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Betrachtungen zu Straßennamen der Region – von Arndt Böttcher
 
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Die sogenannten Vorstädte

Wiederholt war die Rede davon, dass die Umwallung des mittelalterlichen Oschatz sich allmählich auflöste, d.h. die Stadtmauern waren spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts verschwunden. Allmählich wuchs die Stadt. Ausserhalb des Innenrings entstanden neue Stadtviertel, die Oschatzer Vorstädte.
Von G. Heinz erfahren wir, dass aufgrund einer neuen Stadtordnung im April 1842 eine Einteilung in acht Bezirke erfolgte. Von diesen Bezirken befinden sich vier außerhalb der ehemaligen Ringmauer
Demnach umfasste der V. Bezirk die gesamte Altoschatzer Vorstadt, "vom alten Tor bis an den sogenannten Trompeterberg oder den langen Rain". Hierzu gehörte auch die/r Cunnersdorfer Flur mit Pappenheim und Wüstem Schloss.'
Zum VI. Bezirk zählte man die Brüdervorstadt (zwischen Langen Rain und heutiger Körnerstraße), dazu gehören u.a. Felder am Dürrenberge (heute das Gelände Sportstadion - Höhe Friedensstraße.
Dem VII. Bezirk wurde die Strehlaer Vorstadt zugeordnet.
Der VIII. Bezirk betraf das Gebiet, das bis dahin die Hospitalvorstadt hieß. Dazu wurden u.a. die Riesaer Straße und die Oststraße gerechnet.

Im folgenden soll vor allem auf den V., VI und VII. Bezirk näher eingegangen werden. Unser Augenmerk wollen wir aber gleichfalls dem Oschatzer Grüngürtel, der Promenade, schenken, soweit das für unser Thema interessant ist.

Mit dem heutigen Leipziger Platz sind wir im einstigen VI. Bezirk, der Brüdervorstadt, angelangt. Wie G. Heinz schreibt, erhielt dieser Platz nach 1900 den Namen "Prinz-Albert-Platz nach dem Bruder des letzten sächsischen Königs, welcher längere Zeit in der Oschatzer Garnison beim Ulanenregiment gedient hatte und im Jahre 1900 bei Nossen durch einen Unfall tödlich verunglückt war. In den 30er Jahren ist der Name für diesen Platz wieder verschwunden. Dieser Stadtteil ist übrigens aus der einstigen Dorfflur Praschwitz (Braczi) hervorgegangen.
Vom früheren Albertplatz  zweigte schon damals die Verbindungsstraße nach Merkwitz und die sich mit ihr vereinigende, am "Roten Vorwerk" sich hinziehende Vorwerksgasse ab. Von diesem Platz aus verläuft auch die Bahnhofstraße.
Die Merkwitzer Gasse/Straße hieß außerhalb der alten Stadtflurgrenze noch lange Zeit Holzstraße (s. Straße gleichen Namens, die aus Dahlen in die Dahlener Heide führt). Das Quergässchen zwischen Leipziger Straße (2) und Merkwitzer Gasse/Straße erhielt in den 30er Jahren den  Namen Die Gemeinde. Wie wir von G. Heinz erfahren, soll diese Bezeichnung auf die einstige Zusammengehörigkeit und gewisse Eigenständigkeit in frührer Zeit in dieser Vorstadt hinweisen.
 Der Name "Rothes Vorwerk" taucht seit 1895 im Oschatzer Adreßbuch auf. Damit sind vor allem die Häuser hinter demselben gemeint. Die bekanntesten seien die des großen Gutshofes von Junghans gewesen – so G. Heinz. Der Stadtchronist Magister C.S. Hoffmann leitete den Namen von einem roten Anstrich oder einem roten Mauerzigelbau ab. Bis zum Bau des Krankenhauses am Stadtpark  (Einweihung 1895) befanden sich im Roten Vorwerk auch die Räume des städtischen Krankenhauses. Auch die Knabenarbeitsschule sei dort anzutreffen gewesen.

Die Strehlaer Vorstadt
Im Zusammenhang mit den Bemerkungen zum Strehlaer Tor haben wir diesen frühen VII. Bezirk schon einmal gestreift.
Nach dem Passieren der Döllnitz beim Strehlaer Tor betreten wir die alte Strehlaer Vorstadt. Die Döllnitz bildete sozusagen die Grenze zwischen Kern- und Vorstadt. Erst nach Begradigung der alten "Dellze" 1890/91 verlaufen parallel zum neuen Flusslauf die Brückenstraße (früher: "die Heiste", ab 1899 zunächst Schützenstraße) und Richtung Zschöllau der Dreibrückenweg. Das Stadthaus ist aus dem Schützenhaus hervorgegangen, wo sich die frühere Scheibenschützengesellschaft getroffen hat.
in den 1890ern wurde entlang der Schmalspurbahnstrecke Oschatz-Mügeln (1885 in Betrieb genommen) die vordere Körnerstraße angelegt. Das gesamte Gelände bis zur Niedermühle – so Heinz – war zu dieser Zeit noch Garten und Wiese.

Die Altoschatzer Vorstadt
"Durch das einst imposante Bauwerk des Altoschatzer Tores mit seinen Nebengebäuden sowie der verwinkelten Toreinfahrt mit der Brücke über den Stadtgraben" (Heinz) verlassen wir den inneren Stadtkern von Oschatz.
Das Altoschatzer Viertel verwaltete Mitte des 19. Jahrhunderts noch gewisse Angelegenheiten selbständig. Es leistete sich auf eigene Kosten noch einen Nachtwächter und unterhielt einen Brunnen - im Borngässchen, Nähe Dippoldisplatz. (s. Härtwig), 58 f.)
Der ehemalige Mittelpunkt vor dem alten Stadttor hieß bis 1895 der Altoschatzer Platz (danach Miltitzplatz), von dem rechts die Wermsdorfer Straße und links die Miltitzstraße (heute Heinrich-Mann-Straße) abzweigt. Unweit des Miltitzplatzes befindet sich der Sperlingsberg, dessen Benennung von einem alten Flurnamen entlehnt wurde.
Auf dem Wege Richtung Wermsdorf überqueren wir zunächst die Wettinstraße, nach 150 Metern erreichen wir den Cunnersdorfer Weg. Wie uns G. Heinz mitteilt, wollte man mit der Namensgebung an das einstige Dorf gleichen Namens, auch Conradsdorf genannt, erinnern.
Die südliche Verlängerung dieses Weges trägt ein Namensschild, dessen Bezeichnung an dieser Stelle einiges Befremden auslösen muss - "zum Holländer". Aus dem Buch von R. Härtig erfährt man, dass es in Altoschatz eine Schankwirtschaft Holländer mit einer holländischen Windmühle gegeben hat. Dieser Straßenname könnte vielleicht so abgeleitet werden.
Zu den personenbezogenen Straßennamen in diesem Wohnquartier siehe Teil 1

Wenden wir uns dem nördlichen Teil dieses früheren Bezirkes zu, und zwar der Gegend um den Dippoldisplatz.
Von hier aus gelangen wir zur Reithausstraße. Sie hat ihren Namen von dem Reithaus, das die Stadt auf einem Abschnitt dieser Straße für die hiesige Garnison bauen ließ, den man um 1870 noch "Am Turnplatz" bezeichnete. Hier hatte der Turnverein von 1862 seine Turnstätte anlegen können. (Härtwig)
Vom Dippoldisplatz aus erstrecht sich eine kleine Anhöhe in Richtung Fliegerhorst, die als Straße den Namen "Am langen Rain" trägt und in Notstandsarbeiten nach dem 1. Weltkrieg angelegt wurde. Ihr Name stammt von einer alten Flurbezeichnung.


(1) Die Leipziger Straße/Gasse hieß früher Windmühlengasse (einen Windmühlenweg gibt es noch am Ende der Merkwitzer Straße). Der Name bezog sich auf zwei Windmühlen, die der Rat der Stadt 1581 auf der Anhöhe erbauen ließ (G. Heinz)
 
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