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Das verhängnisvolle Jahr 1842, das am siebenten Mai uns die erste Kunde von Hamburgs Brand brachte und dann eine lange Reihe von Unglücksstätten uns berichtete, bis am siebten August die Nachricht von der Verwüstung unserer Schwesterstadt Camenz zu uns gelangte, sollte, nachdem durch den Brand Hartha's und Sayda's unserem Vaterland nach mehrere herbe Wunden geschlagen worden waren, am siebenten September auch über uns Vernichtung und Verderben bringen.
War auch in Folge der sich drängenden Unglücksfälle und in Folge der hier und da verbreiteten Gerüchte von aufgefundenen Brandbriefen und unheildrohenden Prophezeiungen, die jedoch aller Begründung ermangelten, schon vorher manches Herz unruhig und von der Zukunft besorgt; so fürchtete man doch mehr für die anderen Städte und namentlich für das benachbarte, kurz vorher zu wiederholten Malen mit Brandunglück bedrohte Meißen, und überließ sich der Ruhe, zu welcher namentlich auch die seiten des hiesigen Stadtrats getroffenen wohlfahrtspolizeilichen Verfügungen berechtigten. Man bereitete daher auch, nachdem bereits für Camenz und Hartha gesammelt worden war, eben eine gleiche Sammlung für Sayda vor, und das am Morgen des Unglückstages erschienene 36. Stück der „Wart am Collm“ enthielt hierzu erste Aufforderung.
Da wirbelte kurz nach 9 Uhr plötzlich und unerwartet hinter der Kirche eine Rauchsäule empor – auf dem Neumarkt liefen die versammelten Marktleute erschrocken zusammen. Ein allgemeiner Wehruf verbreitete sich von seiten der nach Hause eilenden, sofort aus dem benachbarten Schulhause entlassenen Kinder. In schrillenden Tönen erscholl die Feuerglocke und der Schreckensruf „Feuer“, doppelt furchtbar bei der auch hier vorausgegangenen Hitze und Trockenheit, drang allen durch Mark und Gebein und verbreitete eine Angst und einen Schrecken, der unwillkürlich alle Kräfte zu lähmen schien.
Das Feuer war in einem Hintergebäude des dem Fleischermeister und Garküchenpächter Friedrich Jost zugehörigen, am Altmarkt gelegenen Grundstücks Nr. 119 ausgebrochen und angefacht von einem mit äußerster Heftigkeit wehenden Nordwestwind, ergriff es, trotz der schnell herbeigeeilten Hilfe, mit unbeschreiblicher gieriger Hast das anstoßende, auf der Kirchgasse gelegene und mit Schindeln bedeckte  Hellmische Wohnhaus (Nr. 116) und fast zu gleicher Zeit die Hintergebäude der Archidiaconatwohnung (Nr. 102), deren Besitzer, Herr Archidiaconus Lehmann, zur Zeit gar nicht zugegen, sondern mit seiner Ehegattin ins Bad gereist war. Zu einem Einreißen der letztgedachten Gebäude fehlte es bei dem schnellen Fortschreiten des Feuers teils an Zeit, teils an den nötigen Menschenhänden, auch wäre solches, beim Archidiaconatgebäude wenigstens, wegen der massiven Bauart desselben in der durch Zeit und Verhältnisse bedingten Schnelligkeit nicht möglich gewesen. Ja manche hielten es sogar als zur Zeit noch für unnötig und deshalb möglicherweise mit Verantwortung verbunden. Man begnügte sich daher, sowohl die Archidiaconatwohnung als das gegenüber, ebenfalls am Kirchhofe sub Nr. 114 gelegene sog. Stadtschreibereigebäude stark mit Wasser zu besprengen, um so beide vor den andringenden Flammen zu schützen, wobei die herankommende Altoschatzer Spritze hilfreich Hand leistete. Das Gerücht, als ob die hier aufgestellte Oschatzer Spritze Nr. 1 verstopft gewesen (man fabelte sogar von einem boshaften Vernageln sämtlicher Spritzen) reduzierte sich darauf, dass nach einiger Zeit (also nicht gleich anfangs) die Spritze einen Augenblick ihren Dienst versagte, indem ein wahrscheinlich durch Zufall hineingekommenes kleines Stück Holz im Mundstück vorgefunden, aber schnell und leicht daraus entfernt wurde.
Unterdessen erscholl, um die Verwirrung zu vermehren, auch aus dem ziemlich davon entfernten Grellschen Hause am Altmarkt (Nr. 110) Feuerruf und allerdings war derselbe von den schnell dahingeeilten Personen, worunter Herr Senator Fehre und Herr Stadtverordnetenvorsteher Müller nicht unbegründet befunden worden, indem dort ein hart an die Schulgebäude grenzender, sehr defekter Bretterschuppen bereits zu brennen begann, was jedoch nun durch die sogleich angewendeten Maßregen verhindert und somit die von dieser Seite drohende Gefahr beseitigt wurde. Wie dieser Schuppen sich habe entzünden können, hat sich zur Zeit noch eben so wenig als die Entstehungsursache des Hauptfeuers selbst aufklären lassen. Beides unterliegt jedoch der strengsten Erörterung. Vielleicht hatte sich die Richtung des Windes, der die Glut allerdings mehr von jenem Punkte ab und nach der Kirche zu trieb, momentan geändert, so dass eine Entzündung durch Flugfeuer angenommen werden könnte. Eine Bestätigung scheint diese Vermutung dadurch zu erhalten, dass Herr Amtshauptmann von Welck, welcher gerade hier durchreiste und ebenso, wie der bald nach Ausbruch des Feuers herbeigeeilte Distrikts-Feuerpolizeikommissar Herr von Schönberg auf Bornitz, der Leitung der Löschanstalten sich gütigst mit unterzog, das in derselben Richtung gelegene Wagnersche Schindeldach (auf Nr. 111) niederreißen ließ.
Dies und der Umstand, dass nun das Feuer auch schon im Innern der Archidiaconatwohnung wütete, veranlasste die im Schulgebäude wohnenden Lehrer und die sonst auf der linken Seite des Kirchhofs wohnhaften Familien zum Ausräumen ihrer Effekten, die man nirgends sicherer als in der schönen massiven Kirche bergen zu können dachte, eine Maßregel, die aber leider wenige Augenblicke später so wesentlich zum Nachteil der Eigentümer und der Kirche selbst ausschlagen sollte.
Noch immer nämlich hegte man bisher die Hoffnung, dass der Brand, wenigstens in der Richtung nach der Kirche zu sich nicht weiter verbreiten werde, da in der unmittelbaren Nähe des Archidiaconats außer dem sogenannten Siegelhause der Tuchmacherinnung sich keine Gebäude befanden. Doch umsonst war diese Hoffnung; umsonst waren selbst, – da der Wind die mehr und mehr Überhand nehmende Glut immer stärker nach dem Schieferdache der Kirche trieb, – schon vorher hinreichende Mannschaften (das nötige Wasser wurde mittels einer Winde emporgehoben) auf den Kirchboden gesendet worden, um dort jeder etwaigen Gefahr gleich zu begegnen; umsonst war auch das bereits glimmende Schindeldach des Schuhmannschen, (früher Eucharius'schen) Hauses auf der Altoschatzer Gasse (Nr. 60), wohin sich – wie Verfasser bemerkt hatte – Flugfeuer niedersenkte, mit der Hilfe der gerade herbeieilenden Lonnewitzer Spritze glücklich gelöscht worden, umsonst endlich die Hoffnung, durch gleiche Wachsamkeit in der Rosmaringasse ähnliche Gefahr zu beseitigen! Das Verderben der Stadt war unwiderruflich beschlossen. Wie ein Blitz flammte plötzlich eine furchtbare Helle auf und der Ruf: „Die Kirche brennt“ vermehrte die immer allgemeiner werdende Bestürzung.
Die Befürchtung, dass der durch die anschlagende Glut noch glühender gewordene Schiefer die darunter befindlichen durch die Sommerhitze ganz ausgedorrten und zu zündendem Brennstoff umgewandelten Bretter, ohne alle weitere Veranlassung als vermehrte Hitze in Flammen setzen könne war leider eingetroffen und mit grausenerregender Hast trugen dieselben die ausgebrochene Flamme um das ganze große Kirchdach herum, das nun, soweit es mit Schiefer bedeckt war, hoch aufloderte. Prasselnd löste sich der Schiefer und verbreitete einen Feuerregen über die windwärts gelegenen Stadtteile, indem die zusammengerollten glühenden Schieferstücken überall hinflogen, (selbst auf dem vor dem Hospitaltore gelegenen Gottesacker waren einige Gräber versengt worden), und nun an unzähligen Orten, bald früher bald später, je nach dem sie mehr oder weniger zündbaren Stoff gefunden, die verderbliche Flamme weckten. Gleich zuerst loderten die am äußersten Ende der Stadt vor dem Hospitaltore befindlichen 8 Scheunen in Flammen auf, bald darauf wirbelte Rauch in der Altoschatzer Gasse, dann in der kleinen Webergasse und auf dem Neumarkte, und dann wieder in anderen Straßen empor; so dass von nun an eine detaillierte Beschreibung der Weiterverbreitung des Brandes sich nicht mehr geben lässt. Überall Flammen, überall Verwirrung, hin- und hereilende Sturmfässer, Wagen um mühsam gerettete Effekten fortzubringen, – überall Geschrei, Jammer, Schrecken und Verwüstung. Jetzt war, da der Wind mit derselben Heftigkeit fortwehte Menschenhilfe unmöglich, und ein Gefühl dumpfer Resignation, die ohne zu handeln und Vorkehrungen zu treffen, alles dem Schicksal überlässt, bemächtigte sich fast aller Gemüter.
Während auf dem Altmarkte, wo der Brand ausgebrochen war, das Feuer verhältnismäßig nur unbedeutende Fortschritte machte, indem es die rechte Seite des Kirchgässchens (Nr. 117 und 118) vollends zerstörte, die dicht gegenüber befindliche östliche Seite (Nr. 112 und 113) aber und selbst das Stadtschreibereigebäude (Nr. 114) sowie gegen Süden das hartbedrohte Siegelhaus der Tuchmacher und gegen Südwest die Superintendur verschont ließ, dagegen westlich vom Herde des Feuers (119) aus (dem Wind entgegen) die Nachbargebäude und den größten Teil der Nonnengasse (Nr. 120 bin 124) ergriff, bis die, ebenfalls bereits vor dem Brande der Kirche eingetroffenen Schmorkauer und Merkwitzer Spritzen in Verbindung mit den dort schon stationierten unsrigen und der sonst noch hinzukommenden Hilfe dem Weitergreifen des Brandes Einhalt tat – ging nun, wie bereits erwähnt von dem Schieferdache der Kirche, das erst vor wenigen Jahren mit großen Kosten an die Stelle der früheren, freilich jährlich bedeutende Reparaturen erfordernden Ziegeldachung gebracht worden war, das Verderben der Stadt aus.
Gierig wirbelten die Flammen des Kirchdachs an dem kräftigen Turm empor, von welchem noch die Sturmglocke tönte, bald brannte die Haube, der Hilferuf verstummte und nur mit Mühe hatte die Türmerfamilie, die man selbst einige Zeit lang verloren glaubte, sich retten können, wie denn dasselbe auch den auf dem Kirchdache befindlich gewesenen Personen bereits vorher gelungen war. Fast zu gleicher Zeit prasselten nun auch im Inneren der Kirche, – wohin der Zündstoff entweder durch die offenen Schalllöcher des Schiffgewölbes oder auf irgend eine andere Art gelangt sein mochte, – die Flammen empor, welche nun in den daselbst angehäuften Betten und Effekten willkommene Nahrung fanden und so die mühsam gerettete Habe so vieler, später in ihren Wohnungen selbst vom Brand verschont gebliebenen Familien vernichteten, zugleich aber eine Zerstörung des Inneren der Kirche bewirkten, wie sie selbst bei dem großen Brande der Stadt im Jahre 1616 nicht in gleicher Weise vorgekommen war.
Während nun die Flamme des Kirchdachs sich östlich nach dem Schirmerschen und Grünertschen Hause (90, 91) fortpflanzte, war auch ein Schieferstück durch ein kleines, nur als Luftloch dienenden Fenster in das Parterre des Rathauses, und zwar in den gewölbten Wageraum gedrungen und hatte den daselbst befindlichen Holzstall des Kellerwirts in Flammen gesetzt. Dadurch geriet die, daselbst ihren Eingang habende und schon durch die, gegenüber den Flammen stehenden, Gebäude der Altoschatzer Gasse bedrohte, Rats- und Polizeiexpedition woselbst man eben noch die – auch mit wenigen Ausnahmen gelungene Räumung der Akten und sonstigen Schriften bewerkstelligte, nun auch von dieser Seite in die größte Gefahr und beinahe wäre der Passexpedient Hanke, welcher noch einiges in Sicherheit bringen wollte und so seine Rettung durch das nach Abend zu gelegene Fenster, (das einzige, durch welches noch nicht die Glut drang) verzögert hatte, durch den, inmittelst zur Hälfte einstürzenden westlichen Rathausgiebel erschlagen worden, hätte nicht die überall wache Vorsetzung ihn geschützt, so dass er wenn auch mit teilweise verbrannter Hand von den auf sein Hilferuf herbeigeeilten Personen durch das schon erwähnte Fenster noch glücklich gerettet wurde. Welch ein Glück hierbei, dass dieses Fenster nicht, wie manche anderen desselben Parterres mit Eisenstäben vergittert war!
Jetzt war der Turm mit den Glocken, welche sonach an dem sonntags vorher gefeierten Konstitutionsfeste zum letztenmal die Gläubigen zur Andacht gerufen hatten, bereits herabgestürzt, der westliche Teil des Rathauses schon ein Schutthaufen und auch in der Altoschatzer Gasse drang das Feuer dem Wind entgegen vor, indem es auf der nördlichen Seite, wo das Wachs'sche Haus (Nr. 87) wahrscheinlich auch durch die Schiefer entzündet war, bis auf Nr. 86 und 85 sich fortpflanzte, auf der südlichen Seite aber Nr. 59 und 60 zerstörte, während es auf der hinteren Seite von der ebenfalls bereits in Flammen stehenden Rosmaringasse her noch weiter griff und auch von Nr. 67, 68, 69 und 70 mehrere Hinter- und Seitengebäude in Asche verwandelte. So blieb durch ein merkwürdiges Geschick diesmal gerade derjenige Teil der Altoschatzer Gasse verschont, der bei dem Brande daselbst im Jahre 1799 zerstört worden war. Noch merkwürdiger aber ist es, dass das westlich vom Rathaus gelegene Müllersche Haus Nr. 88 inmitten dieser Zerstörung und trotzdem, dass ein Teil des Rathausgiebels darauf stürzte, stehenblieb.
Doch wir eilen nun auf den Neumarkt, wo die Rathausturmuhr eben noch die elfte Stunde (welche Zerstörung schon in diesem kurzen Zeitraume!) verkündet. Auch hier hatten sich unterdessen die Flammen bis zum Turm verbreitet, während auch mehrere Häuser des Neumarkts und der Hospitalgasse bereits in Flammen standen. Da ergriff das Feuer auch den Rathausgiebel und prasselte zu den Uhrziffern heraus. – Noch zeigte der Weiser ein Viertel auf zwölf, aber schon schlug es nicht mehr und plötzlich stürzte der Turm mit den Seigerschellen und darauf auch der schöne gotische, selbst bei dem Brande 1616 stehengebliebene Rathausgiebel mit furchtbaren Getöse auf den Markt herab und vermehrte die Glut, die nun bald auf 3 Seiten des Neumarkts empor loderte. Indem aber die schönen großen massiven Gebäude dieses Platzes, östlich 291 - 295 (worunter der Gasthof zum Stern und der sogenannte große Christoph) und südlich Nr. 339 - 344 (worunter die Apotheke, welche noch am längsten widerstand und gleich den meisten Häusern dieser Seite, von den Hintergebäuden aus in Flammen gesetzt wurde, – wie die Mogkschen Häuser, die einst von einem Besitzer erbaut, jetzt, nachdem sie einige Zeit in verschiedenen Händen gewesen, unter einem Besitzer wiederum vereint abbrennen sollten) – nach und nach insgesamt in Flammen gerieten, wie dies westlich bereits mit dem Rathaus (wo nur das turmähnliche Archiv noch standhielt) und den angrenzenden Häusern Nr. 90 und 91 der Fall war, pflanzte sich der Brand zugleich in der Badergasse auf Nr. 290, 289, 288 und 287 fort, während er gleichzeitig auf der nördlichen Seite der Hospitalgasse von Nr. 296 bis 301 drang, bis man dort durch Einreißen des Schreiberschen Hauses (Nr. 286) und hier beim ehemaligen Bockschen Fabrikgebäude, durch zweckmäßige Löschanstalten den Flammen ein Ziel setzte. Dagegen legte das Feuer auf der südlichen Seite derselben Straße die Häuser Nr. 338 und 337 u.s.w. rückwärts bis Nr. 327 in Asche, wo es dann nach Vernichtung der Obermühle auf Nr. 328 und 327 fortging, und, um den Brandgiebel des Bätzschen Hauses (326) herum, (wo die Wermsdorfer Spritze mit Erfolg tätig war,) noch die Hintergebäude von Nr. 325, 324 und 323 größtenteils zerstörte.
Zur gleichen Zeit und teilweise früher schon hatte sich aber auch ein Glutenmeer über die Rosmarin- und kleine Webergasse verbreitet, dessen Flammen nun von mehreren Seiten sich auf die große Webergasse und den Brühl wälzten, deren Bewohner mit Entsetzen wohl die heranrasenden Flammen, aber anfänglich wenigstens keine Hilfe, keine zu ihrem Schutze herbeieilende Spritze gewahrten, bis denn nach und nach aus der Ferne mehr und mehr Hilfe herbeieilte und auch sie in dem Kampfe mit dem furchtbaren Elemente nicht mehr verlassen waren.
So lag binnen kurzer Zeit nicht nur die ganze kleine Webergasse (Nr. 39 - 46 und Nr. 370 - 379) sondern auch der größte Teil der oberen Rosmaringasse (die Häuser Nr. 48 - 57 nebst den benachbarte Gebäuden Nr. 24 und 26) in Trümmern und nur durch das Niederreißen des Müllerschen Hauses (Nr. 58) und die Tätigkeit der Schmorkauer Gerichtsbefohlenen, welche sich mit ihrer Spritze an den Hintergebäuden des Valz'schen Hauses (Nr. 74) aufgestellt hatten, wurde hier ein Weitergreifen des Feuers verhütet, dadurch aber namentlich auch der obere Teil der Altoschatzer Gasse gerettet. Gleiches Schicksal wie die obere hatte die untere Rosmaringasse und der anstoßende Brühl, wo die Mogkschen Hintergebäude von Nr. 343 und 344 und die Häuser Nr. 345 und 347, ferner Nr. 349 - 351 und 354 - 358 (worunter das Kommun- Brau- Malz- und Gährhaus) zerstört wurden, während die Tätigkeit mehrer anderer dortigen Hausbesitzer bei Rettung ihrer Grundstücke (346, 348, 352, 353, 359 und 360) auch hier nicht unbelohnt blieb, wogegen wieder die Häuser Nr. 361 - 369 ein Raub der Flammen wurden, die nun über das Sturmsche Fabrikgebäude auf die breite Webergasse (Nr. 384 und 385) sich fortpflanzten, während schon vorher Nr. 389 und 390 von der Obermühle aus aber ebenfalls durch Schieferstückchen in Brand geraten, und dann wieder von der kleinen Webergasse her die Flammen auf Nr. 380 - 383 herabgeeilt waren, so dass der untere Teil der breiten Webergasse, zumal da auch die den ebengenannten Nummern gegenüberliegenden Gebäude derselben Straße Nr. 409, 408, 407, 406 und 405 in Feuer aufgingen, von vier seiten zugleich von den Flammen ergriffen und deshalb um so schneller zerstört wurde. Erst im Gelbrichtschem Hause (Nr. 404) hielt man auf dieser Seite dem Feuer stand, und ebenso wurde die Wachsamkeit der benachbarten Hausbesitzer und die Tätigkeit der unterdessen dort angekommenen Mügelschen, Döbelnschen und anderer Spritzen der Weiterverbreitung des Feuers nach dem hartbedrohten Biegerschen Grundstücke und den sonst in der Nähe liegenden Häusern Einhalt getan, wie denn schnelle und besonnene Hilfe schon vorher auch das sehr gefährdete Richtersche Grundstück (Nr. 411) und die Nachbargebäude gerettet hatte.
In dem oberen Teile derselben Straße verbreitete sich das Feuer vom Friedrichschem Hause (Nr. 39) auf die Nachbarhäuser Nr. 38 und 37, sowie gegenüber auf Nr. 7, 6 und 5, wo endlich durch Niederreißen des Büttnerschen Hauses (Nr. 4) wo ganz nah das Witzschelsche Fabrikgebäude und die gegenüber befindlichen Häuser glücklich gerettet wurden.
Alle diese Anstrengungen aber, welche gegen 4 Uhr nachmittags wenigstens der weiteren Ausbreitung des Flammenmeers Grenzen setzten, wenn es auch in dem einmals bereits gewonnenen Raume mit gleicher Heftigkeit fortwütete, wären vielleicht nicht mit diesem Erfolge begleitet gewesen, hätte der gütige Gott nicht selbst sich unserer erbarmt, und schon nach Mittag dem heftigen Winde Einhalt getan. Mit der ruhigeren Luft aber kehrte auch Ruhe in die verzweifelnden Menschenherzen zurück und mit der Ruhe wuchs die Hoffnung und mit der Hoffnung der Mut.
Auch auf dem Neumarkte, wohin wir zurückkehren, hielt man den Flammen stand, und insbesondere waren es zwei Punkte, die, wenn sie ergriffen wurden, die ganze übrige Hälfte der inneren Stadt gefährden konnten: nämlich das nur 2 – 3 Ellen von dem in vollen Flammen stehenden Grünertschen Hause entfernte Kommungebäude Nr. 92 mit dem Schwartzschen Wollboden und das von den Flammen des Herrmannschen Hauses (Nr. 291) bedrohte Langerichtsgebäude. Griff hier das Feuer nach der Nordseite des Markts (dem Gasthofe zum Schwan) und dort nach den benachbarten Schindeldächern herüber: (was insbesondere  während der folgenden Nacht, wo plötzlich der Wind in Mittag umschlug und also die Glut nach dem verschont gebliebenen Stadtteile hintrieb, zu befürchten war,) so war der Nachteil für die Stadt als Ganzes unübersehbar. Hier nun war's, wo die Merkwitzer Spritze, später von der ankommenden Lommatzscher Löschmannschaft unterstützt, beim Landgericht; – und die Strehlaer Spritze mit Hilfe des Schwartzschen Personals, bei dem erwähnten Wollboden, Tag und Nacht und am folgenden Morgen noch mit einer Unverdrossenheit und Tätigkeit den Flammen Einhalt tat, die allein schon die besondere Erwähnung in der Privatmitteilung Nr. 215 der Leipziger Zeitung rechtfertigen würde. Bemerkt werde daher nur noch, dass der eben beendete und leider noch nicht versicherte massive Neubau des Grünertschen Hauses wesentlich dazu beitrug, um ein Übergreifen der Flamme nach dem erwähnten Wollbodengebäude zu verhüten.
Noch aber gab es auf dem selben Platze einen dritten Punkt, der, wenn er nicht geschirmt wurde, zwar nicht den Häusern der Stadt und ihren Bewohnern, wohl aber der Kommun und somit allen ihren Bürgern den unberechenbarsten Nachteil bringen konnte, – dies war das, an das Rathaus angebaute Archiv.
Im Vertrauen auf dessen feuerfeste Bauart, die es auch 1616 vor dem alles verzehrenden Brande schütze, und in Ermangelung eines anderen sicheren Platzes hatte man zu den darin schon befindlichen wichtigen Akten und Dokumenten, auch die aus der Rathausexpedition und aus der sogenannten Richterstube geretteten Akten gebracht, und ebenso sämtlichen Depositen, worunter alle der Stadt und der Kirche gehörenden Staatspapiere, daringelassen. Anfänglich stand, (wie bereits erwähnt) das ganze Gebäude mitten in den Flammen unversehrt, endlich aber brach auch hier die Flamme aus, fand in den darin aufbewahrten Effekten der Armenbehörde Nahrung und brannte nach und nach bis auf das Achivgewölbe selbst nieder, ohne jedoch dieses letztere zu verletzen. Da drohte von den seitwärts aus dem Schirmerschen Hause schlagenden Flammen neue Gefahr, indem diese dich an die Holzrahmen des Archivfensters schlugen. Diese schnell zu befeuchten und so vor Ankohlung zu behüten, war dringendes Erfordernis, und dies geschah denn auch durch die Oschatzer Spritze Nr. 1, welche vom Herrn Act. Falian, Herrn Rechtscand. Neider und dem gerade anwesenden und ebenfalls mit großer Tätigkeit wirkenden Königl. Sächs. Gesandten am großbritannischen Hofe Herrn von Gersdorf nebst einigen anderen eigenhändig und schnell an Ort und Stelle gefahren wurde. Kaum war aber diese Gefahr beseitigt: so drohte auch schon eine andere. Noch war nämlich die Sessionsstube, von welcher aus der einzige Eingang ins Archiv führt, unversehrt, doch musste man den Einsturz der schon glimmenden Decke jeden Augenblick befürchten, wo dann die Flammen auch durch die Tür sich Eingang in das erwähnte Archiv sich gebahnt haben würden. Diese Decke von oben auszugießen, war das einzige Mittel, aber auch dies wurde, nachdem Herr Ratsregistrator Lehmann den nötigen Schlauch schnell herbeigeschafft hatte, unter Leitung des Baudieners Röber, der von einigen anderen, (namentlich dem Bahnwärter Janke und dem Maurergesellen Fichtelmann) mit dankenswerter Bereitwilligkeit unterstützt wurde, glücklich bewerkstelligt, und ebenso war es, (um dies hier gleich beizufügen) der ebengenannte Röber, welcher während der folgenden Nacht, wo durch die Brandlöcher der Decke noch fortwährend ein Feuerregen in die Sessionsstube fiel, und namentlich da, als auch die benachbarte sogenannte Richterstube plötzlich in vollen Flammen aufging und sonach auch von dieser Seite dem Archive Gefahr drohte, mitten vom Brande und Glut umgeben nebst einigen Ratsarbeitern mutig oben standhielt, und mit Geistesgegenwart und Besonnenheit die zwar mit großer Anstrengung aber glücklich gelungene Rettung des Archivs hauptsächlich bewirkte, während zugleich ein Höherer die, infolge der ringsum herrschenden Glut leicht mögliche Selbstentzündung (denn als man am anderen Tage das Archiv öffnete, drang eine furchtbare Hitze heraus) gnädig verhütete.

>Aber nicht nur dem Feuer war Einhalt zu tun, sondern auch den Elenden, die sich nicht scheuten, das allgemeine Unglück durch Raub und Plünderung mühsam geretteten Eigentums noch zu vermehren. Zu diesem Behufe rückten schon gegen 6 Uhr mit dem ankommenden Dampfwagen-Personenzuge 78 Mann des in Wurzen garnisonierenden 3. Bataillons der leichten Halbbrigade (Schützen) ein, welche Herr Amtshauptmann von Welck bereits mittags per Estaffette requiriert hatte. Un mit dem selben Zuge kam auch unser hochverehrter Herr Kreisdirektor D. von Falkenstein – stets nahe, wo Not zu lindern ist, – hier an und erfreute uns mit der Nachricht, dass mit einem sofort von ihm angeordneten und von dem Wohllbbl. Directorio der Leipzig-Dresdner Eisenbahncompagnie mit rühmlicher Uneigennützigkeit unverzüglich auf eigene Kosten veranstalteten Extrazuge noch 38 Mann von dem in Leipzig garnisonierenden 1. Bataillon derselben Truppenabteilung zu unserem Schutze hier eintreffen würden, was denn auch gegen 9 Uhr geschah. Zugleich veranstaltete derselbe, nachdem mehrere andere zweckmäßige Maßregeln, namentlich in Bezug auf die Bewachung der geretteten Sachen getroffen worden waren, eine Konferenz der Behörden und einiger anderer angesehener Bürger der Stadt und legte auf gehorsamstes Ersuchen des unter dem obwaltenden traurigen Verhältnissen durch eine Menge anderer Arbeiten schon hinreichend beschäftigten Stadtrats, die demselben anvertraute Sorge für die Sicherheitspolizei, in die Hände des Königl. Landgerichts, das denn nun auch durch eine alsbald in der Stadt und auf dem Lande veranstaltete und mit Energie durchgeführte Haussuchung eine Menge jener Elenden, die nun ihre gerechte Strafe erwarten, ermittelte. Erwähnt muss hierbei werden, dass – Gott sei Dank! – nur wenige unserer Stadt angehören, wie denn überhaupt das Benehmen gerade der untersten Volksklasse im Allgemeinen sehr lobenswert war.
Doch wenden wir nun auch einen Blick auf die zahllosen Unglücklichen, die durch das vernichtende Element, welches binnen wenigen Stunden beinahe die Hälfte der inneren Stadt zerstört hatte, ihr Obdach und den größten Teil ihrer Habe verloren und größtenteils auf die an die Stadt grenzenden Wiesen und Felder, oder in die Vorstädte und Gärten oder endlich auf die Promenade sich geflüchtet hatten. Die schönen Anlagen der letzteren waren mit geretteten, bunt untereinander geworfenen Effekten bedeckt und unter ihnen weinende, händeringende, verzweifelnde Menschen, Männer und Frauen, Greise und Kinder, die obdachlos und kummervoll der kommenden Nacht mit Bangigkeit entgegensahen. Den schrecklichsten Anblick aber gewährten die zahllosen Kranken, denn damals, wie jetzt noch, wütete namentlich die Ruhr, welche beinahe eine epidemischen Charakter angenommen hatte, in unserer Stadt. Bleich und entstellt lagen sie hier auf einem Stück Bett oder einem Stuhl oder Sofa, bis sie teilnehmende Menschenfreunde noch vor Anbruch der Nacht in ihre Wohnungen nahmen. Macher von ihnen ist seitdem schlafen gegangen und noch manches Opfer jenes Schreckentages – denn selbst Gesunde wurden infolge der Anstrengung und Erschöpfung oder des Schreckens krank – wird ihnen nachfolgen in die Ruhe des Grabes! – Aber auch selbst für diejenigen, die in der ersten Nacht nicht gleich ein Unterkommen finden, sondern im Freien den Tag erwarten mussten, sorgte der Allgütige, indem er dem warmen Tage ein milde Nacht folgen ließ, die wenigstens den Gesunden den Aufenthalt im Freien ohne Nachteil gestattete.
So brach sie an, die gefürchtete Nacht. Greller leuchteten die Flammen, und obwohl man wie erwähnt bereits auf allen Punkten Herr des Feuers war, so war man doch nicht ohne Furcht und Besorgnis. Denn noch wühlte das Feuer ungezähmt in den Eingeweiden der brennenden Häuser und nicht nur fürchtete der Einzelne, dass die Flammen nun in seine Keller und Gewölbe, wohin er einen Teil seiner Habe geborgen, dringen könnte (was leider auch an mehreren Orten, aller angewandten Mühe ungeachtet, geschah) sondern auch die Umgebung war nicht ohne Gefahr. Vorzüglich fürchtete man in dieser Beziehung das Baumeyersche Haus (Nr. 65) in dessen Gewölbe sich 2 Fässer Pulver (à ¼ Zt.) befanden. Da wagte der Rechtskandidat Herr Lange in das brennende Haus sich mutig hinein und entfernte mit Lebensgefahr das Zerstörung drohende Material, während, – was ebenfalls Erwähnung verdient – an der daselbst aufgestellten Leipziger Spritze unter anderen auch 2 Dienstmädchen (Friederike Kayser von hier, in Diensten des Herrn Gerichtsdirektor Müller, und Auguste Charlotte Gruhl von Mügeln, in Diensten des Seifensieders Herrn Bobach mit rühmlicher Anstrengung arbeiteten. So war es noch an vielen Orten. – Jedes Haus war ein Vulkan, dessen Gluten, zumal da der Wind plötzlich in Mittag umschlug und so die Funken nach der verschont gebliebenen anderen Hälfte der Stadt hintrieb – jeden Augenblick auch in der Umgebung neue Flammen hervorrufen konnten. Rauch und Flammen verdunkelten rings die Sterne, die manch schlafloses Auge betend suchte, und das in Schranken gehaltene Feuermeer tobte wie eingebändigtes Ungetüm in seinen Fesseln fortwährend sie zu durchbrechen suchend. Wohl war es Nacht, aber die Flammen schliefen nicht und es war als ob die Stunden schlichen und als ob der Morgen länger als gewöhnlich säume. Da brach er endlich an und die Sonne stieg empor und die Flammen wurden bleicher und freier atmete die bangklopfende Brust.

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