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Die Siedlervereine

In der Geschichte von Kleinforst gab es zwei wichtige Bauabschnitte. Der erste begann im Jahre 1803 mit dem Aufbau der ersten Häuser und endete etwa 1825. Es war der Anfang der Besiedlung überhaupt. Der zweite Abschnitt begann im Jahre1922 und endete 1939. In dieser Zeit wurden die Siedlerhäuser aufgebaut, die Kleinforst im Aussehen und in seiner Größe ganz und gar veränderten. Zwischen beiden Bauperioden lagen über 100 Jahre, in denen sich die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse wesentlich verändert hatten. So waren auch die Voraussetzungen für den Aufbau der Siedlungshäuser im zweiten Bauabschnitt ganz anders als vorher.

Unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg gab es in Berlin keinen Kaiser und in Sachsen keinen König mehr. Dafür wählte das deutsche Volk im Januar 1919 seine erste Nationalversammlung, es begann die Zeit der Weimarer Republik. Die Menschen waren voller Zuversicht auf eine bessere Zukunft, hieß es doch zum ersten Male in Deutschland: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Und tatsächlich wurden zu dieser Zeit auch Gesetze verabschiedet, die in sozialer Hinsicht vorbildlich waren. So beschloss die Nationalversammlung im August 1919 das Reichsheimstätten- und Reichssiedlungsgesetz, das im Reichs-Gesetzblatt Nr.155 veröffentlicht wurde. Mit diesem staatlich geförderten Siedlungsprogramm sollten sich die katastrophalen Wohnverhältnisse in Deutschland verbessern. Und das brauchte Zeit. Obwohl der Siedlungsbau bereits Anfang der 20er Jahre in Gang kam, fehlten 1927 allein in Sachsen immer noch 100.000 Wohnungen.
Nach der Wohnungsnotzählung 1926 hatten in Sachsen 92.355 Personen keine eigene Wohnung, 1.250 Personen lebten in Notwohnungen.

Von den zweiköpfigen Familien wohnten



Von den dreiköpfigen Familien wohnten

16.974  
10.095  
11.957  
  
8.244  
26.857  
9.778  
getrennt
bei Verwandten
zur Untermiete

getrennt
bei Verwandten
zur Untermiete

Eine sächsische Zeitung gab dazu folgenden Kommentar ab: „Welches wirtschaftliche Elend, wieviel zerstörtes Familienglück, welche furchtbaren gesundheitlichen Schädigungen sind in diesen erschütternden, anklagenden Zahlen enthalten. Es ist eine Schande für ein Kulturvolk.“
In den großen Städten war die Wohnungsnot besonders groß. Die einfachen Leute wohnten dichtgedrängt in „Mietskasernen“ und die Anzahl der Tuberkulosekranken nahm in Deutschland rasant zu. Es musste jetzt einfach etwas geschehen und es tat sich auch etwas.
Auf der Grundlage der Verordnungen des neuen Reichsheimstätten- und Reichssiedlungsgesetzes hatte sich in Sachsen die Landessiedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim“ gegründet, die ihren Sitz in Dresden hatte. Zur Wahrung der Interessen der Siedler und zur Förderung der Siedlungsbestrebungen hatte sich noch ein anderer Verband gegründet, nämlich der „Allgemeine Sächsische Siedlerverband“. Diesem schlossen sich die örtlichen gemeinnützigen Siedlungsvereinigungen in ganz Sachsen an, so später auch der Siedlerverein „Eigenes Heim“ Altoschatz, zu dem wir später noch ausführlich kommen werden.
Zur Bereitstellung von Bauland war außerdem noch ein Landlieferverband gegründet worden, der mit großzügigen Vollmachten bis hin zur Enteignung von Grund und Boden ausgestattet war und auch ein Vorkaufsrecht besaß. Dieses Vorkaufsrecht hatte begrenzt auch die Landessiedlungsgesellschaft. Die Bodenpreise waren gesetzlich festgelegt und regelten in der Praxis so manche Unstimmigkeit, wie wir noch sehen werden.
Nach der Satzung des Allgemeinen Sächsischen Siedlerverbandes (ASSV) sollten für den Siedlungsbau bevorzugt ehemalige Kriegsteilnehmer, darunter besonders Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene und kinderreiche Familien berücksichtigt werden. Das war schon ein bemerkenswerter Vorsatz!
Auch in der Gesamtgemeinde Altoschatz waren die Häuser nach dem 1. Weltkrieg vollkommen überbelegt, ein Zuzug von außerhalb war so gut wie ausgeschlossen. Für die Betroffenen gab es eigentlich nur einen Weg, um ihre Situation zu verbessern: Sie mussten selbst etwas unternehmen. Ein Weg dazu war der gemeinsame Wohnungsbau, der ja staatlicherseits auch angestrebt und gefördert wurde.
Relativ zeitig schlossen sich in Altoschatz die Interessenten für einen gemeinsamen Wohnungsbau zusammen und gründeten am 20. Juli 1921 im Gasthof Altoschatz eine Bau- und Siedlungs-Genossenschaft. Folgende Personen trugen sich damals als Mitglied ein:
Max Wohllebe
Alfred Dechert
Curt Richter
Otto Krause
Martin Krause
Oskar Lindner
Otto Mecus
Robert Koch
Emil Schöne
Heinrich Wagner
Oskar Döring
Hermann Tietze
Franz Beyer
Robert Hennig
Oswald Dietrich
Richard Hesse
Paul Michel
Paul Krause
Paul Richter
Fabrikarbeiter
Maurer
Schneider
Fabrikarbeiter
Fabrikarbeiter
Lohnarbeiter
Steinbrucharbeiter
Schuhmacher
Schneider
Schlosser
Invalid
Steinbrucharbeiter
Schmied
Fabrikarbeiter
Steinbrucharbeiter
Landarbeiter
Landarbeiter
Landarbeiter
Schweizer
Rosenthal Nr. 11
Altoschatz Nr. 7b
Kleinforst Nr. 25
Altoschatz Nr. 12
Altoschatz Nr. 12
Oschatz, Badergasse 3
Kleinforst Nr. 16
Kleinforst Nr. 6
Rosenthal Nr. 22
Kleinforst Nr. 25
Altoschatz Nr. 34
Altoschatz Nr. 27
Altoschatz Nr. 27
Altoschatz Nr. 27
Kleinforst Nr. 2
Altoschatz Nr. 7
Rosenthal Nr. 2
Altoschatz Nr. 12
Rosenthal Nr. 1

Die Genossenschaft erhielt den Namen „Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft Altoschatz“ und setzte sich das Ziel, für Kriegsbeschädigte, Kriegswitwen, Kriegsteilnehmer und Minderbemittelte preiswerte und gesunde Wohnungen zu schaffen.
Zum ersten Vorsitzenden wurde Max Wohllebe, zum zweiten Vorsitzenden Alfred Dechert und zum Kassierer Curt Richter gewählt.
Der Geschäftsanteil wurde auf 300 Mark und das Eintrittsgeld auf 10 Mark/Mitglied festgesetzt. Beides war bei Eintritt sofort zu bezahlen.
Der Eintrag der neu gegründeten „Gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgesellschaft Altoschatz“ in das Genossenschaftsregister erfolgte am 23. August 1921.
Bei der Verteilung der Funktionen muss es nachträglich noch eine Veränderung gegeben haben, denn 1922 war nicht Max Wohllebe, sondern Curt Richter Geschäftsführer der Genossenschaft.
Mit dem Eintrag in das Genossenschaftsregister konnten nun die großen Ziele angegangen werden. Bereits am 27. April 1922 lag der Entwurf des Dresdner Architekten Karl A. Rummrich für das erste Siedlungshaus vor und konnte auf dem Papier bewundert werden. Es war ein schönes und zweckmäßiges Doppelhaus mit einem ausgebauten Dachgeschoss. In der Größe war das Gebäude etwas klein geraten, aber das lag nicht am Architekten, sondern an den geringen finanziellen Mitteln der Bauherren.

Nun begann eine kuriose Baugeschichte! Die Bauunterlagen für das Doppelhaus wurden im August 1922 zur Genehmigung eingereicht. Man vermerkte aber schon sicherheitshalber: „Mit dem Bau ist bereits begonnen worden. Es wird deshalb um baldige Genehmigung gebeten.“
Die Baugenehmigung wurde dann auch unter Erteilung einiger Auflagen am 7. November 1922 von der Amtshauptmannschaft Oschatz erteilt. Für die Erfüllung der Auflagen war es aber bereits zu spät, wie der Schneidermeister Richter an Amtsstelle bekennen musste. Das Haus war nämlich schon fast fertig. Und tatsächlich bat der Architekt Rummrich am 2. Dezember 1922 die Amtshauptmannschaft um die Abnahme des Hauses und um Erteilung der Bezugsgenehmigung. Vier Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung!
Der oben genannte Dresdner Architekt Rummrich hat sich übrigens in unserer Region auch noch mit einem anderen Projekt einen Namen gemacht. Als die Gemeinderäte von Luppa 1920 die Errichtung eines Ehrenmals zum Gedenken der gefallenen Soldaten des ersten Weltkrieges beschlossen, entschieden sie sich für den Entwurf des Dresdner Architekten. Im März 1921 wurde es eingeweiht.
Doch zurück nach Kleinforst. Hier war nun das erste Siedlungshaus im Rahmen des Reichs-Siedlungsprogramms fertiggestellt worden. Das Doppelhaus erhielt die Nr. 25b und 25c (heute Querstraße 12 und 14). In die eine Hälfte zog die Familie Wohllebe ein, in die andere die Familie Dechert.
Die Bauausführung hatte der Baumeister Paul Zieschner aus Thalheim übernommen. Die 33er Außenwände waren in sogenannter Kästelbauweise hochgezogen worden, der Hohlraum zwischen den Wänden sollte eine ähnlich gute Wärmedämmung ergeben, wie heute unsere Hohllochziegel.
Die Wohnfläche in einer Haushälfte betrug 69,13 Quadratmeter. Diese war sogar zum Teil unterkellert, auch das war etwas ganz Neues in Kleinforst. In einem eingeschossigen Anbau befand sich die Waschküche, die Toilette und ein Stall für Schweine, Ziegen und Hühner. Auf dem Dachboden oben drüber war Raum für Stroh und Heu.
Dieser neue Baustil sollte nun der Maßstab für den weiteren Siedlungsbau in Kleinforst werden und damit sollte es auch hurtig weitergehen. Doch es kam ganz anders. Am 27. Januar 1923 beschloss die Hauptversammlung bereits wieder die Auflösung der Genossenschaft. Dieser Beschluss wurde von den 14 anwesenden Mitgliedern einstimmig gefasst. Zu Liquidatoren wurden die Herren Richter, Dechert und Wohllebe bestellt. Sicherlich werden finanzielle Probleme der Genossenschaft die Hauptursache für diese Entscheidung gewesen sein, denn man bat sogar das Registergericht von der vorgeschriebenen Veröffentlichung der Auflösung Abstand zu nehmen. „Wir sind alle arme Genossen und es würde einen jeden von uns schwer treffen, wenn er einen nicht unwesentlichen Teil zu den Druckkosten noch aus eigener Tasche zulegen müsste, denn die aufgelöste Genossenschaft besitzt keinerlei Mittel.“ Man kannte nämlich noch die horrenden Preise von der Gründerzeit her. Für die Veröffentlichung im „Oschatzer Gemeinnützigen“ zahlte man damals 114 Mark und für die Anzeige im „Deutschen Reichsanzeiger“ und „Preußischen Staatsanzeiger“ sogar 220,60 Mark!
Die „Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Altoschatz“ wurde am 29. Februar 1924 im Genossenschaftsregister gelöscht.

Doch der Siedlungsbau in Kleinforst ging ohne größere Unterbrechung weiter. Im gleichen Jahr hatte sich nach der Satzung des Allgemeinen Sächsischen Siedlerverbandes ( ASSV) der Siedlerverein „Eigenes Heim“  Altoschatz gegründet, dem auch fast wieder alle ehemaligen Mitglieder der aufgelösten Genossenschaft angehörten. Diesmal übernahm der Kleinforster Schuhmacher Robert Koch den Vorsitz. Sein Büro richtete er auf dem „Weinberg“ beim Gastwirt Nixdorf ein.
Neu war auch, dass sich jetzt die Gemeinde Altoschatz, mit ihrem Bürgermeister Silbermann an der Spitze, für die Siedler tatkräftig einsetzte. Sie spielte bei der Beschaffung und Erschließung des Baulandes, bei der Planung des Bauablaufes und bei der Anstellung von Arbeitskräften eine ganz wichtige Rolle. Sie organisierte einen Teil der Finanzierung und übernahm auch die Bürgschaft für den Siedlerverein gegenüber der Landessiedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim“ in Dresden.
Um die Beschaffung des Baulandes für die Siedler zu vereinfachen, kaufte zunächst die Gemeinde Altoschatz das betreffende Flurstück vom Rittergutsbesitzer Schubert und verkaufte anschließend die einzelnen Siedlerstellen an die Interessenten weiter. Die Rückzahlung an die Gemeinde erfolgte über ein zinsloses Darlehen. Der Preis lag auf Grund des schlechten Bodens und der ungünstigen Geländestruktur bei 1 RM/ m2. Das aber war dem Rittergutsbesitzer Schubert zu wenig und es kam deswegen immer wieder zu Streitigkeiten.
Die Finanzierung der Bauleistungen erfolgte hauptsächlich aus Darlehen, die der Landeswohnungsverband Sachsen, die Landeskulturrentenbank Dresden, der Bezirksverband der Amtshauptmannschaft Oschatz und die Stadtsparkasse Oschatz gewährten. Die Verträge zu diesen Darlehen schloss jeder Siedler selbst ab, der Bürgermeister unterstützte sie aber dabei. Die Gesamtkosten für ein Doppelhaus beliefen sich damals auf ca. 20.000 Mark.
Die Bedingungen für die Rückzahlungen waren aber sehr großzügig geregelt, um den „kleinen Leuten“ den Bau eines Eigenheimes überhaupt zu ermöglichen. Sie verfügten ja kaum über Eigenmittel. Für Zinsen und Tilgung wurde teilweise nur ein Satz in Höhe von einem Prozent angesetzt, es gab auch zinslose Kredite.
So, wie bereits begonnen wurde, sollte die Bebauung mit Doppelhäusern weitergehen. Man achtete dabei besonders auf das einheitliche Aussehen der beiden Hälften, selbst wenn es nur um ein Nebengebäude ging. In dieser Hinsicht war man früher weiter als heute. In einem Abnahmeprotokoll von 1925 wurde ausdrücklich vermerkt:
„Falls Sie mangels eines Abstellraumes das Bedürfnis haben, einen Schuppen zu errichten, so werden Sie auf Grund der von Ihnen abgegebene Verpflichtungserklärung darauf hingewiesen, daß der Schuppen nur genehmigt werden kann, wenn Ihr Nachbar dieselbe Veränderung in seinem Grundstück vornimmt, und die beiden Schuppen nach einem einheitlichen Plane ausgeführt werden. Sie werden aber jetzt schon darauf aufmerksam gemacht, daß der Schuppen massiv sein und ein Ziegeldach erhalten muß.“
Die oben erwähnte Verpflichtungserklärung, die beide Bauherren vor Beginn der Bauarbeiten unterzeichnen mussten, lautete wie folgt:
„Wir verpflichten uns hiermit, die beiden Haushälften eines Doppelhauses mit Nebengebäudeanbau, gleichzeitig und nach einheitlichem Plane auszuführen und auch spätere Veränderungen nur so vorzunehmen, daß sie einem einheitlichen Plane entsprechen. Weiter verpflichten wir uns, die Trennwände zwischen den beiden Haushälften als gemeinschaftliche Brandmauer zu errichten und auch gemeinschaftlich zu erhalten. Diese Verpflichtung übernehmen wir gemäß § 2 des Allgemeinen Baugesetzes vom 1. Juli 1900 zu Lasten der beteiligten Grundstücke, somit auch dergestalt, daß sie auch für unsere Nachfolger im Eigentum an diesen Grundstücken gelten.“
Diese Verpflichtungserklärung blieb im Wortlaut unverändert bis 1935 bestehen.

Nach dem ersten Doppelhaus von Wohllebe und Dechert ging die Bautätigkeit in der heutigen Forststraße mit dem Bau folgender Siedlungshäuser weiter:
 
1924 26
26b
(Forststraße 22)
(Forststraße 24)
Curt Richter, Schneidermeister
Otto Krause, Fabrikarbeiter


Das Haus von Curt Richter wurde 1928 durch einen Anbau wesentlich vergrößert. Die Herrenschneiderei erforderte Räume. Curt Richter beschäftigte zeitweise 3 Gesellen. Außerdem brauchte er noch einen Raum für den Verkauf von Konfektionswaren, denn Handel betrieb er nebenbei auch noch. Durch den Anbau wurde der Hauseingang von der Seite nach hinten verlegt. Auch das Haus Nr.26b bekam im Jahre 2005 durch die Familie Thomas Müller einen Anbau und wurde dadurch wesentlich erweitert und umgestaltet.
Otto Krause hatte noch 2 Brüder, Martin und Paul. Auch sie bauten 1924 und 1926 in Kleinforst ein Siedlungshaus. Martin als nächster, Paul 1926.



1925
26c
26d
26e
26f
26g
26h
(Forststraße 26)
(Forststraße 28)
(Forststraße 30)
(Forststraße 32)
(Forststraße 34)
(Forststraße 36)
Martin Krause, Fabrikarbeiter
Bruno Naumann, Steinarbeiter
Otto Mecus, Fabrikarbeiter
Robert Koch, Schuhmacher
Paul Michel, Fabrikarbeiter
Paul Richter, Fabrikarbeiter


Bei der Bereitstellung des Grund und Bodens für die nachfolgenden 2 Doppelhäuser gab es 1925 Probleme mit dem Rittergutsbesitzer. „Schubert ist bereit zu verkaufen, fordert aber zuviel“, heißt es im Protokoll. Auf Antrag des Siedlervereins „Eigenes Heim“ e.V. Altoschatz verfügte daraufhin die Kreishauptmannschaft Leipzig, dass das 3000 Quadratmeter große Teilflurstück enteignet wird. Der Preis wurde auf 1,06 RM für den Quadratmeter festgesetzt. Gesetzliche Grundlage für diese Entscheidung war die Verordnung zur Behebung der dringendsten Wohnungsnot vom 9. Dezember 1919.

1925/26 26j
26k
26l
26m
(Forststraße 38)
(Forststraße 40)
(Forststraße 42)
(Forststraße 44)
Emil Schöne, Zuschneider
Heinrich Wagner, Maschinist
Oskar Döring, Invalid
Hermann Tietze, Steinarbeiter


Damit war man mit dem Siedlungsbau bis zur Einmündung der heutigen Paul-Schuster-Straße gekommen. Von da ab sollte nun entgegengesetzt in Richtung Altoschatz weiter-gebaut werden, diesmal aber beidseitig. Dazu wurde eine Baustraße angelegt, die in Höhe der heutigen Querstraße erst einmal endete. So entstanden folgende Häuser:

1926

1927



1926/27



1927





1928









1929/30

1928
26n
26o
27
27b
27c
27d
27e
27f
27g
27h
28
29
30
31


32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
(P.-Schuster-Str.23)
(P.-Schuster-Str.21)
(P.-Schuster-Str.62)
(P.-Schuster-Str.60)
(P.-Schuster-Str.58)
(P.-Schuster-Str.56)
(P.-Schuster-Str.54)
(P.-Schuster-Str.52)
(P.-Schuster-Str.50)
(P.-Schuster-Str.48)
(P.-Schuster-Str.46)
(P.-Schuster-Str.44)
(P.-Schuster-Str.19)
(P.-Schuster-Str.17)


(P.-Schuster-Str.42)
(P.-Schuster-Str.40)
(P.-Schuster-Str.15)
(P.-Schuster-Str.13)
(P.-Schuster-Str.38)
(P.-Schuster-Str.36)
(P.-Schuster-Str.34)
(P.-Schuster-Str.32)
(P.-Schuster-Str.11)
(P.-Schuster-Str.9)
(P.-Schuster-Str.30)
(P.-Schuster-Str.28)
(P.-Schuster-Str.7)
(P.-Schuster-Str.5)
Franz Beyer, Fabrikschmied
Paul Krause, Fabrikarbeiter
Georg Zschorno, Fabrikarbeiter
Oswald Täschner, Fabrikarbeiter
Otto Thierschmann, Zimmermann
Reinhold Kühne, Maurerpolier
Paul Richter, Vorarbeiter
Max Thierbach, Maurer
Karl Hesse, Fabrikarb./Dreher
Paul Schuster, Maurer
Christian Keßner, Steinarb./Landarb.
Hermann Keßner, Steinarb./Landarb.
Karl Gens. Brennmeister
Erich Behrens, Steinarbeiter
Karl Gens arbeitete im Rittergut Altoschatz, er hatte im Krieg
ein Bein verloren. Erich Behrens war sein Schwiegersohn.
Franz Pötzsch, Steinarb./Landarb.
Reinhold Leuschner, Landarbeiter
Herbert Lohse, Bauarbeiter
Josef Steiner, Schweizer
Richard Zieger, Steinarb./Landarb.
Oswald Drescher, Steinarb./Landarb.
Wilhelm Taube, Landarbeiter
Bruno Thürmer, Landarbeiter
Otto Fleck, Fabrikarbeiter
Otto Schulze, Arbeiter
Richard Barth, Landarbeiter
Otto Striegler, Landarbeiter
Alfred Krell, Steinarbeiter
Johannes Alber, Transportarb.


Auffallend ist, dass sich ab 1927 unter den Bauherren viele Landarbeiter befanden. Sie kamen aus den benachbarten Dörfern und waren dort auf den Rittergütern beschäftigt gewesen. In der neuen Siedlung Kleinforst fanden sie gute Bedingungen zum Bauen und in Altoschatz eine neue Arbeit als Steinbrecher oder Landarbeiter.
So kamen z. B. die Brüder Christian und Hermann Keßner aus Schmorkau. Franz Pötzsch arbeitete bereits im Rittergut Altoschatz, sein Nachbar Reinhold Leuschner kam von Gadegast. Josef Steiner kam vom Rittergut Grubnitz bei Wurzen. Richard Zieger, Oswald Drescher, Wilhelm Taube und Bruno Thürmer kamen vom Rittergut Striesa und Richard Barth, Otto Striegler und Alfred Krell vom Rittergut Saalhausen.

1930

1929
46
47
48
49
50
51
(P.-Schuster-Str.26)
(P.-Schuster-Str.24)
(P.-Schuster-Str.22)
(P.-Schuster-Str.20)
(P.-Schuster-Str.18)
(P.-Schuster-Str.16)
Max Döring, Maurer
Paul Gast, Steinarbeiter
Paul Quitzsch, Besenbinder
Gustav Riedel, Fabrikarbeiter
Alfred Werschnik, Bauarbeiter
Fritz Bärenwolle, Angestellter


Ab 1929 begann man in der Siedlung einen neuen Haustyp zu bauen, der schon ein wenig städtischen Charakter trug. Diese zweigeschossigen Gebäude hatten vor allem im Obergeschoss mehr Wohnraum und Komfort zu bieten, als die ausgebauten Mansardenwohnungen der bisherigen Häuser.
1930 wurde die Bautätigkeit in der heutigen Paul-Schuster-Straße erst einmal beendet.
Hinter fast allen Häusern, die linksseitig der heutigen Paul-Schuster-Straße entstanden waren, türmte sich die Abraumhalde vom ehemaligen Steinbruch auf. Je weiter man die Straße nach Altoschatz zu herunterkam, um so höher und steiler wurde sie. Um auch diese Hangflächen zu nutzen, errichteten die Hauseigentümer wahre Kunstwerke, wie Treppen und Terrassen mit Stützmauern. Einige Hänge sahen dadurch wie Weinberge aus und tatsächlich wurde auf ihnen auch Wein angebaut. Den Ertrag konnte man allerdings vergessen.

Die nächsten Siedlungshäuser wurden nun beidseitig der heutigen Querstraße errichtet.

1929

1930



1930
52
53
54
55
56
57
58
(Querstraße 2)
(Querstraße 4)
(Querstraße 1)
(Querstraße 3)
(Querstraße 6)
(Querstraße 8)
(Querstraße 5)
Paul Pötzsch, Fabrikarbeiter
Richard Thomaszinsky, Steinarb.
Hugo Richter, Landarbeiter
Otto Leuschke, Landarbeiter
Alfred Thierbach, Schlosser
Alfred Kollatsch, Steinarbeiter
Friedrich Hein, Arbeiter/Kutscher


Danach folgte eine Bebauung an unterschiedlichen Standorten und erstmals auch die Errichtung von Einzelhäusern:

1930/31


1931
69
63
64
67
68
(Querstraße 11)
(Forststraße 12)
(Forststraße 14)
(Forststraße 18)
(Forststraße 20)
Oswald Rändler, Zimmerer
Paul Tomaszinsky, Landarbeiter
Ernst Wetzig, Arbeiter
Erhardt Schewerda, Kraftfahrer
Kurt Höppner, Friseurmeister


Die zuletzt aufgeführten Häuser wurden auf dem sogenannten Sandberg aufgebaut, dort waren besonders gute Voraussetzungen für das Ausheben des Baugrundes gegeben. Die Tochter von Erhardt Schewerda erinnert sich noch, dass ihr Vater die Fundamente und die Baugrube fast ganz allein ausschachtete. Der Sand konnte auch gleich mit zum Bauen genutzt werden. Schlecht war der Boden dagegen für den Gemüsegarten. Kurt Höppner ließ deshalb das Gelände hinter dem Haus beträchtlich mit Muttererde auffüllen, weil auf dem kargen Sandboden sonst überhaupt nichts gewachsen wäre.

1932


1935

1936
1937

1938

1939
81
82
83
72
73
61b
60
62
61c
54b
59
(P.-Schuster-Str.14)
(P.-Schuster-Str.12)
(P.-Schuster-Str.10)
(Querstraße 15)
(Querstraße 17)
(Forststraße 10)
(Querstraße 9)
(Querstraße 10)
(Forststraße 8)
(P.-Schuster-Str.3)
(Querstraße 7)
Friedrich März, Metallarbeiter
Otto Küttner, Landarbeiter
Erich Walter, Arbeiter
Arno Barth, Schuhmacher
Max Barth, Schlosser
Max Weber, Steinarbeiter
Richard Rietzschel, Maurer
Wilhelm Rändler, Zimmermann
Max Hennig, Dachdecker
Paul John, Schlosser
Walter Klingner, Schlosser

Das zuletzt aufgeführte Haus hat eine besondere Geschichte: Walter Jähnigen stellte zusammen mit Friedrich Hein am 27.06.1930 den Antrag zum Bau eines Doppelhauses. Jähnigen wollte dabei die rechte Hälfte bauen. Am 12. August 1932 musste er aber der Amtshauptmannschaft mitteilen, dass er das Siedlungshaus nicht errichten kann, da er keine Baubeihilfe erhalten hatte. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits die gesamte Baugrube für das Doppelhaus ausgehoben! Da sich für Jähnigen auch kein anderer Bauherr fand, blieb die rechte Haushälfte erst einmal unbebaut. Die Baugrube füllte sich langsam aber sicher mit Schutt und Abfällen.

Hein dagegen baute die linke Gebäudehälfte mit der Nr. 58 weiter und stellte sie im Jahre 1930 fertig. Dieser Vorgang widersprach natürlich der Verpflichtungserklärung zum gemeinsamen Aufbau eines Doppelhauses, deshalb wurde Friedrich Hein extra eine Ausnahmegenehmigung erteilt.

Erst am 27. Mai 1938 fand sich mit Walter Klingner ein neuer Bauherr für die rechte Gebäudehälfte. Er stellte seinen Bauantrag und erhielt die Genehmigung am 5. August 1938. Seine erste Aufgabe war es nun, den ganzen Schutt wieder aus der Baugrube herauszuholen. Klingner hatte aber auch große Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung. Durch die Kriegsvorbereitungen waren viele Materialien kontingentiert oder gar nicht mehr zu bekommen. Noch im März 1939 kämpfte er um ein paar Holzeinkaufsscheine.
Die Ingebrauchnahme des Wohnhauses wurde am 7. August 1939 erteilt. Endlich wurde nach 7 Jahren vollendet, was zusammengehörte: Das Haus Nr.58 hatte seine zweite Hälfte bekommen.
Mit den oben genannten neuen Häusern endete das Wohnungsbauprogramm vor dem 2. Weltkrieg. Jetzt gab es in Kleinforst fast 100 bebaute Grundstücke! Durch die überwiegende Bebauung mit Doppelhäusern bekam Kleinforst ein vollkommen neues Gesicht und sah jetzt auch wie eine richtige Siedlung aus.

An den Bau des Wohnhauses von Walter Klingner hat der Kleinforster Heinz Hirsemann noch folgende Erinnerung: „Als Zehnjähriger machte ich mich ab und an bei leichteren Arbeiten auf dieser Baustelle nützlich. Als das Wohnhaus nun eingedeckt werden sollte, mussten die Dachziegel nach oben befördert werden. Walter Klingner ließ sich von mir die „Biberschwänze“ auf einen Spaten legen und beförderte diese mit kühnem Schwung nach oben. Die „Geschosse“ landete dann in etwa 5 m Höhe in den Händen des Dachdeckers.“
Eine erstaunliche Leistung! Aber diese Technik war damals ein ganz normaler Arbeitsvorgang. Genauso wenig können wir uns heute noch vorstellen, dass die Mauersteine auf einem einfachen hölzernen Tragegestell, dem sogenannten Reff, nach oben getragen wurden. Manchmal wurden sie aber auch, wie die Dachziegel, mit dem Spaten nach oben „getrieben“. Den Mörtel wiederum schleppte man in der sogenannten „Kalkbötte“ aufs Gerüst . Das war ein länglicher Bottich, der wie das Reff auf dem Rücken getragen wurde.

Die Bauarbeiter bekamen damals für eine Stunde 60 bis 70, der Polier 85 Pfennige brutto. Bei einer Arbeitszeit von 48 Stunden in der Woche und einem Stundenlohn von 70 Pfennigen bekam z. B. ein verheirateter Arbeiter mit einem Kind 31,14 Mark ausgezahlt. Das war nicht viel. Für 55 Pfennige bekam man 1 kg Brot, 1 Stück Butter oder ¼ Pfund Bohnenkaffee. 1 Pfund Schweinefleisch kostete 70 bis 90 Pfennige, 1 Pfund Stangenkäse 50 Pfennige, 1 Pfund Weizenmehl 20 Pfennige und 1 Liter Bier 80 Pfennige.
1928 kam es in Kleinforst zu einem Streik der Bauarbeiter und zu einem Protestmarsch nach Oschatz. Robert Koch hatte es damals schwer, die Wogen zu glätten. Einerseits verstand er die Forderung der Bauleute nach mehr Geld, anderseits hatte er aber auch die Interessen der Siedler zu vertreten.
Auf Grund der finanziellen Situation musste jedes Haus schnell und kostengünstig errichtet werden, das war oberstes Gebot. Über Bauart, Größe und Ausstattung der Siedlungshäuser gab es im Allgemeinen sowieso immer wieder Meinungsverschiedenheiten. Neben sehr guten Entwürfen der Architekten wurden auch regelrechte „Luftschlösser“ angepriesen, die den Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten der Siedler nicht entsprachen. Deshalb erhob die Zeitschrift „Sächsische Siedlung“ des Allgemeinen Sächsischen Siedlerverbandes e.V. 1927 ermahnend den Zeigefinger mit den Worten: „Ein Häuschen mit geräumiger Wohnküche, zwei kleine Zimmern und zwei Dachkammern, dazu 800 bis 1000 Quadratmeter Land und Stall sollten schon genügen. Hunderte von Siedlerhaustypen aber gehen über diese primitiven Ansprüche vielfach weit hinaus. Der Siedler soll zum Teil Selbstversorger werden, also Bauer im kleinsten Maßstab.“

Aber selbst an dem Einbau eines WC schieden sich die Geister. Wir fanden dazu einen Beitrag aus dem gleichen Jahr, in dem der Autor seine Ansichten dazu in besonders unterhaltsamer Art darstellte:

Gedanken und Randbemerkungen zur Siedlerfrage
Das Siedlerhaus mit dem WC

Entwürfe von Siedlerhäusern erregen immer mein ganz besonderes Interesse. Ich vertiefe mich gern in diese Projekte, und im Geiste halte ich Einzug in das Häuschen und beginne darin in meiner Vorstellung ein regelrechtes Siedlerleben, wie ich es nunmehr seit 8 Jahren zu leben gewohnt bin.
Auf diese Art fällt mir so manches auf, was an dem mir vorliegenden Plane meinen Beifall nicht finden kann. Hier und da sehe ich aber auch einmal eine Einrichtung, die ich mir in meinem Hause auch wünschen würde.
Vor mir liegt der Plan eines Siedlerhauses, das tipptopp ist von oben bis unten. Und siehe da, mitten drin im Riß des Erdgeschoßes, wie auch im Obergeschoß, ein kleines Eckchen mit der Bezeichnung „WC“!
Unter Kameraden brauche ich wohl kein Blatt vor den Mund zu nehmen und darf meinen Gedanken über dieses etwas anrüchige Thema freien Lauf lassen. Also: Ich leide an Darmträgheit, und das bedingt, daß sich meine „Sitzungen“ manchmal über das Normale auszudehnen pflegen. Das ist der Grund, weshalb sich in meiner Vorstellung dieses WC im Siedlerhaus in lockender Schönheit darstellt: Die pompöse Sitzgelegenheit ohne drückende Ecken und Kanten, darunter der weißporzellanene Fuß, zur Seite der Griff an der Zugkette, um die Wasserspülung in Tätigkeit zu setzen und ringsherum keine kalten Außenwände, sodaß die diskrete Sitzgelegenheit wohl auch im Winter ohne Erstarrung und Einschlafen der Beine sich ausgiebig benutzen läßt. Alles einfach großartig! Und ich finde es wieder rührend, mit welcher Fürsorge die Entwerfer der Siedlerhauspläne uns umhegen.
Aber wie ich in meinem Vorstellungsvermögen so gemütlich und wohlig auf dem Siedler-WC sitze und überlege, kommen mir doch nach und nach allerhand Bedenken auf. Ich betrachte die Kette mit dem porzellanenen Handgriff und kalkuliere: Wenn du jetzt an dem Ding ziehst, dann stürzt von oben aus dem Kasten ein Wasserfall durch das Rohr herab, packt das ganze Ergebnis der Sitzung und reißt es mit Gebrause in die Kanalisation einem fernen Ziel entgegen. Stickstoff, Ammoniak, Kali, Phosphorsäure, Dinge, die ich im Garten so dringend benötige, alles ist zusammen mit einem Teil eines Kubikmeter Wassers „bein Deifel“. Und im Herbst und im Frühjahr, wenn du den Garten düngen mußt, dann ziehst du das Portemonnaie und kaufst Kunstdünger. Und allmonatlich bezahlst du den Wasserzins für das weggelaufene Wasser, das draußen im Garten schließlich viel notwendiger gewesen wäre. Und im Winter wird das Wasser dort oben im Kasten einfrieren, wenn du nicht das ganze Haus warm halten willst, und das kostet Kohlen. Und das gefrorene Wasser wird die Rohre auseinandertreiben und beim Wiederauftauen eine Überschwemmung im Hause verursachen. Und der Klempner wird kommen müssen und wird , wenn er fertig ist, die Hand herhalten. Wahrscheinlich aber nicht, um sich zu verabschieden, sondern um den Betrag für die Reparatur zu empfangen. - Nein, es ist wirklich nichts mit dem Siedler-WC - leider! Ich nehme also einen Bleistift und mache durch beide WC ein dickes Kreuz und trage in die Zeichnung als Randbemerkung „Unsinn“ ein. Und außerhalb der Grundmauern male ich mit drei Strichen ein Viereck ein und schreibe daneben: Betonierte Abortgrube.


Andernorts ging es noch verrückter zu. In Gera z. B. gab das Stadtbauamt 1935 eine Richtlinie für die Möblierung eines neuen Siedlungshauses heraus. Der Zeitgeist der Nationalsozialisten ließ grüßen. Nachfolgend das Wichtigste aus dem Siedler-Merkblatt Nr.1.

„Die Einrichtung eines Siedlerhauses muß einfach und zweckmäßig sein, dann ist sie auch schön. Das Sofa, besonders wenn es noch einen großen Umbau hat, passt nicht in ein Siedlerhaus, es gehört einer überwundenen Zeit an. Vor allen aber ist es ein Unfug, wenn eins der Zimmer dem gewöhnlichen Gebrauch so gut wie ganz entzogen wird und als „gute Stube“ für besondere Gelegenheiten aufgespart wird. Welcher Siedler sich neue Möbel anschafft, soll sie von vornherein nach Größe, Art und Form dem Siedlerhaus anpassen. Kostbare polierte Möbel passen nicht in ein Siedlerhaus und wirken dort unschön. Es wird natürlich nicht erwartet, daß die Siedler sich von heute auf morgen ihrer Möbel, die sie auf Grund ganz anderer Voraussetzungen angeschafft haben, entäußern. Manches Möbelstück wird aber mit wenigen Mitteln gut umgebaut werden können. Hierzu wird das Stadtbauamt noch einzelne Siedler ausbilden, die dann ihre Kameraden beraten.
Unbedingte Sauberkeit muß in einem Siedlungshaus herrschen! Wird nicht bei offenem Fenster geschlafen müssen wenigsten die Fenster sofort nach dem Aufstehen geöffnet und dann gleich die Betten gelüftet werden. Etwa zwei Stunden später müssen aber auch die Betten gemacht und die Stube aufgeräumt sein. Es darf nicht vorkommen, daß zu Mittag noch alles in der Schlafstube durcheinander liegt. Erwachsene und Kinder, die laufen können und nicht krank sind, brauchen kein Nachtgeschirr. Diese verrichten ihre Geschäfte auf dem dazu bestimmten Ort. Soweit für kleine und kranke Kinder Nachtgeschirre benutzt werden, sind sie sofort von der Mutter oder vom Vater auf dem Abort zu entleeren und mit Wasser nachzuspülen, damit sie nicht riechen!
Jeder Gegenstand muß im Siedlerhaus seinen bestimmten Platz haben, wo er hingehört. Das Bügelbrett soll durch kleine Haken aufrechtstehend an einer bestimmten Stelle angebracht sein. Jedes Gartengerät soll seinen bestimmten Platz haben.“

Das Siedler-Merkblatt Nr.2 regelt die Anlage des Gartens rund um das neue Siedlerheim. Auch hieraus ein kurzer Auszug:

„Der Siedlergarten besteht in der Regel aus einem kleinen Wohngartenabschnitt aus dem Gemüsegarten und aus einem Gartenteil mit hochstämmigen Obstbäumen. Wald- und Parkbäume, Koniferen und dergl. dürfen nicht angepflanzt werden. Blumen sind dazu bestimmt, den Vorgarten zu schmücken und zu beleben oder als Schnittblumen in der Vase Schönheit zu verbreiten. Deshalb gehören in jedes Siedlerheim eine Anzahl Blumenvasen von unterschiedlicher Größe und Form. Die Anlage von kleinlichen Blumengärtchen mit kitschiger Aufmachung bezüglich Einfassung der Wege und Beete, Aufstellen von tönernen Zwergen, Rehen, Burgen usw. muß unbedingt unterbleiben. Bei unserem Gartenschaffen sollte alles gekünstelte und unechte wegfallen. Es wäre z. B. töricht, im Siedlerwohngarten nach Motiven eines Schlossgartens zu gestalten.“
Im Prinzip entsprachen die Kleinforster Siedlungshäuser tatsächlich den oben genannten Normen. Dazu brauchte es hier auch keine besonderen Anweisungen. Die Gebäude waren einfach, relativ klein und entsprachen den finanziellen Möglichkeiten der Bauherrn. Die meisten konnten sich ja nur mit sehr geringen Eigenmitteln an den Gesamtkosten beteiligen, bei einigen war in der Spalte „Eigenkapital“ nicht einmal eine Mark eingezeichnet.
Auch ein Klosett mit Wasserspülung gab es damals in Kleinforst nicht. Man hätte an der Kette mit dem Porzellangriff ziehen können wie man wollte, Wasser wäre da sowieso nicht gekommen. Erst 1928 wurde die Siedlung an das städtische Wasserleitungsnetz angeschlossen. Und außerdem, wohin hätte das Wasser mit den wertvollen Inhaltsstoffen auch laufen sollen? Bis in die 80er Jahre hinein hatte Kleinforst keine Beschleusung.

Zum Schluss soll noch ein Siedlungshaus etwas näher vorgestellt werden, das typisch für Kleinforst ist. Dazu wurde ein Doppelhaus ausgewählt, das in der heutigen Forststraße steht.

Die Bauherren Otto Mecus und Robert Koch begannen gemeinsam im September 1924 mit den Bauarbeiten. Bei den Schacht- Maurer- und Putzarbeiten waren bis zu 14 Mann gleichzeitig beschäftigt, sodass die Arbeiten schnell vorangingen.
Für das Doppelhaus wurden ca. 57 000 Ziegel verarbeitet, sie kamen vom Ziegel- und Schamottewerk Mahlis. Betondielen lieferte die Firma Otto Geßner aus Zschöllau und 11 000 Dachsteine die Sächsischen Dachsteinwerke Strehla. Die übrigen Leistungen erbrachten Max Zapf (Beschläge), Ernst Stübler (Eisenträger und Eisenwaren), Emil Ludwig (Türen und Fenster), Paul Zieschner (Treppen, Fußböden und Zimmererarbeiten), Alfred Lorenz (Wasser-Hausanschluss), Hermann Wolf (Klempnerarbeiten) und Max Hagelstein (Elektroinstallation). Am 25. Februar lieferte der Ofensetzer Max Müller noch einen Kachelherd mit Wasserpfanne, Bratröhre und Wandverkleidung in jede Hälfte des Siedlungshauses und dann war es soweit, das neue Siedlungshaus konnte bezogen werden. Der Traum vom eigenen Herd hatte sich erfüllt!
In jeder Haushälfte gab es nur knapp 60 Quadratmeter Wohnfläche, viel war das nicht. Im Erdgeschoss befand sich die Wohnküche, eine Stube und ein kleiner Waschraum. Zweckmäßigerweise war die Wohnküche mit 15 Quadratmetern der größte Raum. Der Abort lag jetzt innerhalb des Hauses und war natürlich nur ein einfaches „Plumpsklo“. Immerhin war das schon ein Fortschritt, aber jetzt hatte man auch den Geruch im Haus! Jede Medaille hat eben ihre zwei Seiten.
Im Dachgeschoss gab es noch 2 Mansardenzimmer, die als Schlafzimmer genutzt wurden. In dieses Raumangebot teilten sich bei der Familie Koch 3 Generationen mit insgesamt 5 Personen und einem Mieter, der das eine Zimmer im Dachgeschoss bewohnte. Eltern und Kinder schliefen zusammen in einem Raum. In anderen Siedlungshäusern wohnten kinderreiche Familien, die für ihren Nachwuchs gar nicht so viel Betten aufstellen konnten. Da wurde in einem Zimmer einfach nur Stroh ausgebreitet.
Wenn die Zimmer auch klein waren, so entsprachen doch wenigstens die Raumhöhen den Normalmaßen. Sie lagen im Erdgeschoss bei 2,55 m und im Dachgeschoss bei 2,25 m. Auf der Rückseite des Hauses schloss sich ein eingeschossiger Anbau an. Nach der Bauzeichnung wäre das eigentlich der Stall gewesen, Robert Koch nutzte das Gebäude aber erst einmal als Schuhmacherwerkstatt. Die Kleintierhaltung sowie der Obst- und Gemüseanbau waren für die Siedler immer noch von großer Bedeutung. Ein Glück, dass man nun auch Kellerräume im Hause hatte!
Die Oberbauleitung für das Doppelhaus hatte die Landes-Siedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim“ mit Sitz in Dresden, die auch den Entwurf lieferte.
Die Verantwortung für Bauablauf und für die Bauausführung lag zum großen Teil beim Siedlerverein „Eigenes Heim“ Altoschatz.

Wenn man sich das Doppelhaus heute ansieht, stellt man äußerlich einige Veränderungen fest. Das Haus wurde mehrmals verändert und modernisiert, ohne jedoch dem Gesamteindruck zu schaden. So verschwanden z. B. die Hauseingänge an der Straßenseite, die den Bewohnern von Anfang an nicht gefielen. Man benutzte viel lieber die Seiteneingänge im Hof. Besonders schön wirken heute die neuen Fensterläden an der linken Hälfte des Doppelhauses. Fensterläden hatte das Haus schon früher. Auch die Sprossen in den neuen Fenstern passen gut zum Haus, das war früher selbstverständlich und in ländlichen Gebieten nach der sächsischen Landesfensternorm sogar zwingend vorgeschrieben!
Es gibt auch noch an anderen Stellen in Kleinforst Häuser, die sich durch ihr äußeres Erscheinungsbild sehr gut in die Siedlung einordnen, bzw. sich dem Charakter der Siedlung unterordnen. Damit zerstören sie nicht das schöne Bild, das eine Siedlung eigentlich ausmacht. Und genau so müssen wir in Kleinforst weitermachen.

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