Die Kleinforstwasserleitung
Die Stadt
Oschatz beschaffte sich das Wasser vor dem Bau des städtischen
Wasserwerkes im Jahre 1888 aus Quellgebieten aus der näheren Umgebung. Da war zunächst
das Weinberg- und das Grünthalwasser, beide kamen aus dem Gebiet des
heutigen Stadtparks. Erst viel später, gegen 1880, kam das Lampersdorfer
Wasser dazu, das am Ende des Stadtwaldes auf den Pfarrwiesen kurz vor
Lampersdorf gefasst und in Röhren entlang des Stranggrabens nach Oschatz
geleitet wurde. Es gab aber
auch noch das sogenannte Kleinforstwasser, das uns bei der Beschreibung
der Geschichte Kleinforsts besonders interessiert. Es wurde in einem
Quellgebiet in der Nähe des Berggutes gefasst, das überwiegend auf
Rosenthaler Flur, teilweise aber auch auf Altoschatzer Flur lag. Von da aus lief
das Wasser durch eine hölzerne Röhrenleitung durch den kleinen Forst,
auf dessen Flur 1803 die Siedlung Kleinforst entstand, und von da aus
weiter nach Oschatz. Hoffmann beschreibt in seiner Oschatzer Chronik den
Verlauf so: „Das Wasser aus
jenen 8 Quellen geht, in Röhren gefaßt, den kleinen Forst hervor, den
Berg herab, allda über die Döllnitz neben dem Steige durch die
sogenannten Superintendents-Wiesen und dann weiter über den Mühlgraben,
unter den Weiden am Mühlgraben herein bis zum Ausgange der
Diakonats-Felder, von da aus bis an den Stadtgraben steigt, wo es bey
dem Pulverthurme durch einen in der Stadtmauer gewölbten Bogen in die
Stadt geleitet wird.“
Noch
ausführlicher wurde die Kleinforstwasserleitung am 10. November 1899 vom
Bauverwalter Anton Richter beschrieben: „Die
Kleinforstwasserleitung dient schon seit alten Zeiten zur Versorgung der
Stadt Oschatz mit Wasser, früher waren auf dem Berggutsfelde 11 Brunnen
gegraben, ausgemauert und durch hölzerne Röhren verbunden. Auf dem
anliegenden Felde des Rittergutes Altoschatz war ein Brunnen vorhanden
und dieser auch mit der Leitung verbunden. Die Rohrleitungen von dem
Brunnen bis zum Brunnenhäuschen, welches auf dem Felde des Rittergutes
Altoschatz sich befand, bestanden aus Holz, wie die ganze Leitung vom
Brunnenhäuschen bis zur Stadt. Später sind die
Verbindungsleitungen von den Brunnen bis zum Brunnenhäuschen durch
Thonrohre ersetzt worden. Die Menge des
der Stadt durch die Kleinforst- bzw. Weinbergs- und Grünthalleitung
zugeführten Wassers entsprach nicht mehr den gesteigerten Bedürfnissen,
zumal auch die alten Holzleitungen sehr oft Defekte zeigten, weshalb die
städtischen Collegien Mitte der 70er Jahre Berathung darüber pflogen, ob
eine neue Wasserleitung zu bauen, oder die alten Leitungen um- bez.
auszubauen seien. Das letztere
Projekt erhielt die Zustimmung der städtischen Collegien und es wurde
der Um- bez. Ausbau der Stadtwasserleitungen in den Jahren 1878 und 1879
unter Oberleitung des Herrn Baurath Bake aus Chemnitz ausgeführt. Mit dem Umbau
der Kleinforstwasserleitung wurde im Frühjahr 1878 begonnen und dieselbe
noch in diesem Jahre beendet. Zur
Quellenfassung ist in der Hauptsache das alte Wassergebiet benutzt
worden, nur auf dem Kleinforstfelde des Rittergutes Altoschatz hat unter
Zustimmung des Herrn Schubert eine erhöhte Inanspruchnahme
stattgefunden.
Bei der
Anlegung ist wie folgt verfahren worden: Vom
Brunnenhäuschen ausgehend bestimmte man auf beiden Seiten und in der
Sohle des Thales eine Anzahl Punkte, die allmählich immer etwas höher
lagen, um etwas Gefälle für die Zuführung der erschlossenen Wässer nach
dem Brunnenhäuschen zu erlangen. Von diesen so
bestimmten Punkten wurden schmale, 0,5 m breite Einschnitte seitwärts in
den Berghang getrieben, bis man, ebenfalls mit etwas Steigung, auf die
wasserführende Schicht traf und somit Wasser fand. Das auf diese Weise
in 3 Einschnitten auf dem Kleinforstfelde und in 8 Einschnitten auf dem
Berggutsfelde gefundene Wasser wurde nun mittels dreier nebeneinander
gelegter Drainirröhren von 4,5 cm Weite nach dem Ausgange des
Einschnittes bis zu einer Stelle hingeführt, wo die Sammelröhre
ohngefähr 1,5 m tief in die Erde zu liegen kam. Hier gossen die
einzelnen 3 Drainirröhren ihr Wasser in ein aus Mauerziegeln angelegtes
kleines Wasserkästchen von 40 cm Lichtweite aus, von welchem es dann in
einer geschlossenen Steinzeugröhre von 5 bis 7 cm Lichtweite auf die
eben so weite Hauptröhre geführt und mittelst dieser in dem geringen
Gefälle von 1 : 625 nach dem neuen, an der Stelle des Brunnenhäuschens
angelegten Sammelbrunnen geleitet wird. Die Herstellung
der Rieschen bez. Einschnitte auf dem Kleinforstfelde war besonders
schwierig, weil dieselben in Felsen - dem jetztigen Quarzsteinbruch des
Herrn Schubert - eingearbeitet werden mußten. Die in der Nähe
der dem Berggute gehörigen Brunnen noch befindlichen Brunnen der
Stadtwasserleitung sind nicht mit auf die neue Steinzeugrohrleitung
genommen worden, sondern in der ursprünglichen Anlage belassen worden,
nur wird das Wasser mittelst einer selbstständigen eisernen 4,5 cm
weiten Röhre, unter Anwendung eines verlorenen Gefälles unmittelbar in
jenen Sammelbrunnen geführt. Die Wassermenge des
Kleinforstwassers vor dem Umbau war 1878 41,632 cbm. Nach Vollendung
der neuen Anlage im August 1878 60,089 cbm pro Tag. Nach der Zerstörung der Leitung durch Herrn Schubert (durch
Anlegen des Quarzitsteinbruches) betrug die Wassermenge
im am am am am am |
10. 12. 18. 4. 21. |
August September Oktober November August September |
1898 1898 1898 1898 1899 1899 |
36,3 33,7 32,3 31,5 30,73 30,63 |
cbm cbm cbm cbm cbm cbm |
pro Tag |
Die Leitung zur Stadt besteht aus 7 cm l. W.
(lichte Weite) eisernen Röhren, sie liegt anfangs rechts neben dem Wirtschaftswege
vom Sammelbrunnen aus, und von der in der Nähe des Dorfes Kleinforst
befindlichen Wegkreuzung an links dieses Weges. (Nach der heutigen Straßenbezeichnung war die
oben genannte Wegkreuzung der Abzweig Forststraße/Querstraße.) Ferner überschneidet die Leitung den Kleinforster Dorfweg (die
heutige Straße An der Aue) , liegt in den
Feldern am Abhange unterhalb Kleinforst, durchschneidet dann die zum
Rittergut Altoschatz gehörige Wiese, geht unter dem Bahnkörper der
Döbeln - Oschatzer Bahn und dem Mühlgraben weg, und wird dann auf den
Feldern des Rittergutes Altoschatz und dem Felde des Herrn Rentier
Nitzsche entlang des
Mühlgrabens bis zur Marthauseschen Fabrik, bez. durch diese zur Stadt
geführt. Die Einlegung der eisernen Röhren hat allenthalben auf der Strecke der
alten Holzleitung stattgefunden. Der Bau wurde im April 1878 begonnen
und war im Juli desselben Jahres beendet. Der Aufwand für die Einschnitte auf dem Kleinforstfelde des Herrn
Schubert wird gegen 700 M betragen haben, genaue Feststellung darüber
ist nicht möglich, da die Kosten früher hierfür nicht getrennt geführt
worden sind.“ Nach dem Höhenprofil der Kleinforstwasserleitung lag der Wasserstand im
Sammelbrunnen bei 140 Metern über dem Meeresspiegel, der Ausfluss bei
genau 138.52 Metern. Der tiefste Punkt ergab sich mit 121,27 Metern bei
der Unterschreitung der Döllnitz. Für die Leitung wurden gusseiserne
Röhren verwendet, die das Lauchhammerwerk Gröditz lieferte.
Nach dem alten Oschatzer Wasserleitungsplan aus der gleichen Zeit,
endete die Kleinforstwasserleitung unmittelbar neben dem Turm an der
Ratsfronfeste. Im Plan des Königlichen Baurates E. Bake ist an diesem
Endpunkt ein massives und überdachtes Bauwerk mit zwei
übereinanderliegenden Wasserbehältern eingezeichnet. Der untere Behälter
lag in einem Kellergewölbe, hier floss das Wasser der Grünthal- und
Weinbergleitung bei genau 132,54 Meter über N.N. ein. Über eine
außenliegende Steigleitung gelangte das Wasser der Kleinforstleitung in
den oberen Behälter. Das Niveau lag aber da schon bei 138 Metern und
damit nur etwa einen halben Meter unter der Abgangshöhe im kleinen
Forste! Der Wasserbehälter ist in den 2 Plänen des Baurates Bake eingezeichnet.
Aber hat es dieses Bauwerk tatsächlich gegeben? Diese Frage kann
eindeutig mit „ja“ beantwortet werden. Bürgermeister Härtwig bestätigt
das in seinem Buch „Altes und Neues aus Oschatz“, das 1906 erschienen
ist. Er schreibt wörtlich: „ ... ersetzte bei sämtlichen Leitungen die
hölzernen durch eiserne Röhren, baute am Altoschatzer Tor, am alten
Stadtturm ein neues Gebäude mit zwei übereinanderliegenden Behältern ...
auf.“ Die Behälter waren gemauert und hatten die Form eines Tunnelgewölbes.
Man verwendete dazu scharf gebrannte Ziegel, „ .... die beim Aufschlagen
einen hellen Klang ergeben müssen“. Mit dem Bau des städtischen
Wasserwerkes 1888 und der Errichtung des ersten Wasserturmes am
westlichen Ortsausgang von Oschatz verlor der Wasserbehälter seine
Bedeutung. 1914 wurde das Gebäude erweitert und zu einem Heim für
Obdachlose umgebaut. Anfang 1951 zog dann das Oschatzer Stadtmuseum in
die Räume ein und nutzt diese seitdem für seine Ausstellungen. Aus dem
Wasserbehälter der Grünberg- und Weinbergleitung entstand der
Museumskeller. Trotzdem man
das Niveau des Fußbodens angehoben hat, kann man beim Betreten des
Gewölbes noch heute erahnen, welche Funktion es früher einmal hatte,
vorausgesetzt, man kennt seine Geschichte. Bei der Verlegung der gusseisernen Wasserleitungsröhren wurden auch
einige Feldparzellen berührt, die einige Kleinforster Anwohner vom
Rittergut Altoschatz gepachtet hatten. Es betraf insgesamt 13 Pächter,
die südlich und 2 Pächter, die östlich der Siedlung ein Feld hatten. Sie
forderten eine Entschädigung für den entstandenen Schaden, besonders für
den Ernteausfall an Feldfrüchten. Insgesamt wurden 24 Mark gezahlt, „
... wobei zu bemerken gewesen, dass der Parzellenpächter Wetzig sowie
die verw. Frau Pöschel ihre Erklärung schriftlich nicht abgegeben
hatten, weil sie versicherten, nicht schreiben zu können“.
Das Recht, im kleinen Forst Wasser zu fassen und in die Stadt zu leiten,
hatte sich die Stadt Oschatz schon vor „urvordenklichen“ Zeiten, wie es
in alten Unterlagen heißt, gesichert. Wasser war ja auch für die
Existenz einer Stadt von ungeheurer Bedeutung. Die erste Erwähnung des Wasserrechts der Stadt Oschatz im kleinen Forst
finden wir in einem Vergleich, der zwischen Christoph von Bibra zu
Altoschatz und dem Rat zu Oschatz im Jahre 1513 abgeschlossen wurde. Es
heißt dort: „ ... so soll nun hin forder der Rath auf vielgedachten Christoph von
Bibra Gütern im kleinen Forste, wo und an welchem Orte sie wollen,
Wasserquellen suchen, besäumen und eröffnen lassen und gemeiner Stadt zu
Nutze in Röhren weisen und leiten lassen, ohne mehrere Einsprache und
Widerrede.“ Wir scheinen hier ganz am Anfang der Wassernutzung im kleinen Forst zu
sein, sonst würde es in diesem Schreiben nicht heißen: „Aber wenn der Rath die Quelle hat besäumen und fassen lassen, sodann
sollen durch den Rath oder Rohrmeister dieselbigen Quellen oder Borne
gedeckt werden, auf daß das Vieh nicht in den Bornen Schaden nehmen
kann.“
Auch Hoffman weist darauf hin, dass das Kleinforstwasser zeitlich später
als das Berg- und Grünthalwasser gefaßt wurde, denn er schreibt: „ ...
das Bergwasser und das Grünthalwasser mögen die ältesten seyn.“ Er
bezeichnete das Weinbergwasser noch als Bergwasser. Im Jahre 1680 wurde das Vorwerk in Altoschatz, zu dem auch der kleine
Forst gehörte, von der Stadt
verkauft. Im Vertrag wurde ausdrücklich festgehalten, „ ... daß der Käufer schuldig sein soll, dem Rath und der Stadt das
Röhrwasser aus dem kleinen Forste, inglichen dasjenige so in Forbergs
Holze ( jetzt Berggut) gefaßt wird,
durch den kleinen Forst führen und es also bey dem zwischen dem Rath und
Christoph Bibram 1513 aufgerichteten Receß verbleiben zu lassen.“
1685 kaufte übrigens Hans Heinrich Höppner das Vorwerk Altoschatz mit
dem kleinen Forst und vereinigte dieses mit dem Rittergut Altoschatz. Das Quellgebiet lag am westlichen Ende des kleinen Forstes, in
unmittelbarer Nähe des Berggutes. In einer Karte von 1787 wurde dieses
Gebiet mit folgendem Text versehen: „5 Brunnen wo aus Wasser durch
Röhren in die Stadt geleitet wird.“ Der kleine Forst war ein Waldstück, dass sich zwischen dem jetzigen
Stadtpark und dem Berggut hinzog. Der letzte Rest dieses Waldstückes,
der noch in der Nähe des Berggutes verblieben war, wurde um 1860
abgeholzt und urbar gemacht. Es handelte sich genau um das Gebiet,
woraus die Stadt Oschatz seit Menschengedenken ihr Wasser bezog. Die
ganze Aktion hatte der Besitzer des Berggutes, Herr Steiger, in die Wege
geleitet. Er ließ nicht nur abholzen, sondern legte auch noch eine
Drainage zur Ableitung des Wassers an und grub damit der Stadt Oschatz
regelrecht das Wasser ab. Zu allem Unglück düngte er auch noch die
gerodeten Flächen und sah darin überhaupt kein Problem. Gegenüber der
Stadt gab er folgende Erklärung ab: „Die Verunreinigung durch die Bodendüngung ist naturwissenschaftlichen
Erfahrungsgrundsätzen zufolge durchaus unbegründet. Die Flüssigkeit,
welche durch den Erdboden sickert, wird durch diesen vollständig
geläutert und gereinigt. Wenn je ein unreiner Beigeschmack wahrgenommen
sein sollte, so muß dieser in etwas ganz anderem als in der Düngung des
Berggutsfeldes seinen Grund gehabt haben.“ Die Brunnen im Quellgebiet waren alle, bis auf einen, mit Steinen und
Erde bedeckt. Insgesamt waren es zu diesem Zeitpunkt 11 Stück! Steiger hatte mit seinen Aktivitäten das verbriefte Recht der Stadt
Oschatz zur Wassergewinnung auf der Flur des Berggutes verletzt und
wurde von der Stadt 1864 verklagt. Da wurden alte Lehnbriefe
hervorgesucht um zu beweisen, dass sich der Besitzer des Bergguts nicht
anmaßen darf, Eigentümer der Röhrenbrunnen zu sein, obwohl sie sich auf
seinem Grund und Boden befinden. Sogar die Aufzeichnungen des
Stadtchronisten Hoffmann wurden als Beweismittel mit herangezogen, da er
das Wassergewinnungsrecht im 2. Teil seiner Chronik ausdrücklich mit
aufgeführt hatte.
Nach vielen Jahren des Streites kamen beide Seiten 1870 zur Einsicht,
dass es besser und billiger wäre, sich in Form eines Vergleiches zu
einigen. Nach einer Menselblatt-Kopie fertigte der Revierförster Müller
eine genaue Zeichnung der betreffenden Flurstücke an, in die noch im
gegenseitigen Einverständnis eine „Demarcationslinie“ eingezeichnet
wurde. Auf dem Felde zwischen dieser Linie und dem Communicationsweg
Nr.98 (die heutige
Forststraße) sollte nun weder die Stadtgemeinde noch der Berggutsbesitzer Steiger
neue Brunnen anlegen oder sonstige Eingriffe vornehmen. Mit diesem Vergleich zog erst einmal wieder Frieden ein. Die Stadt
begann Mitte der 80er Jahre ein neues Wasserleitungsnetz aufzubauen und
errichtet ein eigenes Wasserwerk, das 1888 in Betrieb ging. Sie war
damit weitgehend unabhängig von den alten Wasserzuleitungen geworden und
verpachtete deshalb das Kleinforster Wasser für 300 Mark im Jahr an die
Firma Ambrosius Marthaus, die damals noch am Spinnereiberg ansässig war
(heute Elektrobau Oschatz GmbH). Im August 1897 stellte die Firma Marthaus jedoch fest, das die
Wassermenge aus der Kleinforstleitung immer mehr nachließ. Zum Glück
konnte man über eine zweite Leitung noch Wasser aus dem Mühlgraben
entnehmen, sonst wäre bei Marthausens der Notstand ausgebrochen. Der Grund für die geringere Wasserzufuhr war schnell gefunden. Mitte der
90er Jahre hatte der Rittergutsbesitzer Schubert in der Nähe des
Berggutes, auf dem sogenannten Kleinforstfelde, einen Steinbruch
eingerichtet. Bei fortschreitendem Abbau kam er 1897 in das Gebiet, wo
im Jahre 1878 von der Stadt Oschatz Rohre für die Wassergewinnung gelegt
wurden. Diese waren nun beim Abtragen des Gesteins zerstört und
herausgerissen worden. Außerdem ließ Schubert noch einen Abflussgraben
zur Entwässerung seines Steinbruches anlegen, wodurch das Wasser aus dem
Quellgebiet abgezogen wurde.
Dieser Vorgang führte natürlich wieder zu einer gerichtlichen
Auseinandersetzung, da sich die Stadt mit Schubert nicht gütig einigen konnte. Der Prozess
zog sich jahrelang in mehreren Instanzen hin und kostete beide viel
Geld. In einem Schreiben an den Bürgermeister Härtwig teilten die
Rechtsanwälte im Januar 1902 mit, dass das Oberlandesgericht mit dem
verkündeten Urteil in der Hauptsache zu Gunsten der Stadtgemeinde
entschieden hätte, nur bezüglich des Wassersuchungsrechts wäre auf
Zurückweisung der Berufung erkannt worden. Man einigte sich im Oktober 1904 mit Schubert letztlich in einem
Vergleich. Schubert zahlte der Stadt Oschatz eine Abfindung in Höhe von
2000 M, die gerichtlichen Kosten wurden geteilt, die außergerichtlichen
Kosten gegeneinander aufgehoben. Die Stadt verzichtete auf das
Wassergewinnungsrecht auf der Parzelle 97 des Rittergutes, behielt aber
erst einmal weiterhin das Recht, Wasser über die Rittergutsfluren leiten
zu dürfen.
Noch während sich die Stadt mit Schubert in den Haaren lag, eröffnete
auch die Besitzerin des Berggutes, Frau Alma Steiger, auf ihrem Gelände
einen Steinbruch. Dieser lag unmittelbar neben dem Steinbruch von
Schubert und beeinträchtigte die Wassergewinnung der Stadt in noch viel
größerem Maße, da die Anlagen hauptsächlich auf diesem Gelände lagen. Die Anlegung des Berggut-Steinbruches erfolgte im Mai 1899 von einem
Carl Hallbach aus Dresden, der das Gelände von der Besitzerin des
Berggutes gepachtet hatte. Die Arbeiten im Steinbruch führten nicht nur
zu einer Verringerung der Wassermenge, sondern auch noch zu einer Verunreinigung
des Wassers. Gegen Frau Alma Steiger wurde nun im Oktober 1902 auch gerichtlich
vorgegangen. Nach einer einstweiligen Verfügung des Königlichen
Landgerichts Leipzig musste im Frühjahr 1904 der Steinbruchbetrieb erst
einmal eingestellt werden. Letzten Endes einigten sich aber auch diesmal
beide Parteien in einem Vergleich. Frau Steiger überließ der Stadt eine
Wiese in der Zschöllauer Flur und die sogenannte Torfwiese am
städtischen Wasserwerk für 9000 M. An beiden Flurstücken, insgesamt 12
Acker groß, war die Stadt Oschatz außerordentlich interessiert, um das
Wassereinzugsgebiet am städtischen Wasserwerk schützen zu können. Dafür
gab die Stadt das ihr seit „urvordenklichen“ Zeiten zustehende
Wasserrecht auf dem Felde des Berggutes auf. Das bedeutete für Frau
Steiger, dass sie jetzt ihren Steinbruch weiter betreiben konnte. Diesen
Vergleich beschreibt auch der Bürgermeister Härtwig in seinem Buch
„Altes und Neues aus Oschatz“ von 1906 sehr ausführlich. Der Stadtrat zog am 23. Februar 1905 einen Schlussstrich unter die
langjährigen Auseinandersetzungen mit folgenden Worten: „Somit ist nun
das gesamte Wasserrecht, das den Streitgegenstand bildete, erledigt und
hinfällig“. Der Ordnung halber wurde noch festgelegt, dass alle Akten und
Zeichnungen zu diesem Thema zu vereinigen und im Archiv aufzubewahren
sind. Und dort liegen sie noch heute!
Im
nachfolgenden Kapitel werden wir der Kleinforstwasserleitung auf
sonderbarer Weise wiederbegegnen!
Ein sensationeller Fund
Im April 2001
begannen in Kleinforst die Arbeiten für die neuen Entsorgungsleitungen
für Abwasser und Oberflächenwasser. Bei diesen Arbeiten wurden sämtliche
Straßen aufgebaggert, um die neuen Rohre verlegen zu können. Die
Buddelei durch ganz Kleinforst hindurch brachte für die hiesigen
Heimatfreunde auch die Gelegenheit, auf historische Entdeckungen zu
gehen. Als unterhalb der Grundstücke Kempe und Hiersemann im August 2001
die alte Müllhalde durchschnitten wurde, kamen auch verschiedene
Abfallprodukte der Vergangenheit zum Vorschein. Unter anderem waren auch
einige alte Bierflaschen mit Schnappverschluss dabei. Die Kleinforster
waren schon immer wählerisch, denn es fanden sich die Flaschen vom
Riebeckbräu, Dresdner Felsenkeller, Bergschlößchen Dresden und von der
Dampfbrauerei Zwenkau. Sogar eine Flasche der Oschatzer Brauerei Carl
Stoll war dabei und damit hatte man schon eine historische Kostbarkeit
gefunden. Dieser Betrieb bestand wahrscheinlich bis etwa 1920, im Stadtbuch wird 1896 August Carl
Stoll als Bierhändler und Mineralwasserfabrikant geführt. Er war lt.
Adressbuch in der Breiten Straße 30 ansässig. Der wertvollste
Fund erschien aber an einer ganz anderen Stelle. Schon von Anfang an
wurden die Mitarbeiter der Firma ADW Ingenieurtiefbau GmbH Gaunitz
darauf hingewiesen, dass sie bei ihren Schachtarbeiten irgendwann einmal
auf die alte Kleinforstwasserleitung stoßen müssten. Aber zunächst kamen
„nur“ die alten gusseisernen schwarzen Rohre der ersten Kleinforster
Wasserleitung von 1928 zum Vorschein, die damals das Lauchhammerwerk
geliefert hatte. Sie waren fast völlig mit Kalkablagerungen zugesetzt
und „sauschwer“. Diese gemufften Rohre hatten einen äußeren Durchmesser
von 120 mm und eine Wandungsstärke von 10 mm. Für die Nachwelt wurde
natürlich ein kleines Stück gesichert. Nun schien es
so, als sollte die alte Kleinforstwasserleitung nie gefunden werden,
denn die Schachtarbeiten waren eigentlich schon so gut wie
abgeschlossen. Bei der Planierung des Untergrundes für den neuen
Straßenbelag in der Querstraße geschah am 24. April 2003 aber das große
Wunder. In etwa 50 cm Tiefe, also nur knapp unter dem bisherigen
Straßenniveau, stieß das Schiebeschild auf etwas Hölzernes, was sich
nach genauerem Betrachten als ein Stück Wasserleitung herausstellte. Die
Beschäftigten der Firma ADW, zu denen auch der Kleinforster Jörg Müller
gehörte, machten sich die Mühe und legten die Röhre vorsichtig frei.
Danach kam noch eine zweite zum Vorschein, die sogar noch besser
erhalten war. Ein Verbindungselement der beiden Röhren wurde leider
nicht gefunden. Das wäre dann ein sogenannter Born- oder Teuchelring
gewesen, der beim Aneinanderlegen der Röhren in die beiden Stirnenden
eingedrückt wurde. Damit er nicht auf einer Seite ganz hineinrutschte,
war in der Mitte des Blechringes eine Wulst als Anschlag eingearbeitet.
Er dichtete so die Wasserleitung an der Verbindungsstelle zuverlässig
ab. Im Rahmen der
Straßenbauarbeiten war die Suche nach weiteren Fundstücken nicht weiter
möglich und so blieb es bei dieser Entdeckung. Die eine der
beiden hölzernen Wasserleitungsröhren hatte noch die ursprüngliche
Länge. Wenn man das Maß von 3,40 Meter umrechnet, kommt man ziemlich
genau auf eine Länge von 6 Ellen. Das scheint früher ein gängiges Maß
für Wasserleitungsröhren gewesen zu sein, denn im Stadtbuch von Oschatz
wird 1478 erwähnt, dass dem Zimmermann Matthes für das Bohren und
Verlegen eines Schocks sechselliger Röhren fünfzig Groschen versprochen
wurden. Der
Außendurchmesser betrug ursprünglich etwa 20 Zentimeter, die Bohrung ca.
70 Millimeter, was wiederum dem früheren Maß von 3 Zoll entsprechen
würde. Das Alter der
in Kleinforst gefundenen Wasserleitungsröhren kann mit Hilfe einer
dendrochronologischen Bestimmung leider nicht mehr ermittelt werden, da
die dazu notwendigen 40 Jahresringe durch die Bohrung nicht mehr
vorhanden sind. Sollten die Fundstücke tatsächlich noch aus der ersten
Verlegung stammen, wären sie fast 500 Jahre alt! Nach der
Sicherung der Fundstücke und der Unterbringung in einem Keller stand
dann schnell die Frage: Wie nun weiter damit. Nach Auskunft
verschiedener Fachleute würde das Holz durch den Trockenprozess
zerfallen, wenn nicht umgehend eine Konservierung durchgeführt würde. In
Nachhinein muss diese Annahme bestätigt werden, da sich nach dem
Trocknen einiger Reststücke herausstellte, dass das Holz federleicht
wurde. Das beweist, dass ein Teil der Holzinhaltsstoffe gar nicht mehr
vorhanden ist.< Über die
Möglichkeiten der Konservierung gehen die Meinungen der Fachleute weit
auseinander und es war gar nicht so einfach, sich für eine Methode zu
entschließen. Letztlich wurde eine Röhre über einige Wochen hinweg
vollständig in eine hochprozentige Zuckerlösung eingetaucht und danach
ganz langsam in einem feuchten Raum getrocknet. Der im Holz eingelagerte
Zucker übernahm die Aufgabe, das Holz wieder zu verfestigen, was sich an
der Gewichtszunahme auch bemerkbar machte. Der Erhalt scheint gesichert.
Diese Methode war die preisgünstigste und wurde auch schon erfolgreich
bei der Konservierung eines Schiffswrackes aus dem 16. Jh. im Husumer
Schifffahrtsmuseum angewendet. Auch wenn wir
die beiden Funde nun wirklich nicht miteinander vergleichen können, ein
bisschen stolz sind wir Kleinforster auf unsere hölzerne
Wasserleitungsröhre aber auch!
Die Steinbrüche des Rittergutes Altoschatz
und des Berggutes
Rosenthal
Die Entdeckung des
Quarzitgesteines im Gebiet unweit des Berggutes ist auf einen Zufall
zurückzuführen, wenn man einem Beitrag in der Jubiläumsausgabe des
„Oschatzer Gemeinnützigen“ vom 1. Oktober 1926 Glauben schenken darf: „Ende
der achtziger Jahre stießen Ackerleute auf dem zum Rittergute gehörigen
Felde hinter Kleinforst auf eine Ader mit anderer Gesteinsart als der in
Altoschatz gebrochenen. Da die Steine leicht verwitterten, waren sie
weder als Bau- noch als Straßensteine zu verwenden. Die beim Ackern
herausgehobenen Steine wurden daher zunächst an der Seite des Weges in
langer Reihe angehäuft, bis eines Tages ein vorübergehender Fremder über
den Wert und die Verwendung der Gesteinsart (Quarzit) Aufschluß gab und
für Abnehmer sorgte. Nun entstand der erste Steinbruch hinter
Kleinforst.“
Der Steinbruch des Rittergutsbesitzers Schubert
Die Initiative zur
Eröffnung eines Steinbruches ergriff der Altoschatzer Rittergutsbesitzer
Schubert als Erster. Er begann etwa 1895 mit der Erschließung eines
Geländes, das sich auf der Parzelle 97 der Flur Altoschatz befand und
zur Flur Kleinforst gehörte. Die genauen Grenzen können nicht mehr
belegt werden, es ist aber anzunehmen, dass sich der Steinbruch in dem
Gebiet der heutigen Kreuzung Paul-Schuster-Straße / Querstraße befunden
haben muss. In Richtung Berggut erstreckte er sich bis an die Flurgrenze
zu Rosenthal. Bei dem Gestein handelte
es sich um ein Quarzitgestein. Es besteht aus Quarzkörnern, die durch
Kieselsäure gebunden sind. Quarzit enthält stets auch einen geringen
Anteil Kaolin. Es entstand aus Sedimenten, die sich an den Wurzeln
tertiärer Pflanzen ablagerten. Nicht selten sieht man deshalb noch die
Abdrücke von Wurzeln und Stängeln oder eigenartige „Bohrgänge“, die
diese im Gestein hinterließen. Früher war für diese Gesteinsart auch der
Ausdruck „Knollenstein“ geläufig. Um Kleinforst herum
findet man diese Steine noch häufig an Wegrändern und auf Feldern. Und
mancher Kleinforster wird sich schon beim Schachten mit einem mehr oder
weniger großen Brocken in seinem Grundstück herumgeschlagen haben. Im Schubert´schen
Steinbruch lagerte über dem Quarzitgestein eine Tonschicht, die von
etwas Kohle durchzogen war. Auf den Ton folgte Flussschotter und als
oberste Schicht Lehm und Erde. In einem
Situationsbericht aus dem Jahre 1897 werden die Arbeiten im Steinbruch
beschrieben. Danach hatte Schubert seinen Quarzitsteinbruch immer mehr
erweitert und war nun auch auf das Gebiet gekommen, auf dem 1878 die
neuen Rohre für die Oschatzer Wasserleitung verlegt wurden. Der
Bauverwalter Richter berichtete dazu, dass diese Drainagerohre beim
Abbau des Gesteins zerschlagen und herausgerissen wurden. Ein
unglaublicher Vorgang, zumal die Rohre erst vor 19 Jahren verlegt
wurden. Ärger bereitete auch die
Anlegung des Entwässerungsgrabens entlang des benachbarten
Berggutfeldes. Dadurch hingen jetzt die Sammelrohre zum städtischen
Sammelbrunnen streckenweise in der Luft, ein Rohr war sogar zerschlagen
worden. Der Bauverwalter Richter berichtete: „Durch all diese Maßnahmen
ist nun das Wasser in der Quantität sehr zurückgegangen“. Er hatte auch mit
Schubert über die angerichteten Schäden gesprochen und die Meinung
Schuberts dazu aufgeschrieben: „Er
habe seinerzeit genehmigt, daß die Stadtgemeinde die Rieschen (Graben zur Wasserfassung) herstelle, jetzt werde und müsse er die Steine
herausnehmen, er werde die Bruchstelle durch das gewonnene Erdreich nach
und nach wieder zufüllen und wenn die Stadtgemeinde alsdann wieder
Rieschen herstellen wolle, so werde er dem nicht hinderlich sein. Auf so
lange als Steine dort gebrochen würden, müsse auch der hergestellte
Abzugsgraben bleiben, da er sonst das Wasser im Bruche nicht los werde.“ Zu den oben erwähnten
Rieschen muss noch bemerkt werden, dass diese 1878 mit großem Aufwand in das
Quarzitgestein eingearbeitet werden mussten, was natürlich auch eine
Menge Kosten verursachte. Neben der Verletzung des Wasserrechts war das
für die Stadt Oschatz ein weiterer Grund dafür, sich mit Schubert
auseinander zu setzten, wenn notwendig auch vor Gericht.
Im Jahre 1900 wurde der
Steinbruchbetrieb auf dem Gelände des Rittergutes Altoschatz
eingestellt. Er wird etwa 5 Jahre bestanden haben. Wie viele Arbeiter
Schubert in seinem Steinbruch beschäftigt hatte, geht aus keinen
Unterlagen genau hervor. Sicher ist nur, dass der Kleinforster Friedrich
Karl Lucas als Vorarbeiter in seinem Steinbruch tätig war. Außer ihm
waren es aber sicher noch
andere Kleinforster, denn Steinbrecher gab es in Kleinforst eine ganze
Menge. Im August 1902 wird ein
letzter Bericht über den stillgelegten Steinbruch verfasst: „Der
von Schubert ausgehobene Graben besteht noch, wenigstens in seinem
unteren Theil, im oberen Theile ist zwar Erdreich aufgeschüttet, aber es
befindet sich eine Schleuse darunter, durch die Wasser in erheblicher
Menge abläuft. Dieses Wasser kommt in der Hauptsache nicht aus dem zum
Theil aufgeschütteten Schubert´schen Steinbruch, sondern aus dem auf dem
Berggutsgrundstück angelegten, im übrigen vorzügliches Quarzgestein in
großen Mengen enthaltenen, Steinbruche.“
Damit sind wir am Anfang
einer neuen Geschichte:
Der Steinbruch der Berggutsbesitzerin Steiger
Dieser Steinbruch lag
auf dem Gelände des Berggutes und befand sich somit auf der Flur
Rosenthal. Er grenzte unmittelbar an das Steinbruchgelände des
Rittergutes Altoschatz an. Frau Alma Steiger, die
Besitzerin des Berggutes, wollte sich mit der Anlage des Steinbruches
neben der Landwirtschaft eine zweite finanzielle Einnahmequelle
schaffen. Sie sagte selbst: „Da bei der misslichen Lage der
Landwirtschaft mit jeder Nebeneinnahme gerechnet werden muss, so möchte
ich auch den Quarzsteinbruch fernerhin in Gange halten.“ Frau Steiger hatte den
Steinbruch an Herrn Carl Hallbach aus Dresden verpachtet, der ein Fachmann auf diesem Gebiet
war. Nachfolgend der Text einer Niederschrift von ihm vom Dezember 1903: „Am
13. oder 14. Mai 1899 habe ich den jetzt auf dem Bergguts-Areale
befindlichen Steinbruch eröffnet, den ich noch heute gepachtet habe.
Sowohl Schubert als auch ich ließen an der Grenze des Schubertschen- und
des Berggut-Areals einen Rain stehen und zwar jeder 1 m breit. Am
anderen Rain angrenzend habe ich etwa ½ Jahr nach Betriebseröffnung das
Quarzgestein an einer Stelle abgebaut bis auf die jetzige Bruchsohle, wo
wieder Erde kommt und von da aus ist dann in seitlicher Richtung das
Gestein immer weiter abgebaut worden, bis etwa Anfang 1902 die ganze
Grenze zwischen Bergguts- und dem Schubertschen Areal umgebaut war. Die
Raine, die wir hatten stehen lassen, sind Anfang 1902 auch beseitigt
worden. Ich habe bereits ½ Jahr
nach Betriebseröffnung mit Schubert mich darüber geeinigt, daß das in
meinem Steinbruch zu Tage tretende Wasser in den Schubertschen Graben
abfließen durfte, da ich sonst einen anderen Graben auf dem Areal des
Bergguts Rosenthal hätte anlegen müssen, um das Wasser los zu werden.
Neuerdings habe ich das auch getan. Die Stelle, an der ich
zuerst das Gestein bis zur Bruchsohle abgebaut habe, lag etwa in der
Mitte an dem das Schubertsche und das Berggut abgrenzenden Raines. Ich
habe beim Abbau von der tiefsten Stelle der Senkung her eine Einfahrt
angelegt.“
Das sich ansammelnde
Wasser war für den Betreiber des Steinbruches ein fortwährendes
Problem. Bereits im September 1899 bemerkte der Bürgermeister Härtwig, „ ... daß in dem
Steinbruche eine Baupumpe stand, deren Zustand erkennen ließ, daß sie
kurz vorher benutzt war und die nach Angabe der deshalb befragten
Steinbrucharbeiter täglich, insbesondere des Morgens, benutzt wird, um
die zufließenden Grundwasser zu beseitigen, weil sonst der Steinbruch
nicht betrieben werden könne". Eventuell war es die
gleiche Pumpe, die 1904 noch einmal erwähnt wird und im hinteren Teil
des Steinbruches eingesetzt war. An dieser handbetriebenen Baupumpe
arbeiteten ständig 2 Mann. Eine Messung ergab, dass pro Stunde 7200
Liter Wasser aus dem Gelände herausliefen. Zu diesem Zeitpunkt waren im
Steinbruch 18 Arbeiter beschäftigt!
Die Quellfassungen auf
dem Gelände des Berggutes wurden durch die Abbrucharbeiten nicht
berührt, da die Steine von der Schlucht auswärts gebrochen wurden. Durch
den Abbau des Gesteins und durch das Ableiten des Wassers senkte sich
aber der Grundwasserspiegel ganz bedeutend ab. Das war die Ursache
dafür, dass die Ergiebigkeit
der Wassergewinnung auf dem Berggutsfelde noch weiter zurückging. Schon wenige Tage nach
Beginn der Steinbrucharbeiten richtete deshalb die Stadt Oschatz im Mai
1899 eine Beschwerde an Frau Alma Steiger und forderte die Einstellung
der Arbeiten. Der Einspruch blieb aber
ohne Erfolg. Frau Steiger bestritt, dass das Wasserrecht der Stadt
überhaupt beeinträchtigt würde. Ihr Rechtsanwalt schrieb über seine
Mandantin: „Doch
ist sie zu einer gütlichen Vereinbarung, vielleicht einer Ablösung des
für die Stadt jetzt ja fast wertlosen Rechtes bereit, bittet aber, den
Preis von vornherein nicht hoch zu stellen, da sie sonst den Rechtsweg
vorzieht.“
Die Stadt Oschatz
erreichte erst im Februar 1904 über die Civilkammer des Königlichen
Landgerichts Leipzig eine einstweilige Verfügung, die den Betrieb des
Steinbruches auf den Flurstücken 28 und 29 des Flurbuches für Rosenthal
für einen bestimmten Bereich untersagte. Noch schwerwiegender für
den Betrieb des Steinbruches war aber die Festlegung, dass der künstlich
hergestellte Wasserabfluss so zu beseitigen ist, dass aus dem Steinbruch
kein Wasser mehr abfließen kann. Bald zeigte sich auch schon das
Ergebnis: Der Steinbruch war Ende März 1904 vollständig mit Wasser
vollgelaufen. Die Stadt Oschatz und
Frau Steiger einigten sich in dieser Sache in einem Vergleich, der schon
im vorhergehenden Kapitel „Die Kleinforstwasserleitung“ behandelt wurde.
Damit konnte der Steinbruchbetrieb weitergehen.
Nach dem
Steinbruchpächter Hallbach taucht in Bauunterlagen1913 ein neuer
Betreiber auf: Die Oberschlesische Chamotte-Fabrik A.G. Gleiwitz. Unter
ihrer Regie wurde eine elektrische Anschlussleitung in den Steinbruch
gelegt und eine Aufzugsvorrichtung gebaut. Mit einer elektrisch
betriebenen Seilwinde konnten jetzt beladene Kipploren über ein
Aufzugsgleis von der Bruchsohle nach oben gezogen werden. Damit konnte
man den Abraum aus dem Steinbruch herausbefördern und in unmittelbarer
Nähe des Steinbruches abkippen. Es entstand die gewaltige Abraumhalde,
deren Ausmaße heute noch deutlich zu erkennen sind. Einen kleinen Einblick
in den Steinbruch erlaubt ein Lageplan von 1913. Direkt auf der
Steinbruchsohle befand sich damals das Brunnenhaus. Außerhalb des
Steinbruches stand das mit Brettern verschalte Maschinenhaus des
Aufzuges und das Pumpenhaus, etwas unterhalb im Steinbruchgelände eine
„Leutebude“ und ein Pulverhäuschen. Oben am Feldweg, in der Nähe der
Rittergutsmauer, stand eine kleine Schmiede zum Schärfen der Werkzeuge.
Ein Weg führte direkt aus dem Steinbruch heraus und ging bis zur
Hermann-Scheibe-Straße vor. Der Abtransport der
Steine erfolgte mit der Kleinbahn. Die Verladestelle in Altoschatz lag
ja nicht weit vom Steinbruch entfernt. Auf dem Bahngelände gab es ein
spezielles Gleis mit einer Seitenrampe, das die schweren Verladearbeiten
etwas erleichterte. Bereits 1905 sollen in Altoschatz etwa 300
Wagenladungen Knollensteine im Jahr verladen worden sein. Diese Zahl
wird sich sicher in Laufe der Zeit noch wesentlich erhöht haben. Ein
Chronist schreibt 1947: „Ähnlich wie jetzt die kaolinbeladenen
Kleinbahnwagen ein Charakteristikum unseres Verkehrs darstellen, so
waren es in früheren Zeiten auch die mit Knollensteinen beladenen, die
bis nach Strehla gingen und dort auf Schiffe verladen wurden.“ Der Abtransport über die
Schmalspurbahn wurde 1906 recht bemängelt: „Die Altoschatzer
Steinbrüche, die an der Kleinbahn Oschatz - Mügeln gelegen sind, erfahren eine bedeutende Erhöhung
der Transportkosten dadurch, daß die Kleinbahn eine andere Spurweite als
die Hauptbahn hat und die Steine daher auf dem Hauptbahnhofe umgeladen
werden müssen. Auch der Wagenmangel, über den man seitens der
Steinbruchbesitzer Klage führt, zeigt, wie wenig man den Bedürfnissen
der Industrie von Seiten des Staates Rechnung trägt.“ Das Problem des Umladens
auf dem Hauptbahnhofe wurde durch den Einsatz von zweiachsigen
Rollböcken (1898) und Rollwagen (1912) zwar verbessert, es scheinen aber
nicht genügend vorhanden gewesen zu sein.
Wozu wurden die Steine
überhaupt verwendet? Eine Antwort darauf gibt
ein Beitrag aus dem Buch „Das Oschatzer Hügel- und Tieflandsgebiet
zwischen Mulde und Elbe“ von 1905: „Diese Steine werden gemahlen und
dann, mit 1 bis 2 % Kalk oder etwas Ton gemischt, in Ziegelform gebracht
und im scharfen Feuer gebrannt, wodurch man feuerfeste, zur Auskleidung
von Hochöfen, Bessemerbirnen usw. geeignete Steine, sogenannte
Dinasteine, erhält.“ Im " Erinnerungsblatt an
das Heimatfest zu Oschatz" aus dem Jahre 1906 steht geschrieben, dass
die Quarzitsteinbrüche der Gutsbesitzer Schubert - Altoschatz und
Klefeker - Oschatz „ ... ein gutes Material für die Chamottefabrikation
liefern, das in Zwickau i. S., Gleiwitz i. Schlesien. und Wittkowitz i.
Mähren gerne gekauft wird und namentlich als Material für Chamotteziegel
zum Bau der Hochöfen beliebt ist.“ In einem Beitrag des
Vereins für Naturkunde von 1913 wird zur Verwendung des sogenannten
Knollensteins folgendes ausgesagt: „Der gewonnene Quarzit wird zumeist
in der Cainsdorfer Marienhütte bei Zwickau zermahlen und findet wegen
seiner hervorragender Härte und Widerstandsfähigkeit gegen Hitze als
Glasur und Dinaziegel im Hochofen Verwendung.“ Ein weiterer
Verwendungszweck wird in der Jubiläumsausgabe des „Oschatzer
Gemeinnützigen“ von 1926 genannt: „Die Steine finden in
Eisenhüttenwerken als Beischlag in Hochöfen bei der Gewinnung des Eisens
Verwendung, da sie nach dem Durchglühen für das flüssige Eisen gut
durchlässige Schlacken bilden.“
Hier noch ein letzter
Beitrag zum Knollenstein von einem mir unbekannten Chronisten: „Der Wert der Steine war
zeitweise so hoch, daß man sie nach Gewicht, wie Braun-kohle, verkaufte.
Die besseren Qualitäten werden zu Dinasteinen verarbeitet, d. h. zu
Steinen zum Aussetzen der Hochöfen. Diese Steine zeigen fast keinen
Schwund, selbst bei größter Beanspruchung.“
Das Schlusswort zur
Steinbruchgeschichte möchte ich Manfred Müller überlassen. Er schreibt
in seinem „Rundblick“ von
1988: „Jahrzehntelang wurden am Südrand von Kleinforst im Tagebau
Knollensteine gebrochen. Zerkleinert und gebrannt ließen sich daraus
feuerfeste Schamottesteine herstellen. In den 30er Jahren gab es keinen
Bedarf mehr dafür. Der Steinbruch füllte sich mit Wasser. Es entstand
ein himmlisches Spielparadies für die Dorfjugend. In den 60er Jahren
verwandelten Müll und Schutt den alten Bruch. Dann kultivierten die
Anwohner und einige Oschatzer das aufgefüllte Gelände für Kohlrabi,
Salat und Blumen.“
Manfred Müller spielte
im letzten Satz auf die Aktivitäten des Kleingartenvereins „Goldene
Höhe“ an, der im Juni 1976 von 12 Mitgliedern gegründet wurde. Der
Kleinforster Paul Gast gehörte damals mit zu den Verwegenen, die sich an
die Aufgabe heranwagten. Er sagte einmal: „Beim Anblick von meterhohem
Unkraut und fehlendem
Mutterboden, ohne Wasser und Energieanschluss zweifelte mancher
seinerzeit daran, dass jemals daraus eine Kleingartenanlage werden
könnte“. Klärschlamm wurde aus der Zuckerfabrik herangefahren und 1978
mit dem Verlegen der Energieleitung und dem Wasserleitungsbau begonnen.
Im Jahre 1980 bekam der Verein nochmals Geländezuwachs, auf dem 12
weitere Gärten entstehen konnten. Ein Parkplatz wurde angelegt und ein
Mehrzweckgebäude gebaut. „Haben wir alles selbst geschaffen“, sagte 1996
Paul Gast, der über 20 Jahre lang Vorsitzender des Kleingartenvereines
war. So erholen sich heute
die Kleingärtner, wo einst die Steinbrucharbeiter harte Arbeit
verrichten mussten. Wir wollen es ihnen gönnen.
zurück zum Inhaltsverzeichnis |
weiterblättern |