Handel und Gewerbe
  In Kleinforst 
			ist im Laufe der Zeit vieles anders geworden. Auf keinem anderen 
			Gebiet hat sich aber so viel verändert, wie in der Branche Handel 
			und Gewerbe. Für uns ist es heute unvorstellbar, wie zahlreich die 
			Handwerker, Händler und Gewerbetreibenden früher in Kleinforst 
			einmal waren. Die meisten „Unternehmen“ hatten zwar nur einen 
			Beschäftigten und das war der Chef selbst, aber echte 
			Dienstleistende waren sie deswegen trotzdem. Heute würde man sie 
			unter die Rubrik „Ich-AG“ einordnen. Wie schön wäre es, wenn es die 
			Handwerker und Gewerbetreibenden noch heute gäbe. Wir würden zum 
			Einkaufen oder Frisieren einfach nur um die Ecke gehen und hätten  auch wieder viel mehr Kontakt 
			untereinander. Denn ganz gleich wo man früher hinkam, ein Gespräch 
			ergab sich immer. Auch die Kinder könnten den Handwerkern wieder 
			über die Schulter schauen und etwas dabei lernen. Aber die 
			moderne Marktwirtschaft werden wir nicht wieder abschaffen können 
			und es wird dabei bleiben, dass es in Kleinforst außer einer 
			Gaststätte keinen Handel und kein Gewerbe mehr gibt. So wollen wir 
			uns wenigstens noch einmal daran erinnern, was einmal war:
 
  
		Die Tischlerei von Bruno Finke im Haus Nr.22 (Forststraße 13).
  Herr Finke 
			arbeitete als Bau- und Möbeltischler, fertigte Särge und hatte auch 
			ein Sarglager. Er arbeitete überwiegend allein, zeitweise half aber 
			auch Herr Koschwitz mit. Seine Werkstatt befand sich in einem 1927 
			errichteten Hintergebäude. Tückisch war die steile Hofausfahrt, die 
			besonders im Winter fast unüberwindlich war. Es ist überliefert, 
			dass Herrn Finke einmal ein fertiger Sarg vom Wagen rutschte und 
			dabei so beschädigt wurde, dass er ihn wieder zurück in die 
			Werkstatt schaffen musste.  1946 
			verpachtete er seine Werkstatt an Herrn Reinhold Appelt, einen 
			Umsiedler aus dem Sudetenland.
 
  Die Tischlerei von Reinhold Appelt im Haus Nr.2 (An der Aue 28).
  Nachdem Herr 
			Appelt das Haus Nr.2 von Anton Kretzschmar gekauft hatte, richtete 
			er auch dort seine Tischlerei ein. Er arbeitete überwiegend allein, 
			zeitweise halfen ihm seine Frau und Herr Koschwitz. 1956 baute er 
			ein Nebengebäude zur Werkstatt aus. Hauptsächlich arbeitete er für 
			den Konsum-Kreisverband, fertigte für die Verkaufsstellen Regale und 
			Warenträger und führte dort alle möglichen Reparaturen aus. Herr 
			Appelt lieferte auch Särge. Er war maschinell nicht besonders gut 
			ausgerüstet, arbeitete aber genau und gewissenhaft.
 
  Die Bäckerei im Haus Nr.4 (An der Aue 24).
  Mit einem 
			gewerbsmäßigen Verkauf wurde in diesem Haus um 1891 begonnen. In dem 
			genannten Jahr stellte Max Hessel bei der Amtshauptmannschaft den Antrag zur Einrichtung eines 
			Verkaufsladens vorn im Wohnhaus. Erst im Februar 
			1899 stellte Max Hessel den Antrag zur Errichtung einer Backstube. 
			Dazu sollte am Hinterhaus ein Gebäude zur Hofseite zu angebaut 
			werden. Anscheinend war das nun der Start für einen Bäckereibetrieb 
			in Kleinforst. Im Hof, 
			gegenüber der Backstube, befand sich ein Brunnen, der für den 
			Backbetrieb und für den gesamten Haushalt sicher von großer 
			Bedeutung war.
  Nach Max Hessel 
			führte Bäckermeister Arno Wittig das Geschäft weiter und bildete nun 
			auch Lehrlinge aus. Er muss die Bäckerei etwa im Jahre 1920 
			übernommen haben. Außer Brot und Brötchen hatte er auch Kuchen im 
			Sortiment. Seine Backwaren lieferte er mit einem kleinen Lieferwagen 
			auch in die nähere Umgebung. Dieser „Kombi“ vom Typ Opel P4 war das 
			erste Auto in Kleinforst. Zur Unterbringung dieses Gefährtes wurde 
			1930 gegenüber dem Wohnhaus eine Wellblechgarage aufgebaut, die 
			übrigens heute noch steht. Eine besondere 
			Attraktion erlebte Kleinforst, als sich der Opel P4 einmal 
			selbständig machte, den steilen Hang zur Bach hinunterrollte und 
			dabei umkippte. Zum Glück stand noch ein Baum im Wege, der die 
			Landung in der Döllnitz verhinderte. Nachdem man Ketten und Seile am 
			Auto befestigt hatte, zog der zu Hilfe geeilte Bauer Kühne aus 
			Altoschatz das Gefährt mit 4 Rössern wieder hoch. In der Siedlung 
			selbst zog Frau Wittig mit einem Handwagen und dem Zughund Leo durch 
			die Straßen. Auf diese Art und Weise lieferte sie das Brot bei ihren 
			Kunden ab. Wenn sie nur Brötchen verkaufte, war sie mit dem 
			Tragkorb, der sogenannten Kiepe, unterwegs. Ein ständiges 
			Geschäft bei Wittigs war auch das Ausbacken der sogenannten 
			Blechkuchen. Diese Dienstleistung wird wahrscheinlich schon in Gang 
			gekommen sein, nachdem die Kleinforster ihre eigenen Backöfen 
			abgerissen hatten. Die Kuchen waren in den eigenen vier Wänden 
			soweit fertig gemacht worden, dass sie nur noch mit samt dem Blech 
			in den Backofen geschoben werden mussten. Auf dem Weg hin und zurück 
			wurden sie mit einem weißen oder bunten Tuch abgedeckt.
  Nach Arno 
			Wittig übernahm sein Sohn Gerhard das Bäckereigeschäft. Er hatte 
			eine „feine Art“ an sich und stellte etwas dar. Die Krönung aber war 
			sein tolles Auto vom Typ „Wanderer“. Wegen der Größe des Autos 
			musste die bereits erwähnte Wellblechgarage durch den Zimmermann 
			Otto Dießner verlängert werden.
  Gerhard Wittig 
			hatte nach dem Krieg große gesundheitliche Probleme, sodass sein 
			Gehilfe Keller die Bäckerei übernehmen musste. Er hatte 1947 Glück, 
			dass er weiterarbeiten konnte. Zu dieser Zeit waren nämlich die 
			Kohlen so knapp, dass in der Gemeinde Altoschatz nur noch die 
			Kleinforster Bäckerei beliefert werden konnte und die Altoschatzer 
			Bäckerei Jung schließen musste. Als Keller von Kleinforst wegzog, 
			wurde die Bäckerei an Herrn Hänsel, später an Herrn Müller 
			verpachtet. 1959 wurde der Backbetrieb endgültig eingestellt und der 
			Laden geschlossen.
 
  Die Herrenschneiderei von Curt Richter im Haus Nr.26 (Forststraße 22)
  Der 1889 
			geborene Curt Richter diente bei den Oschatzer Ulanen und machte 
			sich 1913 in Oschatz als Schneidermeister selbstständig. Etwa 1919 
			zog er dann nach Kleinforst in das Haus Nr.19 (Forststraße 19) und 
			führte hier sein Handwerk weiter. 1924 baute er dann schräg 
			gegenüber ein Siedlungshaus und richtete auch seine Schneiderstube 
			dort ein. Seine Kundschaft kam überwiegend vom Lande, besonders aus 
			Naundorf. Zur Anprobe fuhr Herr Richter mit dem Fahrrad zu seinen 
			Kunden und brachte in der Regel auch die fertige Arbeit hin. Er 
			beschäftigte zeitweise 3 Gesellen. 1928 hatte er sogar 4 Gesellen 
			und 2 Lehrlinge. Außerdem verkaufte er auch noch Hosen, Jacken, 
			Anzüge, Kostüme, Mäntel und Arbeitsbekleidung „von der Stange“. Um 
			das ganze Gewerbe unterzubringen, musste er 1928 seitlich an sein 
			Haus anbauen. Im „Oschatzer Gemeinnützigen“ ließ er am 26. Oktober 1929 
			folgende Annonce erscheinen:
  8 billige Verkaufstage! Ab 
			Sonnabend, dem 26. Oktober auf alle Waren 10 % Rabatt. Alle Größen am 
			Lager. Damen-, Herren- und Kindermäntel – Anzüge – Joppen – 
			Windjacken – Weghosen – Arbeitshosen – Westen – Schlosseranzüge – 
			Oberhemden – Einsatzhemden – Kragen – Binder – Strümpfe u.v.m. – 
			Lumperjacken mit Reißverschluss Größte Auswahl Curt Richter, Kleinforst Maßschneiderei und Konfektionsgeschäft
  Sein Handwerk 
			betrieb er bis Ende der 60er Jahre. In einigen Kleinforster 
			Schränken hängen heute noch Kleiderbügel mit der Aufschrift: „Curt 
			Richter Kleinforst“. Curt Richter 
			war auch Mitglied des Altoschatzer Gesangvereins und sehr aktiv im 
			Obstbauverein Altoschatz tätig. Er hielt sogar Vorträge über den 
			Obstanbau und beteiligte sich bei der Organisation und Durchführung 
			der Obstausstellungen, die im Gasthof Altoschatz stattfanden. Dort 
			waren auf langen Tischreihen die verschiedensten Apfel- und 
			Birnensorten ausgestellt und gekennzeichnet. Bei der Beratung war 
			Curt Richter in seinem Element. Natürlich war auch sein Garten am 
			Haus ein Schmuckstück, sehenswert waren seine Apfelbäume, die er am 
			Spalier gezogen hatte. Von 1919 
			bis 1927 war Curt Richter Vertreter im Gemeinderat von Altoschatz 
			und von 1922 bis 1924 Vorsitzender der neugegründeten 
			Siedlergenossenschaft Altoschatz. Sein Sohn Horst 
			lernte bei ihm, arbeitete aber nach Kriegsende nur noch kurze Zeit 
			in diesem Beruf. Sein großes Hobby war die Bienenzucht.
 
  
		Die Sattlerei von Otto Ader im Haus Nr.13 (An der Aue 8)
  Otto Ader wurde 
			im Einwohnerverzeichnis von 1937 erstmals als Sattler aufgeführt. In 
			Wirklichkeit war er aber auch Polsterer und Tapezierer und auf diese 
			ergänzende Berufsbezeichnung legte er auch großen Wert. So war die 
			Ausgestaltung von Räumen mit Gardienen und die Lieferung von 
			Polstermöbeln auch sein Geschäft. Vom Gemeindeamt Altoschatz wird 
			der 1. November 1932 als Beginn seiner Tätigkeit angegeben. Zu 
			seinen hauptsächlichsten Kunden gehörten die Bauern und 
			landwirtschaftlichen Betriebe von Altoschatz, Thalheim und Naundorf. 
			Nach dem Krieg gab es für ihn so viel zu tun, dass er die Arbeiten 
			im Wohnhaus nicht mehr durchführen konnte. Deshalb stellte Otto Ader 
			im Juli 1945 einen Antrag an das Landratsamt Oschatz für den Neubau 
			einer Sattlerwerkstatt. Seine Arbeitsbedingungen schilderte er darin 
			folgendermaßen: „Zu meinem Gesuch auf Genehmigung zum Neubau einer 
			Sattlerwerkstatt bemerke ich noch, daß ich bis jetzt in meinen 
			Wohnräumen die Sattlerei betrieben habe. Durch die vielen Aufträge 
			für die russische Kommandantur und für die Landwirtschaft, die 
			dringend für die Ernährung (Einbringung der Ernte), Geschirre und 
			sonstige Artikel benötigen, ist es mir nicht mehr möglich, diese 
			Arbeiten nur in meinen Wohnräumen auszuführen. Außerdem ist mein 
			Sohn von der Wehrmacht zurückgekehrt und meine Tochter ist aus 
			Mangel an Arbeitskräften in den Sattlereiberuf übergegangen. Dadurch 
			ist die Arbeitsstätte für mehrere Arbeitskräfte nicht ausreichend.“ Die 
			Baugenehmigung wurde erteilt und noch im gleichen Jahr baute er im 
			Hinterhof seine Werkstatt auf, die er 1955 noch vergrößerte. Seine 
			Tochter Liesbeth qualifizierte sich in ihrem Handwerk und erhielt 
			den Meisterbrief als Sattler und Tapezierer. Otto Ader 
			stellte in den 50er Jahren auch Koffer aus Vulkanfiber her. Das 
			Material war ein lederartiger Kunststoff aus Zellulose, das heiß 
			gemacht, gepresst, beschnitten und eingefasst werden musste. So 
			entstanden dann die beiden Kofferhälften. Diese Fertgkeit hatte er 
			sich in Leipzig erworben, wo er bis zu seinem Umzug nach Kleinforst 
			in der renommierten Kofferfabrik Mädler tätig war. Dort baute er 
			einmal einen riesigen Koffer, den ein Zirkus in Auftrag gegeben 
			hatte. Der Koffer wurde während der Vorstellung von einem 
			ausgewachsenen Elefanten in die Manege getragen und von ihm 
			geöffnet. Und was kam aus dem Koffer heraus? Ein richtiger kleiner 
			Elegant! Der 
			Sattlereibetrieb von Otto Ader wurde Ende der 50er Jahre aufgegeben.
 
  
		Der Friseur Kurt Höppner im Haus Nr.19 (Forststraße 19) und später im Haus Nr.68 (Forststraße 20)
  Herr Höppner 
			war überwiegend zuständig für die Herrenfrisuren in Kleinforst. Er 
			fuhr aber auch viel mit dem Fahrrad zu den Bauern auf die Dörfer, so 
			z. B. nach Collm und nach Naundorf. Mit dem 
			Frisieren begann er in Kleinforst gegen 1922, nachdem er seine Lehr- 
			und Wanderjahre und auch den 1. Weltkrieg hinter sich gebracht 
			hatte. In einer Liste der Gemeinde Altoschatz wird allerdings der 1. 
			April 1925 als Beginn seiner Tätigkeit genannt. Seine Wohnung hatte 
			er im Haus Nr.19 und dort richtete er auch im Hinterhaus links vom 
			Eingang seine Frisierstube ein. 1931 baute er schräg gegenüber ein 
			neues Siedlungshaus und richtete dort natürlich auch wieder einen 
			„Frisiersalon“ ein. Die Kundschaft erreichte ihn über den 
			Hauseingang an der Straßenseite, Höppners selbst benutzten den 
			hinteren Eingang. Zwischen den 
			beiden Fensterreihen der Hausfront hatte er seine Firma anschreiben 
			lassen: „Curt Höppner Friseur“. Eigentlich hätte es heißen müssen 
			„Kurt“ Höppner, der Maler hatte sich aber verschrieben! Noch bis 
			mindestens 1980 war dieser Schriftzug zu sehen. Viel brachte 
			der Beruf nicht ein, denn ein Haarschnitt kostete damals nur etwa 50 
			Pfennige. Er war deshalb froh, dass er auch noch im Krankenhaus 
			Oschatz an 2 Tagen in der Woche frisieren durfte. Um den Umsatz noch 
			ein wenig anzukurbeln, verkaufte er in seiner Frisierstube auch noch 
			Elektroartikel, wie Batterien, Glühlampen usw. In den 
			Kriegsjahren wurde er zum Haarschneiden und Rasieren der kranken und 
			verwundeten Soldaten dienstverpflichtet. Sie lagen damals im 
			Rittergut Altoschatz, im Krankenhaus Oschatz und in der Oschatzer 
			Oberschule. Nach Kriegsende kamen dann die verwundeten sowjetischen 
			Soldaten in das Oschatzer Krankenhaus und Kurt Höppner konnte gleich 
			weitermachen. Nun ging es den Russen an die Haare. 1954 starb Herr 
			Höppner, bis dahin war er immer noch in seinem Beruf tätig.
 
  
		Die Schuhmacherei von Robert Koch im Haus Nr.26F (Forststraße 32)
  Herr Koch 
			führte überwiegend Reparaturen aus und man sagte ihm nach, dass er 
			sehr preiswert war. Sein Gewerbe begann er offiziell am 1. Mai 1927 
			in seinem neuen Siedlungshaus. Die Werkstatt war technisch gut 
			ausgerüstet. Als Gehilfen beschäftigte er Willi Rändler aus 
			Kleinforst, der auch noch Zimmermann von Beruf war. Herr Koch bot 
			seinen Kunden auch neue Schuhe zum Verkauf an. Dazu hatte er im Hof 
			eine Art Ausstellungsvitrine aufgestellt, die wie ein zweitüriger 
			Glasschrank aussah. Sein Angebot war nicht allzu groß, aber er 
			wusste schon, was in Kleinforst gebraucht wurde. Sein Handwerk 
			betrieb er noch bis in die 5oer Jahre hinein. Robert Koch war 
			in einigen Funktionen ehrenamtlich tätig, so als Vorsitzender des 
			Siedlervereins, als Gemeindevertreter und zuletzt als Vorsitzender 
			der Ortsbodenkommission.
 
  Der Besenbinder Paul Quitzsch im Haus Nr.48 (Paul-Schuster-Str.22)
  Herr Quitzsch 
			hatte nur eine kleine Werkstatt im Hof. Das Birkenreisig holte er 
			sich mit dem Handwagen aus dem Stadtwald hinter dem Fliegerhorst. 
			Zum Binden der Besen verwendete Paul Quitzsch nur Weidenruten, die 
			vor der Verarbeitung geschält und gespaltete werden mussten. Diese 
			holte er sich aus einem Weidenbestand am Stranggraben. Beim 
			Transport und beim Schneiden des Besenreisigs mussten seine Jungs 
			tüchtig mit anpacken. Paul Quitzsch verkaufte seine Besen nicht nur 
			in Kleinforst, er fuhr mit dem Fahrrad auch auf die umliegenden 
			Dörfer zu den Bauern. Viel brachte das Gewerbe aber nicht ein, denn 
			ein Besen kostete nur eine Mark. So musste die siebenköpfige Familie 
			ein recht bescheidenes Leben führen. Sein Gewerbe begann er am 1, 
			November 1946 und betrieb das Besenbinderhandwerk bis etwa 1954. Zur 
			Aufbesserung der Familienkasse verkaufte Frau Quitzsch in Kleinforst 
			Stangenkäse, den sie von einem Bauern aus Kreischa bezog. Der 
			Lieferant war auch unter dem Namen „Käse-Klaus“ bekannt, er hatte 
			sein Gut direkt neben der Mühle. Die sogenannten „Leichenfinger“ 
			reiften auf Stroh und lagen in flachen Spanholzkisten.  Quitzschens 
			hatten 5 Kinder und das waren alles nur Jungens: Heinz, Werner, 
			Gerhard, Rolf und Horst. Oft wurde in der Familie gemeinsam gesungen 
			oder Hausmusik gemacht, zumal Gerhard auch noch Geige spielen 
			konnte. Herr Quitzsch war aktives Mitglied im Gesangsverein 
			Altoschatz, er hatte eine sehr gute Tenorstimme und trat auch 
			während der Chorkonzerte als Solist auf. Die Kleinforster waren 
			stolz auf ihn und einige meinten sogar, der Altoschatzer 
			Gesangverein sollte lieber Quitzsch-Chor heißen. Zur 
			Adventsfeier des Chores im Jahre 1947 hatte man im Tafellied über 
			Paul Quitzsch folgenden Vierzeiler gedichtet:
  Quitzsch Paule singet gut Tenor den Frauen singt er gern ins Ohr Er singt sich in ihre Herzen hinein was seiner Frau wird oft zur Pein
  Und tatsächlich 
			schwärmen heute noch einige Kleinforster Damen von seiner Stimme! Der Volkschor 
			Altoschatz probte unter Leitung seines Dirigenten Otto Kühne in der 
			Gaststätte „Goldene Höhe“ in Kleinforst. Selbst die Proben hörten 
			sich so gut an, dass die Hausbewohner ihre Fenster aufmachten, um 
			den Gesang besser mithören zu können..
 
  Der Uhrmacher Hellmuth Gens im Haus Nr.30 (Paul-Schuster-Str.19)
  Herr Gens war 
			der Sohn von Karl Gens, der im Rittergut Altoschatz als Brennmeister 
			angestellt war. Er war alleinstehend und hatte in seiner Wohnstube 
			eine kleine feinmechanische Werkstatt eingerichtet. Nach einer Liste 
			der Gemeinde Altoschatz begann er seine Selbständigkeit als 
			Uhrmacher 1949. Von ihm wurden alle Uhren fachgerecht und sehr 
			preiswert repariert. Hellmuth Gens war technisch sehr begabt und 
			hatte nach Heinrich Wagner wahrscheinlich das nächste Radio in 
			Kleinforst. Auch er wird daran vieles selbst gebastelt haben. Es ist 
			überliefert, dass er bei Übertragungen oftmals das Fenster offen 
			ließ, damit die Kleinforster mithören konnten. Hellmuth Gens hatte 
			mit seinem Beruf wenig Einkommen und führte auch ein recht 
			bescheidenes Leben.
 
  Die Zimmerei von Oswald Rändler im Haus Nr.69 (Querstraße 11)
  Oswald Rändler 
			war selbständig und arbeitete allein. Als Werkstatt genügte ihm ein 
			kleiner Flachbau rechts vom Eingang, die hauptsächlichsten Arbeiten 
			hatte er ja sowieso auf den Baustellen. Oswald Rändler 
			wohnte in seinem Grundstück im Hinterhaus. Das größere Vorderhaus, 
			das er zusammen mit dem Hinterhaus 1930/31 erbaut hatte, wurde von 
			ihm vermietet.
 
  Die Baum- und Rosenschule von Otto Krohn 
		 
  Otto Krohn 
			wohnte zunächst mit seiner Familie bei seinem Schwiegervater Karl 
			Knetzschke im Haus Nr.16 (An der Aue 2) und begann bereits 1927 auf 
			einem Streifen Land in Kleinforst mit dem Anpflanzen und Veredeln 
			von Obstbäumen und Rosen. Zwei Jahre später erhielt er dafür das 
			Gewerbe. Anfang der 50er Jahre zog er dann nach Thalheim, wo er eine 
			wesentlich größere landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung hatte. 
			Seine Rosen lieferte er zunächst an Oschatzer Kunden und an Abnehmer 
			in der näheren Umgebung. 1951 ergab sich eine Geschäftsverbindung zu 
			einem Leipziger Großhändler, der in der Saison täglich eine Sendung 
			Rosen abnahm. Früh 3 Uhr wurden diese taufrisch auf dem Feld 
			geschnitten und zu 20 Stück zusammengebunden. Etwa 20 Bunde wurden 
			dann in einem Karton verpackt. In der Hochsaison kamen dann schon 
			mal 3 Kartons an einem Tag zusammen und das waren immerhin etwa 1200 
			Rosen! Diese wurden zum 
			Oschatzer Bahnhof gefahren und dem Gepäckwagen des 7 Uhr Zuges 
			übergeben. Gegen 9 Uhr standen die Rosen dann bereits in Leipzig in 
			den Blumengeschäften. Viel frischer konnte man Blumen nicht 
			anbieten! Für die 
			Transporte zum Bahnhof gab es bei Krohns ein „Geschäftsfahrzeug“, 
			das war ein älteres Fahrrad mit einem Gepäckträger über dem 
			Vorderrad. Die Älteren unter uns werden diese „Transporter mit 
			Kniescheibenzündung“ noch kennen. Für solche Touren war 
			hauptsächlich sein Sohn Woldemar zuständig, der diese Fahrten später 
			allerdings mit einem Moped vom Typ SR 2 erledigte. Otto Krohn 
			wurde bei seiner Arbeit von seiner Frau und seinen beiden Söhnen 
			mächtig unterstützt. Es war also ein reiner Familienbetrieb, nur 
			selten mussten fremde Mitarbeiter einmal aushelfen. Je älter er 
			wurde, umso mehr musste er seine Tätigkeiten einschränken. Als er 
			1986 starb, war das auch das Ende der Baum- und Rosenschule Krohn, 
			die er immerhin über 50 Jahre lang betrieben hatte.
 
  Der Lebensmittelladen von Frau Finke im Haus Nr.22 (Forststraße 13).
  Während sich 
			Herr Finke im Hinterhaus mit Holz und Leim beschäftigte, verkaufte 
			Frau Finke vorn im Laden Lebensmittel und Waren des täglichen 
			Bedarfs. Ihr zur Seite standen anfangs Gerda Tischer und Erna Mecus. Als der Konsum 
			nach dem Krieg den Laden übernahm, blieb Frau Finke erst einmal 
			weiterhin als Verkäuferin im Laden. Vorübergehend verkaufte auch 
			Frau Brandner. Ab 1951 wurde dann Isolde Schmidt als 
			Verkaufsstellenleiterin eingesetzt. Außer ihr waren noch Frau 
			Schubert als Verkäuferin und Frau Wohllebe als Aushilfskraft tätig. 
			1957 begann Frau Alice Kühne als Verkäuferin und 1960 Frau Schiemann 
			als Aushilfskraft. In dem kleinen 
			Laden gab es nicht nur Lebensmittel, sondern auch Sämereien, 
			Geschirr, Textilien, Schreibwaren, Waschmittel und sogar Schuhe. Ein 
			Landwarenhaus im Taschenformat! Die Frauen um 
			Isolde Schmidt leisteten eine gute Arbeit und die Verkaufsstelle war 
			bei den Kleinforstern außerordentlich beliebt. Man erfuhr dort immer 
			etwas Neues und manchmal bekam man auch noch eine Empfehlung, was 
			man als nächstes wieder einmal kochen könnte. Aber auch über ganz 
			private Dinge konnte man sich im Konsum austauschen und auch einmal 
			sein Herz ausschütten. Isolde Schmidt wachte aber streng darauf, 
			dass daraus kein Klatsch und Tratsch entstand! In den 60er 
			Jahren wurde der Laden auf Selbstbedienung umgestellt. Das war ein 
			Pilotprojekt des Konsumgenossenschaftsverbandes, mit dem erst einmal 
			Erfahrungen gesammelt werden sollten. So gesehen war Kleinforst ein 
			Vorreiter der neuen Verkaufskultur. Bei den notwendigen 
			Umbauarbeiten im Laden wurde das Verkaufspersonal tatkräftig vom 
			Verkaufsstellenausschuss unterstützt. Zu ihm gehörten damals: Günter Wend, Paul Richter, Willi 
			Rändler, Ilse Sahlbach, Ilse Dießner, Elfriede Richter, Luzie 
			Hirsemann und Ehrentraut Förster. Auf dieses ehrenamtliche Kollektiv 
			konnte sich der Konsum jeder Zeit verlassen. Im Februar 1979 wurde 
			diese vorbildliche Zusammenarbeit mit dem Eintrag in das Ehrenbuch 
			des Verbandes gewürdigt. 1972 kam Frau 
			Christine Kühn als Aushilfe in das Verkaufskollektiv. 1986 wurde der 
			Verkauf vorübergehend in eine Garage verlegt, weil der Laden 
			umfassend renoviert werden musste. Alle Arbeiten wurden in eigener 
			Regie durchgeführt und wieder waren es die Mitglieder des 
			Verkaufsstellenausschusses und auch einige Kleinforster, die kräftig 
			mit anpackten. Die Besatzung 
			der Verkaufsstelle 105 hatte es zu DDR-Zeiten nicht immer einfach, 
			vor allem wenn es um das Verteilen der „Raritäten“ ging. Nicht nur 
			Südfrüchte waren knapp, auch gutes Bier, Limonade, Selters und 
			bestimmte Fleischwaren. Viele werden sich noch daran erinnern, dass 
			es für jeden Erwachsenen nur eine Banane gab, wenn wieder einmal 
			eine Lieferungen eingetroffen war. Eines muss dem 
			Verkaufspersonal hoch angerechnet werden: Wenn ältere Leute zum 
			Einkaufen kamen, wurde auch manchmal geholfen, die Einkaufstasche 
			bis vor die Tür nach Hause zu tragen. Das war wirklich noch Dienst 
			am Kunden!
  An ein düsteres 
			Kapitel soll an dieser Stelle auch noch erinnert werden, nämlich an 
			die Rationierung von Lebensmitteln, Textilien, Schuhen und 
			Tabakwaren. Die ersten Lebensmittelkarten wurden bereits am 28. 
			August 1929 kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges ausgegeben. Die 
			Rationierung blieb bis nach Kriegsende bestehen, wenn auch in einer 
			etwas anderen Form. Das änderte sich erst ab 1. Januar 1951, da gab 
			es Brot endlich wieder frei zu kaufen. Im April 1953 entfiel dann 
			die Punktekarte für Schuhe und Textilien. Und als dann die 
			Volkskammer der DDR in ihrer 35. Tagung am 28. Mai 1958 beschloss, 
			die Lebensmittekarten für Fleisch- und Wurstwaren, Butter und andere 
			Fette, Milch und Zucker abzuschaffen, schien der Wohlstand 
			ausgebrochen zu sein. Nach 29 Jahren endlich keine Karten mehr! Mit dem Wegfall 
			der Lebensmittelkarten wurden ab 29. Mai 1958 auch neue einheitliche 
			Preise eingeführt. Diese lagen nun wesentlich unter den bisherigen 
			(freien) HO-Preisen. Auch für die schon vorher frei erhältliche 
			Artikel, wie Reis, Kakao, Konditoreiwaren, Gewürze, Mandeln, 
			Sultaninen, Bettwäsche, Kinderobertrikotagen und Perlonstrümpfe, 
			wurden die Preise gesenkt. Angehoben wurden lediglich die Preise für 
			Spirituosen. In der LVZ vom 
			29. Mai wurden von einigen Lebensmitteln die Preise 
			gegenübergestellt:  
			
			
				
					 1 Pfund Landleberwurst 1 Pfund Kalbsleberwurst 1 Pfund Butter 1 Pfund Margarine 100 Gramm Bockwurst 1 Pfund Zucker 1 Liter Trinkmilch | 
					bisheriger HO-Preis 6,10 DM  7,90 DM 10,00 DM 2,60 DM 1,24 DM 1,45 DM 1,12 DM | 
					neuer Preis 3,35 DM 4,80 DM 4,90 DM 1,82 DM 0,80 DM 0,90 DM 0,80 DM | 
					  | 
				 
			 
			
			Eine weitere 
			Maßnahme zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen war die 
			Anhebung der Löhne und Gehälter für Arbeiter, Angestellten und 
			Meister. Bis zu 380 DM gab es jetzt mehr Geld in die Lohntüte. Es 
			ging also spürbar aufwärts in der DDR. Die LVZ gab 
			noch zu bedenken, dass sich durch die Abschaffung der 
			Lebensmittelkarten auch die Arbeit des Verkaufspersonals erleichtert 
			wird: „Die Lebensmittelkarten haben beispielsweise die 
			Kundenbedienung erschwert. Oft haben Aushilfskräfte nur für das 
			Markenkleben beschäftigt werden müssen“. Das war in vielen 
			Verkaufseinrichtungen tatsächlich auch der Fall, traf aber auf die 
			Kleinforster Konsumverkaufsstelle nicht zu. Wenn es an das Sortieren 
			und Einkleben der Marken ging, musste dort das Verkaufspersonal 
			selbst ran. Daran kann sich Frau Schmidt, die ehemalige 
			Verkaufsstellenleiterin, noch genau erinnern: „Nächtelang haben wir 
			mit selbst angerührten Mehlkleister die Marken auf altes 
			Zeitungspapier geklebt. Alles schön übersichtlich in Zehnerreihe. 
			Die Abschnitte kamen am Tag erst einmal in einen großen Kasten und 
			mussten dann vor dem Aufkleben erst einmal sortiert werden. Und das 
			haben wir alles nach Feierabend gemacht! Abgerechnet wurden die 
			Marken beim Rat der Stadt, Abteilung Handel und Versorgung und die 
			nahmen es ganz genau. Bei uns wussten sie aber schon, das wir nicht 
			mogeln!“
  Doch nun weiter 
			in der Geschichte des Konsums:
  1986 übernahm 
			Hilge Schinkel die Verantwortung in der Verkaufsstelle und löste 
			damit Isolde Schmidt als Leiterin ab. Die „Wende“ kam und Frau 
			Schmidt und Frau Kühne gingen in den wohlverdienten Ruhestand. Das 
			bedauerten die Kleinforster sehr, denn damit schieden zwei nette 
			Verkäuferinnen aus, die man schon seit „ewigen Zeiten“ kannte. Nach der 
			„Wende“ füllte sich nun der Laden mit Waren, von denen die 
			Kleinforster bisher immer nur geträumt hatten. Und trotzdem ging der 
			Umsatz zurück, man kaufte eben noch günstiger in den Einrichtungen 
			der neuen Handelsketten, die ringsherum wie Pilze aus der Erde 
			geschossen waren. Die Folge davon war, dass der Konsum 1992 den 
			Kleinforster Laden an die „Oschatzer Gartenland“ GmbH abgeben 
			musste. Das Geschäft „rechnete“ sich einfach nicht mehr. Frau Kühn 
			schied nach 20 Jahren Tätigkeit aus, es blieb nur noch Hilge 
			Schinkel von der alten Besatzung übrig. Trotz der 
			Werbung „Qualitätsfrische aus Sachsen“, lief das Geschäft des neuen 
			Betreibers auch nicht zufriedenstellend und die Verkaufsstelle wurde 
			im Juni 1998 geschlossen. Damit endet diese Geschichte. Die 
			Kleinforster waren traurig darüber, besonders die älteren Einwohner. 
			Mit dem Laden ging nämlich auch ein Stück Kommunikation verloren, 
			die jahrzehntelang die Menschen in der Siedlung verband. Das war 
			eigentlich der größte Verlust.
 
  Der Laden von Frau Krell im Haus Nr.44 (Paul-Schuster-Straße 7)
  Eigentlich war 
			das gar kein richtiger Laden und mit dem von Frau Finke schon gar 
			nicht zu vergleichen. Frau Krell verkaufte Bier, Sprudel, 
			Selterswasser und Tabakwaren. Zu letzteren Erzeugnissen gehörte auch 
			der Hanewacker Kautabak von Grimm und Triebel aus Nordhausen. Die 
			Firma bestand schon seit 1849 und war der bekannteste Hersteller 
			dieser Spezialität. Diese wurde nach streng gehüteter Rezeptur 
			gefertigt und enthielt außer Tabakextrakt noch Bienenhonig, 
			Lakritze, Traubenzucker, Zitronensäure, Salz, Gummiarabikum, 
			Samoswein und noch vieles andere mehr. Insgesamt sollen es 80 
			Zutaten gewesen sein, mit denen man auch die unterschiedlichsten 
			Geschmacksrichtungen erzielen konnte. Trotzdem war Kautabak nicht 
			jedermanns Sache. Die einen spukten ihn gleich wieder aus, andere 
			waren davon große Liebhaber. Zu den letzteren gehörte Tietze, 
			Arthur, der in der Siedlerstraße ganz vorn am Stadtpark wohnte. Für 
			ihn war Priem ein Hochgenus. Er war auch der einzige in Kleinforst, 
			der Kautabak kaufte. Über ihn und den Kautabak weiß die Tochter von 
			Frau Krell, Frau Käthe Lohse, folgende Geschichte zu erzählen: „Bei meiner Mutter lag der Priem in einem Steinguttopf in 
			einem Sud, er durfte ja nicht austrocknen. Aus dem Topf roch es 
			stark nach Aroma, deshalb war immer ein Deckel obendrauf. Der 
			Steinguttopf war mit seinen Reklamebildern ein richtiger Blickfang 
			auf dem Ladentisch. Verkauft wurde der Priem stückweise. Die 
			gedrehten Portionen wurden wegen ihrer Nässe erst einmal in Papier 
			eingeschlagen und kamen dann in eine kleine Blechschachtel. Als ich 
			ungefähr 10 Jahre alt war, hatten mein Bruder und ich eine tolle 
			Idee. Statt Priem wickelten wir heimlich Taubenmist in das Papier 
			und packten das ganze in eine Priemschachtel. Diese legten wir dann auf die Straße, in 
			froher Erwartung auf den alten Tietze. Er hob auch ohne zu zögern 
			die Schachtel auf und machte sich damit auf den Heimweg. Für uns 
			Kinder war das natürlich ein Heidenspaß, für unsere Mutter war das 
			aber ganz und gar nicht lustig, denn Arthur Tietze ließ nicht lange 
			auf sich warten und beschwerte sich über den Taubenmist.“
  Den Hanewacker Kautabak aus 
			Nordhausen gab es auch noch zu DDR-Zeiten. 24 Stifte waren eine 
			Verpackungseinheit, sie kosteten damals im EVP 40 Pfennige. Auf der 
			Innenseite der Verpackung war folgende Gebrauchanweisung 
			aufgedruckt: „Nehmen Sie ein Stück 
			Hanewacker aus der Dose und legen Sie dieses zwischen Backe und 
			Kiefer. Kauen Sie aber nicht darauf, sondern lassen Sie 
			dieses Stückchen Tabak ruhig im Munde liegen, dann werden Sie in 
			kürzester Zeit feststellen, daß der Hanewacker ausgezeichnet 
			schmeckt und ein anregendes Genussmittel von erfrischender und 
			durststillender Wirkung ist.“
  Zu Krell´s Kunden gehörten auch die 
			Kleinforster Steinarbeiter aus den benachbarten Häusern. Sie hatten 
			wahrscheinlich den meisten Durst. Frau Lohse erinnert sich auch noch 
			daran, wo die Waren des täglichen Bedarfs herkamen: „Unser Großhändler für Tabakwaren war Hermann Bock in 
			Oschatz. Einmal in der Woche musste ich ein Paket mit Waren abholen. 
			Ich war damals erst 9 oder 10 Jahre alt und der Weg war ziemlich 
			lang und anstrengend für mich, besonders im Sommer, wenn es sehr 
			warm war. Die Firma Börner aus der Breiten Straße lieferte das Bier, 
			es wurde mit dem Pferdewagen gebracht. Die kräftigen Pferde hatten 
			ein besonders schönes Zaumzeug. Brauchten wir aber außer der 
			Lieferzeit Getränke, musste ich mit dem Handwagen durch den 
			Stadtpark ziehen und 5 oder 6 Kästen holen. Auf dem Rückweg zog ich 
			den Wagen bis zum Berg am Ende des Stadtparks und wartete dort, bis mich meine Mutter abholte und 
			beim Ziehen half. Das Warten dauerte manchmal eine Stunde und mehr. 
			Es war eine schlimme Plackerei, aber ich machte es ohne zu murren.“
 
  
		Die Poststelle in Kleinforst
  Der Geschichte 
			der Poststelle soll die Einrichtung einer öffentlichen 
			Fernsprechstelle in Kleinforst vorangestellt werden. Im Gemeindebuch 
			von Altoschatz finden wir dazu folgenden Eintrag aus dem Jahre 1927:
  „Für die zu errichtende Fernsprechstelle bei Richter in 
			Kleinforst werden die eventuell noch zwei fehlenden Masten aus der 
			Gemeindekasse bestritten, Richter verpflichtet sich, jeden Einwohner 
			bei Bedarf sprechen zu lassen.“ Vielleicht war das der erste 
			Fernsprechanschluss in Kleinforst! Im Adressbuch 
			von Oschatz aus dem Jahre 1922 ist für Kleinforst noch kein einziger 
			Fernsprechanschluss eingetragen. Kleinforst hatte zur damaligen Zeit 
			nicht einmal eine Posthilfsstelle, wie sie z. B. Altoschatz hatte. Eine Poststelle 
			mit öffentlichem Fernsprecher wurde erst in den 20er Jahren in der 
			Gaststätte „Goldene Höhe“ eingerichtet und befand sich dort bis 
			1955. Sie war in einem Raum hinter dem Laden der Fleischerei 
			untergebracht, also links vom Haupteingang. Poststellenverwalter 
			waren Frau Hildegard Ehrlich und anschließend ihre Tochter Inge. Ab 1955 
			übernahm dann Frau Ilse Dießner diese Funktion, richtete aber die 
			Poststelle in ihrem Haus, An der Aue 26, ein. Die Briefpost bekam 
			Frau Dießner angeliefert, die Päckchen und Pakete aber kurioserweise 
			nicht. Die musste sie 4 Jahre lang mit dem Handwagen in Altoschatz 
			holen. Eine Zeit lang trug auch ihr Mann die Post in Kleinforst aus. Besonderer 
			Andrang herrschte zur Weihnachtszeit, wenn die Pakete für die 
			Westverwandtschaft auf die Reise gebracht werden mussten. Man erkannte sie schon an der 
			Aufschrift „Geschenksendung, keine Handelsware“. Wenn dann ein paar 
			Tage später die „Westpakete“ ankamen, wurde es wirklich eng in der 
			Poststube.
  Der öffentliche 
			Fernsprecher, der sich in der Poststelle bei Dießners befand, musste 
			Tag und Nacht verfügbar sein. Wie sollte man sonst telefonieren, in 
			ganz Kleinforst gab es bis zur „Wende“ so gut wie keine Telefone! Nach der 
			Wiedervereinigung wurde die Poststelle zum großen Bedauern der 
			Einwohner von „Amts wegen“ geschlossen. Wieder war ein Stück 
			Kleinforster Geschichte verschwunden.
 
  Die Klein- und Neubauern
  Einige Siedler 
			hatten sich einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb in ihrem 
			Grundstück aufgebaut. Die geringe Größe gab gerade noch so viel her, 
			dass Stall und Scheune ihren Platz fanden. Da wäre z. B. Richard 
			Zieger im Haus Nr.36 (P.-Schuster-Straße 38) zu nennen. Er begann als Neubauer am 
			01.11.1947 und hatte  1 Pferd, 5 
			Milchkühe, Kälber, Ziegen, Schweine, Hühner, Gänse, Enten, Kaninchen 
			und Tauben! Er war mit dieser umfangreichen Tierhaltung allerdings 
			eine Ausnahme. Heute kann man sich das in Kleinforst nicht mehr 
			vorstellen. Mit seinen Kühen zog er jeden Tag die Paul-Schuster 
			Straße herunter auf die Wiese am großen Stein unterhalb von 
			Kleinforst. Nach einer 
			Auflistung der Gemeinde Altoschatz vom 13. Mai 1950 gab es außer 
			Richard Zieger noch folgende Neubauern in Kleinforst:
  Otto Küttner, Kleinforst Nr.82 (P.-Schuster-Str.12), seit 
			01.10.1945 Otto Striegler, Kleinforst Nr.43, (P.-Schuster-Str. 28), seit 
			01.01.1946 Kurt Taube, (Parkstraße 22), seit 01.01.1946 Willi Schroth, Kleinforst Nr.1 (An der Aue 30), seit 
			25.12.1945 Anton Kretzschmar, Kleinforst Nr.2 (An der Aue 28) Martin Krause, Kleinforst Nr.26 C (Forststraße 26), seit 
			02.01.1946 Alfred Krell, Kleinforst Nr. 44 (P.-Schuster-Straße 7), seit 
			01.01.1946 Otto Krohn, Kleinforst Nr.14 (An der Aue 6), seit 01.07.1946 Walter Klingner, Kleinforst Nr.56 (Querstraße 6), seit 
			15.05.1948
  Heute gibt es 
			nur noch Woldemar Krohn, der auf und hinter seinem Grundstück in der 
			Paul-Schuster-Straße 58 eine Milchkuh, einen Bullen und Schweine 
			hält und auch noch Felder bestellt oder bestellen lässt. Der Letzte 
			seines Standes! Dass es so 
			etwas heute noch in einer Siedlung gibt, ist schon bemerkenswert. 
			Der Kommentar von „Woldi“ Kron dazu: „Ich habe es meinem Vater 
			versprochen, dass ich weitermache.“
 
  Kleinforster Frauen verkauften Milch und Käse
  Wir wollen 
			nicht die fleißigen Frauen aus der Siedlung vergessen, die mit 
			Milchkannen und Stangenkäse unterwegs waren, um die Familienkasse 
			etwas aufzubessern. Auch sie handelten nach dem Motto: „Und ist der 
			Handel noch so klein, er bringt doch mehr als Arbeit ein“. Die Milch 
			wurde in Kannen direkt vom Bauern geholt, 3 Kannen passten auf einen 
			Handwagen. Das war für die Frauen eine schwere Fuhre. Frau Steinert 
			holte die Milch vom Bauer Kühne aus Altoschatz und Frau Weber von 
			Capito. Die Ehefrau vom Schuhmacher Koch bekam ihre Milch vom 
			Stadtgut Walter, das neben dem Oschatzer Friedhof lag. Alle drei Frauen hatten ihre 
			Kunden im Oschatzer Stadtgebiet. Frau Schulze 
			aus dem Haus Nr.41 (Paul-Schuster-Straße 9) verkaufte auch Milch, 
			aber von zu Hause aus. Die Milch bezog sie von einem Bauern aus 
			Altoschatz. Else Döring aus 
			dem Haus Nr.46 (Paul-Schuster-Straße 26) verkaufte auf Stroh 
			gereiften Schimmelkäse, der von Riesa aus mit der Bahn angeliefert 
			wurde. Er war in Spanholzkisten verpackt und wurde in Oschatz, 
			Mannschatz und Schmorkau verkauft. Dass auch Frau Quitzsch 
			Stangenkäse vom „Käse-Klaus“ aus Kreischa verkaufte, wurde bereits 
			erwähnt. Dieser hatte übrigens einen tollen Lieferwagen, von dem es 
			sogar noch ein altes Foto gibt. Wir wollen auch 
			die Kinder nicht vergessen, die beim Verkaufen schon tüchtig 
			mithelfen mussten, wie Hans Koch und Anita Döring.
 
  Die Händler von außerhalb
  Händler von 
			außerhalb gab es früher in Kleinforst eine ganze Menge. Später, zu 
			DDR-Zeiten, gab es diese Dienstleistung nicht mehr. Und heute sind 
			zwei mobile Fleisch- und Wurstwarenhändler und die Feinfrosthändler 
			wieder froh, wenn sie in Kleinforst etwas verkaufen können. Wie sich 
			die Zeiten ändern. Erinnern wir uns noch einmal an damals:
  Der Bäcker Arno 
			Taube kam mit Pferd und Wagen aus Merkwitz und verkaufte in 
			Kleinforst Brot. Frau Quosdorf aus Rosenthal zog jeden Tag mit dem 
			Handwagen durch Kleinforst und verkaufte Milch vom Berggut. Herr 
			Mühlberg kam aus Oschatz und verkaufte Seife. Wöchentlich einmal 
			brachte ein Händler 3 Kisten Bücklinge vom Oschatzer Bahnhof mit dem 
			Fahrrad nach Kleinforst. Er hieß Fritz Günter und wohnte in der 
			Körnerstraße in Oschatz.
  Zu 
			unregelmäßigen Zeiten kamen noch Herr Geißler mit Sprotten, ein 
			Händler aus Böhmen mit Bürsten, ein Händler mit Porzellan und 
			Steingut, der „Leitern-Peter“ aus Zschöllau und der „Essigmann“ aus Riesa.
  Und schließlich 
			gab es noch Herrn Wilsdorf, der die „Leipziger Volkszeitung“ 
			austrug. Mit den Kleinforster Kindern hatte er aber immer seinen 
			Ärger, weil sie ihm den Spitznamen „Zunder“ gegeben hatten.
  Die Zeitung 
			wird uns heute auch noch gebracht, manche sind noch gar nicht 
			richtig aufgewacht, da hat sie Frau Christianus schon in den 
			Briefkasten gesteckt. Vergessen wollen wir auch nicht ihre 
			Vorgängerin, die kleine Frau Anita Behrens und deren Tochter, die 11 
			Jahre lang die Zeitungen in Kleinforst austrugen.
 
  Handel und Gewerbe nach 1945
  Nach dem Krieg 
			waren von den Kleinforster Gewerbetreibenden doch noch allerhand 
			übriggeblieben. Es gab sogar einen Neuanfang: Frau Bärenwolle hatte 
			im Fleisch- und Wurstladen von Willy Ehrlich einen Gemüseladen 
			eingerichtet. Ihre hauptsächlichsten Kunden waren die Flüchtlinge, 
			die in Kleinforst untergebracht waren. Gemüse gab es damals ohne 
			Lebensmittelmarken und war deshalb ein begehrter Artikel. Ihr Mann 
			holte die Ware früh um 5 
			Uhr mit dem Handwagen vom Angebotsmarkt, der sich damals angeblich 
			im Feuerwehrgerätehaus befand. Außer dem 
			Gemüseladen von Frau Bärenwolle gab es noch den Lebensmittelladen 
			von Frau Finke, die Gaststätte „Goldenen Höhe“, die Poststelle, den 
			Sattlermeister Ader, den Tischlermeister Appelt, den Friseur 
			Höppner, den Herrenschneider Richter, die Bäckerei, den Schuhmacher 
			Koch, den Besenbinder Quitzsch Je weiter aber 
			die Zeit voranschritt, um so weniger wurde die Anzahl der Händler 
			und Gewerbetreibenden in Kleinforst. Daran änderte sich auch nichts, 
			als sich mit Frau Magdalena Pötzsch 1954 noch einmal jemand 
			selbständig machte. Sie war in der Forststraße 9 als Helfer in 
			Steuersachen tätig.  1977 stellte 
			auch der Kleinforster Dachdecker Herbert Winter den Antrag auf 
			Gewerbegenehmigung. Arbeit war genug da, aber die Politiker der DDR 
			hatten kein Interesse an der Gründung von selbständigen Unternehmen. 
			So erhielt Herr Winter nur die Gewerbeerlaubnis zur Reparatur von 
			Schornsteinen, „ ... entsprechend der in der Objektliste durch das 
			Kreisbauamt vorgegebenen Arbeiten in der Stadt Oschatz“. >Büro und Materiallager 
			richtete er auf seinem Wohngrundstück in der Forststraße 3 ein. Erst nach der 
			„Wende“ konnte er seine Firma für Dacheindeckung, Gerüst- und 
			Schornsteinbauarbeiten richtig ausbauen, nun allerdings in 
			Altoschatz. Nach der „Wende“ war 
			tatsächlich noch einmal eine gewisse Aufbruchstimmung in Kleinforst 
			vorhanden. 1990 machte sich der Dachdeckermeister Michael Roßberg in 
			der Paul-Schuster-Straße 56 selbständig. In der Garage ihres 
			Eigenheimes in der Paul-Schuster-Straße 1 richtete zur gleichen Zeit 
			Roswitha Weichhold einen Getränkeladen ein. 1992 waren es die 
			Jungunternehmer Jörg Weichhold und Matthias Zschage, die sich 
			ebenfalls in der Paul-Schuster-Straße 1 mit Heizungs-, Sanitär- und 
			Bauklempnerarbeiten selbständig machten. Und schließlich übernahm 
			die „Oschatzer Gartenland“ GmbH den Lebensmittelladen vom Konsum. Ein glücklicher Anfang ? Nein, in 
			Kleinforst gibt es heute, bis auf eine Ausnahme, keinen einzigen 
			Gewerbebetrieb mehr. Einige Firmen haben ihren Standort verlegt, 
			andere die Existenz ganz aufgegeben. Es gibt nur noch die Gaststätte 
			„Goldene Höhe“ und das bereits seit 1870!
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