Vom Kirchberg zum Brüdertor
Auf dem Kirchberg – anfangs ein eigener geschützter Bezirk – liegt
der Kirchplatz. Er hat seinen Namen vom ehemaligen Kirchhof und Kirchgässchen erhalten. Nach C.S. Hoffmanns
Stadtchronik war der Kirchhof bis 1536 allgemeiner Begräbnisort der hiesigen Einwohner. Danach wurde er vor die
Stadt verlegt, auf den Hospital-Kirchhof zu St. Georgen. Vom Kirchplatz gelangen wir durch das Klostergässchen
sehr bald in die Brüderstraße und zum Brüdertor. Die Brüderstraße
wurde nach dem 1228 in Oschatz gegründeten Kloster der Franziskanerbrüder benannt. Allein die Klosterkirche blieb
erhalten (s. An der Klosterkirche), das Kloster selbst brach man 1838/39 ab, um an dieser Stelle das Königliche
Amtsgerichtsgebäude zu errichten. Das Brüdertor – ursprünglich eines dieser
vier Stadttore von Oschatz – wurde auch Leipziger Tor bezeichnet, weil aller Fracht- und Postverkehr von Leipzig
nach Dresden durch dieses Tor über Brüderstraße - Altmarkt - Sporergasse zu Hospitaltor durchgeführt wurde. Auch
der Verkehr zum Bahnhof wurde zunächst durch dieses Tor geleitet. (aus G. Heinz und S. Schöne, Rundblick 2/1978).
Die Verlängerung der Brüderstraße zum Stadtzentrum hin bildet die Fro(h)ngasse. Ihr Name leitet sich
von der Ratsfronfeste (heute Stadtmuseum) sowie der Amtsfronfeste (beide im 16. Jh. errichtet) ab. Fron dürfte
m.E. hier wohl am ehesten für Gerichts-/Amtsbote stehen. Er hatte im Mittelalter als gerichtlicher Hilfsbeamter
die Parteien zu laden und die Urteile (sogar Todesurteile) zu vollstrecken. Vor allem in Sachsen hatte der
Fronbote in bestimten Bagatellsachen die selbständige Gerichtsbarkeit. Seit seiner Stadtviertel-Einteilung
im Jahre 1414 besitzt Oschatz eine Nonnengasse, obwohl ein Nonnenkloster hier nie existiert
hat. "Vermutlich ist der Name auf die Frauen und Jungfrauen zurückzuführen, die ohne Gelübde sich zur
Andacht und Wohltätigkeit gegenüber den Alten und nicht mehr Arbeitsfähigen vereinigten. Durch Schenkungen
erhielten sie eingeschossige Reihenhäuser ... die wohl in der Nähe der Nonnengasse zu suchen waren."
(Hiersemann, Rundblick 1/1982, 29f.)
Die vier Stadttore
Diese vier Zugänge zur inneren Stadt hatten sich bis Anfang
des 20. Jahrhunderts auf elf erhöht, wie aus der Chronik von Bürgermeister Härtwig aus dem Jahre 1906 nachzulesen
ist. Die vier alten Stadttore (Altoschatzer, Strehlaer, Brüder- und
Hospitaltor) wie auch die Stadtmauern sind allesamt im Verlauf des 19. Jahrhunderts abgebrochen worden. Ihre
Namen gibt es noch nicht einmal in den neueren Stadtplänen von Oschatz.
Hier soll in aller Kürze der Geschichte dieser Tore nachgegangen werden, und zwar im wesentlichen gestützt auf
die Arbeiten von Sylvia Schön und Gerhard Heinz. Das Altoschatzer Tor und
die Altoschatzer Straße erhielt seinen Namen vom nahen Dorf Altoschatz. Dieses Tor hielt sich am längsten. erst
1834 gab man den Stadtgraben rechts vom Altoschatzer Tor zur Auffüllung mit Bauschutt frei, 1837 wurde die
Stadtmauer im Bereich dieses Tores abgebrochen und Graben und Zwinger in Gärten umgewandelt (siehe auch Promenade).
Auch heute sind noch Reste der alten Zwingmauer vorhanden (siehe Durchgang in der Zwingmauer zur Rosmarinstraße mit
dem sächsisch-polnischen Wappen). Das Strehlaer Tor musste Anfang des 19. Jhs.
aus verkehrstechnischen Gründen abgerissen werden, das Torhaus wurde 1843 verkauft. Die Strehlaer Straße (früher Strehlaer Gasse)
verlängert sich jenseits dieses Tores in den Steinweg in Richtung Strehla. Am Ende dieses recht alten mit Steinen befestigten
Weges zweigt die Oststraße ab. Sie führte – so lesen wir n der oft bemühten Serie der Oschatzer Allgemeinen von G. Heinz – seit
frühmittelalterlicher Zeit von Oschatz über Ganzig und Weida zum Kloster Riesa. "Dieser alte Kommunikationsweg ist mit der
Errichtung des Ulanen-Regimentsgeländes nach 1867 dort aufgegangen. Auf den genannten beiden Wegen dürften ... bereits zu Ende
des 11. Jahrhunderts die Bischöfe von
Naunburg und ihr Gefolge zu ihren weltlichen Elbgebieten ... lang gezogen sein. Bis zu den Zeiten des Emporkommens
von Riesa nach der Errichtung der Eisenbahnlinie Leipzig-Dresden war der Elbhafen von Strehla für Oschatz ein
wichtiger Ort und Elbübergang. Brüdertor (Leipziger Tor)
Im Kapitel "Vom Kirchberg zum Brüdertor" ist dazu bereits das
Nötigste gesagt worden, Hospitaltor (Dresdner Tor) Das Hospitaltor befand
sich am Ausgang der Hospitalstraße. Seinen Namen erhielt es vom Hospital St. Georgen, das in unmittelbarer Nähe
lag. "Anfang der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde es beseitigt, um Brücke und Straße verbreitern zu
können." (Rundblick 2/1978, 186) |