Procession begleitet und von da nach Schweden zu ihrer Ruhestätte abgeführt. - Nicht weit von der ersten Kirchthüre liegt der Leichenstein Ambrosius von Nossen, auf Altoschatz, der den 17. Oct. 1632 als er sich, bei dem Einfalle der Croaten, in die Stadt geflüchtet hatte, im 93. Jahre seines Lebens starb und den 22. b. M. beigesetzt ward. Zur rechten Seite ist das Nossensche und zu linken das Schönfeldische Wappen eingehauen. - Dieser Leichenstein lag erst im Kreuzgange an der Kirchenmauer, wo das Begräbniß war, ward aber, als der Kreuzgang abgerissen ward, an dem angezeigten Ort in der Kirche gelegt. - Hanns Wilhelm von Mordeisen, auf Stenschütz ward den 13. Jan. 1634 von dem Rittmeister Kaspar Metzrad in Andreas Winkelmanns Hause tödlich verwundet und nachdem er an seinen Wunden den 5. Febr. d. J. gestorben war, in der Klosterkirche beigesetzt. - Daselbst fanden auch 1637 der allhier an der Pest verstorbene Hanns von Truchsaß, auf Wellerswalda und 1639 dessen Gemahlin ihre Ruhestätte, wovon ihr Leichenstein zeugt, der noch jetzt in der Thurmmauer da, wo sonst der Eingang auf die Treppe zu dem weggenommenen Singe-Thore war, befindlich ist. Für die Concession eines jeden Begräbnisses wurden 25 fl. in das Kirchen Aerarium entrichtet. - An eben der Seite der Thurmmauer steht auch der Leichenstein der Mutter des hiesigen Rechts-Consulenten und Bürgermeisters D. Joh. Melch. Dedekinds, Magdalena, geb. Hamer, Andr. Dedekinds, Rektors der Schule auf der hochfürstl. Braunschweig-Lüneburg. freien Berstadt S. Andreas hinterl. Wittwe die im J. 1689 im 62. Jahre ihres Alters starb. - In dem ehmaligen Kreuzgange an der Mitternachtsmauer der Kirche ward 1752 Georg David Strohbach, C. S. Gen. Accis-Untereinnehmer allhier, des hiesigen Super. D. Strochbachs Sohn, in seinem 20. Jahre beigesetzt.

weiter


1) wir verweisen auch in Betreff der nachstehenden Angaben auf Bd. III dieses Werkes und unterlassen hier vor der Hand irgendwelche Berichtigungen, um nicht bei dem Erscheinen der Fortsetzung dieser Chronik - in Anbetracht der immer mehr zunehmenden Ausbreitung der Stadt - nochmals berichtigen zu müssen. zurück

2) Woher die Rosmaringasse ihren Namen habe, wird sich nie mit Gewißheit bestimmen lassen. In Dresden führt auch eine Gasse diesen Namen, aber Hasche bekennt in seiner umständlichen Beschreibung Dresdens Th. 1 S. 263 selbst, daß er die Ursache dieses Namens nicht anzugeben wisse, doch schreibt er: wie, wenn man annähme, es sollte Rosen Marie heißen? denn man hätte der Maria in alten Zeiten wunderliche Beinamen gegeben. Wie aber, setze ich dazu, wenn man den Namen von dem wendischen Worte Rosmarin, das nach Frencelli orig. linguae Sorab. p. 82, ich zermesse, zertheile heißt, herleite? Wenigstens würde sich diese Benennung für eine Gasse nicht überl schicken, da sie das Mittel ist, die Häuser einer Stadt abzutheilen und zu unterscheiden. Die Gasse konnte vielleicht ihren Namen noch vor Erbauung der Stadt von denen, die sich zuerst bei der Burg anbauten, oder gleich nach ihrer Erbauung von den sich hier niederlassenden Wenden, den Daliminziern, die als Leibeigene mit ihren deutschen Herren in die Stadt zogen, erhalten haben. Es könnte auch sein, daß, wie Hasche will, der Name Rosen Marie hieße, denn es ward im Jahre 1497 in hiesigem Kloster eine Brüderschaft, an der auch weltliche Personen außer dem Kloster Antheil nehmen konnten, errichtet, welche die Brüderschaf der Krone und des Rosenkranzes der Jungfrau Maria genannt ward. Könnte nicht eine ansehnliche Anzahl von Mtgliedern derselben in jener Gasse gewohnt haben, daß man dadurch bewogen ward, sie mit Hinweglassung der übrigen Worte Rosen-Marien-Gasse zu nennen? zurück

3) Es ist sehr wahrscheinlich, daß im zwölften Jahrhundert diese Gassen von den aus den Niederlanden hier ankommenden Wollen- und Leinwebern, die nicht lange vorher unter Kaiser Heinrich V. für zünftig erklärt worden waren (denn vorher war die Wollen- und Leinweberei blos ein weibliches Geschäft), erbaut worden sind und davon den Namen haben. Die große Webergasse scheint zu einer Zeit, da die übrige Stadt schon gebaut war, noch mit beigefügt worden zu sein, wobei denn die kleine Webergasse, um de Verbindung mit dem vorderen Theile der Stadt zu erlangen, zugleich angelegt ward. Noch jetzt werden diese beiden Gassen häufig von Tuchmachern, die ehemals Wollenweber hießen, bewohnt. zurück

4) Diese hat ihren Namen erst nach den Zeiten des großen Brandes erhalten, weil man daselbst Lehm, der von vorzüglicher Güte ist, beim Wiederaufbau der Stadt ausgrub. (Man hat sie da zu suchen, wo gegenwärtig das Militärhospital sich befindet). zurück

5) Der gewöhnliche Sage nach soll ein Tuchknappe, der in dem Hause zu Biere war und zu viel getrunken hatte, beim Herausgehen im Taumel in den Erbfluß gefallen sein und dadurch Gelegenheit zur Benennung der Knappenbette gegeben haben. zurück

6) Es läßt sich keine gegründete Ursache von dieser Benennung angeben. Dem gewöhnlichen Sprachgebrauche nach soll sie einen entlegenen und abgesonderten Theil der Stadt anzeigen. Diese Erklärung käme der Wahrheit am nächsten, denn dieser Theil ist gleichsam von der übrigen Stadt abgesondert und es geht wegen Ermangelung eines Thores keine Passage so häufig hin und her, als in den übrigen Gassen. Gegenwärtig sind Ausgänge mehrseitig hergestellt. zurück

7) Diese Gasse führt ihren Namen von den Spohrern, die hier ihre Kaufladen hatten. zurück

8) In Freiberg und in Torgau führt ebenfalls eine Gasse den Namen der Nonnengasse. Möller n der Freiberger Chronik S. 116, M. Wilisch in der Freiberger Kirchenhistorie S. 64 und Böhme in seiner handschriftlich hinterlassenen Beschreibung der Stadt Torgau gaben als Ursache an, daß in einem Hause dieser Gasse Nonnen von den Beguinen, ohne in einem Kloster eingeschlossen zu leben, gewohnt hätten, deren Amt gewesen sei, die Kranken zu pflegen, die Verstorbenen abzuwaschen, anzukleiden und für das Begräbniß derselben zu sorgen, daher sie auch den lateinischen Namen Sepultur-Nonnen oder verstümmelt Polternonnen geführt hätten. Ich weiß keine bessere Erklärung von der Nonnengasse in unserer Stadt anzugeben. zurück

9) Die Brüdergasse hat ihren Namen von den Franziskaner-Brüdern, die in dieser Gasse ihr Kloster hatten. zurück

10) In Heckels Beschreibung der Stadt Bischofswerda steht S. 35 ähnliches Beispiel. zurück

11) Miscellanea Saxon. Th. III, S. 68-70 zurück

12) Wellers Altes aus allen Theilen der Geschichte Bd. I, S. 382, 383 zurück

13) Oberlausitzische Provinzial-Blätter Bd. I, S. 264-285. zurück

14) Die Seelbäder waren in jenen Zeiten eine Gattung des Seelgeräthes, welches in der Verordnung bestand, durch welche eine Person der Seele nach dem Tode rathet und bewirkt, daß sie bald aus der Qual des Fegefeuers gerissen werde. Sie waren wirkliche in den Badestuben angeordnete Bäder, wie die oben angeführte Urkunde bezeugt. Vielleicht gab diese Gewohnheit den Badereien den Ursprung, wenigstens hatten die Bader hierbei den besten Genuß, denn fast bei allen Leichenbegängnissen vermögender Personen wurden wohl 3 bis 5 Bäder nach einander bestellt, wofür eine reichliche Bezahlung erfolgte. In den ältesten Zeiten hielt man auf das Baden ungemein viel und meinte, man könne dasselbe gar nicht entrathen. Man sah es als Mittel zur Erhaltung der Gesundheit an: man suchte auch dabei eine besondere Erquickung und wenn man nach dem Bade sich güthlich thun konnte, so schätzte man sich für besonders glücklich. Da die Armen durch ihr Unvermögen daran verhindert wurden, so verschafften ihnen gutherzige Personen durch ihre Stiftungen Gelegenheit dazu. Sie vermachten ein gewisses Geld zu Bädern, die Jedermann umsonst gebrauchen konnte. Sie thaten noch mehr, sie verordneten, daß Bier, Fleisch und Geld, auch Brod den Armen zugleich ausgetheilt würde. Dieses dente zur Erquickung der Lebendigen, die Seelen der Verstorbenen aber hatten davon den Nutzen, daß sie eher aus der Qual kamen. Ihre Stiftungen gehörten zu den guten Werken nach dem Tode. So oft diese wiederholt wurden, so thaten die Verstorbenen gute Werke, die ihnen eben sowohl als die, welche sie in ihrem Leben gethan hatten, angerechnet wurden. Denn wie man damals gleubte, daß mit den guten Werken die Vergebung der Sünden und die Erlösung von ihren Strafen verdient würden, und daß man durch die Ausübung eines guten Werkes jedesmal einen Theil der Strafe los würde, so hielt man auch dafür, daß Gott solche guten Werke nach dem Tode den Seelen im Fegefeuer zurechne und ihnen für jedes einige Tage an den verdienten Strafen erlasse. Von solchen Seelbädern haben ausführlich gehandelt: D. Ge. Heinr. Goetze in ecloga antipotis. de halneis animarum, Lubec. 1707 lac. a Mellen de halneis animarum Lubecensibus. Lubec. 1710 et M. Io. Gottfr. Leo in exercitat histor. philot. de halneis animarum. Weissenfelsae 1720. zurück

15) Auch in Freiberg war diese Gewohnheit. J. Fr. Klotzsch führt in seiner Schrift: das Schrotamt (Dresd, 176, S. 37) aus einem Pachtbriefe der dasigen Garküche vom Jahre 1471 und 1473 unter andern Bedingungen au diese an, daß der Garkoch verbunden sein solle, in der Heerfahrt zu dienen, wenn es nöthig sei. zurück

16) Aegidius war in der II. Hälfte des 7. Jahrhunderts in Griechenland geboren, bekannte sich daselbst zum Christenthume, kam zu Anfang des achten Jahrhunderts nach Frankreich, wo er in dem nach seinem Namen genannten Aegidienwalde ein Kloster baute, worin er als Abt einsam lebte und sich von Wurzeln und der Milch einer Hündin genährt haben soll. Er starb in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts am 1. September, der noch jetzt seinen Namen führt und von den Jägern, Ackerleuten und Winzern in Ehren gehalten wird, daher sich auch an diesem Tage die Jagd anfängt. Seiner Heiligeit wegen ward Aegidius bald unter die Heiligen versetzt. Er führte auch den Namen Ilgen, den er vermuthlich vor seiner Bekehrung gehabt haben möchte. Bei den Franzosen und Niederländern wird er noch S. Gilles genannt und Burggraf Heinrich zu Leisnig befahl ernstlich, das 1192 von ihn gestiftete und dem Aegidius gewidmete Kloster Buch nicht anders, als Ilgenthal zu nennen. (vid Abrah. Thammii Chrou. Choldicense in Merkenii Scriptt. tom. II. s. 679) Unsere Stadtkirche wird auch in der Kämmerei-Rechnung vom Jahre 1481 die Kirche St. Ilgen genannt. Mehrere Nachrichten von dem Aegidius giebt Jo. Lud. Spoerl in eposit. de S. Aegidio Narbonensi, pristino templi Norimbergensis patrono. Altorf. 1749. zurück

17) Schulzens Beschreibung der Stadt Leipzig, S. 39 zurück

18) in teatro Saxonico, Th. II. S. 110 zurück

19) Diesen Namen empfing in den ältern Zeiten der Theil der Kirche, wo der Hochaltar stand, wegen seiner kronförmigen Bauart und Weise, in der die Geistlichen vor dem Altar saßen und sangen. Schmidii lex eccles, minus, s. t. chorus. zurück

20) Aus Christ. Knauths in das Lausitzer Magazn vom Jahre 1778 eingerückter Abhandlung von den Cryptis oder Grüften und Kapellen, welche ich in der Oberlausitz unter etlichen Hauptkirchen finden, siehet man, daß in Görlitz, Zittau und Löbau auch dergleichen Capellen anzutreffen sind. Ein gleiches meldet von Buchholz, Oesfeld in seiner hist. Beschr. merkwürdiger Städte im Erzgebirge, Th. II. S. 33. zurück

21) Die Lage des Altars wird in der bischöflichen Bestätigung desselben am 19. April 1485 angegeben: altare situm sub testudine circa chorum in ecclesia parochiali op. pidi Osschatz. zurück

22) Mit diesem Namen belegte man denjenigen Theil der Kirche, in welchem sich die Gemeinde bei dem öffentlichen Gottesdienste versammelte, vermuthlich deswegen, weil man ihn seiner Länge wegen einem Schiffe ähnlich fand. Schmidii lex. eccles. minus s. t. navis. zurück

23) in Onomastico autogr. in Merkenii Scriptt. rer. germ. tom. II. p. 1590 zurück

24) D.O.M.S.
IN VRBIS HVIVS LVCTVOSO INCENDIO
QVO IVLII MENSIS DIE BIS ALTERO
PROPE TOTA FVMOS IN LEVES CINERESQ LIT.
POSTQVAM DEI NVTV SACRA HAEC AEDES QVOQ.
CVM CVRIA SCHOLAQ CONFLAGRAVERAT
REPARATA TANDEM IOVAE ES AVSPICIIS FVIT (1620)
PASTORE CADEMANNO. COBERO. WENDO.
ET WOLFIO REMPVPLICAM REGENTIBVS:
WINCKELMANNIDE FOSTERIDEQ AEDILIBVS.
QVICVNQ TRANSIS DICAS VT HANC AEDEM SACRAM
NON DORMIENS CVSTOS DIV CVSTODIAT.
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25) Sie ist abgebildet in Tenzelii Saxonia numismatica, Part. I. linea Albertinae, p. 85. zurück

26) Die darüber ausgefertigte Schrift liegt im Kirchen-Archiv Nr. 44 zurück

27) Kauf- und Lehnbrief sind abgedruckt in Schoettgenii Diplomatario, tom II, p. 283, u. 237 et 238. Dieser Briefe wird auch gedacht in dem Inventarium des Klosters Bucha, das Kamprads Leisniger Chronika beigefügt ist. S. 610. zurück

28) Der Kaufbrief ist abgedruckt in Schoettgenii dipl. I. c. p. 284 u. 239. zurück

29) Die Urkunde steht in dem ältesten Oschatzer Stadtbuche und ist abgedruckt in Schoettg. diplom. tom. II, p. 291, 292 u. 252. Auch wird derselbe im Kamprads Leinsiger Chron. unter den im Kloster Bucha angehängten Urkunden-Inventar, S. 612 gedacht. zurück

30) Anno Dni. 1248, dominica ante festum . Joannis Baptistae ecclesia ista in honorem gloriosae virginis Mariae anunciationis est consecrata. zurück

31) Anno Domini 1429, circa festum natalis Christi Bohoemi oppidum Oschatz funditus combusserunt et destruxerunt. zurück

32) Beispiele davon werden angeführt in Titii Exempel-Buche, S. 346 in Luthers Deutschen Werken, Jenaische Ausg. Th. VI. und in Rivandri Fest-Chronik, S. 13. zurück

33) in Prodromo illustr. Misniae, p. 507 zurück

34) Löbers Historie von Ronneburg, S. 366. zurück

35) In der in Gatterers histor. Journale B. XI, S. 18 eingerückten Abhandlung: von den Epochen der Deutschen Titel der Adelichen, ihrer Entstehung und Abkommen. zurück

 


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