Das Himmlische Paradies
An das himmlische Spielparadies, das vom
Rundblickchef Manfred Müller gerade erwähnt wurde, kann sich der
1932 in Kleinforst geborene Manfred Hennig noch gut erinnern. Seine
Erlebnisse schrieb er für uns auf: Der
Steinbruchgelände am Südrand von Kleinforst war das bevorzugte
Revier von uns Siedlungskindern. Genau genommen befanden sich dort 2
Brüche, die zu meiner Zeit nur durch einen Streifen Land von etwa 30
Meter Breite getrennt waren. Während der vordere schon aufgelassen
war, wurde im hinteren noch bis etwa 1938/39 gearbeitet. Durch den
Quarzitabbau war dort ein etwa 20 Meter tiefer kegelförmiger Krater
entstanden, der oben einen Durchmesser von etwa 50 Metern hatte. Die
Böschungen verliefen sehr steil in die Tiefe, nur an der Nordseite
war es etwas flacher, weil dort die Kipploren mit einer Seilwinde
nach oben gezogen wurden. Neben den Schienen verlief ein Fußweg, den
wir Kinder gern benutzten, um nach unten zu gelangen. Natürlich
immer unter Missachtung der Verbotsschilder! Oben musste immer einer
Schmiere stehen, damit wir schnell ausreißen konnten, wenn ein
Vorarbeiter oder gar Herr Kästner beritten oder mit dem
Einspännerwagen auftauchte. Im Nachhinein betrachtet war es wirklich
nicht ungefährlich, am Rande der steilen Kiesböschungen
herumzuturnen. Wenn Gefahr drohte, nahm mich mein 9 Jahre älterer
Cousin Heinz Werschnik auf die Schultern und wir nahmen über die
eingeebnete Halde Reißaus. Im Frühsommer war diese mit gelb und weiß
blühenden Steinklee dicht bewachsen. Bei uns hieß dieses Gewächs
„wilde Luzerne“. Sie wuchs über einen Meter hoch und der
Blütennektar war bei den Bienen äußerst begehrt. Wenn wir ihr Revier
durchstreiften, wurden sie sehr aggressiv und stechfreudig, Die
Flucht vor dem Vorarbeiter oder dem Berggutbesitzer war dann meist
mit einem oder mehreren schmerzhaften Bienestichen verbunden. Den
Kleinforster Bienenhaltern, wie Fritz März und Max Döring, war die
Luzerne willkommen, uns war sie aber zum Ausreißen eher hinderlich. Im Frühling
blühte auf der Halde und an den Hängen der Steinbrüche überall der
Huflattich. Die gelben Blüten bedeckten dort große Flächen. Wir
Kinder mussten sie als Tee sammeln und später die zarten Blätter als
Kaninchenfutter. Im
Steinbruch gab es auch eine Unmenge Frösche. Eine solche Vielzahl
habe ich später nirgendwo mehr gesehen. Auch für sie muss unser
Gebiet ein wahres Paradies gewesen sein. Wenn sie dann anfingen zu
quaken, hatten die Kleinforster ein tolles Hörerlebnis. Diese
Froschkonzerte konnten einem aber auch manchmal unheimlich „auf den
Senkel“ gehen. Einmal haben wir versucht, uns an den Plagegeistern
zu rächen. Aber da muss uns jemand beobachtet haben, denn am Tag
darauf gab es vom Kantor und Lehrer Mathäus eine ordentliche Tracht
mit dem Rohrstock. Von einem Biotop oder gar von Artenschutz hatten
wir ja damals noch keine Ahnung Anfangs gab es im vorderen
Steinbruchgelände nur einen kleinen Tümpel am hinteren Ende. An der
Sohle und an den steilen Hängen hatte sich überall Weiden
angesiedelt und die Büsche wuchsen langsam zu Bäumen heran. Als dann
gegen 1939 der hintere Steinbruch stillgelegt wurde, hatte man
keinen ordentlichen Abfluss für das Grund- und Quellwassers
geschaffen. Die Folge war, dass in beiden Restlöchern das Wasser
anstieg. So bildete sich vorn ein Teich von etwa 200 Meter Länge,
den wir auch zum Baden nutzen konnten. Nun brauchten wir nicht mehr
nach Altoschatz ans Döllnitzwehr zu gehen, jetzt hatten das
Vergnügen direkt vor der Haustür. Zum Baden hatten wir uns eine
günstige Stelle am Südufer ausgesucht, etwa in Höhe der Grundstücke
von Gast und Werschnik und dem Feldstück von Otto Hennig. Dort war
es sandig und das Wasser war anfangs noch nicht sehr tief. Dann ging
es aber ganz schön steil abwärts und man verlor schnell den Grund.
Da musste man sich schon mit Schwimmen oder „Hundepaddeln“ über
Wasser halten können. An warmen Sommertagen war immer reger
Badebetrieb bis in die Dunkelheit hinein. Im Winter
nutzten wir den zugefrorenen Teich zum Schlittschuhlaufen und zum
„Schindern“. Letzteres ging mit den Holschuhen, die wir in den
Kriegsjahren ja sowieso immer trugen, ganz besonders gut. Das meiste
spielte sich dabei im vorderen Teil des Teiches ab. Mit
selbstgebauten Schlägern und einer Blechbüchse als Puck wurde
Eishockey gespielt. Bei jedem Schlag schepperte das immer so
herrlich laut. In der
ersten Zeit war uns noch gar nicht aufgefallen, dass es auch Fische
im Teich gab. Erst als Herr Krug vom Oschatzer Restaurant „Zum
Schwan“ mit zwei französischen Kriegsgefangenen und echten
Angelruten auftauchte, kriegten wir das mit. Nun wollten wir
natürlich auch Fische fangen und für uns zu Hause etwas Zusätzliches
auf den Teller bringen. Also machten wir uns mit einer einfachen
Rute, an der wir einen dünnen Faden angebunden hatten, ans Werk. Als
Angelhaken hatten wir uns Mutters Sicherheitsnadeln zurecht gebogen.
Mit diesen primitiven Werkzeugen hatten wir aber nur wenig Erfolg.
Meist waren es nur kleine Barsche, die wir überlisten konnten.
Erfolgreicher wurden wir erst, als wir richtige Angelhaken hatten.
Es ergab sich nämlich manchmal, dass bei den Franzosen die
Angelschnur im Weidengestrüpp hängen blieb. Dann schnitten sie die
Schnur einfach ab und verwendeten neues Material. Wenn sie dann weg
waren, holten wir uns Haken und Senkblei aus dem Wasser. Manchmal tauchten wir sogar
danach. Irgendwie
waren wir eines Tages dahinter gekommen, dass man mit einer Reuse
auch Fische fangen kann. Und dazu noch mit viel weniger Aufwand.
Aber woraus sollten wir eine Reuse bauen? Vielleicht aus Vaters
Maschendraht, der eigentlich für die neuen Kaninchenstalltüren
vorgesehen war? Gesagt, getan! Mehrere Schnitte mit der Kneifzange
und der Maschendraht zerfiel in mehreren Teile. Ein Zylinder und
zwei Kegel wurden gebogen und miteinander verbunden und fertig war
die Reuse. Als Köder nahmen wir gekochte Kartoffeln. Als es dunkel
wurde, legten wir die Reuse in den Teich und warteten gespannt auf
den Erfolg. Schon der erste Fang war beträchtlich, denn in der Reuse
befanden sich ausgewachsene Schleie. Meine Mutter freute sich über
meinen anteiligen „Angelerfolg“ sehr. Das ging auch eine Zeitlang so
weiter, bis ein Gendarm aus Oschatz mit geschultertem Karabiner bei
uns im Hause stand und nach dem Manfred Hennig verlangte. Meine
Mutter war sehr erschrocken und musste mich erst einmal aus dem
Gelände heimholen. Dann sagte der Gendarm, dass gegen mich eine
Anzeige wegen Fischfang mit einer Reuse in einem Angelgewässer
vorliege. Unter seiner Aufsicht musste ich dann die Reuse ziehen und
in ihre Teile zerlegen. Das ganze ging aber zum Glück ohne Strafe
ab! Wenn ich
mich recht erinnere, gab es in Oschatz während des Krieges 4
Gendarmen. Sie hatten ihren Sitz im Rathaus und waren für die Stadt
und für die nähere Umgebung zuständig. Im Gegensatz zur heutigen
Zeit hatten wir Jugendliche vor der Polizei noch einen unheimlichen
Respekt. Später
wendeten wir einmal eine ganz harte Methode an, um zu Fischen zu
kommen und das ist eine ganz besondere Geschichte: 1945 wurden
am Südrand des Berggutes, nahe der Straße von Altoschatz nach
Naundorf, Schützengräben ausgehoben. Sie sollten bei der
Verteidigung von Oschatz als Deckung dienen. Wir konnten die
Soldaten in ihren Stellungen besuchen und sahen dabei auch, wo die
Waffen und die Munition untergebracht waren. Die Eier- und
Stielhandgranaten lagerten z. B. in Löchern in den Seitenwänden des
Grabens. Mit solchen Waffen hatten wir im Jungvolk schon üben
müssen, allerdings waren das nur Attrappen. Eines Tages war die
Stellung plötzlich leer, aber ein paar Handgranaten lagen noch da.
Unserer schon etwas älterer Freund Erich hatte eine
Volkssturmausbildung hinter sich und kannte sich mit diesen am
besten aus. Voller Übermut und Abenteuerlust schmiss er einige von
diesen von weit oben in den Teich hinein. Dort explodierten sie mit
einem dampfen Knall und erzeugten dabei eine hohe Wassersäule. Da es
zu dieser Zeit häufig knallte und krachte, fiel diese Sache auch
nicht weiter auf. Und Gott sei Dank passierte auch nichts weiter
dabei. Zunächst waren wir enttäuscht, dass kein toter Fisch an der
Oberfläche zu sehen war. Erst etwas später kamen sie nach oben.
Leider war von den ausgewachsenen Karpfen, die sich im Sommer an der
Wasseroberfläche zeigten, keiner dabei. Zum Einsammeln benutzten wir
einen selbstgebauten Köcher und unseren Kahn, den wir aus einem
Treibstoffreservetank eines Jagdflugzeuges gebaut hatten. Der
Aluminiumbehälter hatte einen rechteckigen Querschnitt und eine
Länge von etwa zwei Metern. Die ganze Sache wurde nicht bemerkt und
wir haben eine solche Aktion auch nie wieder gestartet. Einige Zeit
später, als sich die Besatzungsmacht festgesetzt hatte, kamen
russische Offiziere zum Angeln. Wenn denen die Angelei zu mühsam
wurde, haben sie auch gleich einmal eine geballte Ladung losgehen
lassen und das nicht nur im Kleinforster Teich. Ja, unser
Kleinforster Paradies, es war zu jeder Jahreszeit unser
Aufenthaltsort und die Eltern wussten immer, wo sie uns zu suchen
hatten. Kinder und Jugendliche gab es ja zur damaligen Zeit in
Kleinforst zu genüge. Aber nicht alle kamen zum Spielen in unserem
Gelände. Komischerweise waren das nur diejenigen, die es nicht weit
dorthin hatten. Diejenigen, die näher zum Stadtpark wohnten, hielten
sich mehr in dieser Gegend auf. Rivalitäten untereinander kannten
wir nicht. Dann wurde
ab 1944 allmählich damit begonnen, Schutt, Asche und Müll in das
Steinbruchgelände zu fahren. Ich erinnere mich noch, dass bis 1952
ausschließlich am hinteren Teich abgekippt wurde. Die Mengen waren
aber nicht riesig und es betraf auch nur die Nordseite des Ufers.
Der Abfall wurde meist mit Pferdefuhrwerken angefahren. In den
Jahren danach verlagerte man das Abladen auf die Ostseite des
vorderen Teiches. Sicherlich deshalb, weil Herr Förster aus Oschatz
das hintere Gelände zum Anbau seiner Heilkräuter gepachtet hatte.
Die Mengen, die jetzt angefahren wurden, waren aber nun wesentlich
größer. Der Grund dafür war sicher der, dass in der Umgebung von
Oschatz etliche Sandgruben und Steinbrüche schon zugeschüttet waren.
Das Abkippen kontrollierte ein Arbeiter, der auch am Eingang die
Schranke zu bedienen hatte. Trotzdem suchten wir in den Abfällen
ständig nach etwas Verwertbarem. Wir sagen dann immer: „Wir gehen in
die Asche“. Jedes Stückchen Holz wurde geborgen, denn Brennstoffe
gab es zu dieser Zeit nur auf Zuteilung. An eine
umweltgerechte und ordnungsgemäße Deponierung wurde damals noch
nicht gedacht. Bald zeigte sich, dass das Gelände von einer großen
Anzahl Ratten bevölkert wurde. Das Schlimme war, dass sich diese im
Winter in die Schuppen und Ställe verzogen. Kein Wunder, dass in
jedem Grundstück ein Hund oder eine Katze gehalten wurde, um der
Plage Herr zu werden. Im Rahmen
der Bodenreform erwarb Herr Förster aus Oschatz den hinteren Teil
des ehemaligen Steinbruchgeländes, machte den Boden urbar und begann
darauf Heilkräuter anzubauen. Vielleicht ist es auch Herr Förster zu
verdanken, dass nach 1951 das Abkippen von Müll in den hinteren
Teich reduziert und später ganz eingestellt wurde. Daraufhin begann
man aber den vorderen Teich zuzuschütten. Das Ergebnis davon war,
dass die Wasserqualität dort mit den Jahren zunehmend schlechter
wurde. Zum Baden gingen wir deshalb lieber in den hinteren Teich.
Dort war das Wasser noch gut, aber der Weg hinunter zum Wasser und
wieder hinauf war viel beschwerlicher. Auch Herrn Förster passte es
nicht, dass wir in seinem Gelände auftauchten. Wir haben das mit
Murren akzeptiert und gingen nur dann zum Baden, wenn er nicht da
war. Nur der
Altoschatzer Steinbruch wurde vom Müllabkippen verschont. Dort
hatten die organisierten Angler erreicht, dass der Steinbruch mit in
das Naherholungsgebiet von Oschatz einbezogen wurde. Damals gab
es auch schon den Fußweg, der von der Halde herunter zwischen den
Grundstücken von Barth und Thürmer hindurch führte. Es war der
kürzeste Weg, um in die Steinbrüche zu kommen und wurde
hauptsächlich von den Steinbrucharbeitern genutzt. Heute kommt man
auf diesem Weg in die Kleingartenanlage. Was den Abtransport des
Gesteins betrifft, so ist wohl extra der am großen Stein beginnende
und befestigte Feldweg angelegt worden. Er führt erst ein Stück
durch das Grundstück vom Berggut. Denn die Berggutmauer hatte
entsprechende Öffnungen. An der
Nordseite führte ein befestigter Fuhrwerksweg stellenweise dicht am
Böschungsrand vorbei. Auf der Südseite gab es nur den Feldweg, der
vom Berggut kam und an der Böschung etwa auf halber Länge des
Teiches endete. Nur ein
kleiner Teil des Wassers drückte ab dem Grundstück Gast unter dem
Weg hindurch und lief in die angrenzenden Gärten. Mit viel Aufwand
musste eine Drainage gelegt werden, die heute noch in Betrieb ist. In den
Kriegsjahren zäunte der Berggutsbesitzer die Halde mit Stacheldraht
ein und nutzte sie als Kuhweide. Die Einzäunung verlief auf der
Kleinforster Seite unterhalb der Halde und setzte sich auf der
gegenüberliegenden Seite entlang des Feldweges fort. Die Drähte des
Stacheldrahtes lagen in der Höhe etwa 30 cm auseinander und da
hindurch mussten wir jedes Mal auf dem Hin- und Rückweg 4 mal
hindurchkriechen. Das war ein übles Hindernis, was sich da Herr
Kästner für uns ausgedacht hatte. Übrigens lag die gefällte uralte
Eiche, an der wir auch oft spielten, auch hinter dem Stacheldraht.
Was blieb uns weiter übrig, als uns in der Umzäunung unauffällige
Durchgänge zu verschaffen. Schon nach kurzer Zeit hatten wir den
Stacheldraht durchgeschnitten und den Draht an den Pfählen ein- und
aushängbar gemacht. Übrigens wurde diese Begrenzung nach der
Bodenreform wieder beseitigt. Dafür verlegten die Anlieger Walther
bis Striegler (heute Paul-Schuster-Straße 10 bis 28) ihren
Grundstückszaun bis an den Feldweg. Auf dem oberen Teil des Geländes
konnten wir aber weiterhin spielen, bis dann dort die
Kleingartenanlage entstand.
Kleinforst und die
Bimmelbahn
Ein Beitrag vom Bahnexperten Reiner Scheffler
aus der Sicht eines Kleinforsters
Nein, eine eigene Haltestelle hatten wir
Kleinforster nicht. Und trotzdem gehörte die Kleinbahn zu unserem
Alltag. Ein Großteil von uns konnte die „Bimmel“ von der Anhöhe aus
sehen, wenn sie unten in der Döllnitzaue gemächlich dahinfuhr. Und
wenn der Wind von Oschatz herüberwehte und sich die Qualmwolken der
Lok über unseren Dächern zersetzten, dann konnten wir sie auch
riechen. Auf alle Fälle hörte man aber ihr Signal, denn sie hatte,
bevor sie ihre beiden Wiesenbrücken befuhr, zu pfeifen und das auch,
wenn sie von Altoschatz her kommend, das Einfahrtssignal von
Oschatz-Süd erreichte. Manche Uhr wurde nach ihrem Pfiff verglichen
und einige Hunde schlugen auf den schrillen Ton wütend an. Ja, die
Kleinbahn. Den heutigen Begriff „Wilder Robert“, den kannten die
Älteren von uns früher überhaupt nicht. Eher wurde die Kleinbahn
halb liebevoll und halb spöttisch
„Mügeln-Mutzschen-Mailand-Rom-Expreß“ genannt. Viele von uns
benutzten sie täglich, wenn sie auswärts zur Arbeit oder gar zur
Schichtarbeit in die Riesaer Betriebe mussten. Andere nutzten sie,
um nach Leipzig zu fahren oder noch weiter hinaus in den Urlaub. Das
Umsteigen in Oschatz war kein Problem und Zuganschluss bestand
immer. In die
andere Richtung, nach Mügeln, da fuhren wir Kleinforster weniger.
Und wenn, dann ging es die heutige Forststraße herunter, bis man
nach wenigen hundert Metern die Altoschatz-Rosenthaler Haltestelle
erreichte. Aus Bequemlichkeit, oder auch in höchster Eile, wurde
auch schon mal der Bahndamm benutzt. Ja freilich, verboten war´s schon, aber eben auch kürzer.
Nein, eine eigene Haltestelle brauchten wir Kleinforster nicht. Verbunden
sind wir mit der Kleinbahn schon seit 120 Jahren. Als sie am 7.
Januar 1885 das erste Mal vorbeifauchte, war unsere Siedlung gerade
erst einmal 82 Jahre alt und auf der kleinen Anhöhe standen damals
nur 25 Häuser. Die 1,2
Kilometer lange Strecke zwischen den Haltestellen Oschatz-Süd und
Altoschatz-Rosenthal gehört zu den landschaftlich schönsten Stücken
der Bahnlinie. Kleinforst kommt schon nach der Haltestelle
Oschatz-Süd am Streckenkilometer 2,4 in Sicht. Deutlich sieht man,
auf welch imposanter Hochfläche die Siedlung thront. Aus der
Wiesenniederung heraus ist hauptsächlich nur die erste
Siedlungszeile zu sehen. Ihre Häuser stehen in Reih und Glied und
schauen auf die Aue herunter. Ein schönes Bild! Am steilen Hang vor
den Gebäuden hatten sich früher die Anwohner bis an die Döllnitz
herunter Gärten angelegt. Obwohl die Bewirtschaftung recht schwierig
war, wurden diese Flächen intensiv zum Anbau von Obst, Gemüse und
Futterpflanzen genutzt. Man brauchte diese Erzeugnisse zum
Überleben. Heute sind aus diesen Gärten überwiegend Grasflächen
geworden, nur noch ganz vereinzelt ist ein Beet oder ein Obstbaum zu sehen. Am
Streckenkilometer 2,9 zweigte früher nach rechts der Lade-Anschluss
„Steinbruch“ ab. Eigentlich wollte das Altoschatzer Rittergut für
seine Verladearbeiten einen regelspurigen Schienenanschluss haben
und stellte 1908 bei der Sächsischen Staatsbahn in Dresden den
Antrag, das bis in Höhe Filzfabrik Oschatz liegende
Dreischienengleis bis nach hier zu verlängern. Doch dem gab die
Direktion nicht statt und so musste man sich mit einem 200 Meter
langen schmalspurigen Abzweig-Anschluss zufrieden geben. Von 1909
bis 1937 wurden hier in aufgebockte Hauptbahnwagen Steine und Sande
verladen. Danach nutzte die Reichsbahn den Anschluss als
Abstellanlage für nicht benötigte Fahrzeuge. Nach Aussage einstiger
Eisenbahner ist der Anschluss erst 1949/50 abgebaut worden. Als
Folge davon wurde das Einfahrsignal, welches bis dahin unmittelbar
hinter der zweiten Wiesenbrücke stand, 150 Meter näher an die
Südbahnstation gesetzt. Zwei
Brücken sind die nächsten Streckenobjekte. Die erste davon ist, in
einem Linksbogen liegend, 19 Meter lang und ruht auf zwei
Rundpfeilern. Mit ihr überquert die Bahn einen sumpfigen
Wiesengrund, durch den einst bei Hochwasser der Mühlgraben in die
Döllnitz abfließen konnte. In normalen Zeiten entwässerte dieser
Graben die umliegenden Wiesenflächen. Überhaupt
Hochwasser! Seit jeher musste auch die Kleinbahn damit leben. Im
Frühjahr nach der Schneeschmelze oder nach kräftigen Gewittergüssen
standen schnell die Döllnitzwiesen unter Wasser. Besonders zwischen
Oschatz und Altoschatz war das oft der Fall. Die überschwemmten
Wiesen, aus denen teilweise nur der obere Bahnkörper mit den
Schienen herausschaute, wurden oft fotografiert. Für die
Lokpersonale war es immer ein mulmiges Gefühl, wenn sie durch solche
Abschnitte fahren mussten, zumal sie nie genau wussten, ob der
Unterbau an einigen kritischen Stellen nicht schon unterspült war. Die am
Kilometer 3,3 gelegene Haltestelle Altoschatz-Rosenthal diente im
Personenverkehr als Halte- und im Güterverkehr als Ladestelle. Ihre
Einrichtungen lagen südlich des Hauptgleises auf Rosenthaler Flur.
Außer dem Bahnsteiggleis 1 gab es noch das Ladegleis 2 mit Laderampe
und das Ladegleis 3, das als Stumpfgleis endete. Zu den weiteren
Einrichtungen der Haltestelle gehörte eine fensterlose Wartehalle
und ein Wagenkasten eines ausgemusterten Güterwagens, der als
Güterschuppen eingerichtet war. 1936 wurde
der Stationsname in „Altoschatz“ geändert. Dessen ungeachtet stand
noch bis 1980 „Altoschatz-Rosenthal“ an der Wartehalle und auch die
früher stationsausrufenden Zugpersonale vergaßen in alter Gewohnheit
das Anhängsel „Rosenthal“ nie. An der Station hielten in den 30er
und 50er Jahren bis zu 18 Züge täglich. Im
Güterverkehr wurden Hölzer, Baustoffe und Kohle angeliefert, das
Rittergut brachte Vieh, Stroh und Kartoffeln zur Verladung.
Hochbetrieb herrschte in den Zeiten, als noch der Quarzitsteinbruch
des Berggutes in Betrieb war. Die sogenannten Knollensteine wurden
hier in die aufgebockten Regelspurwagen verladen. Nach 1960 blieb
von allem nur noch die Kohle übrig. Sie wurde in (un)ansehnlichen
Halden an der Station zwischengelagert. Altoschatz
war von 1927 an auch Bahnagentur. Eine unter Bahnvertrag stehende
Person (Bahnagent) hatte den Verladebetrieb zu überwachen, Bahnpost
in Empfang zu nehmen und bei bestimmten Zügen zur Stelle zu sein. In
Altoschatz waren das in den 30er Jahren Selma Albert, danach die
Bahnarbeiterfamilie Strehle und zuletzt Minna Thiele und deren Mann
Otto. 1970 wurde
der Ladeverkehr in Altoschatz eingestellt und bereits 1972 ein
Ladegleis entfernt. Am 28. September 1975 fuhr der letzte
Personenzug über die traditionsreiche Strecke. Damit hatte die
Station Altoschatz-Rosenthal ihre früheren Aufgaben verloren. Als letztes Relikt wurde 1980
die Wartehalle abgebaut. Züge fuhren zwar weiter auf der Strecke,
hielten aber nicht mehr in Altoschatz. Das änderte
sich erst wieder im August 1995. Unter der Regie der
nichtbundeseigenen Döllnitzbahn GmbH wurde der Schülerverkehr als
Personenbeförderung wieder aufgenommen und ab 18. September 2000
sogar auf den ganz normalen Personenverkehr erweitert. Auch die
Haltestelle bekam ihren alten Namen „Altoschatz-Rosenthal“ wieder
zurück. Inzwischen hat die Station auch wieder ein sauberes Terrain
bekommen und ein schmuckes Wartehäuschen noch dazu. Doch mal
ganz ehrlich, wer von den Kleinforstern ist denn wieder einmal mit
der Döllnitzbahn gefahren? Ja, man sollte es hin und wieder tun und
wenn auch nur dehalb, um alte Erinnerungen aufzufrischen. Die Wagen
und die Dampflok sind noch die gleichen wie vor 30 oder 40 Jahren. Über die
Zukunft der Döllnitzbahn muss man sich allerdings nach den jüngsten
Auseinandersetzungen um die Wirtschaftlichkeit und der weiteren
Gewährung von Zuschüssen ernsthaft Sorgen machen. Wie lange wird sie
wohl noch fahren, unsere kleine Bahn?
Otto Weise, Paul John, Rudolf Tischer u. a.
Otto Weise, der Vogelzüchter Ein Beitrag von Mario Teumer, Rudolf Siebert und Hermann Schöne.
Otto Weise wurde am 9. Februar 1897 geboren und verstarb am 3. Juli
1964. Otto Weise
wohnte in Kleinforst in der Forststraße 21 und war ein
hervorragender Ornithologe und begnadeter Vogelzüchter. Lange Jahre
wirkte er als Leiter des Vereins für Vogelkunde und späteren
Fachgruppe für Ornithologie in Oschatz. In Vorträgen,
Lehrwanderungen und bei der Mitgestaltung von Ausstellungen weckte
er bei vielen Menschen die Liebe und Freude zur Natur. Gern kamen
Kinder zu ihm, um seine Exoten zu bestaunen. Ganze Schulklassen
gingen deswegen auf Exkursion nach Kleinforst. Der eine oder andere
brachte dann auch schon mal einen Vogel von ihm mit nach Hause. Besonders
wurden die „wilden“ Tiere bestaunt, die er zu Hause aufzog und
versorgte. Mal war es ein Falke, lange Jahre hindurch ein Fuchs.
Zuletzt war es ein Eichhörnchen. Das war besonders für die Kinder
eine Attraktion, weil es damals im Stadtpark kaum welche zu sehen
gab. Ganz putzig war es, wenn das Eichhörnchen aus seiner Hand fraß
oder auf der Gardinenstange lang hinflitzte. Angefangen hat
es bei Otto Weise mit der Aufzucht junger Dohlen. Als
Dreizehnjähriger fing er diese in den Wäldern rund um Ratzeburg, wo
er damals zu Hause war. Diese sogenannten „Jaköbbe“ wurden dann für
50 Pfennige das Stück an Ausflügler verkauft. Eines Tages
erwischte er 2 Waldkäuze. Nicht lange danach errangen diese auf
einer Vogelausstellung in Lübeck den ersten Preis für
Gefiederschönheit und Zähmung. In den 20er
Jahren übersiedelte Otto Weise nach Kleinforst. Seine Liebe galt
jetzt vorwiegend den Kanarienvögeln. Er spezialisierte sich
besonders auf die Zucht bunter Farbvarianten. Kreuzte man nämlich
den gelben Kanarienvogel mit dem Kapuzenzeisig, so erhielt man die
verschiedensten „bunten Kanarienvögel“. Bis zum Orange war man schon
gekommen, aber da schien vorläufig Schluss zu sein. Die Vögel
wollten einfach nicht rot werden. 1959 war es für Otto Weise dann
endlich so weit: mit einer Kollektion von einem Vogel in Rotkupfer
und drei Kupfer-Achat-Vögeln errang er einen DDR-Meistertitel, zwei
Gold- und eine Silbermedaille! Beachtenswerte
Vögel“ notierte damals der Preisrichter über seine Exponate. Im Jahr darauf
erreichte Otto Weise mit einer Kollektion aus rotbraunen Vögeln,
darunter auch wieder rotbraune Achatvögel, zum zweiten Mal den Titel
und drei Goldmedaillen. 1961 errang er den Titel ein drittes Mal! Ein einmaliger
Zuchterfolg für ihn war ein schwarzer Kanarienvogel. Den gab es
tatsächlich nur bei Otto Weise! Abgesehen von
den edlen Kanarienvögeln hatte er aber auch noch eine ganze Anzahl
anderer Vogelarten in seinen Volieren, so z. B. Stieglitze,
Zebrafinken, Binsenastrilde und Zwergpapageien. „Ohne Vogel
lebt der Mensch einseitig“, sagte Otto Weise einmal. Sicher hatte er
damit Recht, denn ihm machte sein Hobby bis in seinen Lebensabend
hinein viel Freude. Er starb am 3. Juli 1964 im Alter von 67 Jahren.
Paul John, der Sanitäter Ein Beitrag von Dr. Jürgen Quisdorf, Oschatz
Jeder kannte
ihn in Kleinforst, denn er war immer bereit, wenn es galt, erste
Hilfe zu leisten: Paul John. Der Lehrmeister
der Oschatzer Waagenfabrik hatte sich in vielen Lehrgängen
grund-legende Kenntnisse auf dem Gebiet der gesundheitlichen
Notversorgung erworben und war anerkannter Sanitäter, wovon auch
zahlreiche Auszeichnungen künden. Ob es Kinder
oder Jugendliche waren, die bei Sport und Spiel verunglückten, oder
Erwachsene, die sich verletzt hatten, alle suchten Paul Johns Hilfe
und bekamen sie auch, natürlich kostenlos. Neben der medizinischen
Versorgung gab es manch aufmunterndes Wort und manch guten Rat noch
dazu. Nicht nur in
Kleinforst leistete er Hilfe, auch bei sportlichen und kulturellen
Veranstaltungen war er eingesetzt und stand selbstverständlich
seinen Mann. Paul John war
auch Leiter des kleinen Mandolinenorchesters, das sich kurz nach
Kriegsende in Kleinforst gründete.
Magdalena Pötzsch, das
Kleinforster Original
Magdalena Pötzsch wurde 1915 in Kleinforst
geboren und war die Tochter von Robert und Marie Pötzsch. Nach dem
Tod ihres Vaters im Jahre 1953 lebte sie mit ihrer Mutter allein im
Haus. Die beiden Frauen versuchten 20 Jahre lang das Grundstück in
der Forststraße 9 aus eigener Kraft zu erhalten. Das war in der
DDR-Zeit weiß Gott nicht leicht. Außerdem gehörte das Haus mit zu
den ältesten in Kleinforst. Auch nach dem Tod ihrer Mutter im Jahre
1973 setzte sie dieses Werk unermüdlich fort. Magdalena Pötzsch hatte in ihrem Leben
Kleinforst nie über längere Zeit verlassen. Sie kannte die Siedlung
und ihre Menschen „wie ihre Westentasche“ und hätte uns garantiert
viel Interessantes darüber erzählen können. Und das hätte sie sicher
auch gern und mit Leidenschaft getan. Als sich aber die
Heimatfreunde für die Geschichte Kleinforsts interessierten, war es aber
bereits zu spät. Nach längerer Krankheit verstarb sie im Jahre 2002
in ihrem Haus. Betreut wurde sie bis zuletzt von ihrer Nichte
Lieselotte Peckermann aus Berlin, zu der sie ein besonders gutes
Verhältnis hatte. Magdalena Pötzsch hatte ein großes Talent zum
Dichten und dazu nutzte sie jede Gelegenheit! So entstanden
unzählige Verse. Eine kleine Kostprobe aus ihrer Feder soll sich
hier anschließen, zumal der Inhalt auch ganz gut zur Kleinforster Geschichte
passt:
Ist die Zeit auch hingeflogen, die Erinnerung weicht nie!! Wie ein lichter Regenbogen, steht auf trüben Wolken sie.
Beruflich war sie
als Helfer in Steuersachen selbständig tätig. Als sie 1992 mit ihrer
Arbeit aufhörte, soll sie gesagt haben: „Darüber könnte ich einen
Bestseller schreiben!“
Rudolf Tischer,
der „King of the Road“
Herr Rudolf
Tischer wurde am 16. November 1920 im Haus Nr.8 in Kleinforst
geboren und verbrachte hier seine Kindheit und seine Jugend. Diese
Zeit ist ihm noch gut in der Erinnerung geblieben und noch heute
spürt man, dass er sich mit seiner Heimat sehr verbunden fühlt. Das
zeigt sich auch darin, dass er manchmal seiner Unterschrift
„Kleinforst Nr.8“ hinzufügt, wie in alten Zeiten. Die Erinnerungen
an seine Kindheit in Kleinforst hat Herr Tischer aufgeschrieben.
Einen Teil davon durften wir mit seiner Zustimmung in unser Buch
übernehmen. Er beschreibt darin sehr anschaulich, in welchen
einfachen Verhältnissen er damals aufgewachsen ist. Diese Zeit hat ihn geprägt und hatte
Einfluss auf sein ganzes späteres Leben. Heute lebt Herr
Rudolf Tischer in den USA und hat eine bemerkenswerte berufliche
Karriere hinter sich. Eine Karriere, mit der er in seinen kühnsten
Träumen selbst nicht gerechnet hatte. Nach seiner
Schulzeit begann er 1935 eine 4 jährige Lehre bei der Firma Carl
Kahn in Oschatz als KfZ-Mechaniker. Dort wurden Nähmaschinen,
Schreibmaschinen, Fahrräder, Motorräder und Autos verkauft und
repariert. Das war für den jungen Rudolf Tischer eine interessante
Arbeit, aber auch eine harte Zeit. Da wurde nicht nur an 6 Tagen in
der Woche 10 bis 12 Stunden gearbeitet, da mussten auch sehr viele
Arbeiten erledigt werden, die mit dem Beruf nichts zu tun hatten. Um
sich selbst fachlich etwas beizubringen, kaufte er sich mit
Unterstützung seiner Mutter für 25 Mark eine gebrauchte DKW vom
Schrotthändler. Doch lassen wir ihn selbst darüber erzählen: „Das Motorrad war in einem nicht besonders
guten Zustand, es war völlig verrostet. Aber DKW war damals eine
bekannte Motorradfirma in Sachsen und hatte einen sehr guten 2-Takt
Motor. Ich bekam von meinem Chef die Erlaubnis, dass ich nach
Feierabend daran arbeiten durfte. Wegen meiner Pflichten als
Lehrling waren das aber immer nur einige Stunden in der Woche. Die
älteren Lehrlinge machten sich über mich lustig und sagten:
„Tischer, du hast doch keine Ahnung, wie man einen Motor
zusammenbaut, das kriegst du nie hin“. Es dauerte Monate, bis die
Arbeit fertig war. Als
ich aber dann die Maschine startete, hörte ich das schönste Geräusch
der Welt. Der Motor lief einwandfrei und ich hatte ihn ganz allein
wieder zum Laufen gebracht. Ich war so aufgeregt, dass mir die
Tränen in die Augen kamen“. Seine Lehre
beendete Rudolf Tischer 1939 mit Auszeichnung. Die Urkunde hing sein
Chef in der Werkstatt auf. „Er war stolz auf mich und ich war es
auch.“ Später
spezialisierte er sich auf die Reparatur von Autos und Motorrädern.
„Die Firma Carl Kahn war eine autorisierte Werkstatt für Opel,
Mercedes, Auto-Union, NSU, DKW und BMW.“ Ein Jahr nach
Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde Rudolf Tischer zum Wehrdienst
eingezogen. Mit viel Glück kam er nach Einsätzen an der Ostfront bei
Stalingrad und an der Westfront mit dem Leben davon. Nach der
Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im März 1946 musste er im
zerstörten Nachkriegsdeutschland sein Leben neu beginnen.
Nachfolgend die wichtigsten Etappen: Ablegung der Meisterprüfung im
Kraftfahrzeughandwerk in Flensburg 1951, 2 Jahre Aufenthalt in Saudi-Arabien, Arbeitsbeginn
bei VW in Wolfsburg 1956. Die Direktion des
Volkswagenwerkes machte ihm 1957 das Angebot, für einige Zeit nach
Amerika zu gehen. „Ich hatte ja nach dem 2. Weltkrieg immer den
Wunsch gehabt, nach Amerika zu kommen und träumte dort von den
großen Möglichkeiten. Ich hätte aber nie gedacht, dass das
Automobilgeschäft in Amerika in solchem Umfange aufgebaut werden
könnte“, sagte Rudi Tischer 1994 dem „Washington Journal“. Daran war
1957 wirklich nicht zu denken, als Rudolf Tischer mit seiner Frau
und den Kindern auf einem Kohlenpott mit zwei Koffern und einer
Kiste Amerika ansteuerte. Für 2 Jahre sollte er dort für VW
Erfahrungen sammeln. Rudolf Tischer blieb in Amerika, wurde
amerikanischer Staatsbürger und eröffnete 1971 seinen eigenen
Betrieb unter dem Namen „Tischer-Volkswagen“. Das war aber erst der
Anfang, denn Rudolf Tischer wurde ein international anerkannter
Autofachmann und Vertragshändler für Spitzenprodukte aus der BRD,
Japan, England und Schweden. Dadurch konnte er seine Betriebe immer
mehr vergrößern. Trotz seiner
großen geschäftlichen Erfolge hat Herr Tischer seine Heimat nie
vergessen. Als in den 80er Jahren die Altoschatzer Kirche vor dem
Verfall gerettet werden musste, half er mit einer größeren Spende.
An den umfangreichen Arbeiten beteiligten sich viele Menschen und
ihr Einsatz hat sich gelohnt. Die Altoschatzer Kirche wurde wieder
zu einem Schmuckstück. Eine Tafel im Inneren der Kirche würdigt die
Leistungen der vielen Helfer:
Barockdorfkirche Altoschatz
Restaurierung 1986 – 1992
Die Kirchgemeinde dankt:
120 Personen mit 5000 freiwilligen Arbeitsstunden,
der großzügigen finanziellen Unterstützung durch
Herrn Rudolf Tischer, Kleinforst No.8
u.v.a.
Für seine
besonderen wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen wurde er
1990, an seinem 70. Geburtstag, in der Deutschen Botschaft in
Washington mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der
Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Im Jahre 2002
finanzierte Herr Tischer die Restaurierungsarbeiten am
Kriegerdenkmal auf dem Altoschatzer Friedhof und im Jahre 2004
unterstützte er mit einer größeren Spende an den Verein „Rettet St.
Aegidien“ die Bauarbeiten an der Oschatzer Stadtkirche.In Würdigung
dieser Verdienste durfte sich Herr Rudolf Tischer in einem Festakt
im historischen Ratssaal des Oschatzer Rathauses am 19. Mai 2004 in
das Ehrenbuch der Stadt Oschatz eintragen. Auf Antrag des
Fördervereins „Rettet St. Aegidien“ stimmte der Stadtrat in seiner
Sitzung am 24. Februar 2005 noch einer weiteren Ehrung zu. Es wurde
beschlossen, dem Stadtparkweg entlang der Döllnitz zwischen Oschatz
und Kleinforst den Namen „Rudolf-Tischer-Weg“ zu verleihen. Das war
eine glückliche Entscheidung und eine schöne Würdigung für einen
verdienstvollen gebürtigen Kleinforster, zumal sich die letzten
Meter des Weges auf Kleinforster Boden befinden!
Ulrike Stange, eine Kleinforsterin im Nationalteam
Für die 20jährige
Ulrike Stange ist ein Traum in Erfüllung gegangen: Sie wurde
Mitglied der deutschen Handball-Nationalmannschaft! Beim
Vier-Länderturnier im März 2005 in der Erdgas-Arena in Riesa kam sie
zu ihrem ersten Einsatz und war auch mit einigen Toren erfolgreich.
Schon mit 6 Jahren begann sie beim SHV Oschatz Handball zu spielen.
Wen wundert’s, denn sie kommt aus einer handballbegeisterten
Familie. Bereits ihre Oma, ihr Opa, ihre Mutter und ihr Bruder waren
bzw. sind aktive Handballer. Acht Jahre später besuchte sie in
Leipzig das Sportgymnasium und spielte erfolgreich in den
Nachwuchsmannschaften des HC Leipzig. Mit dem A-Jugend-Team errang
sie im Juli 2003 die Deutsche Meisterschaft. Kurz danach wechselte
sie vom HC Leipzig zum BVB Dortmund. Dort galt sie zunächst erst
einmal als Ersatzspielerin, setzte sich aber bald mit guten
Leistungen auf „Rechtsaußen“ in der Bundesligamannschaft durch. Auch
international gab es für sie bereits hervorragende Ergebnisse. Mit
der Junioren-Nationalmannschaft belegte sie bei der
Europameisterschaft in der Türkei den 2. und bei der
Weltmeisterschaft in Mazedonien den 5. Platz. Kein Wunder, dass der
Frauen-Nationaltrainer Ekke Hoffmann auf sie aufmerksam wurde und
sie in den erweiterten Kader des Nationalteams holte. Mit dieser
Nominierung hatte Ulrike selbst noch nicht gerechnet: „Bisher war
das immer nur ein ferner Traum, jetzt ist es eine Ehre für mich, zu
diesem Kreis zu gehören.“ Wünschen wir ihr
auch weiterhin noch viele Erfolge in ihrer sportlichen Laufbahn!
„Kay Weber lief allen davon“
Diese Überschrift aus dem Sportteil der OAZ
beschreibt eigentlich am deutlichsten die Leistungen von Kay Weber
bei Laufveranstaltungen in den vergangenen Jahren. Bei den
Landesmeisterschaften im Crosslauf errang er 2001 als 15-jähriger
den Titel eines Landesmeisters in seiner Altersklasse. Er startete
damals noch für den SV Fortschritt Oschatz. Im Jahre 2002 wechselte
er in das Lager des SC DHfK Leipzig und konnte seine Leistungen
durch die besseren Trainingsmöglichkeiten weiter steigern. 2002 und
2003 errang er im Sachsencup ausgezeichnete vordere Plätze. Im Mai 2005 siegte er beim 50. Naundorfer
Stundenlauf und setzte damit eine bemerkenswerte sportliche
Tradition der Familie Weber fort. Sein Vater Bernd hatte bereits den
1. Stundenlauf gewonnen und siegte beim Jubiläumslauf erneut in der
Altersklasse der 40 bis 49-jährigen! Im September konnte Kay Weber noch einen
weiteren großen sportlichen Erfolg hinzufügen. Bei den
Meisterschaften im Berglaufen errang er in seiner Altersklasse
(A-Jugend) den Titel eines Landesmeisters. Diese Disziplin kann
schon als Extremsport bezeichnet werden, denn auf der
Acht-Kilometer-Strecke in Löbau musste ein Höhenunterschied von 400
Metern bewältigt werden und das bei hochsommerlichen Temperaturen.
Kay Weber schaffte es in der Zeit von 33:45 Minuten. Wir dürfen gespannt sein auf seine weiteren
Erfolge und auch auf die seines jüngeren Bruders Felix. Denn auch
der sorgt durch seine guten Platzierungen bei den Crossläufen immer
wieder einmal für Schlagzeilen.
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