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Von Dr. Manfred Schollmeyer, August 2012

Das imposante Doppelhaus an der Bergstraße Nr. 7 / Ecke Härtwigstraße Nr. 10 wird seit Jahrzehnten von den Oschatzer Bürgern im sprachlichen Umgang als „Eierkuchenhaus“ bezeichnet. Aber was hat es mit dem ungewöhnlichen Namen auf sich. Verschiedene Deutungen versuchten bisher das „Eierkuchenhaus“ zu erklären. Man vermutete, dass hier einst eine Bäckerei zuhause war, die wohl auch die begehrten Eierkuchen im Angebot gehabt hätten, was ja denkbar gewesen wäre. Wagehalsiger ist die Auffassung, dass die Fassade des über Eck gebauten Gebäudes wohl einem aufgeklappten Eierkuchen ähnlich sei. Nun, die Erklärung für die auffällige Bezeichnung „Eierkuchenhaus“ ist eine sehr naheliegende, aber sie ist leider in Vergessenheit geraten.
Im Jahr 1909 trat das Oschatzer „Baugeschäft Hermann Plötner & Oswald Euerkuchen“ mit der Bitte an die Stadt heran, auf ihrem Grundstück an der Albertstraße (heute Bergstraße) / Ecke Härtwigstraße (später Erich-Vogel-Straße und heute wieder Härtwigstraße) ein Wohnhaus zu bauen. Dem Wunsche wurde statt gegeben und die Baumeister Plötner und Euerkuchen errichteten in den Jahren 1909/1910 auf ihrem Gelände das auffällige Doppel-Wohnhaus. Offensichtlich hatte man sich aber an dem Bauvorhaben finanziell „verhoben“, denn schon 1910, das Haus war schon teilweise bewohnt aber noch nicht fertig, kam es zu einer Zwangsversteigerung. Das Gebäude wurde von einem Oschatzer Bürger erworben und ging einer bewegten Zukunft entgegen. Bekannte Oschatzer Persönlichkeiten nahmen hier ihren Wohnsitz und Geschäftsleute aus Oschatz und Wermsdorf brachten die beiden Häuser zeitweise in ihren Besitz. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in den 1930er Jahren die Oschatzer Sparkasse und die Dresdener Sparkasse Eigentümer des Doppelwohnhauses Nr. 7 und Nr. 10 waren. Heute ist die Gebäudehälfte in der Bergstraße Nr. 7 im Privatbesitz. Die Gebäudehälfte in der Härtwigstraße Nr. 10 gehört der „Oschatzer Wohnstätten GmbH“, ist zurzeit nicht bewohnt und steht zum Verkauf an.

Die Baumeister Herman Plötner und Oswald Euerkuchen waren entgegen der bekannten Oschatzer Baumeister Theodor Bauch, Carl Berthold, Friedrich Wilhelm Dorn, Hugo Gelhaar, Moritz Jesch, Emil König, Curt Perthen und Richard Zürn nur kurzzeitig in Oschatz tätig. In den Adressbüchern von 1904 und 1911 sind ihre Namen und das Baugeschäft nicht verzeichnet. So ist über das „Baugeschäft Hermann Plötner & Oswald Euerkuchen“ die Zeit gegangen und das „Euerkuchenhaus“ hat sich sprachlich in ein „Eierkuchenhaus“ verwandelt. Damit erklärt es sich leicht, dass man auch heute noch das „Euerkuchenhaus“ mit den beliebten Eierkuchen in Verbindung bringt.

Die einstige Ansicht des Hauses ist dagegen erhalten geblieben. Der Oschatzer Fotograf und Verleger Emil Richter brachte das markante Gebäude zwischen 1910 und 1915 auf eine heute sehr seltene und begehrte Postkarte. Der Betrachter kann nun selbst entscheiden, ob die Fassade des Hauses wirklich einem Eierkuchen ähnlich ist.

Stempel: Repro: Dr. Schollmeyer, Oschatz; Sammlung: Stadtbauamt Oschatz




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