Oschatz-damals.de > Geschichte(n) > Chronik (Inhalt) | Zweite Abtheilung






Die erste Veranlassung der Stadt gab die im vorigen Abschnitte beschriebene Burg in den Keilgärten. Die Hoffnung, ihr Gewerbe hier mit Vortheil und bei den damals noch nicht ganz gestillten innerlichen Unruhen, welche die Daleminzier veranlaßten, auch mit Sicherheit treiben zu können, reizte viele Handwerker, sich in der Nähe der Burg anzubauen, welchen ohnfehlbar in der Gegend der Stadt geschah, welche noch jetzt aus jenen Zeiten her den wendischen Namen Brühl, wegen seiner sumpfigen Lage, sowie den Namen der Rosmaringasse führt. Dieses bewog den Kaiser Otto den Großen, Heinrich I. Nachfolger, den Entschluß zu fassen, die Stadt anzulegen. Er gab daher den Befehl, den Platz von den darauf befindlichen Waldbäumen zu räumen, ihn in regelmäßige Gassen abzutheilen, und darauf zu sehen, daß ein Jeder, der sich anbaute, sich nach der gemachten Abtheilung genau richte. Daß ein solcher Befehl vorhergegangen sein müsse, läßt sich von selbst denken, denn sonst würde die Stadt nicht ein richtig abgemessenes längliches mathematisches Viereck bilden und die Gassen würden nicht so, wie der Augenschein lehrt, in gerader Linie fortgehen. Da die Stadt in einem weitern Umfange für die Zukunft eben das sein sollte, was die Burg im Kleinen gewesen war, so ward sie auch nach Art einer Burg gleich anfangs mit einem Wall und Graben umgeben. Die ersten Wohnungen erhielten von der militärischen Besatzung der Stadt ihr Dasein. Die Ritter, als Befehlshaber, erbauten die noch jetzt davon benannte Ritterstraße. Die ihnen untergebenen Freien (milities agrari, die ich oben beschrieben habe), errichteten nicht nur für sich, sondern auch für die auf dem Lande zurückgebliebenen Freien Wohnungen, damit diese in kriegerischen Zeiten sowohl einen sichern Zufluchtsort hätten, als auch die Stadt selbst vertheidigen könnten. Nächst diesen gehören zu den ersten Gebäuden der Stadt die Magazinhäuser, in welchen der dritte Theil von Feldfrüchten aufbewahrt wurde, den die zurückgebliebenen Freien an die Besatzung der Stadt abliefern mußten, um dann den nöthigen Unterhalt zu finden, wenn sie gemeinschaftlich mit ihnen die Stadt zu vertheidigen genöthigt würden. Außerdem waren Wohnungen für die Aldionen oder Leibeigenen nöthig, die sich in die Stadt begeben hatten, um daselbst ihr Handwerk oder ihre Braunahrung zu treiben. Von ihnen scheint der alte Markt angebaut worden zu sein und den Namen erhalten zu haben, wenn man nämlich den Markt nicht nach der neuen Schreibart alt, sondern nach der ältern Aldinmarkt schreibt. Daß auch noch das Kirchengebäude, die Pfarrwohnung oder jetzige Superintendentur, das Stadtgerichtshaus, welche das jetzige Siegelhaus der Tuchmacherinnung (jetzt Nr. 96) ist, die Gasthöfe, Brauhäuser, Mühlen u.s.w. zu den ersten Stadtgebäuden zu rechnen sind, ist darum außer Zweifel, weil sich ohne dieselben eine Stadt nicht denken läßt. Was nach der Zeit hinzugekommen ist, wird am gehörigen Orte gemeldet werden. Oschatz wird in der Urkunde vom Jahre 1065 (Bd. III), in welchem Kaiser Heinrich IV. dem Bischof Eberhard zu Naumburg die Stadt übergiebt, zum ersten Male eine Stadt genannt.



Der ursprüngliche Name der Stadt ist Ozzec. So steht er auf dem ersten dreieckigen Stadtgerichtssiegel, das einer Urkunde vom Jahre 1253 angehängt ist und dessen Umschrift vollständig also lautet: SIGILL HEINRICI ADVOCATI 1) IN OZZEC. Diesen Namen hatten die ersten Erbauer der Stadt, wie bei andern von den Deutschen erbauten Städten auch geschah, von dem zunächst gelegenen Dorfe Ozzec, jetzt Altoschatz genannt, entlehnt. Um aber den Namen der Stadt nicht mit dem Namen des Dorfes zu verwechseln, so setzten sie dem letztern den Namen Aldin vor, weil Aldionen (Leibeigene) darin wohnten, wie oben schon erinnert worden ist. In einem Zinsregister des Georgienhospitals aus dem vierzehnten Jahrhundert wird jenes Dorf Aldinozschecz, in einer Urkunde vom Jahre 1408, in welcher die Markgräfin Anna zu Meißen den Probst, Peter Kalen, mit dem Kloster Sornzig belehnt, alden Oschatz und das Altoschatzer Stadtthor alde Osschetzir Thor 2) und so noch in mehreren Urkunden bis 1520 geschrieben. 3) Sollte Altoschatz vor Alters darum Aldin-Oschatz geschrieben worden sein, weil es älter als die Stadt war, so würde man die Stadt im Gegentheil Neu-Oschatz geschrieben haben, wovon sich aber nirgends eine Spur findet. Der Name Ozzec ist wendischen Ursprungs und bedeutet eine Aspe 4) Die Daleminzier wählten diesen Namen bei der Erbauung des Dorfes Altoschatz, weil daselbst viele Aspen standen, die noch jetzt in dem nicht weit davon gelegenen Walde häufig gefunden werden,ob man schon einen großen Theil derselben vertilgt und bessere Holzarten an ihre Stelle gepflanzt hat. Doch lasse man sich nicht durch den wendischen Namen der Stadt, wie es mehreren Geschichtsschreibern in ältern und neuern Zeiten gegangen ist, nicht verleiten, zu glauben, als sei die Stadt selbst von den Daleminziern und zwar, wie die Sage will, von Altoschatz nach und nach erbaut worden. Denn sie besaßen die Fähigkeit nicht, eine Stadt nach einer mathematischen Ausmessung anzulegen, erbauten auch, nach dem Zeugniß der Geschichte nur Dörfer. Erst nach der Ankunft der Deutscheb, die unter Heinrich I. erfolgte, fing sich der Städtebau in dem Meißner Lande an. Die Deutschen kamen aus einem Lande, wo man die Kunst verstand, Städte planmäßig zu erbauen. Wer dessen ungeachtet noch zweifeln wollte, daß die Stadt Oschatz von den Deutschen erbaut sei, den verweise ich auf die deutschen Namen der Gassen, die gewiß wendisch sein würden, wenn die Stadt von den Daleminziern ihren Ursprung hätte. 5) Man hat noch auf andere Art versucht, den Namen Oschatz zu erklären und auf andere Erbauer der Stadt geschlossen. lbinus und Dresserus leiten ihn von dem polnischen Worte Oswitam oder dem sorbischen Worte Woßwieczu, das so viel, als berühmt sein, bedeute. Allein diesen Namen hat Oschatz nie geführt. Auch kann ich Frenzeln, dem sonst so glücklichen Erklärer sorbischer Namen, nicht beistimmen, wenn er 6) den Namen Oschatz von dem polnischen Worte Osadzin oder dem sorbischen Wossadzu. ich lege einen Ort an, ableitet, denn die Erklärung kann, wenn sie richtig sein soll, nicht von dem Stadtnamen Oschatz, wie er jetzt geschrieben wird, herkommen, sondern muß auf den ursprünglichen Namen Ozzec gebaut werden. Ebenso unwahrscheinlich ist Peccensteins Herleitung aus dem wendischen Worte Ostwitz oder Oschwitz, das Ostlicht oder Morgenlicht. 7) Ganz wider die Geschichte ist die Meinung des Erasmus Stella, Garzens, Brotulfs, Abels 8) und Anderer, welche vorgeben, Oschatz habe seinen Namen von den Osis, die im Jahre 532 bei der Zerstörung des thüringischen Reichs mit den Marsingern und Ilingern das Osterland oder Ostthüringen eingenommen haben, und, wie die Ilinger Eilenburg, so die Osis Oschatz erbaut hätten, daher es so viel, als der Osen Sitz heiße. Die wahre Geschichte weiß aber von keinen andern Bewohnern unserer Gegend in ältern Zeiten, als von den Hermundurern und Daleminziern. Es sind auch zu der angegebenen Zeit noch keine Städte in unserem Lande gewesen und überdies sind die Osi ein schwäbisches Volk, das von bewährten Geschichtsschreibern nach Mähren und an die Neiße gesetzt wird, 9) Albinus 10) gedenkt, daß zu seinen Zeiten das Wort Oschatz von O und Schatz, aber ohne Grund hergeleitet worden sei. Dies mag wohl daher gekommen sein, weil Herzog Georg die Stadt aus besonderer Zuneigung und wegen vieler ihm geleisteten Geldvorschüsse, mit Anspielung auf ihren Namen oft seinen Schatz, d. i. seine Schatzkammer nannte.
Der älteste Stadtname Ozzec ward nach und nach so vielmal verändert, daß endlich Oschatz daraus entstand. Weil die Wenden, sowie die Polen das c, wenn es am Ende eines Wortes nach einem Selbstlauter steht, wie chs, cz, zs, tz, s, ts aussprechen, 11) und die Deutschen die wendischen Worte so schrieben, wie sie von jenen ausgesprochen wurden; so darf man sich nicht wundern, wenn der sonst gewöhnliche Name Ozzec in den Urkunden Oszechs 1065, Ozzecz 1213, Ozzechs 1238, Ozzezs 1247, Ozzetz 1261, 1297, Oszetz 1266, Ozzets 1297, 12) Ozzesc 1312 geschrieben wird. Am Anfange des vierzehnten Jahrhunderts fing man an, das doppelte z in ein doppeltes s zu verwandeln, weil die Wenden das z wie ein s aussprechen. 13) In dem ältesten Stadtbuche, das sich mit dem Jahre 1320 anfängt, kommen folgende Beispiele vor. Von dem gedachten Jahre bis über 1330 wird in demselben der Name der Stadt Ossechs und Ossechz geschrieben. Mit dem Jahre 1346 wird das doppelte s in sch verändert und das erstemal Oschatz geschrieben. aber damm auch nicht eher wieder als 1380. In diesem Zwischenraume steht Osschecz von 1351, Oschecz von 1354, Ozsechez von 1356 an. Die Verwandlung des doppelten s in sch war eine Folge der böhmischen Mundart, die in Sachsen bei der ersten Ankunft böhmischer Bergleute 14) um das Jahr 1346 eingeführt ward. 15) Wie ist aber nun das a statt des e in dem Namen der Stadt entstanden? Dazu gab wieder eine fremde Mundart die Veranlassung. Da in dem angezeigten Stadtbuche der Name zuerst 1346 Oschatz, dann vor 1360 Ossacz und von 1394 immerfort Oschatz geschrieben wird, so wird es sehr wahrscheinlich, daß die niederländischen Wollen- und Leinweber, die nicht lange vor dem Jahre 1346 in Oschatz ankamen, wo sie die Webergasse anbauten und die gewohnt waren, das e wie a auszusprechen, 16) die Ursache gewesen sind, daß statt Oschetz Oschatz gesprochen und geschrieben ward. Außer diesen richtigen Schreibarten des Namens unserer Stadt finden sich auch ungewöhnliche oder gar falsche in Urkunden und anderen Schriften, die größtentheils auf die Rechnung unwissender oder unachtsamer Schreiber gebracht werden müssen. 17) So wird er in einigen Urkunden Osckaz 1312, Ozetsch 1325, Ossechz 1330, Osscatz 1345, Osschacz 1348, 56, 79, 82,86, 87, Ossatz 1356, 65, 74, Oczecz 1358, Ossczacz 1381, Oschetz 1386 geschrieben. In einer im Vatikan zu Rom aufbewahrten Handschrift, darin die Namen der zur Meißner Custodie gehörigen Franziskaner-Klöster angegeben werden, wird der Name der Stadt Oschatz sogar durch Osses oder Ossem ausgedrückt. Calles nennt sie Ossez 18) Albinus und Peccenstein Oschitz, vermuthlich, weil ec in der letzten Silbe des Namens Ozzec von ihnen nach Gewohnheit der Deutschen in ez und itz verwandelt worden ist. Ganz irrig aber ist es, wenn Fabricius 19) unserer Stadt den Namen Olsciuzi beilegt und vorgiebt, daß unter diesem Namen, wie Dithmar melde, die Pfarrkirche in Oschatz zugleich mit den Pfarrkirchen in Libzi und in Gusua vom Kaiser Heinrich II. zu dem bischöflich Merseburger Sprengel geschlagen worden sei. Falsch ist es auch, wenn von Schmidt unter Oifice, das im Jahre 1071 ein wendischer Herr namens Bor an die Kirche zu Meißen vertauschte, 20) die Stadt Oschatz versteht, dafür er viel eher Oßigk oder Aßig, das bei Döbeln liegt und sonst Ouziz geschrieben ward, hätte annehmen können, da ohnedem dieses Dorf den Dörfern Wendisch- und Deutsch-Bora, die jener Herr besaß, nahe liegt.
Es giebt außer unserer Stadt noch mehrere Orte und Personen, die ihren Namen nach der ältern oder neuern Schreibart geführt haben oder noch führen. Der erste Ort, der hier angemerkt zu werden verdient, ist die Stadt Großenhain. Schöttgen 21) und Ursinus 22) bringen Urkunden vom Jahre 1233.1243 und 1254 bei, daraus erhellt, daß Großenhain bis auf die Zeiten des Markgrafen Heinrich des Erlauchten Ozzeck genannt worden ist. Noch jetzt nennen die Lausitzer Wenden diese Stadt Wosseck. 23) Ursinus will zwar behaupten, 24) daß Großenhain allein den Namen Ozzeck, und nicht auch zugleich Oschatz denselben geführt habe, weil in keiner einzigen Urkunde des mittlern Zeitalters Oschatz so genannt werde. Allein, wenn auch keine förmliche Urkunde mehr davon vorhanden ist, so vertritt doch das erste Oschatzer Stadtgerichtssiegel, auf welchem Ozzec, wie ich oben angeführt habe, steht, die Stelle iner Urkunde und beweißt, daß noch im Jahre 1253 Oschatz. sowie Großenhain Ozzeck genannt worden sei. 25) Von Heinrich des Erlauchten Zeiten ward Großenhain, Markgrafenhain, Hain, Hainen genannt. 26) Ossig oder Assig, ehemals ein Alten-Zellischer Schafhof mit etlichen Häusern, jetzt ein nach Mochau eingepfarrtes Dorf, hieß sonst auch Osseck oder Ossigk, desgleichen Ouziz 27) Ossig, ein Pfarrkirchdorf bei Zeitz, wird in Urkunden des Klosters Bosau, dahin es ehemals gehörte, ebenfalls Ozzeck, Oßeck und Osigk geschrieben. 28) Groß- und Klein-Osida, im Stifte Zeitz, glaube ich auch hierher rechnen zu können, denn was die Wenden Oßeck aussprechen, nennen die Böhmen und Polen nach ihrer Mundart Oßyka und die Verwechslung des k mit d war sonst nicht ungewöhnlich und ist hier unfehlbar geschehen, um es nicht mit dem nahe gelegenen Oßig zu verwechseln. Oschätzchen ist ein bekanntes Dorf bei Liebenwerda. Oßagk. ein Dorf in der Niederlausitz, zur Herrschaft Sonnenwalda gehörig. Deutsch- und Wendisch-Oßig gehört zu der Stadt Görlitz und wird von den Wenden Niesmky-Woßeck und Berski-Woßeck genannt. 29) Oßeg in Böhmen, in dem Leutmeritzer Kreise, wo sich das Cisterzienser-Kloster gleiches Namens befindet, wird in ältern Urkunden Ozzecz, Ozzech, Ozzek geschrieben. 30) Oßek an der Stadt und Oßck am Walde bei der Stadt Hof im Fürstenthume Bayreuth an der Saale kommt in Longolius Nachrichten von Brandenburg Culmbach fast in jedem Theile häufig vor, daher ich mich wundere, daß dieser Orte in keiner mir bekannten Geographie gedacht wird. Oschitz heißt ein Dorf mit einem Rittergute bei Schleiz im Voigtlande. Ottoschatz, auch Ottoziz, eine Grenzfestung in dem Ottoschatzer Disticte des ungarischen Dalmatiens, 31) führe ich hier um so mehr an, da Dalmatien das erste Vaterland der bei uns sich niedergelassenen Daleminzier war, die vermuthlich aus Liebe zu ihrem ersten Wohnorte unser jetziges Altoschatz, das vor Erbauung der Stadt Ozzec hieß, nach jenem Namen nannten. Diesem füge ich aus einer ähnlichen Ursache Ocek oder Otzek, ein Städtchen in Großpolen, zu dem Disticte Powiat Czerki gehörig bei. 32) Den Beschluß mache ich mit dem Namen der Provinz und Stadt Otschakow in dem Ottomanischen Reiche 33) Ow wird in der türkischen und tartarischen Sprache den Namen solcher Orte angehängt, die eine sumpfige und morastige Lage, besonders zwischen Bergen haben. 34) Außer diesen Orten führen auch Personen den Namen Oschatz, z.B. M. J. Gottfr. Oschatz, Pastor in Ploßig, in der Diöces Jessen, von 1715 - 1741, sein Sohn Sam. Gottlob, Pastor in Fremdiswalda 1755, und 1771 in Gro0barda, in der Diöces Grimma. 35) Geschwend führt in der Eisenberger Chronik /S. 614) einen J. Christ. und einen Joh. Gottfr, Oschatz an. In dem erzgebirgischen Fabrikorte Schönheida bei Eibenstock führen ansehnliche Fabrikantenfamilien den Namen Oschatz. Auch scheint mir der unter uns nicht ungewöhnliche Name Wodscheck, wenn er nach der wendischen oder polnischen Sprache erklärt wird, hierher zu gehören.

 

Die Stadt liegt von Morgen gegen Abend etwas bergan und der höhere Theil der Stadt senkt sich gegen Mittag und Mitternacht wieder ein wenig in die Tiefe. Diese Lage und die breiten Hauptgassen verschaffen der Luft einen freien Durchzug, welches der Gesundheit der Einwohner überaus zuträglich ist, daher man nicht sogar selten Leute findet, die ein Alter von 80, 90 und mehrern Jahren erreichen. Außerdem schützt die Stadt der etwas über eine Stunde entfernte Collmenberg vor den nassen und feuchten Abendwinden, sowie der Dürrnberg und der Zschöllauer Berg vor den rauhen Mitternachtswinden. Nach Tobias Beutels richtiger Berechnung, 36) welcher auch der vor kurzer Zeit verstorbene Inspector über den königlichen physikalischen und mathematischen Salon in Dresden, Johann Gottfried Köhler, nach einer von ihm auf dem Bors- und Keulenberge angestellten Trigonometrial-Messung beiflichtet, liegt Oschatz unter dem 35. Grade und 46 Minuten der Länge und dem 51. Grade und 19 Minuten der Breite der Polhöhe, und nach Charpentiers Angabe 286 Pariser Fuß über Wittenberg 37). Von Dresden liegt Oschatz 6 Meilen, von Leipzig 6 M., von Wittenberg 8 M. von Meißen, Grimma, Wurzen 3 M., von Mügeln, Dahlen, Strehla und dem Elbstrome 1 M., von Döbeln, Lommatzsch, Leisnig 2 M. entfernt. Die Nähe des Elbstroms verschafft den Einwohnern den Vortheil, daß sie die bei Riesa angeschifften Pirnaischen Werkstücke und tannenen Holzstämme nebst Brettern und Latten zum Bauen, auch Brennholz und Holzkohle mit nicht zu großer Erschwerlichkeit erlangen und die Feldbegüterten ihr Getreide auf Schiffen, die es nach Dresden und andere Orte verfahren, leicht absetzen können. Die nur 2 bis 3 Stunden entlegene Collmische, Reudnitzer und Lausaer Haide erleichtert den Ankauf des noch überdies benöthigten Bau- und Brennholzes. Auch bringen die unterländischen Holzeigenthümer vieles Holz in Klastern und Bündeln zum Verkauf auf die Wochenmärkte 38). So fehlt es auch nicht an guten Steinbrüchen um die Stadt herum, die Steine zum Bauen, Pflastern und Straßenbessern liefern, ja es gab in ältern Zeiten in der jetzt sogenannten Gänsegrube einen Steinbruch, woraus man, ehe noch die Pirnaischen Steine gewöhnlich wurden, Werkstücke zu Hausthürgerüsten, Fensterstöcken und Krachsteinen brach, die noch härter sind, als die Pirnaischen, wie man an der Stadtkirche und vielen Privathäusern noch sehen kann. Da keine größere Stadt, wie Oschatz, in der Nähe ist, so bringen die benachbarten Dorfbewohner die häuslichen Bedürfnisse aller Art reichlich zu Markte und setzen dafür die Kaufleute, Handwerker und Schenkwirthe wieder in Nahrung. Die durchgehende Landstraße ist für die Gasthöfe und Handwerker ebenfalls ein ergiebiger Erwerbszweig. An gutem Bach- Plumpen- und Röhr-Wasser ist kein Mangel. Das Wasser der Döllnitzbach, die in dem abgeleiteten Mühlgraben durch die Stadt und auf der Morgenseite durch den Stadtgraben fließt, ist ein weiches Wasser und führt keine mineralischen Bestandtheile bei sich, daher es Waschen, Kochen, Bierbrauen und Tuchwalken gleich dienlich ist. Unter den Plumpen geben sie auf dem Hauptmarkte, bei der Baderei und in dem Brüderthor-Zwinger, der Grabenborn genannt, vorzüglich gutes Wasser. Das Grabenbornwasser soll in alten Zeiten als ein vorzügliches Heilmittel bei scorbutischen Krankheiten gebraucht worden sein. Das Röhrwasser kommt aus reinen Bergquellen, die an ihrem Orte näher beschrieben werden sollen. in politischer Hinsicht ist die Stadt von ihrem ersten Ursprunge an zu dem Markgrafenthume Meißen und in demselben zu dem Gau Daleminzien (Bd. III), niemals aber, wie Sarcerius und Johann Matthesius, ehemaliger Pfarrer in Joachimsthal und mit ihnen Andere wollen, zum Osterlande gerechnet worden 39).

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1) Diesen Namen führte damals der Stadtvoigt. Der Amtsvoigt dagegen ward Advokatus proviaciae genannt  zurück

2) Analecta Saxon. vom Jahre 1766  zurück

3) In Schöttgen et Kreys Ser. T. II. p. 136, 140, 143, 146 wird Altoschatz bei Angabe eines Jahrgedächtnisses des Klostern zu St. Afra zwar antiqua Osschatz geschrieben, aber aus Irrthum, weil den Benedictiner Mönchen daselbst die Ableitung von antiquus bekannter war, als die von Aldin.   zurück

4) Frencelius in nomenclat. utriusque Lusatiae. in Hoffmanni scriptt. rer. Lusatic. Tom II p. 54. Dieser leitet das Wort Ozzec von dem sorbischen Woßec, eine Aspe, her. Das W ward nach Art der Polen und Böhmen weggeworfen und so entstand Osseck.  zurück

5) David Peifer in seinem Buche Lipsia s. orig. Lips. lib. IV. curante Rechenb. Martisb. 1689 p. 104 f. beweist auch aus den deutschen Namen der Gassen in der Stadt Leipzig, daß dieselbe von den Deutschen erbaut worden sei. Seine Worte sind diese: Nam et oppidi Lipsiensis latiores viae - viculi - et quod - cunque vici et lora restant. Germanicis vocabulis insigarta sund. neque in ulta. si unicum Lipuiae nomen excipias urbis parte vasogium aliud gentis Sorabicae extat: idque monumente est urbem a Germanis aedificatam esse.  zurück

6) In dem 36 Alphabete starken Lexico Etymologico Sorabico msopto, das jetzt in Görlitz aufbewahrt wird, unter dem Artikel Oschatz  zurück

7) Theatr. Saxon. II, p. 109  zurück

8) Sächs. Alterthümer, Th. II, S. 89  zurück

9) Peccenstein in theatr. Sax. II, 109, Knauth in Misniae illust. Prodromo, p. 1113 112, 240 Kreyßig in den Beiträgen zur Sächs. Geschichte Bd. III, S. 387.   zurück

10) In seiner Meißn. Landchronik S. 181  zurück

11) Longolius Nachrichten von Brandenburg-Culmbach Th. VII, S. 18, Not. 80  zurück

12) So steht es auf dem Klostersiegel der Franziskaner in Oschatz, wie es in Schoettgen und Kreys. diplomat et script. hist. germ. med. aevi, tom. II, tab. II n. 15 abgedruckt ist  zurück

13) Daß in uralten Zeiten nichts gewöhnlicher als die Verwechslung des z mit s sei, beweist Longolius a.a.O. Th. V, S. 36 Not. 9, wie auch S. 66, Not. 27, desg. Th. IX, S. 334, Not. 42 mit vielen Beispielen  zurück

14) Davon s.m. Joh. Friedr. Klotzsch von dem Ursprunge der Bergwerke in Sachsen, aus der Gesch. mittler Zeiten untersucht. Chemnitz 1764 S. 42   zurück

15) Adauctus Voigt zeigt in der Beschreibung dder bisher bekannten Böhmischen Münzen, Bd. II, S. 97, daß Grosch aus groß entstanden ist.  zurück

16) Wachter schreibt im dritten Abschn. der Vorrede zu dem Glossario germ. die Verwechslung des e mit a der nahen Verwandschaft beider Buchstaben zu, und Longolius a.a.O. Th. VIII, S. 247 berichtet: Noch diese Stunde hört man in hiesiger (Brandenburg-Culmbachischen) Gegend, das e wie ein a, auch trifft man Arbis für Erbsen sowohl in ältern Schriften, als auch in des gemeinen Mannes Munde an. Im VI. Theile, Seite 1914 führt er auch einige Ortsnamen an, wo e mit a verwechselt wird. In unserm Erzgebirge spricht der gemeine Mann noch immer Brat, Pfaard, Haard, Korn, Baten und dergl. statt Brett, Pferd, Heerd, Kern, Beten. Auch auf dem Lande im Meißnischen hört man noch häufig gesatzt, Arst, Arde, Ante statt gesetzt, erst, Erde, Ente.  zurück

17) Nihil, mit Aubertus Miraeus in praes. ad Coel Proviacialem Roman. nihil libramorum erroribus magis expos tum est, quam propria locorum et personarum nomina.  zurück

18) In serie Misn. Episcop. S. 229  zurück

19) Lib. II rer. Saxon. p. 154 u. Lib. II orig. Saxon. p. 309. Ursinus hat ihn in der deutschen Uebersetzung der Dithmar'schen Chronik S. 513 u. 514 u. widerlegt und verwiesen, daß der Name nicht Olscinzi, sondern Olsnice gelesen werden müsse, und darunter nicht Oschatz, sondern Oelzscha zu verstehen sei. – Kann das nicht ehe Oelsnitz im Voigtlande sein?  zurück

20) Joh. Christ. von Schmidt Chronik der Kreistadt Calau, S. 10. Die Urkunde, worauf er sich bezieht, ist abgedruckt in Schöttgens Nachlese Th. VI und in Carol. Frid. Seyffarth Ossilegio S. Bennonis, S. 15.  zurück

21) In historia Burggraviorum Donensium §8 in ejus Opusc. min. hist. Saxon. illustr. collecta a Godofr. Iman. Grundig p. 100.  zurück

22) In der Abhandlung von der ehemaligen Großenhainer Präpositur, die er als Vorrede von der Chladenius herausgegebener Großenhainer Stadtchronik vorgesetzt hat, S. 9- Vergl. hierzu Webers Archiv Bd. VI, S. 162.   zurück

23) Frencelii nomenclat. utriusque Lusat. in Hoffmanni scriptt. rer. Lusat. tom II, p. 54   zurück

24) In der aufgeführten Vorrede zu Chladenius Chronik S. 8.   zurück

25) Ursinius Aeußerung veranlaßte im Jahre 1783 einen Ungenannten, in die Dresdner gel. Anzeigen eine Abhandlung einrücken zu lassen: Ob in vorigen Zeiten Großenhain oder Oschatz den Namen Ozzeck geführt habe, darin zwar richtig bewiesen wird, daß Oschatz dieser Name zukomme, aber auch Schöttgens und Ursinius urkundlichen Beweisen entgegen gezweifelt wird, daß jener Name Ozzeck der Stadt Großenhain zugeordnet werden könne.  zurück

26) Chladenius Großenhainer Stadtchronik S. 1 und 5.  zurück

27) Knauths Alten-Zellische Chronik, Th. VI, S. 191  zurück

28) Leutfelds chronolog. abbatum Bosaviensium p. 23, 40, 82 und in addend p. 19, so auch Schoettgen scriptt. histor. germ. med. aevi. tom. II, p. 424  zurück

29) Frencelii Nomenclat. in Hoffmanni rer. ser. Lusat. tom II, p.54  zurück

30) Schoettgenii analecta monastorii Ossecensis in ejus scriptt. hist. germ. p.  57-62.  zurück

31) Büschings Erdbeschreibung, Th. I , S. 1495 6. Aufl. und Miscell Sax., Th. IV, S. 25  zurück

32) Büschings Erdbeschreibung, Th. I, S. 1133  zurück

33) Büschings Erdbeschreibung, Th. I, S. 1158  zurück

34) v. Strahlenbergs Vorrede zu seinem Werke von dem nord- und östlichen Theile von Europa und Asia, S. 34.  zurück

35) Dietmanns chursächs. Priestersch., Th. IV, S. 488 u.s.w.  zurück

36) in Cimelio geograph. tripart, P. I, p. 54  zurück

37) In der mineralogischen Geographie der chursächs. Lande. Wir geben hier die Höhenbestimmungen nach: „Die Hauptergebnisse der mit der europäischen Gradmessung verbundenen Höhenbestimmungen im Königreich Sachsen“ Zusammengestellt und alphabetisch geordnet von Oscar Chonlant (Freiberg 1870).
Oschatz: Arc des gr. Messingbolzens am königl. Gerichtsamtsgebäude 397 Pariser Fuß über d. Spiegel d. Ostsee.
Arc des gr. Messingbolzens am Bahnhofsgebäude 100 P.F.  zurück

38) Selbstverständlich hat sich in Betreff dieser und der folgenden Angaben sehr Vieles verändert – wir erinnern nur daran, daß bei Herausgabe der ersten Auflage dieses Werkes, die Leipzig-Dredner Eisenbahn noch nicht gebaut war und verweisen daher auf spätere Anmerkungen, sowie auf Bank III dieses Werkes.  zurück

39) Albinius in der Meißnischen Landchronik führt S. 181 die Worte des Sarcerius also an: Ea pars, quae ab Ositio, urbe, Wisenfelsium usque vergit, in qua Lipsia sita est, Ositia vocatur, testante adhae Germanica appelliatione Ostlandt ab Osis populus sic appellata: Quanqum hodie Myznia et Ositia regiones confunduntur, idque propter unum Pricipem cuius imperio ambae subiacent: tamen probe a se invicam discernendae sunt, ut recte intelligi possit, aliquando fuisse duplicem regionem, quam hodie unam propter vincinitatem repulamus. Aldinus, der diese Meinung des Sarerius aufgezeichnet hat, ist auch der erste gewesen, der ihr widersprochen hat. Neuerlich wird sie widerlegt in M. J. F. Rochs, Pastor zu Nepperwitz bei Wurzen, Abhandlung von dem Osterlande, die in Krenßigs Beitr. zur Sächs. Geschichte, Th. III, S. 369-388 abgedruckt ist, wo er S. 376 aus sichern Angaben folgert, daß das Osterland von der Saale her nicht ganz bis an die Mulde gereicht habe, sondern ein Strich an dem westlichen Ufer der Mulde, ungefähr eine starke Meile breit noch zu dem Meißner Lande gerechnet worden sei. Da die meisten Geschichtsschreiber, sagt er S. 375, die Grenzen von dem Osterlande nicht gewußt, so haben manche Großenhain ,Oschatz, Leisnig und andere Orte mehr dahin gerechnet. Von den Osis habe ich schon oben die nöthige Bemerkung beigebracht.  zurück




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