In
dem Gebiet zwischen Elbe und Mulde vermischt sich die Meißnische
mit der Osterländischen Mundart, doch nähert sich die Volkssprache
in der Amtshauptmannschaft Oschatz mehr dem Meißnischen Dialekt.
In der unverfälschten Dorfmundart heißt es er soite,
froite,
der Woin, die Moid, die Loite = er sagte, fragte,
der Wagen, die Magd, die Leute. Man hört aber auch er sade,
frade,
der Wan, die Mad, die Leide, sogar Schlae =
die Schläge. In der Stadtmundart spricht man meist g = ch, also
sachen,
frachen,
der Wachen. Ein anderer Unterschied der Meißner und Osterländischen
Mundart, die beide zum Obersächsischen Dialekt gerechnet werden, liegt
in der Aussprache des g im Anlaut. Im Meißnischen spricht man Karl,
kauen, kosen, im Osterländischen Garl, gauen,
gosen.
Die Aussprache des k = ch in der Marcht, das Vulch oder des
g = ch in der Berch, der Sarch haben beide Mundarten gemeinsam. Die Bewohner
unserer Heimat, die g wie j sprechen, also Jeist, Jott, jewiß, entstamme
dem Gebiet nördlich unserer Landesgrenze. Beiden Mundarten ist auch
die wechselnde Tonhöhe in einer Silbe, ja in einem Selbstlaut
eigen, z.B. jaa, guut, leiise. Dieser Wechsel der
Tones gibt der Sprache etwas Singendes, woran man den Sachsen bald erkennt,
wenn er die Grenzen seines Vaterlandes verläßt.
Die Mundart verschwindet
jedoch immer mehr durch den Einfluß der neuhochdeutschen Schriftsprache,
durch Verkehr und Freizügigkeit, Schul- und Militärzeit. Viele
Sprachverbesserer halten ihre zurechtgestutzte Stadtmundart als die allein
richtige Sprache und sehen jeden schief an, der sich nicht so ziert wie
sie. Auch der Landmann, der am treuesten den Lautstand und den Wortschatz
seiner Mundart bewahrt hat, versucht sich in der verwässerten Stadtmundart,
wenn er nicht mit seinesgleichen spricht.
Besondere Schwierigkeiten
bieten dem Fremden die Zusammenziehungen im Dialekt namentlich bei Ortsnamen
wie Kärts = Cavertitz,
Liwisch = Liebschütz, Terbs
= Terpitz, Klansch = Clanzschwitz,
Stensch = Stennschütz,
Surnzg
= Sornizig,
Kobental = Jakobsthal,
Lurnskärch = Lorenzkirchen.
Man hört auch in der Gane = Jahna, Lamberschwale = Lampertswalde,
Naßbrich=
Nasenberg, Strisse = Striesa u.a.
Welcher Unterschied ist
doch zwischen dem mundartlichen siste und histe!
Siste = Siehst
du! und histe = da hast du es! Leichtverständlich sind niwar
= nicht wahr, barbsch = barfuß, Hamfel = Handvoll,
Arfel
= Armvoll, Huckst = Hochzeit, Werkscht = Werkstatt,
weesde
= weißt du! Die Wochentage heißen
Suntg, Montg, Dienstg,
Mittg, Durschtg, Freitg, Sinomd. Der Dialekt der Oschatzer Pflege eigen
sind salt = damals, alleng = aller Enden, überall,
zengstrim
= rund herum, glatt = hübsch, ordentlich (e glatts Mädchen),
ernd
= etwa, vielleicht,
hinte = heute, nächten = gestern,
setter
= mehr, itze = jetzt, euerschen = unheimlich,
Kister
= Kuhjunge u.a.m. A spricht man wie o in der Moler, der Foder, die
Strose. In dem Worte ja klingt es oft wie u also ju. E hört man
als
i |
|
z.B.
s'dut wi, gi wäg, schwir oder als ä in der Bärg, näm,
gäm = geben, stärm = sterben. I klingt ä in der Härte,
der Schärm, der Wärt, Ärwisch, wärklich, es wärd.
Auch
das lange I (ie) klingt wie ä z.B. spälen = spielen, fäl=
viel, doch statt kriechen hört man krein, es liegt = es leit. Statt
er fiel hin, heißt es "er ful hen". O wird dumpf wie u gesprochen,
wie die Wuche, der Tup, das Vulk, tulle, rut, gruß, wu. Das U
spricht man aber wie o in der Worm, der Torm, die Worscht, die Forcht,
nor, die Uhren = die Ohren. Ü klingt dagegen wie ä oder i:
die Wärmer, der Tärmer, die Wärschte, der Färscht,
därfen, oder der Feierripel, die Mitze, hibsch, schbirn. Bei dem
Ö hat man sogar die Auswahl zwischen i, e und ä. Man hört
's is mer enen gruse Ihre, kanste nich hirn, oder der Lewe, das Debchen,
greser und die Härner, die Mähre, der Färschter, die Därfer.
Das Au ist wie ein langes o in der Stob, der Bom, lofen, och. Au klingt
jedoch wie ei in Freilein, die Heiser oder wie e in es lefd.
Oft
hört man statt äu und eu auch au, wie in die Saule = die
Säule oder nau = neu. Echt "Sächsisch" ist der Gebrauch des
e für ei – es hest, die Klene, die Eche, die Beene, heme, kener,
ne. Ebenso sagt man statt eu – ei z.B. die Leite, frein, nei, doch
klingt eu auch wie e in die Frede.
In der Mundart wird bei
den Selbstlauten p und b, t und d kein Unterschied gemacht, man hört
sie im Gegenteil oft an der unrechten Stelle, so pin = bin, ap = ab, tas
= das, dad = tat. B spricht man wie w in die Garwe, awer, pf
wie f in die Flaume, Das Flaster, wie pp in Appel, ck wie
gg – er hat Geschigge. Man unterscheidet hingen = hinten und
hinger = hinter, oder ungen = unten, unger = unter, runger = herunter und
nunger = hinunter. H klingt wie g, z.B. er sag, mei Schug, zig's
zu, manchmal auch wie ch in das Viech, die Biecher, ruchen = ruhen. St
wie sp werden wie scht und schb gesprochen, demnach der Schtern, die
Schtube, die Schprache, schbrächen. Wie chts in mit nischde, zieht
man auch die Silben ig und icht zusammen, es heißt ferdch, dreckch,
fireckchd, urndlich, alwrichd. Die Mehrzahl von Herr, Dame, Junge
heißt Herrens, Damens, Jungens, die von Dorn aber Dörnder (verglaiche
Wärmde, Dickde). Beliebt ist in der Mundart das Anhängen eines
e z.B. iche, ze dune = tu tun, sachte, e Suldade = ein Soldat, Fritse,
gewone, gedrigde,. In der Dorf und niederen Stadtmundart wird e, i, t vielfach
weggelassen, wie bei ham = haben, näm = nehmen, schämdch = schäme
dich, das schad'r = das schadet dir, so auch Fenge oder nich, ewas halen
= halten. Er aß noch wird umschrieben durch "er dad essen", sie schliefen
noch durch "sie daden schlafen". Wir sind, ihr seid, sie sind ist im Dialekt
gesprochen: Wir sin, ihr sit, sie sin. Es heißt auch mei Vodr, meine
Mutr, mei Ferd, das Haus is unse.
Diese Beispiele aus der
Mundart der Heimat mögen anregen, weitere Beobachtungen im ungezwungenen
Verkehr mit Leuten in Stadt und Land zu machen. |