Das Siedlerfest
Mit dem Beginn des genossenschaftlichen Wohnungsbaus in den 20er Jahren
entstand in Kleinforst auch ein enger Zusammenhalt, besonders unter den
neuen Siedlern. Es gab viele Gemeinsamkeiten, man hatte die gleichen
Ziele und auch die gleichen Sorgen. Der Gedanke, auch einmal zusammen zu
feiern, lag da gar nicht so weit weg. So startete der Siedlerverein eine
Veranstaltung, die sich jährlich wiederholte und an die sich viele
Kleinforster noch heute gern erinnern.
Die Veranstaltung begann jedes Jahr mit einem Umzug durch die Siedlung.
Man traf sich in Kleinforst vor der Gaststätte zur „Goldenen Höhe“. Hier
bot sich erst einmal die Gelegenheit für einen ersten Umtrunk zur
Stärkung für den langen Marsch. Mit der Musikkapelle voran ging es dann
durch die festlich geschmückten Straßen. Viel Auswahl hatte man da in
Kleinforst nicht, aber zuletzt ging es immer die heutige
Paul-Schuster-Straße herunter in Richtung Altoschatz. Ziel war dort der Sportplatz, wo
die Organisatoren bereits alles bestens vorbereitet hatten.
Kletterstangen für die Kinder, eine Freilichtbühne für die kulturellen
und sportlichen Darbietungen, Tische und Bänke für die Zuschauer und
Verkaufsstände mit dem Angebot an Speisen und Getränken. Besonders
begehrt waren die Fischbrötchen und bei den Kindern natürlich die rote
Fassbrause. Ein Paar Würstchen gab es gratis noch dazu! Wenn dann
Wittich´s Gerhard als Brezelmann verkleidet auftauchte, waren die Kinder
nicht mehr zu halten. Jeder versuchte jetzt eine der angenähten Brezeln
vom Mantel abzureißen, aber immer wieder konnte der Brezelmann vor den
Kindern ausreißen. Das war eine Jagd!
Die mutigsten
Jungen zeigten ihre Kletterkünste an den hohen Fichtenstangen. Ganz
ungefährlich war das nicht, aber seine Stärke und Geschicklichkeit vor
heimischem Publikum zeigen zu dürfen, spornte natürlich unheimlich an. Am besten ging die Kletterei
natürlich „barbs“. Ganz oben angekommen, konnten sich die
Kletterkünstler dann ein paar Würstchen oder eine andere Belohnung
abreißen.
Auf der
Freilichtbühne wurde ein abwechslungsreiches Programm geboten. Die
Schulkinder zeigten ein kleines Theaterstück, das der Altoschatzer
Kantor mit ihnen einstudiert hatte. Manchmal war es aber auch der
Turnverein, der im Anschluss an die turnerischen Darbietungen Theater
spielte. Auch die Kunstradfahrer zeigten ihr sportliches Können und der
Altoschatzer Volkschor sorgte für eine stimmungsvolle musikalische
Unterhaltung.
Zum Siedlerfest
war also richtig was los, vor allem war es eine Veranstaltung für die
ganze Familie. Mit der Machtübernahme der Nazis war das Siedlerfest in
dieser Form nicht mehr erwünscht. Es wurde aber weiterhin bis etwa 1935
veranstaltet, schon aus Opposition heraus. Denn so einfach ließen sich
die Siedler vom „roten Forst“ nichts verbieten und von den Nazis gleich
gar nicht!
Die Pflegekinder
Die Kleinforster Geschichte hat einige Besonderheiten aufzuweisen, die
es in anderen Gemeinden nicht gab. Dazu gehören die Pflegekinder, die in
den 30er Jahren hier aufgenommen wurden. Wie das eigentlich zustande
kam, ist heute nicht mehr genau nachzuvollziehen. Eine große Rolle
scheint bei der Vermittlung der Kinder Herr Hartung aus Schweta gespielt
zu haben, er war dort Kantor und Schulleiter an der dortigen Schule. Er
stand sowohl mit dem Jugend- und Wohlfahrtsamt Chemnitz in Verbindung,
als auch mit den Kleinforster Familien, die bereit waren, ein Kind
aufzunehmen. Bevor er nach Schweta ging, arbeitete er als Erzieher und
Lehrer im Kinderheim Strehla. Auch seine Frau scheint ihn bei seiner
Arbeit um die Pflegekinder sehr unterstützt zu haben.
Für die Pflege und Erziehung eines Kindes bekamen die Pflegeeltern im
Monat 20 bis 25 Reichsmark, das war viel Geld für die damalige Zeit. Und
genau das konnten die Kleinforster auch dringend gebrauchen. Viele von
ihnen hatten sich ein neues Siedlungshaus gebaut und mussten jetzt die
Kredite zurückzahlen. Der Stundenlohn eines Maurers lag damals bei 60
bis 70 Pfennigen und das war nicht viel. Das Schlimmste in dieser Zeit
war aber die große Arbeitslosigkeit.
Und trotzdem wird das Geld nicht der alleinige Grund dafür gewesen sein,
ein Pflegekind anzunehmen. Auch der Gedanke, einfach nur helfen zu
müssen, wird bei mancher Entscheidung eine große Rolle gespielt haben.
Gerade hier in dieser Arbeitersiedlung war Solidarität und
Hilfsbereitschaft selbstverständlich. Hier wusste man aus eigener
Erfahrung, was Armut bedeutet. So werden sich viele Familien gesagt
haben: Wo schon 2 oder 3 Kinder satt werden, wird es auch noch für ein
Pflegekind reichen.
Die Kleinforster Siedlung war ja auch geradezu ideal geeignet für die
Aufnahme solcher Kinder. Überwiegend waren die Häuser neu erbaut und
boten damit eine gute Unterbringung. Auch die abgeschlossene Lage der
Siedlung, die gute Landluft und die ganze Umgebung waren sehr gute
Voraussetzungen. Zur Schule nach Altoschatz war es auch nicht weit und
unter den vielen Kleinforster Kindern fanden die Pflegekinder immer
einen passenden Spielkameraden. Günstig war auch, dass die Pflegeltern
alle einen Garten, ein Stück Feld und Haustiere hatten. Dadurch lernten
die Kinder sehr schnell, Aufgaben und Pflichten zu übernehmen. Das waren
alles Dinge, die sich auf die Charakterbildung der Kinder nur
vorteilhaft auswirken konnte.
Es war nicht ganz einfach, die Namen der ehemaligen Kleinforster
Pflegekinder zusammenzutragen. Sie sind heute in alle Winde verstreut,
viele von ihnen sind bereits verstorben. So blieb nur eins, die älteren
Kleinforster zu befragen. Dabei kam ein erstaunliches Ergebnis zustande:
Die Namen von 34 Pflegekindern und die Namen der dazugehörigen
Pflegeeltern konnten noch ermittelt werden!
Über die Pflegekinder selbst etwas zu schreiben, ist sehr schwierig.
Jedes Kind hatte vor der Aufnahme in Kleinforst sein eigenes Schicksal
und auch die Bedingungen bei den Pflegeeltern waren sehr
unterschiedlich. Freundlicherweise haben sich Herr Hasso Höber und Herr
Dr. Günter Berthold bereit erklärt, einige Angaben zu ihrer Kindheit in
Kleinforst zu machen. Sie waren Pflegekinder bei den Familien Gustav
Riedel und Christian Keßner.
Die Pflegekinder kamen in ganz unterschiedlichem Alter nach Kleinforst.
Einige von ihnen waren nicht viel älter als ein Jahr. Ein solcher Fall
war z. B. Hasso Höber, der 1934 von Chemnitz nach Kleinforst kam. Günter
Schneider wurde sogar bei seinen späteren Pflegeeltern im Haus geboren.
Seine Mutter wohnte bei Ziegers zur Miete und war noch ledig. Sie hatte
durch ihre Arbeit keine Möglichkeit, das Kind selbst zu versorgen. Ein
typisches Beispiel für die vielen Mütter, die aus dieser Notlage heraus
ihr Kind abgeben mussten. Oft hatten sie keine eigene Wohnung und waren
allein dadurch nach dem Gesetz nicht erziehungsberechtigt. Die
gesetzliche Vormundschaft wurde dann dem Jugend- und Wohlfahrtsamt
übertragen und dieses brachte das Kind bei Pflegeeltern oder in Heimen
unter. Damit war der Kindesmutter in vielerlei Hinsicht geholfen, vor
allem wenn der Kindesvater der Unterhaltszahlung nicht nachkam. Aber
leicht wird es keiner Mutter gefallen sein, ihr Kind abzugeben.
Andere Pflegekinder waren schon älter, als sie nach Kleinforst kamen.
Für sie war die „Übersiedlung“ eine Reise in eine neue unbekannte Welt.
Herr Dr. Berthold erinnert sich:
„Als Zehnjähriger kam ich
im November 1937 nach Kleinforst. Eine Frau Hartung, Ehefrau des
Schulleiters aus Schweta, holte mich bei der vorherigen Pflegefamilie in
Chemnitz ab und brachte mich per Zug nach Kleinforst. Die Übergabe war
insofern etwas kurios, da die Pflegeeltern beide auf Arbeit waren und
ich deshalb bei einer Mitbewohnerin des Hauses, Frau Arnold, im
Treppenhaus abgegeben wurde.“
Da saß er nun im Treppenhaus mit der Einweisung des Jugend- und
Wohlfahrtsamtes Chemnitz in der Tasche und wartete. Was muss damals in
diesem Jungen vorgegangen sein? Schon vorher war er bei 3 Pflegefamilien
„zu Hause“ und musste nun schon wieder woanders untergebracht werden. Es
sollte sich aber diesmal alles zum Guten wenden:
„Es bestand ein recht gutes Verhältnis zu meinen neuen
Pflegeeltern. Im Haushalt lebte ein gleichaltriger Sohn und es gab in
der Behandlung keinerlei Unterschiede. Ich nannte meine Pflegeeltern
„Onkel“ und „Tante“. Erst
später, als ich bereits offiziell den Haushalt verlassen hatte, sagte
ich zu Keßners „Mutter“ und „Vater“. Ich schlief mit den Kindern von
Keßners in einem Zimmer und hatte mein eigenes Bett. In der
Hauswirtschaft musste ich nicht mehr und nicht weniger als die eigenen
Kinder meiner Pflegeeltern mithelfen. Im übrigen war es damals üblich,
dass ganze Schulklassen bei Saisonarbeiten in der Landwirtschaft helfen
mussten, z.B. beim Rüben verziehen, Steine lesen, Getreidepuppen
aufstellen und Kartoffeln lesen. Ab Juni 1941, ich war damals noch nicht
ganz 14 Jahren alt, besaß ich eine Arbeitskarte vom Gewerbeaufsichtsamt
Döbeln, die mir die Tätigkeit als Laufbursche in der Oschatzer Drogerie
Leonhardi gestattete. Ich durfte dort an Schultagen von 15 bis 17 Uhr
und in den Schulferien von 15 bis 18 Uhr arbeiten. In der Genehmigung
wurde aber ausdrücklich vermerkt, dass diese Beschäftigung die Teilnahme
am HJ-Dienst nicht beeinträchtigen durfte.“
Auch Herr Hasso Höber hatte es bei der Familie Riedel sehr gut
getroffen. Hier auch seine Erinnerungen:
„Aus Gesprächen weiß ich, dass ich 1934 im Alter von 1 ¾ Jahren
nach Kleinforst kam. Ich wurde wie ein eigenes Kind behandelt, ich kann
wirklich nur Gutes berichten. Meine Pflegeeltern waren Gustav und Hedwig
Riedel, sie waren damals schon an die 60 Jahre alt, ich habe sie mit
„Vater“ und „Mutter“ angesprochen. Gustav Riedel verstarb bereits 1938,
seine Frau im Jahre 1948. Danach blieb ich bei der Familie des Sohnes
Walter Riedel und seiner Ehefrau Linda, die im gleichen Haus wohnten.
Die Wohnverhältnisse waren sehr beengt, bis zum 14. Lebensjahr schlief
ich im Schlafzimmer der Pflegemutter. Später hatte ich eine kleine
Dachkammer.
Die Mithilfe im Haushalt hielt sich wirklich in Grenzen. Mit meiner
Pflegemutter ging ich in den Kriegsjahren viel in den Wald, um Beeren
und Pilze zu sammeln. Hinter unserem Garten war ein alter Steinbruch,
dort haben wir Kinder gebadet und geangelt - es war wirklich schön.
Natürlich mussten wir besonders in den Nachkriegsjahren alle mit
anfassen, um durch Garten- und Feldarbeit zusätzlich etwas zu ernten.
Das habe ich aber nicht als Last empfunden.“
Auch die meisten anderen Pflegekinder hatten es in Kleinforst gut
getroffen. Sie waren richtig in den Familien integriert und man kannte
sie auch nur noch unter dem Familiennamen der Pflegeeltern. Wie sollte
man sonst mit den vielen Namen zurechtkommen.
Nur eine Pflegefamilie ist bekannt, wo es die Kinder nicht ganz so gut
hatten. Sie mussten dort vor allem sehr viel arbeiten. Dabei waren die
Bedingungen zur Aufnahme eines Pflegekindes zwischen dem Jugend- und
Wohlfahrtsamt Chemnitz und den Pflegeeltern genauestens geregelt.
Nachfolgend die wichtigsten Passagen daraus:
„Von den Pflegeeltern wird
erwartet, dass sie ihr Pflegekind wie ihr eigenes Kind behandeln, und
dass sie insbesondere größte Sorgfalt auf die Ernährung, Bekleidung,
Erziehung, Beaufsichtigung, Gesundheits- und Krankenpflege verwenden.
Alkohol darf dem Kinde in keiner Form gegeben werden! Das Pflegekind muß
ein Bett für sich allein haben. Die Anfertigung der Schularbeiten ist zu
überwachen. Das Pflegekind darf nicht anderen zur Arbeitsleistung
überlassen werden. Vor Beginn des Vormittagsschulunterrichts darf es
überhaupt zu keiner regelmäßigen Beschäftigung herangezogen werden. Zu
hauswirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Arbeiten in der Familie
der Pflegeeltern darf das Pflegekind nur, soweit es den kindlichen
Kräften nach Alter und Geschlecht angemessen ist und die Anforderungen
der Schule nicht beeinträchtigt, herangezogen werden. Gewerbliche
Kinderarbeit ist verboten.
Das mit den Eltern vereinbarte Pflegegeld wird in der Regel alle Monate
überwiesen. Seine Höhe richtet sich nach den jeweiligen Verhältnissen.
Bekleidung, Wäsche und Schuhwerk haben die Pflegeeltern in Stand zu
halten und laufend zu ergänzen. Mit der Schulentlassung hört die Zahlung
des Pflegegeldes auf.
Über die Wahl eines Berufes oder Arbeitsstelle haben sich die
Pflegeeltern rechtzeitig vor der Schulentlassung mit dem Jugend- und
Wohlfahrtsamt in Verbindung zu setzen.
Von jeder Erkrankung ist dem Jugend- und Wohlfahrtsamt Chemnitz sofort
Mitteilung zu geben. Die Kosten des Arztes und etwaige Medikamente
übernimmt das Jugendamt zu Krankenkassensätzen.
Das Pflegeverhältnis kann sowohl von den Pflegeeltern als auch vom
Jugend- und Wohlfahrtsamt aufgekündigt werden. Im besonderen Falle kann
die Wegnahme des Kindes sofort erfolgen.
Die Rechte der leiblichen Mutter (Eltern) des Kindes bleiben durch die
Pflegeverhältnisse unberührt. Die Mutter ist aber verpflichtet, in allen
Fragen sich zunächst an das Jugend- und Wohlfahrtsamt Chemnitz zu
wenden, insbesondere ist sie nicht berechtigt, das Kind ohne weiteres
aus der Pflegestelle wegzunehmen.“
Zu ergänzen wäre noch, dass das Jugend- und Wohlfahrtsamt Chemnitz auch
die Kosten für größere Kleidungsstücke, wie Anzug, Mantel oder
Lederschuhe, übernahm.
Mit der Schulentlassung war normalerweise das Pflegeverhältnis beendet.
Die Kinder sollten nun selbständig werden und einen Beruf erlernen. Herr
Dr. Berthold beschreibt seinen weiteren Lebensweg so:
„Nach Abschluss der Volksschule wurde ich vom Arbeitsamt in eine
Lehrstelle mit Kost und Logis bei einem Schmiedemeister in Stauchitz
eingewiesen. Damit war meine Kleinforster Zeit erst einmal beendet. Von
Stauchitz aus fanden aber regelmäßige Wochenendbesuche bei Keßners
statt, auch die Verbindung zu Schulfreunden blieb bestehen.
Meine Verbundenheit mit meinen Pflegeeltern zeigte sich auch darin, dass
ich nach dem Krieg nicht nach Chemnitz, sondern nach Kleinforst
zurückkehrte, wo ich auch noch einige Zeit bei Keßners wohnte. Ich
arbeitete erst einmal ein halbes Jahr bei einem Schmiedemeister in
Oschatz, wurde dann Neulehrer und kam über die Grundschule Ablaß und die
EOS Oschatz zur Universität Leipzig.“
Die Verbundenheit zu den Pflegeeltern bestätigt auch die Ehefrau von
Herrn Dr. Berthold. Sie machte zum Bericht ihres Mannes noch folgende
Ergänzung: „Mein Verlobter fuhr mehrfach mit mir zu Keßners, meine
richtige Schwiegermutter dagegen lernte ich erst nach der Hochzeit
kennen.“
Herr Hasso Höber hatte 1947 die Volksschule abgeschlossen. Danach war es
für ihn außerordentlich schwierig, eine Lehrstelle zu finden.
„Auf keinen Fall wollte ich in die Landwirtschaft, mein
Traumberuf war damals Elektriker. Dieser Wunsch erfüllte sich aber
leider nicht. Ich hatte insofern Glück, dass im Jahr 1947 eine
Lehrwerkstatt „Werk der Jugend“ auf dem Gelände der Berufsschule Oschatz
gegründet wurde. Dort bekam ich eine Lehrstelle als Werkzeugschlosser.
Diese Lehrwerkstatt wurde 1948 von der Oschatzer Waagenfabrik
übernommen, wo ich 1950 meine Lehre abschloss. Danach folgte ein
Ingenieurstudium für Maschinenbau in Leipzig und ein
Hochschul-Fernstudium an der TH/TU Dresden. Von 1954 bis 1996 arbeitete
ich im Gießereimaschinenbau Schmiedeberg, zuletzt als Chefkonstrukteur.“
Das Pflegekind Dieter Hainsch wurde 1938 in Chemnitz geboren und wurde
schon kurz danach abgegeben. So kam er als Kleinkind zu einer Familie in
Kleinforst, die ihn aber wegen seiner roten Haare und seiner
Sommersprossen nicht behalten wollten. Sie organisierten einen Wechsel
zur Familie Max Weber, denen es egal war, ob der Dieter rote Haare hatte
oder nicht. Bei ihnen fand er ein sehr gutes Zuhause. Max Weber wurde
schon kurz danach zum Wehrdienst eingezogen und starb schon wenige Jahre
nach Kriegsende. So kümmerte sich hauptsächlich Frieda Weber um die
Erziehung des Jungen. Kurios war auch bei Dieter Hainsch, dass er bis
zum Beginn seiner Lehre Dieter Weber hieß. Erst dann musste er seinen
richtigen Namen wieder annehmen. Nach der Lehre bei Sattler Schneider in
Oschatz meldete er sich zur Volksmarine. Danach übernahm er die HO-
Gaststätte „Roter Ochse“ in Wermsdorf und arbeite später bei der
Binnenfischerei. Zu seiner Pflegemutter und seinen Stiefgeschwistern hat
er den Kontakt nie verloren. Frieda Weber starb 1981 in Alter von 80
Jahren.
Nachfolgend nun die Namen der Pflegefamilien und der dazugehörigen
Pflegekinder.
Pflegeeltern
Fam. Georg Zschorno Kleinforst Nr.27 (P.-Schuster-Str.62)
Fam. Kurt Katzschke Kleinforst
Nr.20 (Forststraße 17)
Fam. Oswald Täschner Kleinforst
Nr.27b (P.-Schuster-Str.60)
Fam. Kurt
Schönfeld Kleinforst
Nr.27d (P.-Schuster-Str.56)
Fam. Christian Keßner Kleinforst
Nr.28 (P.-Schuster-Str.46)
Fam. Hermann Keßner Kleinforst
Nr.29 (P.-Schuster-Str.44)
Fam. Franz Pötzsch Kleinforst
Nr.32 (P.-Schuster-Str.42)
Fam. Kurt Kempe Kleinforst
Nr.32 (P.-Schuster-Str.42)
Fam. Richard
Zieger Kleinforst
Nr.36 (P.-Schuster-Str.38)
Fam. Wilhelm Taube Kleinforst
Nr.38 (P.-Schuster-Str.34)
Fam. Max Döring Kleinforst
Nr.46 (P.-Schuster-Str.26)
Fam. Paul Gast Kleinforst
Nr.47 (P.-Schuster-Str.24)
Fam. Gustav Riedel Kleinforst
Nr.49 (P.-Schuster-Str.20)
Fam. Otto
Küttner Kleinforst
Nr.82 (P.-Schuster-Str.12)
Fam. Paul
Pötzsch Kleinforst
Nr.52 (Querstraße 2)
Richard Rietzschel Kleinforst
Nr.60 (Querstraße 9)
Fam. Max Weber Kleinforst
Nr.61b (P.-Schuster-Str.10)
Fam. Max
Wohllebe Kleinforst
Nr.25b (Querstraße 12)
Alma Tischer Kleinforst Nr.8
(Querstraße 19)
Fam. Otto Mecus Kleinforst
Nr.26e (Forststraße 30)
Fam. Martin
Krause Kleinforst
Nr.26c (Forststraße 26)
Fam. Paul
Krause Kleinforst Nr.26o (P.-Schuster-Str.21)
Fam. Oswald
Dittrich Kleinforst Nr.2
(An der Aue 28)
Helene Heide (Tochter der
Fam. Frömsdorf) Kleinforst
Nr.25 (Forststraße 7)
Fam. Paul
Richter Kleinforst
Nr.26h (Forststraße 36)
Fam. Karl Gens Kleinforst
Nr.30 (P-Schuster-Str.19)
Fam. Max Türpe Kleinforst Nr.46 (P.-Schuster-Str.26)
Fam. Fritz März Kleinforst
Nr.81 (P-Schuster-Str.14 |
Pflegekind
Heinz Johnke war später in Oschatz selbst. Sattlermeister
Rudi Schubert
Ottfried (Adde) Behrens
Jürgen Schulze (geb. am 08.03.1941) Pflegemutter war Lotte Schönfeld, *1908
Hans Günter Berthold
Hans Uhlemann (ca. 1927 geb.)
Elfriede Thieme Sie wurde ca. 1929 geb. und kam mit
etwa 1 ½ Jahren zu ihren Pflegeeltern
Gottfried Möbius (Spitzname: Kempe Meppel) und Rolf Buschbeck
Günter (Mecke) Schneider er wurde am 17.06.1932 im Haus der Familie Zieger geboren, seine
Mutter wohnte dort vorübergehend zur Untermiete
Rolf Günther er war später Matrose und lebt heute in den USA und Gerhard (Buddel) Leigsring
Rüdi Lassek und Hans Sommerfeld
1 Mädchen mit dem Vornamen
Liselotte
Hasso Höber und Klaus Vetter
Dieter Fendel (lernte später Maurer) Karl-Heinz Goram (ging später zur NVA) Ein Junge mit Namen Finsterbusch und Werner Hempel (1928 geb.,lernte Bäcker)
Heinz Becker
Helga Tessers
Dieter Hainsch
Margot Unger (später verheiratete John)
Hans Altermann er stammte aus Kreischa
ein Mädchen Brigitte und Heinz Henlein
Günter Breuer
Gerhard Voß
Hans Eulitz
ein Junge
Erich Langklotz
Rudolf Lerche (geb. ca. 1928)
einen Jungen mit Vornamen Herbert. Türpens wohnten bis etwa 1936 in Kleinforst zur Miete bei Dörings. Evtl. hatten sie den Jungen sogar adoptiert, denn er ist nur unter dem Namen Herbert Türpe bekannt.
Heinz Lieberwirth |
Das erste Radio
Das erste Radio
in der Siedlung hatte Heinrich Wagner, der Schwiegersohn von Frömsdorfs.
Er wohnte im Siedlungshaus Nr.26K (Forststraße 40), das er sich 1926
gebaut hatte, um mit seiner Familie aus den beengten Verhältnissen des
Frömsdorfschen Hauses herauszukommen. Sein neues Grundstück wurde zu
einem richtigen kleinen Paradies, denn er war ein großer Naturfreund.
Eine weitere große Leidenschaft von ihm war das Basteln. Da er sich mit
Elektrotechnik bestens auskannte, interessierte er sich natürlich auch
für den Bau von Rundfunkempfängern. In Deutschland war im Oktober 1923
der erste Hörrundfunksender in Berlin in Betrieb gegangen und kurz
danach entstand im März 1924 der zweite Sender in Leipzig. Kein Wunder,
dass etwa gegen 1929 Heinrich Wagner seinen ersten funktionsfähigen
Detektorempfänger zusammengebastelt hatte. Seine Tochter Irmgard Nollau
kann sich noch heute ganz gut an das Gerät mit dem Kopfhörer erinnern.
Solche Empfänger bestanden nur aus einem halben Dutzend Bauelementen,
benötigten keinen Strom und arbeiteten ohne Verstärker. Deshalb war eine
leistungsfähige Außenantenne das A und O des ganzen Empfangs. Nur in
unmittelbarer Sendernähe genügten Behelfsantennen, bei deren
Ausführungen der Phantasie keine Grenzen gesetzt waren. Sogar
Metall-Bettrahmen wurden als Antenne gern eingesetzt. Wer weiter weg
wohnte, musste sich schon eine Hochantenne aufbauen. Wegen der geringen
Empfangsleistung konnte man die Rundfunksendungen vorerst nur mit einem
Kopfhörer empfangen. Die Geräusche, die dann ankamen, müssen schon recht
seltsam gewesen sein, aber damals war das schon ein riesiges Erlebnis.
Deshalb war bei Wagners manchmal die halbe Nachbarschaft da, wenn wieder
einmal etwas Interessantes gesendet wurde. Dann wollte auch jeder einmal
selbst den Kopfhörer aufsetzen, um den Empfang mitzuerleben.
Ende der 20er
Jahre wurde der Kristalldetektor durch Röhren ersetzt und diese
verstärkten nun auch die Eingangssignale soweit, dass man die Sendungen
mit einem Lautsprecher empfangen konnte. Auch die Preise für die Geräte
wurden mit der Zeit immer erschwinglicher. So kostete kurz vor dem 2.
Weltkrieg ein Klein-Empfänger nur noch 38 RM. Der Siegeszug des Radios
begann und das auch in Kleinforst!
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