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Die Kleinforstwasserleitung

Die Stadt Oschatz beschaffte sich das Wasser vor dem Bau des städtischen Wasserwerkes im Jahre 1888 aus Quellgebieten aus der näheren Umgebung.
Da war zunächst das Weinberg- und das Grünthalwasser, beide kamen aus dem Gebiet des heutigen Stadtparks. Erst viel später, gegen 1880, kam das Lampersdorfer Wasser dazu, das am Ende des Stadtwaldes auf den Pfarrwiesen kurz vor Lampersdorf gefasst und in Röhren entlang des Stranggrabens nach Oschatz geleitet wurde.
Es gab aber auch noch das sogenannte Kleinforstwasser, das uns bei der Beschreibung der Geschichte Kleinforsts besonders interessiert. Es wurde in einem Quellgebiet in der Nähe des Berggutes gefasst, das überwiegend auf Rosenthaler Flur, teilweise aber auch auf Altoschatzer Flur lag.
Von da aus lief das Wasser durch eine hölzerne Röhrenleitung durch den kleinen Forst, auf dessen Flur 1803 die Siedlung Kleinforst entstand, und von da aus weiter nach Oschatz. Hoffmann beschreibt in seiner Oschatzer Chronik den Verlauf so:
„Das Wasser aus jenen 8 Quellen geht, in Röhren gefaßt, den kleinen Forst hervor, den Berg herab, allda über die Döllnitz neben dem Steige durch die sogenannten Superintendents-Wiesen und dann weiter über den Mühlgraben, unter den Weiden am Mühlgraben herein bis zum Ausgange der Diakonats-Felder, von da aus bis an den Stadtgraben steigt, wo es bey dem Pulverthurme durch einen in der Stadtmauer gewölbten Bogen in die Stadt geleitet wird.“

Noch ausführlicher wurde die Kleinforstwasserleitung am 10. November 1899 vom Bauverwalter Anton Richter beschrieben:
„Die Kleinforstwasserleitung dient schon seit alten Zeiten zur Versorgung der Stadt Oschatz mit Wasser, früher waren auf dem Berggutsfelde 11 Brunnen gegraben, ausgemauert und durch hölzerne Röhren verbunden. Auf dem anliegenden Felde des Rittergutes Altoschatz war ein Brunnen vorhanden und dieser auch mit der Leitung verbunden. Die Rohrleitungen von dem Brunnen bis zum Brunnenhäuschen, welches auf dem Felde des Rittergutes Altoschatz sich befand, bestanden aus Holz, wie die ganze Leitung vom Brunnenhäuschen bis zur Stadt.
Später sind die Verbindungsleitungen von den Brunnen bis zum Brunnenhäuschen durch Thonrohre ersetzt worden.
Die Menge des der Stadt durch die Kleinforst- bzw. Weinbergs- und Grünthalleitung zugeführten Wassers entsprach nicht mehr den gesteigerten Bedürfnissen, zumal auch die alten Holzleitungen sehr oft Defekte zeigten, weshalb die städtischen Collegien Mitte der 70er Jahre Berathung darüber pflogen, ob eine neue Wasserleitung zu bauen, oder die alten Leitungen um- bez. auszubauen seien.
Das letztere Projekt erhielt die Zustimmung der städtischen Collegien und es wurde der Um- bez. Ausbau der Stadtwasserleitungen in den Jahren 1878 und 1879 unter Oberleitung des Herrn Baurath Bake aus Chemnitz ausgeführt.
Mit dem Umbau der Kleinforstwasserleitung wurde im Frühjahr 1878 begonnen und dieselbe noch in diesem Jahre beendet.
Zur Quellenfassung ist in der Hauptsache das alte Wassergebiet benutzt worden, nur auf dem Kleinforstfelde des Rittergutes Altoschatz hat unter Zustimmung des Herrn Schubert eine erhöhte Inanspruchnahme stattgefunden.

Bei der Anlegung ist wie folgt verfahren worden:
Vom Brunnenhäuschen ausgehend bestimmte man auf beiden Seiten und in der Sohle des Thales eine Anzahl Punkte, die allmählich immer etwas höher lagen, um etwas Gefälle für die Zuführung der erschlossenen Wässer nach dem Brunnenhäuschen zu erlangen.
Von diesen so bestimmten Punkten wurden schmale, 0,5 m breite Einschnitte seitwärts in den Berghang getrieben, bis man, ebenfalls mit etwas Steigung, auf die wasserführende Schicht traf und somit Wasser fand. Das auf diese Weise in 3 Einschnitten auf dem Kleinforstfelde und in 8 Einschnitten auf dem Berggutsfelde gefundene Wasser wurde nun mittels dreier nebeneinander gelegter Drainirröhren von 4,5 cm Weite nach dem Ausgange des Einschnittes bis zu einer Stelle hingeführt, wo die Sammelröhre ohngefähr 1,5 m tief in die Erde zu liegen kam.
Hier gossen die einzelnen 3 Drainirröhren ihr Wasser in ein aus Mauerziegeln angelegtes kleines Wasserkästchen von 40 cm Lichtweite aus, von welchem es dann in einer geschlossenen Steinzeugröhre von 5 bis 7 cm Lichtweite auf die eben so weite Hauptröhre geführt und mittelst dieser in dem geringen Gefälle von 1 : 625 nach dem neuen, an der Stelle des Brunnenhäuschens angelegten Sammelbrunnen geleitet wird.
Die Herstellung der Rieschen bez. Einschnitte auf dem Kleinforstfelde war besonders schwierig, weil dieselben in Felsen - dem jetztigen Quarzsteinbruch des Herrn Schubert - eingearbeitet werden mußten.
Die in der Nähe der dem Berggute gehörigen Brunnen noch befindlichen Brunnen der Stadtwasserleitung sind nicht mit auf die neue Steinzeugrohrleitung genommen worden, sondern in der ursprünglichen Anlage belassen worden, nur wird das Wasser mittelst einer selbstständigen eisernen 4,5 cm weiten Röhre, unter Anwendung eines verlorenen Gefälles unmittelbar in jenen Sammelbrunnen geführt.
Die Wassermenge des Kleinforstwassers vor dem Umbau war 1878 41,632 cbm.
Nach Vollendung der neuen Anlage im August 1878 60,089 cbm pro Tag.
Nach der Zerstörung der Leitung durch Herrn Schubert (durch Anlegen des Quarzitsteinbruches) betrug die Wassermenge
im
am
am
am
am
am

10.
12.
18.
4.
21.
August
September
Oktober
November
August
September
1898
1898
1898
1898
1899
1899
36,3
33,7
32,3
31,5
30,73
30,63
cbm
cbm
cbm
cbm
cbm
cbm





pro Tag

Die Leitung zur Stadt besteht aus 7 cm l. W. (lichte Weite) eisernen Röhren, sie liegt anfangs rechts neben dem Wirtschaftswege vom Sammelbrunnen aus, und von der in der Nähe des Dorfes Kleinforst befindlichen Wegkreuzung an links dieses Weges. (Nach der heutigen Straßenbezeichnung war die oben genannte Wegkreuzung der Abzweig Forststraße/Querstraße.)
Ferner überschneidet die Leitung den Kleinforster Dorfweg (die heutige Straße An der Aue) , liegt in den Feldern am Abhange unterhalb Kleinforst, durchschneidet dann die zum Rittergut Altoschatz gehörige Wiese, geht unter dem Bahnkörper der Döbeln - Oschatzer Bahn und dem Mühlgraben weg, und wird dann auf den Feldern des Rittergutes Altoschatz und dem Felde des Herrn Rentier Nitzsche entlang des Mühlgrabens bis zur Marthauseschen Fabrik, bez. durch diese zur Stadt geführt.
Die Einlegung der eisernen Röhren hat allenthalben auf der Strecke der alten Holzleitung stattgefunden. Der Bau wurde im April 1878 begonnen und war im Juli desselben Jahres beendet.
Der Aufwand für die Einschnitte auf dem Kleinforstfelde des Herrn Schubert wird gegen 700 M betragen haben, genaue Feststellung darüber ist nicht möglich, da die Kosten früher hierfür nicht getrennt geführt worden sind.“
Nach dem Höhenprofil der Kleinforstwasserleitung lag der Wasserstand im Sammelbrunnen bei 140 Metern über dem Meeresspiegel, der Ausfluss bei genau 138.52 Metern. Der tiefste Punkt ergab sich mit 121,27 Metern bei der Unterschreitung der Döllnitz. Für die Leitung wurden gusseiserne Röhren verwendet, die das Lauchhammerwerk Gröditz lieferte.

Nach dem alten Oschatzer Wasserleitungsplan aus der gleichen Zeit, endete die Kleinforstwasserleitung unmittelbar neben dem Turm an der Ratsfronfeste. Im Plan des Königlichen Baurates E. Bake ist an diesem Endpunkt ein massives und überdachtes Bauwerk mit zwei übereinanderliegenden Wasserbehältern eingezeichnet. Der untere Behälter lag in einem Kellergewölbe, hier floss das Wasser der Grünthal- und Weinbergleitung bei genau 132,54 Meter über N.N. ein. Über eine außenliegende Steigleitung gelangte das Wasser der Kleinforstleitung in den oberen Behälter. Das Niveau lag aber da schon bei 138 Metern und damit nur etwa einen halben Meter unter der Abgangshöhe im kleinen Forste!
Der Wasserbehälter ist in den 2 Plänen des Baurates Bake eingezeichnet. Aber hat es dieses Bauwerk tatsächlich gegeben? Diese Frage kann eindeutig mit „ja“ beantwortet werden. Bürgermeister Härtwig bestätigt das in seinem Buch „Altes und Neues aus Oschatz“, das 1906 erschienen ist. Er schreibt wörtlich: „ ... ersetzte bei sämtlichen Leitungen die hölzernen durch eiserne Röhren, baute am Altoschatzer Tor, am alten Stadtturm ein neues Gebäude mit zwei übereinanderliegenden Behältern ... auf.“
Die Behälter waren gemauert und hatten die Form eines Tunnelgewölbes. Man verwendete dazu scharf gebrannte Ziegel, „ .... die beim Aufschlagen einen hellen Klang ergeben müssen“. Mit dem Bau des städtischen Wasserwerkes 1888 und der Errichtung des ersten Wasserturmes am westlichen Ortsausgang von Oschatz verlor der Wasserbehälter seine Bedeutung. 1914 wurde das Gebäude erweitert und zu einem Heim für Obdachlose umgebaut. Anfang 1951 zog dann das Oschatzer Stadtmuseum in die Räume ein und nutzt diese seitdem für seine Ausstellungen. Aus dem Wasserbehälter der Grünberg- und Weinbergleitung entstand der Museumskeller. Trotzdem man das Niveau des Fußbodens angehoben hat, kann man beim Betreten des Gewölbes noch heute erahnen, welche Funktion es früher einmal hatte, vorausgesetzt, man kennt seine Geschichte.
Bei der Verlegung der gusseisernen Wasserleitungsröhren wurden auch einige Feldparzellen berührt, die einige Kleinforster Anwohner vom Rittergut Altoschatz gepachtet hatten. Es betraf insgesamt 13 Pächter, die südlich und 2 Pächter, die östlich der Siedlung ein Feld hatten. Sie forderten eine Entschädigung für den entstandenen Schaden, besonders für den Ernteausfall an Feldfrüchten. Insgesamt wurden 24 Mark gezahlt, „ ... wobei zu bemerken gewesen, dass der Parzellenpächter Wetzig sowie die verw. Frau Pöschel ihre Erklärung schriftlich nicht abgegeben hatten, weil sie versicherten, nicht schreiben zu können“.

Das Recht, im kleinen Forst Wasser zu fassen und in die Stadt zu leiten, hatte sich die Stadt Oschatz schon vor „urvordenklichen“ Zeiten, wie es in alten Unterlagen heißt, gesichert. Wasser war ja auch für die Existenz einer Stadt von ungeheurer Bedeutung.
Die erste Erwähnung des Wasserrechts der Stadt Oschatz im kleinen Forst finden wir in einem Vergleich, der zwischen Christoph von Bibra zu Altoschatz und dem Rat zu Oschatz im Jahre 1513 abgeschlossen wurde. Es heißt dort:
„ ... so soll nun hin forder der Rath auf vielgedachten Christoph von Bibra Gütern im kleinen Forste, wo und an welchem Orte sie wollen, Wasserquellen suchen, besäumen und eröffnen lassen und gemeiner Stadt zu Nutze in Röhren weisen und leiten lassen, ohne mehrere Einsprache und Widerrede.“
Wir scheinen hier ganz am Anfang der Wassernutzung im kleinen Forst zu sein, sonst würde es in diesem Schreiben nicht heißen:
„Aber wenn der Rath die Quelle hat besäumen und fassen lassen, sodann sollen durch den Rath oder Rohrmeister dieselbigen Quellen oder Borne gedeckt werden, auf daß das Vieh nicht in den Bornen Schaden nehmen kann.“

Auch Hoffman weist darauf hin, dass das Kleinforstwasser zeitlich später als das Berg- und Grünthalwasser gefaßt wurde, denn er schreibt: „ ... das Bergwasser und das Grünthalwasser mögen die ältesten seyn.“ Er bezeichnete das Weinbergwasser noch als Bergwasser.
Im Jahre 1680 wurde das Vorwerk in Altoschatz, zu dem auch der kleine Forst gehörte, von der Stadt verkauft. Im Vertrag wurde ausdrücklich festgehalten,
„ ... daß der Käufer schuldig sein soll, dem Rath und der Stadt das Röhrwasser aus dem kleinen Forste, inglichen dasjenige so in Forbergs Holze ( jetzt Berggut) gefaßt wird, durch den kleinen Forst führen und es also bey dem zwischen dem Rath und Christoph Bibram 1513 aufgerichteten Receß verbleiben zu lassen.“

1685 kaufte übrigens Hans Heinrich Höppner das Vorwerk Altoschatz mit dem kleinen Forst und vereinigte dieses mit dem Rittergut Altoschatz.
Das Quellgebiet lag am westlichen Ende des kleinen Forstes, in unmittelbarer Nähe des Berggutes. In einer Karte von 1787 wurde dieses Gebiet mit folgendem Text versehen: „5 Brunnen wo aus Wasser durch Röhren in die Stadt geleitet wird.“
Der kleine Forst war ein Waldstück, dass sich zwischen dem jetzigen Stadtpark und dem Berggut hinzog. Der letzte Rest dieses Waldstückes, der noch in der Nähe des Berggutes verblieben war, wurde um 1860 abgeholzt und urbar gemacht. Es handelte sich genau um das Gebiet, woraus die Stadt Oschatz seit Menschengedenken ihr Wasser bezog. Die ganze Aktion hatte der Besitzer des Berggutes, Herr Steiger, in die Wege geleitet. Er ließ nicht nur abholzen, sondern legte auch noch eine Drainage zur Ableitung des Wassers an und grub damit der Stadt Oschatz regelrecht das Wasser ab. Zu allem Unglück düngte er auch noch die gerodeten Flächen und sah darin überhaupt kein Problem. Gegenüber der Stadt gab er folgende Erklärung ab:
„Die Verunreinigung durch die Bodendüngung ist naturwissenschaftlichen Erfahrungsgrundsätzen zufolge durchaus unbegründet. Die Flüssigkeit, welche durch den Erdboden sickert, wird durch diesen vollständig geläutert und gereinigt. Wenn je ein unreiner Beigeschmack wahrgenommen sein sollte, so muß dieser in etwas ganz anderem als in der Düngung des Berggutsfeldes seinen Grund gehabt haben.“
Die Brunnen im Quellgebiet waren alle, bis auf einen, mit Steinen und Erde bedeckt. Insgesamt waren es zu diesem Zeitpunkt 11 Stück!
Steiger hatte mit seinen Aktivitäten das verbriefte Recht der Stadt Oschatz zur Wassergewinnung auf der Flur des Berggutes verletzt und wurde von der Stadt 1864 verklagt. Da wurden alte Lehnbriefe hervorgesucht um zu beweisen, dass sich der Besitzer des Bergguts nicht anmaßen darf, Eigentümer der Röhrenbrunnen zu sein, obwohl sie sich auf seinem Grund und Boden befinden. Sogar die Aufzeichnungen des Stadtchronisten Hoffmann wurden als Beweismittel mit herangezogen, da er das Wassergewinnungsrecht im 2. Teil seiner Chronik ausdrücklich mit aufgeführt hatte.

Nach vielen Jahren des Streites kamen beide Seiten 1870 zur Einsicht, dass es besser und billiger wäre, sich in Form eines Vergleiches zu einigen. Nach einer Menselblatt-Kopie fertigte der Revierförster Müller eine genaue Zeichnung der betreffenden Flurstücke an, in die noch im gegenseitigen Einverständnis eine „Demarcationslinie“ eingezeichnet wurde. Auf dem Felde zwischen dieser Linie und dem Communicationsweg Nr.98 (die heutige Forststraße) sollte nun weder die Stadtgemeinde noch der Berggutsbesitzer Steiger neue Brunnen anlegen oder sonstige Eingriffe vornehmen.
Mit diesem Vergleich zog erst einmal wieder Frieden ein. Die Stadt begann Mitte der 80er Jahre ein neues Wasserleitungsnetz aufzubauen und errichtet ein eigenes Wasserwerk, das 1888 in Betrieb ging. Sie war damit weitgehend unabhängig von den alten Wasserzuleitungen geworden und verpachtete deshalb das Kleinforster Wasser für 300 Mark im Jahr an die Firma Ambrosius Marthaus, die damals noch am Spinnereiberg ansässig war (heute Elektrobau Oschatz GmbH).
Im August 1897 stellte die Firma Marthaus jedoch fest, das die Wassermenge aus der Kleinforstleitung immer mehr nachließ. Zum Glück konnte man über eine zweite Leitung noch Wasser aus dem Mühlgraben entnehmen, sonst wäre bei Marthausens der Notstand ausgebrochen.
Der Grund für die geringere Wasserzufuhr war schnell gefunden. Mitte der 90er Jahre hatte der Rittergutsbesitzer Schubert in der Nähe des Berggutes, auf dem sogenannten Kleinforstfelde, einen Steinbruch eingerichtet. Bei fortschreitendem Abbau kam er 1897 in das Gebiet, wo im Jahre 1878 von der Stadt Oschatz Rohre für die Wassergewinnung gelegt wurden. Diese waren nun beim Abtragen des Gesteins zerstört und herausgerissen worden. Außerdem ließ Schubert noch einen Abflussgraben zur Entwässerung seines Steinbruches anlegen, wodurch das Wasser aus dem Quellgebiet abgezogen wurde.

Dieser Vorgang führte natürlich wieder zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, da sich die Stadt mit Schubert nicht gütig einigen konnte. Der Prozess zog sich jahrelang in mehreren Instanzen hin und kostete beide viel Geld. In einem Schreiben an den Bürgermeister Härtwig teilten die Rechtsanwälte im Januar 1902 mit, dass das Oberlandesgericht mit dem verkündeten Urteil in der Hauptsache zu Gunsten der Stadtgemeinde entschieden hätte, nur bezüglich des Wassersuchungsrechts wäre auf Zurückweisung der Berufung erkannt worden.
Man einigte sich im Oktober 1904 mit Schubert letztlich in einem Vergleich. Schubert zahlte der Stadt Oschatz eine Abfindung in Höhe von 2000 M, die gerichtlichen Kosten wurden geteilt, die außergerichtlichen Kosten gegeneinander aufgehoben. Die Stadt verzichtete auf das Wassergewinnungsrecht auf der Parzelle 97 des Rittergutes, behielt aber erst einmal weiterhin das Recht, Wasser über die Rittergutsfluren leiten zu dürfen.

Noch während sich die Stadt mit Schubert in den Haaren lag, eröffnete auch die Besitzerin des Berggutes, Frau Alma Steiger, auf ihrem Gelände einen Steinbruch. Dieser lag unmittelbar neben dem Steinbruch von Schubert und beeinträchtigte die Wassergewinnung der Stadt in noch viel größerem Maße, da die Anlagen hauptsächlich auf diesem Gelände lagen.
Die Anlegung des Berggut-Steinbruches erfolgte im Mai 1899 von einem Carl Hallbach aus Dresden, der das Gelände von der Besitzerin des Berggutes gepachtet hatte. Die Arbeiten im Steinbruch führten nicht nur zu einer Verringerung der Wassermenge, sondern auch noch zu einer Verunreinigung des Wassers.
Gegen Frau Alma Steiger wurde nun im Oktober 1902 auch gerichtlich vorgegangen. Nach einer einstweiligen Verfügung des Königlichen Landgerichts Leipzig musste im Frühjahr 1904 der Steinbruchbetrieb erst einmal eingestellt werden. Letzten Endes einigten sich aber auch diesmal beide Parteien in einem Vergleich. Frau Steiger überließ der Stadt eine Wiese in der Zschöllauer Flur und die sogenannte Torfwiese am städtischen Wasserwerk für 9000 M. An beiden Flurstücken, insgesamt 12 Acker groß, war die Stadt Oschatz außerordentlich interessiert, um das Wassereinzugsgebiet am städtischen Wasserwerk schützen zu können. Dafür gab die Stadt das ihr seit „urvordenklichen“ Zeiten zustehende Wasserrecht auf dem Felde des Berggutes auf. Das bedeutete für Frau Steiger, dass sie jetzt ihren Steinbruch weiter betreiben konnte. Diesen Vergleich beschreibt auch der Bürgermeister Härtwig in seinem Buch „Altes und Neues aus Oschatz“ von 1906 sehr ausführlich.
Der Stadtrat zog am 23. Februar 1905 einen Schlussstrich unter die langjährigen Auseinandersetzungen mit folgenden Worten: „Somit ist nun das gesamte Wasserrecht, das den Streitgegenstand bildete, erledigt und hinfällig“.
Der Ordnung halber wurde noch festgelegt, dass alle Akten und Zeichnungen zu diesem Thema zu vereinigen und im Archiv aufzubewahren sind. Und dort liegen sie noch heute!

Im nachfolgenden Kapitel werden wir der Kleinforstwasserleitung auf sonderbarer Weise wiederbegegnen!



Ein sensationeller Fund

Im April 2001 begannen in Kleinforst die Arbeiten für die neuen Entsorgungsleitungen für Abwasser und Oberflächenwasser. Bei diesen Arbeiten wurden sämtliche Straßen aufgebaggert, um die neuen Rohre verlegen zu können. Die Buddelei durch ganz Kleinforst hindurch brachte für die hiesigen Heimatfreunde auch die Gelegenheit, auf historische Entdeckungen zu gehen. Als unterhalb der Grundstücke Kempe und Hiersemann im August 2001 die alte Müllhalde durchschnitten wurde, kamen auch verschiedene Abfallprodukte der Vergangenheit zum Vorschein. Unter anderem waren auch einige alte Bierflaschen mit Schnappverschluss dabei. Die Kleinforster waren schon immer wählerisch, denn es fanden sich die Flaschen vom Riebeckbräu, Dresdner Felsenkeller, Bergschlößchen Dresden und von der Dampfbrauerei Zwenkau. Sogar eine Flasche der Oschatzer Brauerei Carl Stoll war dabei und damit hatte man schon eine historische Kostbarkeit gefunden. Dieser Betrieb bestand wahrscheinlich bis etwa 1920, im Stadtbuch wird 1896 August Carl Stoll als Bierhändler und Mineralwasserfabrikant geführt. Er war lt. Adressbuch in der Breiten Straße 30 ansässig.
Der wertvollste Fund erschien aber an einer ganz anderen Stelle. Schon von Anfang an wurden die Mitarbeiter der Firma ADW Ingenieurtiefbau GmbH Gaunitz darauf hingewiesen, dass sie bei ihren Schachtarbeiten irgendwann einmal auf die alte Kleinforstwasserleitung stoßen müssten. Aber zunächst kamen „nur“ die alten gusseisernen schwarzen Rohre der ersten Kleinforster Wasserleitung von 1928 zum Vorschein, die damals das Lauchhammerwerk geliefert hatte. Sie waren fast völlig mit Kalkablagerungen zugesetzt und „sauschwer“. Diese gemufften Rohre hatten einen äußeren Durchmesser von 120 mm und eine Wandungsstärke von 10 mm. Für die Nachwelt wurde natürlich ein kleines Stück gesichert.
Nun schien es so, als sollte die alte Kleinforstwasserleitung nie gefunden werden, denn die Schachtarbeiten waren eigentlich schon so gut wie abgeschlossen. Bei der Planierung des Untergrundes für den neuen Straßenbelag in der Querstraße geschah am 24. April 2003 aber das große Wunder. In etwa 50 cm Tiefe, also nur knapp unter dem bisherigen Straßenniveau, stieß das Schiebeschild auf etwas Hölzernes, was sich nach genauerem Betrachten als ein Stück Wasserleitung herausstellte. Die Beschäftigten der Firma ADW, zu denen auch der Kleinforster Jörg Müller gehörte, machten sich die Mühe und legten die Röhre vorsichtig frei. Danach kam noch eine zweite zum Vorschein, die sogar noch besser erhalten war. Ein Verbindungselement der beiden Röhren wurde leider nicht gefunden. Das wäre dann ein sogenannter Born- oder Teuchelring gewesen, der beim Aneinanderlegen der Röhren in die beiden Stirnenden eingedrückt wurde. Damit er nicht auf einer Seite ganz hineinrutschte, war in der Mitte des Blechringes eine Wulst als Anschlag eingearbeitet. Er dichtete so die Wasserleitung an der Verbindungsstelle zuverlässig ab.
Im Rahmen der Straßenbauarbeiten war die Suche nach weiteren Fundstücken nicht weiter möglich und so blieb es bei dieser Entdeckung.
Die eine der beiden hölzernen Wasserleitungsröhren hatte noch die ursprüngliche Länge. Wenn man das Maß von 3,40 Meter umrechnet, kommt man ziemlich genau auf eine Länge von 6 Ellen. Das scheint früher ein gängiges Maß für Wasserleitungsröhren gewesen zu sein, denn im Stadtbuch von Oschatz wird 1478 erwähnt, dass dem Zimmermann Matthes für das Bohren und Verlegen eines Schocks sechselliger Röhren fünfzig Groschen versprochen wurden.
Der Außendurchmesser betrug ursprünglich etwa 20 Zentimeter, die Bohrung ca. 70 Millimeter, was wiederum dem früheren Maß von 3 Zoll entsprechen würde.
Das Alter der in Kleinforst gefundenen Wasserleitungsröhren kann mit Hilfe einer dendrochronologischen Bestimmung leider nicht mehr ermittelt werden, da die dazu notwendigen 40 Jahresringe durch die Bohrung nicht mehr vorhanden sind. Sollten die Fundstücke tatsächlich noch aus der ersten Verlegung stammen, wären sie fast 500 Jahre alt!
Nach der Sicherung der Fundstücke und der Unterbringung in einem Keller stand dann schnell die Frage: Wie nun weiter damit. Nach Auskunft verschiedener Fachleute würde das Holz durch den Trockenprozess zerfallen, wenn nicht umgehend eine Konservierung durchgeführt würde. In Nachhinein muss diese Annahme bestätigt werden, da sich nach dem Trocknen einiger Reststücke herausstellte, dass das Holz federleicht wurde. Das beweist, dass ein Teil der Holzinhaltsstoffe gar nicht mehr vorhanden ist.<
Über die Möglichkeiten der Konservierung gehen die Meinungen der Fachleute weit auseinander und es war gar nicht so einfach, sich für eine Methode zu entschließen. Letztlich wurde eine Röhre über einige Wochen hinweg vollständig in eine hochprozentige Zuckerlösung eingetaucht und danach ganz langsam in einem feuchten Raum getrocknet. Der im Holz eingelagerte Zucker übernahm die Aufgabe, das Holz wieder zu verfestigen, was sich an der Gewichtszunahme auch bemerkbar machte. Der Erhalt scheint gesichert. Diese Methode war die preisgünstigste und wurde auch schon erfolgreich bei der Konservierung eines Schiffswrackes aus dem 16. Jh. im Husumer Schifffahrtsmuseum angewendet.
Auch wenn wir die beiden Funde nun wirklich nicht miteinander vergleichen können, ein bisschen stolz sind wir Kleinforster auf unsere hölzerne Wasserleitungsröhre aber auch!



Die Steinbrüche des Rittergutes Altoschatz und des Berggutes Rosenthal

Die Entdeckung des Quarzitgesteines im Gebiet unweit des Berggutes ist auf einen Zufall zurückzuführen, wenn man einem Beitrag in der Jubiläumsausgabe des „Oschatzer Gemeinnützigen“ vom 1. Oktober 1926 Glauben schenken darf:
„Ende der achtziger Jahre stießen Ackerleute auf dem zum Rittergute gehörigen Felde hinter Kleinforst auf eine Ader mit anderer Gesteinsart als der in Altoschatz gebrochenen. Da die Steine leicht verwitterten, waren sie weder als Bau- noch als Straßensteine zu verwenden. Die beim Ackern herausgehobenen Steine wurden daher zunächst an der Seite des Weges in langer Reihe angehäuft, bis eines Tages ein vorübergehender Fremder über den Wert und die Verwendung der Gesteinsart (Quarzit) Aufschluß gab und für Abnehmer sorgte. Nun entstand der erste Steinbruch hinter Kleinforst.“


Der Steinbruch des Rittergutsbesitzers Schubert

Die Initiative zur Eröffnung eines Steinbruches ergriff der Altoschatzer Rittergutsbesitzer Schubert als Erster. Er begann etwa 1895 mit der Erschließung eines Geländes, das sich auf der Parzelle 97 der Flur Altoschatz befand und zur Flur Kleinforst gehörte. Die genauen Grenzen können nicht mehr belegt werden, es ist aber anzunehmen, dass sich der Steinbruch in dem Gebiet der heutigen Kreuzung Paul-Schuster-Straße / Querstraße befunden haben muss. In Richtung Berggut erstreckte er sich bis an die Flurgrenze zu Rosenthal.
Bei dem Gestein handelte es sich um ein Quarzitgestein. Es besteht aus Quarzkörnern, die durch Kieselsäure gebunden sind. Quarzit enthält stets auch einen geringen Anteil Kaolin. Es entstand aus Sedimenten, die sich an den Wurzeln tertiärer Pflanzen ablagerten. Nicht selten sieht man deshalb noch die Abdrücke von Wurzeln und Stängeln oder eigenartige „Bohrgänge“, die diese im Gestein hinterließen. Früher war für diese Gesteinsart auch der Ausdruck „Knollenstein“ geläufig.
Um Kleinforst herum findet man diese Steine noch häufig an Wegrändern und auf Feldern. Und mancher Kleinforster wird sich schon beim Schachten mit einem mehr oder weniger großen Brocken in seinem Grundstück herumgeschlagen haben.
Im Schubert´schen Steinbruch lagerte über dem Quarzitgestein eine Tonschicht, die von etwas Kohle durchzogen war. Auf den Ton folgte Flussschotter und als oberste Schicht Lehm und Erde.
In einem Situationsbericht aus dem Jahre 1897 werden die Arbeiten im Steinbruch beschrieben. Danach hatte Schubert seinen Quarzitsteinbruch immer mehr erweitert und war nun auch auf das Gebiet gekommen, auf dem 1878 die neuen Rohre für die Oschatzer Wasserleitung verlegt wurden. Der Bauverwalter Richter berichtete dazu, dass diese Drainagerohre beim Abbau des Gesteins zerschlagen und herausgerissen wurden. Ein unglaublicher Vorgang, zumal die Rohre erst vor 19 Jahren verlegt wurden.
Ärger bereitete auch die Anlegung des Entwässerungsgrabens entlang des benachbarten Berggutfeldes. Dadurch hingen jetzt die Sammelrohre zum städtischen Sammelbrunnen streckenweise in der Luft, ein Rohr war sogar zerschlagen worden. Der Bauverwalter Richter berichtete: „Durch all diese Maßnahmen ist nun das Wasser in der Quantität sehr zurückgegangen“.
Er hatte auch mit Schubert über die angerichteten Schäden gesprochen und die Meinung Schuberts dazu aufgeschrieben:
„Er habe seinerzeit genehmigt, daß die Stadtgemeinde die Rieschen (Graben zur Wasserfassung) herstelle, jetzt werde und müsse er die Steine herausnehmen, er werde die Bruchstelle durch das gewonnene Erdreich nach und nach wieder zufüllen und wenn die Stadtgemeinde alsdann wieder Rieschen herstellen wolle, so werde er dem nicht hinderlich sein. Auf so lange als Steine dort gebrochen würden, müsse auch der hergestellte Abzugsgraben bleiben, da er sonst das Wasser im Bruche nicht los werde.“
Zu den oben erwähnten Rieschen muss noch bemerkt werden, dass diese 1878  mit großem Aufwand in das Quarzitgestein eingearbeitet werden mussten, was natürlich auch eine Menge Kosten verursachte. Neben der Verletzung des Wasserrechts war das für die Stadt Oschatz ein weiterer Grund dafür, sich mit Schubert auseinander zu setzten, wenn notwendig auch vor Gericht.

Im Jahre 1900 wurde der Steinbruchbetrieb auf dem Gelände des Rittergutes Altoschatz eingestellt. Er wird etwa 5 Jahre bestanden haben. Wie viele Arbeiter Schubert in seinem Steinbruch beschäftigt hatte, geht aus keinen Unterlagen genau hervor. Sicher ist nur, dass der Kleinforster Friedrich Karl Lucas als Vorarbeiter in seinem Steinbruch tätig war. Außer ihm waren es aber sicher noch andere Kleinforster, denn Steinbrecher gab es in Kleinforst eine ganze Menge.
Im August 1902 wird ein letzter Bericht über den stillgelegten Steinbruch verfasst:
„Der von Schubert ausgehobene Graben besteht noch, wenigstens in seinem unteren Theil, im oberen Theile ist zwar Erdreich aufgeschüttet, aber es befindet sich eine Schleuse darunter, durch die Wasser in erheblicher Menge abläuft. Dieses Wasser kommt in der Hauptsache nicht aus dem zum Theil aufgeschütteten Schubert´schen Steinbruch, sondern aus dem auf dem Berggutsgrundstück angelegten, im übrigen vorzügliches Quarzgestein in großen Mengen enthaltenen, Steinbruche.“

Damit sind wir am Anfang einer neuen Geschichte:

Der Steinbruch der Berggutsbesitzerin Steiger

Dieser Steinbruch lag auf dem Gelände des Berggutes und befand sich somit auf der Flur Rosenthal. Er grenzte unmittelbar an das Steinbruchgelände des Rittergutes Altoschatz an.
Frau Alma Steiger, die Besitzerin des Berggutes, wollte sich mit der Anlage des Steinbruches neben der Landwirtschaft eine zweite finanzielle Einnahmequelle schaffen. Sie sagte selbst: „Da bei der misslichen Lage der Landwirtschaft mit jeder Nebeneinnahme gerechnet werden muss, so möchte ich auch den Quarzsteinbruch fernerhin in Gange halten.“
Frau Steiger hatte den Steinbruch an Herrn Carl Hallbach aus Dresden verpachtet, der ein Fachmann auf diesem Gebiet war. Nachfolgend der Text einer Niederschrift von ihm vom Dezember 1903:
„Am 13. oder 14. Mai 1899 habe ich den jetzt auf dem Bergguts-Areale befindlichen Steinbruch eröffnet, den ich noch heute gepachtet habe. Sowohl Schubert als auch ich ließen an der Grenze des Schubertschen- und des Berggut-Areals einen Rain stehen und zwar jeder 1 m breit. Am anderen Rain angrenzend habe ich etwa ½ Jahr nach Betriebseröffnung das Quarzgestein an einer Stelle abgebaut bis auf die jetzige Bruchsohle, wo wieder Erde kommt und von da aus ist dann in seitlicher Richtung das Gestein immer weiter abgebaut worden, bis etwa Anfang 1902 die ganze Grenze zwischen Bergguts- und dem Schubertschen Areal umgebaut war. Die Raine, die wir hatten stehen lassen, sind Anfang 1902 auch beseitigt worden.
Ich habe bereits ½ Jahr nach Betriebseröffnung mit Schubert mich darüber geeinigt, daß das in meinem Steinbruch zu Tage tretende Wasser in den Schubertschen Graben abfließen durfte, da ich sonst einen anderen Graben auf dem Areal des Bergguts Rosenthal hätte anlegen müssen, um das Wasser los zu werden. Neuerdings habe ich das auch getan.
Die Stelle, an der ich zuerst das Gestein bis zur Bruchsohle abgebaut habe, lag etwa in der Mitte an dem das Schubertsche und das Berggut abgrenzenden Raines. Ich habe beim Abbau von der tiefsten Stelle der Senkung her eine Einfahrt angelegt.“

Das sich ansammelnde Wasser war für den Betreiber des Steinbruches ein fortwährendes Problem. Bereits im September 1899 bemerkte der Bürgermeister Härtwig,
„ ... daß in dem Steinbruche eine Baupumpe stand, deren Zustand erkennen ließ, daß sie kurz vorher benutzt war und die nach Angabe der deshalb befragten Steinbrucharbeiter täglich, insbesondere des Morgens, benutzt wird, um die zufließenden Grundwasser zu beseitigen, weil sonst der Steinbruch nicht betrieben werden könne".
Eventuell war es die gleiche Pumpe, die 1904 noch einmal erwähnt wird und im hinteren Teil des Steinbruches eingesetzt war. An dieser handbetriebenen Baupumpe arbeiteten ständig 2 Mann. Eine Messung ergab, dass pro Stunde 7200 Liter Wasser aus dem Gelände herausliefen. Zu diesem Zeitpunkt waren im Steinbruch 18 Arbeiter beschäftigt!

Die Quellfassungen auf dem Gelände des Berggutes wurden durch die Abbrucharbeiten nicht berührt, da die Steine von der Schlucht auswärts gebrochen wurden. Durch den Abbau des Gesteins und durch das Ableiten des Wassers senkte sich aber der Grundwasserspiegel ganz bedeutend ab. Das war die Ursache dafür, dass die Ergiebigkeit der Wassergewinnung auf dem Berggutsfelde noch weiter zurückging.
Schon wenige Tage nach Beginn der Steinbrucharbeiten richtete deshalb die Stadt Oschatz im Mai 1899 eine Beschwerde an Frau Alma Steiger und forderte die Einstellung der Arbeiten.
Der Einspruch blieb aber ohne Erfolg. Frau Steiger bestritt, dass das Wasserrecht der Stadt überhaupt beeinträchtigt würde. Ihr Rechtsanwalt schrieb über seine Mandantin:
„Doch ist sie zu einer gütlichen Vereinbarung, vielleicht einer Ablösung des für die Stadt jetzt ja fast wertlosen Rechtes bereit, bittet aber, den Preis von vornherein nicht hoch zu stellen, da sie sonst den Rechtsweg vorzieht.“

Die Stadt Oschatz erreichte erst im Februar 1904 über die Civilkammer des Königlichen Landgerichts Leipzig eine einstweilige Verfügung, die den Betrieb des Steinbruches auf den Flurstücken 28 und 29 des Flurbuches für Rosenthal für einen bestimmten Bereich untersagte.
Noch schwerwiegender für den Betrieb des Steinbruches war aber die Festlegung, dass der künstlich hergestellte Wasserabfluss so zu beseitigen ist, dass aus dem Steinbruch kein Wasser mehr abfließen kann. Bald zeigte sich auch schon das Ergebnis: Der Steinbruch war Ende März 1904 vollständig mit Wasser vollgelaufen.
Die Stadt Oschatz und Frau Steiger einigten sich in dieser Sache in einem Vergleich, der schon im vorhergehenden Kapitel „Die Kleinforstwasserleitung“ behandelt wurde. Damit konnte der Steinbruchbetrieb weitergehen.

Nach dem Steinbruchpächter Hallbach taucht in Bauunterlagen1913 ein neuer Betreiber auf: Die Oberschlesische Chamotte-Fabrik A.G. Gleiwitz. Unter ihrer Regie wurde eine elektrische Anschlussleitung in den Steinbruch gelegt und eine Aufzugsvorrichtung gebaut. Mit einer elektrisch betriebenen Seilwinde konnten jetzt beladene Kipploren über ein Aufzugsgleis von der Bruchsohle nach oben gezogen werden. Damit konnte man den Abraum aus dem Steinbruch herausbefördern und in unmittelbarer Nähe des Steinbruches abkippen. Es entstand die gewaltige Abraumhalde, deren Ausmaße heute noch deutlich zu erkennen sind.
Einen kleinen Einblick in den Steinbruch erlaubt ein Lageplan von 1913. Direkt auf der Steinbruchsohle befand sich damals das Brunnenhaus. Außerhalb des Steinbruches stand das mit Brettern verschalte Maschinenhaus des Aufzuges und das Pumpenhaus, etwas unterhalb im Steinbruchgelände eine „Leutebude“ und ein Pulverhäuschen. Oben am Feldweg, in der Nähe der Rittergutsmauer, stand eine kleine Schmiede zum Schärfen der Werkzeuge. Ein Weg führte direkt aus dem Steinbruch heraus und ging bis zur Hermann-Scheibe-Straße vor.
Der Abtransport der Steine erfolgte mit der Kleinbahn. Die Verladestelle in Altoschatz lag ja nicht weit vom Steinbruch entfernt. Auf dem Bahngelände gab es ein spezielles Gleis mit einer Seitenrampe, das die schweren Verladearbeiten etwas erleichterte. Bereits 1905 sollen in Altoschatz etwa 300 Wagenladungen Knollensteine im Jahr verladen worden sein. Diese Zahl wird sich sicher in Laufe der Zeit noch wesentlich erhöht haben. Ein Chronist schreibt 1947: „Ähnlich wie jetzt die kaolinbeladenen Kleinbahnwagen ein Charakteristikum unseres Verkehrs darstellen, so waren es in früheren Zeiten auch die mit Knollensteinen beladenen, die bis nach Strehla gingen und dort auf Schiffe verladen wurden.“
Der Abtransport über die Schmalspurbahn wurde 1906 recht bemängelt:
„Die Altoschatzer Steinbrüche, die an der Kleinbahn Oschatz - Mügeln gelegen sind, erfahren eine bedeutende Erhöhung der Transportkosten dadurch, daß die Kleinbahn eine andere Spurweite als die Hauptbahn hat und die Steine daher auf dem Hauptbahnhofe umgeladen werden müssen. Auch der Wagenmangel, über den man seitens der Steinbruchbesitzer Klage führt, zeigt, wie wenig man den Bedürfnissen der Industrie von Seiten des Staates Rechnung trägt.“
Das Problem des Umladens auf dem Hauptbahnhofe wurde durch den Einsatz von zweiachsigen Rollböcken (1898) und Rollwagen (1912) zwar verbessert, es scheinen aber nicht genügend vorhanden gewesen zu sein.

Wozu wurden die Steine überhaupt verwendet?
Eine Antwort darauf gibt ein Beitrag aus dem Buch „Das Oschatzer Hügel- und Tieflandsgebiet zwischen Mulde und Elbe“ von 1905: „Diese Steine werden gemahlen und dann, mit 1 bis 2 % Kalk oder etwas Ton gemischt, in Ziegelform gebracht und im scharfen Feuer gebrannt, wodurch man feuerfeste, zur Auskleidung von Hochöfen, Bessemerbirnen usw. geeignete Steine, sogenannte Dinasteine, erhält.“
Im " Erinnerungsblatt an das Heimatfest zu Oschatz" aus dem Jahre 1906 steht geschrieben, dass die Quarzitsteinbrüche der Gutsbesitzer Schubert - Altoschatz und Klefeker - Oschatz „ ... ein gutes Material für die Chamottefabrikation liefern, das in Zwickau i. S., Gleiwitz i. Schlesien. und Wittkowitz i. Mähren gerne gekauft wird und namentlich als Material für Chamotteziegel zum Bau der Hochöfen beliebt ist.“
In einem Beitrag des Vereins für Naturkunde von 1913 wird zur Verwendung des sogenannten Knollensteins folgendes ausgesagt: „Der gewonnene Quarzit wird zumeist in der Cainsdorfer Marienhütte bei Zwickau zermahlen und findet wegen seiner hervorragender Härte und Widerstandsfähigkeit gegen Hitze als Glasur und Dinaziegel im Hochofen Verwendung.“
Ein weiterer Verwendungszweck wird in der Jubiläumsausgabe des „Oschatzer Gemeinnützigen“ von 1926 genannt: „Die Steine finden in Eisenhüttenwerken als Beischlag in Hochöfen bei der Gewinnung des Eisens Verwendung, da sie nach dem Durchglühen für das flüssige Eisen gut durchlässige Schlacken bilden.“

Hier noch ein letzter Beitrag zum Knollenstein von einem mir unbekannten Chronisten:
„Der Wert der Steine war zeitweise so hoch, daß man sie nach Gewicht, wie Braun-kohle, verkaufte. Die besseren Qualitäten werden zu Dinasteinen verarbeitet, d. h. zu Steinen zum Aussetzen der Hochöfen. Diese Steine zeigen fast keinen Schwund, selbst bei größter Beanspruchung.“

Das Schlusswort zur Steinbruchgeschichte möchte ich Manfred Müller überlassen. Er schreibt in seinem „Rundblick“  von 1988: „Jahrzehntelang wurden am Südrand von Kleinforst im Tagebau Knollensteine gebrochen. Zerkleinert und gebrannt ließen sich daraus feuerfeste Schamottesteine herstellen. In den 30er Jahren gab es keinen Bedarf mehr dafür. Der Steinbruch füllte sich mit Wasser. Es entstand ein himmlisches Spielparadies für die Dorfjugend. In den 60er Jahren verwandelten Müll und Schutt den alten Bruch. Dann kultivierten die Anwohner und einige Oschatzer das aufgefüllte Gelände für Kohlrabi, Salat und Blumen.“

Manfred Müller spielte im letzten Satz auf die Aktivitäten des Kleingartenvereins „Goldene Höhe“ an, der im Juni 1976 von 12 Mitgliedern gegründet wurde. Der Kleinforster Paul Gast gehörte damals mit zu den Verwegenen, die sich an die Aufgabe heranwagten. Er sagte einmal: „Beim Anblick von meterhohem Unkraut und fehlendem Mutterboden, ohne Wasser und Energieanschluss zweifelte mancher seinerzeit daran, dass jemals daraus eine Kleingartenanlage werden könnte“. Klärschlamm wurde aus der Zuckerfabrik herangefahren und 1978 mit dem Verlegen der Energieleitung und dem Wasserleitungsbau begonnen. Im Jahre 1980 bekam der Verein nochmals Geländezuwachs, auf dem 12 weitere Gärten entstehen konnten. Ein Parkplatz wurde angelegt und ein Mehrzweckgebäude gebaut. „Haben wir alles selbst geschaffen“, sagte 1996 Paul Gast, der über 20 Jahre lang Vorsitzender des Kleingartenvereines war.
So erholen sich heute die Kleingärtner, wo einst die Steinbrucharbeiter harte Arbeit verrichten mussten. Wir wollen es ihnen gönnen.

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