Die Gaststätte „Goldene Höhe"
Die Geschichte der Gaststätte beginnt am 30. Juni 1870.
An diesem Tage wurde dem Hausbesitzer Johann Gottfried
Schwenke vom Königlichen Gerichtsamt in Oschatz die „Concession zur
Ausübung der Schankwirtschaft mit Einschluß des Branntweinschanks“
erteilt. Diese Schankerlaubnis galt für das Haus Nr.6 in
Kleinforst, das damals noch ein einfaches und kleines Haus war. Schwenke hatte bereits im Januar auf sein Ansuchen hin die
„Concession zum Verkaufe von Branntwein und Spirituosen unter ½
Eimer“ erhalten, konnte aber damit im Hause noch nichts ausschenken.
Ein halber Eimer Branntwein entsprach nach dem Dresdener Maß damals
einer Menge von ungefähr 33 ½ Litern. Bereits 4 Jahre später, am 27. April 1874, kaufte der aus
Riesa stammende Carl Traugott Preußler das Haus und erhielt auf sein
Ansuchen und nach Anhörung der Gemeinde und der Rittergutsherrschaft
zu Altoschatz „ ... die Concession zur Ausübung des Bier- und
Branntweinausschankes, ingleichen zum Einzelverkauf von Branntwein
und Spirituosen unter einem halben Eimer“. Wiederum 1 ½
Jahre später kaufte der aus Zaußwitz stammende Johann Ehregott
Gaitzsch das Haus für 3.975 M und ersuchte im November 1875 auch um
die Erteilung der Schankerlaubnis. In seinem Antrag schrieb er unter
anderem:
„Die Localitäten des
Grundstückes sind bereits Anfang Juni 1870 zweckentsprechend
hergestellt worden und trägt es die Firma „Zur goldenen Höhe“. Auch
ist wegen dieses Schankbetriebes eine jährliche Ortsgemeindesteuer
von 30 Mark auferlegt worden. Die übrigen Real- und Personallasten
fraglichen Grundstückes sind ebenfalls nicht unbedeutend, namentlich
ist davon unter anderem ein jährlicher Ablösungsrentenbetrag von 18
Mark zu entrichten. Ich wohne zwar zur Zeit noch hier in Zaußwitz,
war Besitzer des hiesigen Gasthofs, habe solchen verkauft und will
nun vom 1. Dezember diesen Jahres das bezeichnete Grundstück
Cataßter No.6 in Kleinforst übernehmen und bewirtschaften.“ Der Rittergutsbesitzer Schubert und die Gemeinde gaben
ihre Zustimmung zur Erteilung des Schankrechts unter folgender
Bedingung: „Sofern Johann Ehrgott Gaitzsch, zur Zeit in Zaußwitz, sich
damit einverstanden erklärt, eine Übergabe von jährlich Achtzehn
Mark an die Ortsarmenkasse hier zu entrichten, außerdem stets darauf
hält, ein ruhiges und anständiges Publikum aufzu-nehmen, die
Verantwortung für ungesetzliche und unregelmäßige Handlungen seiner
Gäste übernimmt, den Bier- und Branntweinschank nicht über fünf
Liter ausdehnt, hat die Gemeinde zu Altoschatz, so wie die
unterzeichnete Rittergutsherrschaft hier, nichts dagegen
einzuwenden. Wenn jedoch Unregelmäßigkeiten, wodurch die Ruhe und
Ordnung gestört wird, in seiner Behausung vorkommen, kann auf Antrag
der unterzeichneten Gemeinde oder der Rittergutsherrschaft ihm von
der hohen Behörde die Concession jederzeit wieder entzogen werden.“
Mit den oben angeführten Einschränkungen und Bedingungen
waren die Gemeinde und der Rittergutsbesitzer allerdings zu weit
gegangen. Der Bezirksausschuss der Amtshauptmannschaft stellte fest,
dass die von der Gemeinde gestellten Bedingungen gesetzlich
unstatthaft waren. Die Gemeinde ließ daraufhin alle Bedingungen fallen, verringerte den Satz
der Schanksteuer auf 12 Mark und erteilte die Schankerlaubnis am 13.
Januar 1876. Aber auch Gaitzsch betrieb die Schankwirtschaft nur 2
Jahre. Am 4. Oktober 1877 wurde sein Nachfolger, der Maurer Carl
Hermann Haupt, bei der Amtshauptmannschaft vorstellig. Er erklärte,
dass er von dem Hausbesitzer und Schankwirt Johann Ehregott Gaitzsch
das Grundstück Nr.6 gekauft habe und die Schankwirtschaft mit
Einschluss des Branntweinschanks fortführen möchte. Die Erlaubnis dazu wurde ihm am 3. Dezember 1877 erteilt.
Herr Haupt bewirtschaftete die „Goldene Höhe“ 21 Jahre lang. Nach seinem
Tode bewarb sich am 28. Oktober 1898 erfolgreich seine Ehefrau um
die Schankerlaubnis. Sie hatte zu dieser Zeit 3 Kinder im Alter von
13 bis 18 Jahren zu versorgen.
3 Jahre später taucht mit Johann Karl Klepzig ein neuer
Name auf. Mit ihm
beginnt eine ganz besondere Geschichte. Zunächst stellte auch er
erst einmal den Antrag auf Erteilung einer Schankerlaubnis:
„Der ergebenst
Unterzeichnete, welcher den Gasthof „Goldene Höhe“ in
Kleinforst bei Altoschatz käuflich erworben hat, bittet hiermit die
geehrte Königliche Amtshauptmannschaft, ihm die vom bisherigen
Inhaber innegehabte Concession in vollem Umfange geneigtest
übertragen zu wollen." Herr Klepzig war ein pensionierter Anstaltspfleger aus
Colditz. Er bekam die Erlaubnis zum Bier- und Branntweinausschank am
22. November 1901. Kurz danach kam es jedoch zu einem Brand, der das
Wohn- und Schankgebäude stark beschädigt haben muss. Klepzig hatte für den Wiederaufbau große Pläne und
unterbreitete diese am 26. März 1902 der Königlichen
Amtshauptmannschaft zu Oschatz mit folgenden Worten: „Der ergebenst
Unterzeichnete beabsichtigt sein Restaurationsgebäude zu vergrößern
und in Folge dessen auch den Restaurationsbetrieb zu erweitern und
zwar beabsichtige ich nicht nur Wohnungen und Logis für
Sommerfrischler sondern auch für einzelne Personen Nachtquartier für
ein oder mehrere Tage einzurichten, da starke Nachfragen eingehen
weil in Oschatz vielemals die Herbergen überfüllt seien.“ Der Rittergutsbesitzer Schubert sah das aber ganz anders.
In seiner Stellungnahme an die Amtshauptmannschaft im Mai 1902
schrieb er unter anderem, dass er ein Bedürfnis für Nachtquartier
und eine sonstige Erweiterung des Schankbetriebes nicht anerkennen
kann, da in Oschatz derartige Gelegenheiten bereits zur Genüge
bestehen würden und auch zu befürchten wäre, dass über kurz oder
lang sich Publikum einfindet, das leicht lästig werden kann. Der Gendarm Otto Kretzschmar war in seiner Stellungnahme
noch deutlicher. Er schrieb: „Die Nachfrage nach
Nachtquartier findet jedenfalls nur von solchen Personen statt,
welche die Herbergen in der Stadt und die am Wege gelegenen Gasthöfe
zu scheuen haben, wie zum Beispiel der von Klepzig längere Zeit
beherbergte Viehaufkäufer Große aus Waldheim, welcher sich sittlich
an Klepzigs Kindern verging, denselben bestahl und um eine Zeche von
66 Mark prellte, sowie steckbrieflich verfolgt wurde. Als Sommerfrische ist Kleinforst mit seiner
Einwohnerschaft auch nicht sehr geeignet und wird eine Nachfrage
nach Logis nicht stark werden.“ Die Entscheidung des Bezirksausschusses der
Amtshauptmannschaft zu Oschatz fiel am 3. Mai 1902 auch
dementsprechend aus. Die Schankkonzession wurde auf das neu zu
errichtende Gasthofsgebäude übertragen, das Gesuch zum Beherbergen
fremder Personen aber abgelehnt. Dem Antrag zur Errichtung einer
Schlächtereianlage wurde aber zugestimmt. Im Oktober 1902 erhielt
Klepzig auch noch die Erlaubnis zum Bier- und Branntweinschank in
der neuerbauten „Kolonnade“. Das heißt, er bewirtschaftete damals
auch schon einen Biergarten.
Karl Klepzig veränderte im Grundstückes Nr.6 in Kleinforst
fast alles. Das auf 2 ½ Geschosse
erhöhte Wohn- und Gaststättengebäude überragte nach dem Neuaufbau
nun alle angrenzenden Häuser. Zum Grundstück gehörten noch das
Schlacht- und Waschhaus, eine Räucherei, ein Kegelgebäude, ein
Biergarten mit Kolonnade und ein Abtritt. Mit diesen hervorragenden Voraussetzungen strebte nun
Klepzig ein gutes Geschäft an. Dabei hatte ihn aber der Gendarm
Kretzschmar ständig im Visier. Er hatte ja schon seine Bedenken
gegen ihn und seine Kundschaft geäußert. So nahm das Unglück für
Klepzig seinen Lauf. Im Bericht des Gendarmen Kretzschmar an die
Amtshauptmannschaft zu Oschatz im Februar 1903 können wir das
Missgeschick ziemlich genau nachverfolgen:
„Die in Kleinforst beim
Restaurateur Klepzig bedienstete Kellnerin wurde am 12. diesen
Monats wegen gewerbsmäßiger Unzucht verhaftet und an das Königliche
Amtsgericht hier abgeliefert. Bei den Erörterungen ergab sich, daß
der Restaurateur Johann Karl Klepzig sich der Kuppelei schuldig
gemacht hat und zur Anzeige gebracht worden ist.“
Klepzig wurde daraufhin vom Königlichen Landgericht zu
Leipzig am 7. August 1903 zu 3 Wochen Gefängnis verurteilt. Noch
tragischer war aber der Vermerk in der Akte der Amtshauptmannschaft,
dass nach Ausgang des Gerichtsverfahrens über eine Entziehung der
Konzession neu zu beraten ist. Das hieß, dass mit dem Absitzen der
Strafe die Sache immer noch nicht aus der Welt geschafft war. Diese
Katastrophe erkannte auch der Obergendarm Höhne. Er schrieb am 20.
August 1903 an die Amtshauptmannschaft:
„Die Klepzig hat 9 Kinder geboren, von denen noch 6 im Alter
von 19, 16, 14, 11, 8, und 6 Jahren am Leben sind, außerdem ist
deren Niederkunft baldigst zu erwarten. Klepzig hat ein Vermögen von
3000 Mark. Auf seinem Grundstück lasten aber 23.000 Mark Hypotheken.
Sollte Klepzig in die Lage kommen, die Concession zu verlieren und
das Grundstück verkaufen zu müssen, dann würde er mit samt seiner
Familie mittellos. So viel dem Unterzeichneten bekannt, hat Klepzig seit dem
Vorkommnis in seinem Restaurant auf größte Ordnung gehalten, hat
auch zur letzten Reichstagswahl trotz den sozialdemokratischen
Anfechtungen seine Localitäten zu politischen Zwecken nicht
freigegeben und ist daher der Unterzeichnete der Ansicht, daß eine
ernstliche Verwarnung vorläufig genügen würde.“ Die Verwarnung ließ auch nicht lange auf sich warten: „Es erscheint bestellt
an Canzleistelle Herr Schankwirt Johann Karl Klepzig aus Kleinforst
und wird bedeutet, daß die Königl. Amtshauptmannschaft ihm die
Schankgenehmigung entziehen wird, falls er sich noch dem geringsten
Vergehen der Unzucht, der Völlerei und des Glücksspiels zuschulden
kommen lassen sollte.“ Obwohl Klepzig amtlicherseits die Gaststätte weiterführen
durfte, kam er geschäftlich nicht wieder auf die Beine. Er verkaufte
kurz nach seiner Haftentlassung das Grundstück an Herrn Wilhelm Hugo
Richter aus Leisnitz, der am 3. November 1903 die Schankerlaubnis
erhielt.
Doch bereits 4 Monate später ist Emil Richard Preller im
Besitz der Schankerlaubnis. Er stammte aus Trebsen und
bewirtschaftete dort den Gasthof „Zum Schwan“. Das Grundstück in Kleinforst
kaufte seine Frau. Ein ganz unbeschriebenes Blatt war Preller allerdings auch
nicht. 1902 wurde er in Dresden wegen Betrugs zu 75 Mark Strafe oder
15 Tagen Gefängnis verurteilt und erhielt in Leipzig 5 Mark Strafe,
weil er dort einen Hund auf einen Menschen gehetzt hatte.
Preller bekam auch nur einen vorläufigen Erlaubnisschein
zum Bier- und Branntwein-ausschank und hat sein Gewerbe auch nicht
lange ausgeführt, denn noch im gleichen Jahr bewirbt sich als
Nächster ein Wilhelm Jentzschel aus Chemnitz und im September 1905
Alfred Börner aus Leipzig um die Schankkonzession. Letzterer bekam
erst einmal einen Interims-Erlaubnisschein. Er und seine Frau waren
wegen Gewerbe- und Schankvergehens vorbestraft. Auch der Rittergutsbesitzer Schubert sprach sich in einer
Stellungnahme wieder einmal gegen die Gaststätte aus, weil eine
solche von den dortigen Einwohnern nicht bestehen könne. Zustimmung
gab es dagegen von der Gemeinde. Der Ortsteil Kleinforst zähle
ungefähr 300 Seelen und es wäre besser, wenn das Gasthaus
weiterbetrieben würde. Letzten Endes wurde Herrn Börner am 7. Dezember 1905 „ ...
die Erlaubnis zum Bier- und Branntweinschank in der im Parterre
rechts der Hausflur gelegenen Stube des Hausgrundstückes
Brandcataster No.6 für
Kleinforst, sowie in dem zu den genannten Grundstück gehörigen
Garten und der Kegelbahn für seine Person ertheilt“. Gegen Börner wurde einmal Anzeige erstattet, weil er in
einer Annonce im „Oschatzer Tagesblatt“ zu einer Bandonionmusik mit
Orchesterbegleitung eingeladen hatte, obwohl er gar keine Erlaubnis
zu einer gewerbemäßigen Musikaufführung besaß.
Auch sonst hatte er mit der Gaststätte wenig Glück, denn
nur wenige Wochen nach seinem Antritt als Gastwirt musste das
Grundstück zwangsversteigert werden, das nach wie vor noch Frau
Preller gehörte. Dieser Vorgang liest sich in einer Mitteilung der
Amtshauptmannschaft zu Oschatz am 20.Dezember 1905 so: „ ... daß
nach anher ergangener Mitteilung des Königlichen Amtsgerichts hier
vom 14. diesen Monats das auf den Namen der Pauline Anna verehel.
Preller eingetragene Grundstück Blatt 6 des Grundbuches für
Kleinforst, bestehend aus einem zum Restaurationsbetriebe
eingerichteten Wohnhaus mit Hof und Garten, einem Seitengebäude mit
Schlacht- und Waschhaus, einer Kegelbahn und einem Gartengebäude am
25. Januar 1906 vormittags 10 Uhr an der Gerichtsstelle im Wege der
Zwangsvollstreckung versteigert werden soll.“ Das Grundstück erwarb als Meistbietender der
Gerichtsvollzieher a. D. Emil Preller aus Altenburg. Er war der Schwiegervater der vorherigen
Eigentümerin Pauline Anna Preller.
Als nächster bewarb
sich der Wachtmeister a. D. Otto Pfeiffer aus Oschatz um den
Gaststättenbetrieb. Auch er hatte schon eine Vorstrafe und saß wegen
Beleidigung und Körperverletzung 3 Monate im Gefängnis. Auf sein Gesuch hin wurde ihm im Februar 1906 zunächst ein
abschlägiger Bescheid erteilt, da „ ... ein Bedürfnis nach
Weiterbestehen einer Schankwirtschaft in dem Ortsteile Kleinforst
nicht hat anerkannt werden können“. Daraufhin ging Pfeiffer am 6. März 1906 bei der
Königlichen Kreishauptmannschaft zu Leipzig mit folgender Begründung
in Einspruch: „Die Gastwirtschaft zur goldenen Höhe in
Kleinforst besteht seit 50 bis 60 Jahren, liegt am Ausgang des
Stadtparks und ist stets ein beliebter Ausflugsort des mittleren
Bürger- und Arbeiterstandes von dem ca. ½ Stunde entfernten Oschatz
gewesen und ist es heute noch in erhöhten Maße. Nach dem vor ca. 5
Jahren erfolgtem Brande wurde dem Bedarf entsprechend das Haus von
Grund auf neu und weit größer erbaut, auch um 1 ½ Stock übersetzt und nach den
Vorschriften für Schankstätten und Kleinviehschlächterei
eingerichtet. Der damalige Besitzer Herr Klepzig schlachtete pro
Jahr gegen 100 bis 120 Schweine, machte 150 bis 200 hl. Bierumsatz
und viel Branntwein, besaß 7 Kinder und hat sich während seines 3 ½ jährigen Besitzes der
goldenen Höhe sehr wohl befunden, würde wohl auch heute noch dort
sein, wenn ihm nicht in Folge eines Verstoßes gegen die Gesetze die
Conzession entzogen worden wäre. Der vorherige Besitzer, der Maurer
Herr Haupt, besaß die goldene Höhe ca. 23 Jahre bis zu seinem
Ableben, besaß 5 Kinder und hat diesen 15.000 M Vermögen
hinterlassen, die er sich als Maurer sicher nicht erübrigt hat.
Wenn freilich die letzten Besitzer durch luxuriösen
Lebenswandel, sowie durch fast stete Abwesenheit vom Hause ihr
Geschäft ganz vernachlässigt haben und dadurch rück-gängig geworden
sind, so dürfte wohl das Bedürfnis einer Schankstätte in Frage
kommen, es würde diese Frage jedoch bei jeder Schankstätte
aufzuwerfen sein, wenn deren Inhaber in der Weise gewirtschaftet
hätten wie die letzten Inhaber der „Goldenen Höhe“. Noch weiter erlaube ich mir zu erwähnen, daß die Bewohner
von Kleinforst zum großen Theil Steinbrucharbeiter und
Fabrikarbeiter sind, welche von früh 6 bis 12 Uhr und Mittags von 1
bis 7 Uhr arbeiten und ihre Bedürfnisse an Getränken des
Zeitverlustes wegen nicht aus dem ½ Stunde entfernten Oschatz, oder aus dem 20 Minuten entfernten
Altoschatz holen können. Ich habe in der Zeit vom 15. Februar bis 3. März lt.
meiner Rechnungen 6 ½ hl. Lagerbier 3 hl. Einfach 1 ¼ hl. Bayrisch außerdem etwas Branntwein, Liköre, alkoholfreie Getränke,
viel Caffee und Gebäck verkauft und wird sich mein Umsatz
voraussichtlich noch wesentlich steigern. Auch ist ein Besitzwechsel meinerseits ausgeschlossen, ich
beziehe aus dem Grundstück ca. 400 Mark Miethe, ca. 100 Mark aus
einem Acker Feld, ferner erhalte ich 400 Mark Pension, der Garten
bringt meinen Hausbedarf, es ist doch ein Beweis genug, daß ich als
Wirth in der „Goldenen Höhe“ gut bestehen kann. Zu meiner Person bemerke ich, daß ich 14 Jahre beim
Königl. Sächs. 1. Ulanenregiment No.17 gedient habe und als
Wachtmeister abgegangen bin. Ich bin verheiratet, besitze 6 Kinder
und weil ich Ganzinvalid bin, kann ich eine Anstellung nicht
erlangen.“
Auch die Amtshauptmannschaft zu Oschatz begründete ihre
Haltung gegenüber der Kreishauptmannschaft zu Leipzig sehr
ausführlich: „Wie aus den Akten zu
ersehen ist, hat in den letzten 5 Jahren ein häufiger Wechsel der
Betreiber der Schankwirtschaft „Goldene Höhe“ in Kleinforst
stattgefunden. Im November 1901 ist dem pensionierten
Anstaltspfleger Klepzig die Schankerlaubnis für die erwähnte
Schankwirtschaft erteilt worden. Dieser hat anscheinend sein
Einkommen aus dem Schankbetrieb dadurch zu heben versucht, daß er
der von seinen Kellnerinnen getriebenen Unzucht Vorschub leistete,
wofür er auch bestraft worden ist. Im September 1903 hat Klepzig die
Schankwirtschaft an Richter verkauft, dem die Schankerlaubnis im
Oktober 1903 erteilt wurde. Richter hat offenbar den Besuch der
Schankwirtschaft durch Kellnerinnenbedienungen heben wollen. Schon
im März 1904 ist die Schankwirtschaft wiederum in andere Hände
übergegangen und ist dem Mann der Preller die Schank-erlaubnis
gegeben worden. Im Dezember des selben Jahres zeigte ein gewisser
Jentzschel an, daß er die Goldene Höhe gekauft habe. Zu einer
Concessionserteilung ist es in diesem Falle aber gar nicht gekommen.
Im September 1905 bittet Börner um Schankerlaubnis, die ihm auch
erteilt worden ist. Nachdem durch das Amtsgericht das
Zwangsverstei-gerungsverfahren über das Grundstück eingeleitet
wurde, hat schließlich der Rekurant Pfeiffer mit Gesuch vom 6.
Februar d. J. um Concession nachgesucht. Man kann nun aus dem Vorstehenden schließen, daß sich hier
die fragliche Schankwirtschaft nicht rentiere und ein Bedürfnis
nach ihrem Fortbestehen nicht anzuerkennen sei. So kommt noch hinzu,
daß die Rittergutsherrschaft die Frage nach dem Bedürfnis wiederholt
verneint hat. Demgegenüber dürfte die Tatsache, daß der Gemeinderat
die Bedürfnisfrage stets bejaht hat, nicht ins Gewicht fallen, da
die Gemeindevertretungen des Bezirkes erfahrungsgemäß fast
ausnahmslos stets bejahen. Wenn der Rekurant in seiner Eingabe darauf hinweist, daß
der Maurer Haupt die „Goldene Höhe“ 23 Jahre besessen habe, so wird das
vermutlich darauf zurückzuführen sein, daß Haupt das Maurerhandwerk
als Hauptberuf und die Schankwirtschaft nur als Nebenerwerb
betrieben hat, wie das in ländlichen Verhältnissen oft der Fall ist. Kleinforst ist Bestandteil der politischen Gemeinde
Altoschatz und besteht aus 25 Häusern, von denen der bei weitem
größte Teil nur Erdgeschoß und ein Obergeschoß hat. Die Zahl der
Einwohner von Kleinforst einschließlich der zahlreichen Kinder
beläuft sich auf 250 bis 300. Die Haushaltvorstände sind fast
ausschließlich Fabrik- und Steinbruch-arbeiter. Diese haben, falls
sie etwa vorhandenen Bedarf an alkoholischen Getränken vor oder nach
der Arbeitszeit decken wollen, auf dem Wege nach oder von der
Arbeitsstätte in Oschatz und Altoschatz ausreichend Gelegenheit,
dies zu tun. Im Übrigen können sie ihren Bedarf an Bier und
Branntwein in den in der Nähe befindlichen Schankwirtschaften in
Oschatz und Altoschatz decken. Eine Ausdehnung von Kleinforst, die
bei der Beurteilung der Bedürfnisfrage mit in Betracht kommen
könnte, findet nicht statt. Neue Häuser sind, abgesehen von der
„Goldenen Höhe“, die im Jahre 1902 neu aufgebaut worden ist, laut
der beiliegenden Bauakten seit längerer Zeit nicht errichtet worden. Nach alledem bittet die Amtshauptmannschaft den Rekurs
Pfeiffers zurückzurufen.“
Mit diesem Einwand der Amtshauptmannschaft zu Oschatz wäre
die Geschichte der Kleinforster Gaststätte eigentlich schon zu Ende
gewesen. Wir würden uns heute kaum noch daran erinnern, das es in
Kleinforst früher einmal eine Schankwirtschaft gegeben hat. Doch
auch damals geschahen schon Wunder. Die Königliche
Kreishauptmannschaft zu Leipzig fasste am 9. März 1906 den
Beschluss, dem Einspruch Pfeiffers stattzugeben. Für sie war die
Begründung, dass es in Kleinforst nach 36 Jahren keinen Bedarf mehr
an einer Gaststätte geben sollte, unzureichend. Wie recht sie hatte!
Der Amtshauptmannschaft zu Oschatz wurde die Begründung
auf 2 Schreibmaschinen-seiten gut leserlich mitgeteilt. Ihr blieb daraufhin nichts
weiter übrig, als am 10. Juli 1906 die Schankerlaubnis zu erteilen.
Pfeiffer hatte das Grundstück wiederum nur gemietet. Der
Eigentümer war immer noch der Gerichtsvollzieher a. D. Emil Preller
aus Altenburg. Dieser verklagte aber Pfeiffer schon nach wenigen
Monaten vor Gericht, weil er von Beginn an keine Pacht bezahlt hatte
und kündigte ihm schließlich zum 1. September 1906. Damit war auch
für Pfeiffer die Zeit in der „Goldenen Höhe“ schnell beendet.
Doch die unendliche Geschichte geht weiter.
Emil Preller, der Eigentümer des Grundstückes, stellte am
30. August 1906 für seinen Sohn Friedrich Emil Richard Preller aus
Leipzig-Gohlis den Antrag auf eine Schankerlaubnis. Dieser hatte ja
kurzzeitig schon einmal vor 2 ½ Jahren die „Goldene Höhe“ bewirtschaftet. Er bekam erst
einmal am 7. September eine Interims-Erlaubnis und die endgültige
Schankerlaubnis wenige Tage danach am 1. Oktober 1906. Im gleichen
Monat stellte er bereits den Antrag zum Bau einer neuen
Kegelschubanlage. Lange scheint aber auch diese Geschäftstätigkeit nicht
gegangen zu sein, denn am 13. Juli 1908 bewarb sich schon wieder der
nächste Kandidat, der Fabrikarbeiter August Hermann Heinisch aus
Oschatz. Er erhielt die Konzession am 27. Juli und war auch nur
Pächter des Grundstücks. Am 29. August 1910 ging die Schankerlaubnis wieder auf Emil Richard Preller über,
nunmehr zum 3. Mal! Ein Jahr später teilte er jedoch der
Amtshauptmannschaft mit, dass sein Vater das Grundstück Nr.6 in
Kleinforst an den Bruchmeister Emil Rietzschel aus Kleinforst
verkauft hat und ihm zum 1. Oktober 1911 gekündigt worden ist. Damit
endet die Geschichte
Preller.
Rietzschel erhielt die Schankerlaubnis am 9. Oktober 1911. Die ewige Geschichte geht mit Bruno Lehmann aus Döbeln
weiter. Er war vorbestraft und wegen Beleidigung zu 4 Tagen
Gefangenschaft verurteilt worden. Er hatte das Grundstück gekauft
und bekam die Erlaubnis zum Ausschank von Wein, Bier und Branntwein
am 14. März 1914. Am 6. Juli 1919 zeigte er im „Oschatzer Gemeinnützigen“
an, dass er die „Herberge zur Heimat“ in der Gartenstraße 12 in
Oschatz käuflich erworben hat und bedankt sich für das in Kleinforst
entgegengebrachte Wohlwollen. 2 Tage später erschien im gleichen
Blatt nochmals eine Annonce von Bruno Lehmann mit der Mitteilung,
dass das Restaurant „Goldene Höhe“ von ihm an Herrn Willy Ehrlich
verkauft worden ist. Gleichzeitig bittet der neue Besitzer die
geehrte Einwohnerschaft von Kleinforst, Oschatz und Umgebung um das
Vertrauen und um gütige Unterstützung.
Willy Ehrlich hatte sich am 15. Mai 1919 um die
Übertragung des Schankbetriebes beworben. Ein gewagtes Unternehmen
in der wirtschaftlich unsicheren Nachkriegszeit, in der es noch an
allem mangelte. Damals war Kleinforst auch noch die kleine Siedlung
mit nur 25 Häusern und etwa 275 Einwohnern. Die Erlaubnis zum
Ausschank von Bier, Wein und Branntwein wurde ihm am 4. Juli 1919
erteilt. Willy Ehrlich kam aus Wiesa bei Annaberg-Buchholz im
Erzgebirge und hatte dort in der gutgehenden Bäckerei seines Vaters
gelernt. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg kaufte ihm sein Vater
als Erbteil das Kleinforster Grundstück. Eine Bäckerei wäre ihm
sicher lieber gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war die Gaststätte noch
zudem vollkommen heruntergewirtschaftet und im Wohnhaus sah es nicht
viel anders aus. Wie Frau Ehrlich ihrer Tochter später erzählte, gab
es dort auch jede Menge Wanzen. Allein von der Gaststätte zu leben, war dem neuen
Eigentümer nicht möglich. So musste er sich anfangs noch mit anderen
Arbeiten etwas an Geld dazuverdienen.
Die erste Annonce von ihm erschien im „Oschatzer
Gemeinnützigen“ am 17. August 1919: „Heute Sonntag Quarkkäulchen und Kaffee sowie anderes Gebäck
und gute Biere. Es laden herzlich ein, Willy Ehrlich und Frau.“ Übrigens war die ungewohnte
Schreibweise der „Quarkkäulchen“ nach dem Duden erlaubt und kein
Fehler der Zeitung. Nach der neuen Rechtschreibung schreibt man das
Wort jetzt übrigens wieder so. Die umliegenden Gasthöfe und Restaurants schalteten zu
dieser Zeit fast jede Woche eine Annonce in der Zeitung. Immer voran
das „Konzert-Ballhaus Gasthof Altoschatz“ von Max Kühne, der
freundlichst ankündigte: „Feine Ballmusik, vollbesetztes Blas- und
Streichorchester, herrliche Tanzweisen, angenehmer Aufenthalt für
Jung und Alt, wunderbare Lichteffekte.“ Aber auch das Restaurant zum
Holländer empfahl seine Lokalitäten. Reinhold Weber und seine Frau
warteten „mit Kaffee,
Kakao und Gebäck, sowie ff. Felsenkeller-Lager und Kulmbacher
Bayrisch“ freundlichst auf. Und so ging es auf der ganzen Seite des
„Oschatzer Allgemeinen“ weiter, wenn wieder einmal ein Wochenende
bevorstand. Nur Willy Ehrlich hielt sich etwas zurück. Seine nächste
Anzeige erschien erst wieder am 21. September, statt Quarkkäulchen
gab es diesmal Obstschnitte. Am 8. November wagt sich aber Willy
Ehrlich mit Kaffee, Kakao, Kuchen, Speisen und Getränke sogar mitten
unter die Konkurrenten! Die letzte Annonce des Jahres 1919 erschien
am 25. Dezember mit einer Empfehlung zu den Festtagen. Willy Ehrlich brachte nun so nach und nach Niveau in die
Gasträume. 1929 errichtete er den heute noch bestehenden Anbau mit
dem Vereinszimmer, in dem damals auch noch die Kegelbahn eingebaut
war. Sie begann in der hinteren Hälfte und führte durch einen
Mauerdurchbruch, der mit einem Rollladen verschlossen werden konnte,
nach draußen in den Biergarten. Der hintere Teil der Bahn war offen
und nur durch eine Holzkonstruktion überdacht. Nun konnte der Gaststättenbetrieb richtig losgehen. Der
Schriftzug an der vorderen Hauswand warb für ein reichhaltiges
Angebot:
Garten-Restaurant, Kegelbahn, Veranda, ff. Biere, Kaffee, alkoholfreie Getränke, warme und kalte Speisen, Athletik Sportplatz, permanente Kaninchen Ausstellung.
Willy Ehrlich war selbst Züchter von Kaninchen und hatte
natürlich seine „weißen Hermeline“ zum besonderen Schauobjekt
gemacht. Im Gartenrestaurant standen außerdem noch Volieren mit
Ziervögeln. Die Gaststätte wurde nun ein beliebtes Ausflugsziel der
Oschatzer und auch Stammlokal einiger Vereine.Willy Ehrlich setzte auch die Tradition der Hausschlächterei fort,
die Klepzig 1902 mit dem Bau einer „Schlächtereianlage“ und der
Einrichtung eines Ladens begonnen hatte. Bei ihm wurde montags und freitags geschlachtet, später
nur noch freitags. In Spitzenzeiten mussten pro Woche zwei bis drei
Schweine im Hinterhof
ihr Leben lassen! Willy Ehrlich holte die Schweine direkt vom
Bauern. Dazu benutzte er einen großen stabilen Handwagen, vor den er
sich selbst und seinen Zughund „Bello“ spannte. Zum 10 jährigen
Jubiläum wurde der 720. Schweinemord gefeiert. Hausschlächter war
Karl Gast aus Altoschatz, später sein Sohn Arthur. Die frische
hausschlachtene Wurst, die Wurstbrühe, das Wellfleisch und vor allem
die Gallertschüsseln waren im weiten Umkreis von Kleinforst heiß
begehrt. Die Kinder von damals erinnern sich noch heute daran, dass
Willy Ehrlich auf das Wurstpaket immer eine Scheibe Wurst extra
legte. Unterwegs wurde dann das Paket vorsichtig geöffnet und die
Zugabe „verfressen“. Ab
1939 wurde nicht mehr geschlachtet, da Willy Ehrlich in den Krieg
musste. Aber auch die Bockbierfeste waren beliebt und immer sehr
gut besucht. Willy Ehrlich buk eigens zu diesem Anlass 200 bis 300
Pfannkuchen, er war ja gelernter Bäcker! Als Herr Ehrlich im Frühjahr 1946 starb, führte seine
Ehefrau Hildegard die Gastwirtschaft weiter. In ihrer Bewerbung zur
Erteilung der Gewerbeerlaubnis schrieb sie: „Ich war verheiratet mit
dem Bäcker Max Willy Ehrlich. Dieser kaufte am 6.5.1919 die
Gastwirtschaft „Goldene Höhe“ in Kleinforst. Gemeinsam arbeiteten
wir bis zu seiner Erkrankung im November 1944. Schon seit 1939, als
er im Kriegseinsatz beim Landratsamt Oschatz beschäftigt wurde,
stand mir die hauptsächlichste Führung des Geschäftes und der
Poststelle Kleinforst zu.“ Die oben erwähnte Poststelle mit öffentlichem Fernsprecher
wurde etwa im Jahre 1927 in der Gaststätte eingerichtet und dort von
der Familie Ehrlich bis 1955 betrieben. Nach dem Krieg wurde im
ehemaligen Fleischerladen die Gemeindebibliothek eingerichtet. Sie
bestand dort bis 1979. Frau Ehrlich betrieb die Gaststätte noch bis 1961 weiter.
1963 wurde die Konsumgenossenschaft Oschatz neuer Eigentümer, unter
deren Regie Frau Ehrlich erst einmal weiterarbeiten durfte. Die
Gaststätte bekam sogar einen neuen Namen, nach 93 Jahren hieß sie
nun: „Konsumgaststätte Kleinforst.“ Das war schon ein starkes Stück!
Gleichzeitig begann nun auch wieder eine wechselvolle Zeit mit wenig
Erfolg. Erst mit der Übernahme der Geschäfte durch die Familie Pause
im Jahre 1979 ging es wieder bergauf. Doch lassen wir Frau Ines
Pause selbst erzählen:
„Die
Konsumgenossenschaft Oschatz suchte neue Wirtsleute für ihre Gaststätte in Kleinforst. Unser Wunsch, eine kleine Kneipe
bewirtschaften zu können, konnte damit Wirklichkeit werden. Schön
gelegen am Rande des Stadtparks, mit Gaststube und kleinem Saal,
dazu eine größere Wohnung und Gartenbenutzung - wir sagten zu. Noch
am selben Tag, am 7. Juni 1979, fand die Übergabe statt. Es folgten vier Wochen voller Arbeit, mit Großreinemachen,
Entrümpeln, Renovieren, Umzug, Warenbestellung, Erstellung der
Speisekarte und vieles andere mehr. Wie geplant, konnte am 6. Juli
1979 eröffnet werden. Im Haus wohnte noch Frau Ehrlich, die frühere Gastwirtin
des Hauses. Sie erzählte uns, dass die Gastwirtschaft früher „Goldene Höhe" hieß. Der Name gefiel uns, die älteren Gäste kannten
ihn sowieso noch. So gaben wir „unserem" Gasthaus wieder den alten
Namen zurück. Wir zimmerten ein Holzschild zusammen und der damalige
Kino-plakatmaler versah dieses mit dem Schriftzug „Gaststätte
Goldene Höhe Kleinforst". Das dringendste Problem waren die Plumpsklosetts auf bzw.
über´n Hof. Beinahe hätten wir deswegen „unsere" Kneipe wieder
verlassen, da kam uns ein Zufall zu Hilfe. In Kleinforst wurden
Klärgruben gebaut und wir wurden bei dieser Gelegenheit mit
angeschlossen. Nun brauchten wir nur noch einen Raum für die
Unterbringung der Toiletten. Nach langem hin und her mit den
Behörden wurde die Gemeindebibliothek ausgelagert und der Einbau der
Toiletten konnte beginnen. Außerdem konnte mit Hilfe der Wohnbezirks-Baubrigade die
alte Scheune im Hof abgerissen werden und es entstand dort ein neuer
Anbau für Lager- und Wirtschafts-räume. Der Bauschutt wurde als
solide Grundlage für unseren kleinen Parkplatz vorm Haus genutzt. Kaum war dieser Sieg errungen, stand unsere Theke fast 15
cm tiefer in der Gaststube. Der Holzfußboden war eingebrochen und
löste sich in Wohlgefallen auf. Wieder waren wir Baustelle.
Betonfußboden wurde eingebaut, nebenher wurden elektrische Leitungen
erneuert und unter Putz gelegt. Mit von der Partie waren immer
unsere Stammgäste. Ohne ihre Mithilfe und Unterstützung bei der
Materialbeschaffung hätten wir manchmal ganz schön „im Regen“
gestanden! Endlich geschafft - weit gefehlt! Die Dielung im Saal war
morsch, die Öfen waren zerfeuert und die Schornsteine zogen nicht
mehr richtig. Also, alles noch einmal von vorn, diesmal im Saal.
Beantragen, Streiten, Kämpfen, Organisieren, Planen und wieder
Baudreck ohne Ende. Und so, wie jeder Eigenheimer an seinem Haus unermüdlich
werkelt, hatten auch wir wieder die nächste Baumaßnahme im Visier:
den Bierkeller. Die Treppen wurden in mühevoller Handarbeit
ausgebessert und unser wurmstichiges Weinregal, welches die
Bevorratung mit ca. 250 Flaschen nicht noch einmal ausgehalten
hätte, wurde ausgebaut und verheizt. Wieder waren es die Stammgäste,
die die neuen Eisenregale geschweißt, gestrichen und montiert haben. Ständiger Bauplatz war auch unsere winzige Küche. Durch
das Versetzen der Durchgangstür hinter der Theke, konnten drei Herde
in einer Reihe aufgestellt werden - welch ein Fortschritt! Aber wenn
es auf allen Kochstellen dampft und in der Röhre der Braten
brutzelt, ist ganz einfach „dicke Luft“. Durch den Erfindergeist der
Stammgäste entstand aus Weißblech, Ofenrohren und Ventilatoren eine
Abzugshaube, welche heute noch und vor allem vorschriftsmäßig
funktioniert! Ich
denke, wir haben unsere Gäste immer gut bewirtet, Tanz veranstaltet
und in all den Jahren unseren Umsatzplan erfüllt und übererfüllt.
Dafür wurde mein Mann auch als Aktivist ausgezeichnet. Diese
Anerkennung war sonst eher dem Handel vorbehalten!
1990 - Tanz in die D-Mark.
Die Wiedervereinigung war auch in unserem Leben ein wichtiger
Schritt. Hurra, wir wurden privater Gastwirt. Jetzt war es wirklich
unsere Kneipe. Den
Zuschlag zum Kauf des Hauses bekamen wir im April 1992. Doch ab
Sommer war unser Gasthaus schon wieder eine Baustelle. Dach,
Heizung, Elektrik, Fenster, Türen, Wasserleitung, Fußboden,
Wandverkleidung, Inneneinrichtung und Einbauten, jetzt war ja alles
möglich. Zeitweise waren 16 Handwerker gleichzeitig beschäftigt!
1994 bekamen die Toiletten ein neues „Fliesenkleid“ und ein Jahr
später haben wir mit den Freunden unserer Tochter einen Biergarten
im Hof eingerichtet. So wie früher, können nun unsere Gäste bei
schönem Wetter draußen sitzen.
Die Zeit geht weiter. Seit Januar 2001 ist unsere Tochter
Dana die neue Wirtin. Damit bleibt die Bewirtschaftung der
Gaststätte auch weiterhin in der Familie. Es gibt jetzt also einen
Chef, eine Chefin, die Wirtin und noch unsere Tochter Tina. Alle
zusammen haben wir gute Ideen und sind eines von ganzem Herzen:
Gastwirtsleute!
Das Vereinsleben in Kleinforst und Altoschatz
Zu diesem Thema schreibt Frau Leonore
Ehrlich, die Tochter des Gaststättenbesitzers Willy Ehrlich,
folgendes:
„Trotz der damals ärmlichen Zeiten hat sich im
geselligen Leben vieles abgespielt. Es gab den Gesangverein, den
Turnverein, den Obstbauverein und den Kaninchenzüchterverein. Da war in Kleinforst und in Altoschatz immer etwas
los, auch für uns Kinder. Ich war die
Jüngste von meinen Geschwistern und ging mit ihnen im Alter von 6
Jahren (1932) wöchentlich einmal zur Turnstunde. Willi Schmidt war
für die größeren Kinder Vorturner, die Jüngsten betreute seine Frau.
Einmal im
Jahr fand auf dem Sportplatz in Altoschatz ein Sportfest mit
Wettkämpfen statt. Die Besten bekamen als Preis ein Sträußchen aus
Kunststoff, es bestand aus 2 Eichenblättern und 2 Eicheln, die mit
einer rot - weißen Schleife zusammengebunden waren. Am Nachmittag
fand dann auf dem Sportplatz ein Vergnügen für uns Kinder statt, wo
es auch etwas zu essen und zu trinken gab. Die erwachsenen
Mitglieder des Vereines veranstalteten im Gasthof Altoschatz am
Abend ein Schauturnen mit anschließendem Tanz. Das
„Größte“ aber war der Ausflug des ganzen Vereins zur Himmelfahrt
oder Pfingsten nach Collm. Voran der Musikzug, danach die
Vereinsfahne und dann das Fußvolk, Groß wie Klein. Das Lied Turner auf
zum Streite, tretet auf die Bahn, Kraft und Mut geleite, euch zum Ziel hinan,
wurde angestimmt und los ging es. In Collm wurde dann gerastet. Wir Kinder hatten
Schnitten, Kartoffelsalat im Glas und wer es sich leisten konnte,
ein kaltes Kotelett dabei. Als Erfrischung gab es Limonade und auch
kleine Süßigkeiten. Ich denke
gern an diese Zeiten zurück. Es sind Erinnerungen, die man im Leben
nicht vergisst. Nach 1933 wurde vieles von dem, was uns damals
Freude gemacht hat, abgeschafft und verboten.“
Diese Geschichte von Frau Ehrlich lässt sich
noch ergänzen. In der Gemeinde Altoschatz gab es vor dem Krieg auch
noch einen Kunstradfahrverein, in dem u.a. Herr Alber aus Kleinforst
mitmachte, den Spielmannszug des Arbeiter-Turn-Vereins und den
Kegelverein. Nach dem Krieg gab es sogar ein kleines
Mandolinenorchester, das von Paul John geleitet wurde. Zu den
Mitwirkenden gehörten Fräulein
Hedwig Bärenwolle (später verh. Teumer), Fräulein Elfriede Hennig
(später verh. Fischer), Fräulein Anita Döring (später verh.
Schneider), Heinz Kohnen und noch 2 Altoschatzer. Geprobt wurde im
Gasthof Altoschatz, dort trat das Mandolinenorchester auch zu
Veranstaltungen auf. Der
Gesangverein „Frohsinn“ Altoschatz ist in Kleinforst und Umgebung
noch heute in bester Erinnerung. Unter der Leitung des Altoschatzer
Dirigenten Otto Kühne hatte er ein hohes Niveau erreicht. Otto
Burkhardt war Vorsitzender und Emil Silbermann Präsident. Die Sänger
traten nicht nur in der näheren Umgebung auf, sondern auch in
Ortschaften, die weiter weg lagen. Meistens reisten die Herren mit
dem Fahrrad dorthin. Die guten Sachen waren während der Fahrt im
Koffer oder im Rucksack verstaut. Erst kurz vor dem Auftritt
schmissen sich die Sänger in Schale. Ehrhard Gruhle
kann sich noch an die Rückkehr seines Vaters von so einer Reise
erinnern. „Meine Mutter dachte erst, mein Vater wäre betrunken, so
schwankte er die letzten Meter mit seinem Fahrrad nach Hause. Es
stellte sich aber sehr schnell heraus, dass er nur furchtbare
Schmerzen im Gesäß hatte.“
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