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Chronik (Inhalt) |
Erste Abtheilung |
Die mit Oschatz in ältern und neuern Zeiten verbundene Gegend, deren Zustand,
wie er vor der Erbauung der Stadt war, in dieser Abtheilung beschrieben werden soll, war ihrer natürlichen Beschaffenheit nach bis ins sechste
christliche Jahrhundert, wie das übrige innere Deutschland, zu dem sie gehörte, noch unangebaut, mit Wäldern und Sümpfen fast ganz bedeckt und hatte
ein rauhes norwegisches Klima. Der Boden gab fast nichts weiter als Holz zum Feuer, Weide für das Vieh und wildes Obst. Auerochsen, Rennthiere,
Elenthiere, wilde Pferde und Katzen, Füchse, Wölfe, Bären und Raubvögel hausten in den Waldungen. Der Name des Wolfsteiches bei Lampertswalda, des
Katzen- und Fuchsberges zwischen Oschatz und Zschöllau erinnert noch immer an jene graue Vorzeit, da sich diese Thiere hier am häufigsten aufhielten.
Der sittliche Charakter der Daleminzier war, wie der National-Charakter aller Sorben, sehr rühmlich. Boshaft und tückisch waren sie gar nicht, 21) gegen einander bezeigten sie sich höflich; umarmten und küßten sich bei ihren Zusammenkünften; Unversöhnlichkeit störte ihre Verbindungen nicht; die Gastfreiheit übten sie in einem hohe Grade aus 22) für die Armen sorgten sie so gut, daß man keinen Bettler unter ihnen sah. Der Diebstahl war ihnen ein unbekanntes Laster, doch hielten sie es für kein Verbrechen, dem Andern Speise und Trank zu entwenden, um Gäste bewirthen zu können. Mit der Tapferkeit, wodurch sie sich auszeichneten, war eine große Liebe zur Freiheit verbunden. Ihr Gemüth war zu einer Fröhlichkeit geschaffen, die oft in Leichtsinn ausartete. Die Ehe hielten sie heilig. Grausamkeit, eine natürliche Folge ihrer uncultivirten Tapferkeit, und starke Neigung zum Trunke waren National-Gebrechen. Abendländische Geschichtsschreiber schildern sie zwar von der häßlichsten Seite; allein man wird bei unparteiischer Prüfung bald gewahr, daß der Religionshaß aus ihnen redet. Die politische Verfassung der Daleminzier gründete sich auf Freiheit. Sie hatten, wie die übrigen Sorben, einen Fürsten, der aber in Friedenszeiten sehr eingeschränkt war, oder vielmehr gar keine Gewalt hatte. Nur im Kriege war dieser Fürst ihr Anführer, und seine Macht hörte mit dem Ende des Krieges wieder auf. Die Fränkischen Jahrbücher nennen einige mit Namen, z.B. Miliduch, der im Jahre 807 erschlagen ward; Tungo, der im Jahre 825 seinen Sohn dem Kaiser zur Geisel geben mußte; Boleslaus aus Delmans, der achte und letzte im Jahre 933, der der Schlacht des großen Königs Heinrich I. wider die Ungarn beiwohnte. Die politische Einrichtung der Daleminzier war demokratisch: eigentlich Stände und Rangordnungen hatten sie nicht, einer galt so viel, als der andere, blos Tapferkeit ehrte und gab größeres Ansehen bei dem Volke. Bei ihren Versammlungen berathschlagten sie sich gemeinschaftlich. Ihre Haupt-Zupanie theilten sie, so wie es in ihrem ersten Vaterlande üblich gewesen war, in gewisse kleinere Zupanien 23) oder Gerichtsherrschaften, die mehrere Orte umfaßten und über welche ein Zumpan oder Gerichtsherr gesetzt war. Das Amt Meißen war noch im Jahre 1553 in 16 Zupanien aufgetheilt und die Amtsrechnung darnach eingerichtet. Schöttgen hat ihre Namen angegeben 24) Zu unserer Gegend gehören davon die Zupanie Hohenwussen, Pulsitz, Schlagwitz, Schweta bei Döbeln, wo der Sitz des Zumpans gewesen war. Außerdem kann man annehmen, daß auch Lonnewitz 25) Belgern, und Mügeln (jetzt Altmügeln) 26) ähnliche Gerichtsorte gewesen sind. Wenn der Zupan über die ihm angewiesenen Dörfer Gericht hielt, so richtete er sich dabei nach alten Gesetzen und festgesetzten Gewohnheiten; der Eid ward selten gebraucht, weil man von einem öftern Gebrauche die Rache der Götter fürchtete; die Gerichtsstätte ward Kosel 27) und das Gefängniß für die Verbrecher Diemitz genannt. Die älteste Waffe der kriegslustigen Daleminzier war ein Messer, das am Gürtel herabhing und auch zum Essen gebraucht ward. Nebst diesem hatten sie Wurfspieße, kleine Schilde, Pfeile 28) Schwerter und Lanzen. Ihr Heer bestand mehrentheils aus Fußvolk; ihre Kriege fingen sie nie ohne gottesdienstliche Handlungen an; sie glaubten, der höchste Gott bekümmere sich vorzüglich um ihre Kriege, die sie für heilig hielten und streite für sie; auch fragten sie dabei ihre Orakel um Rath. Wer sich im Kriege tapfer hielt, ward als männlich betrachtet und geehrt. Von dem Gottesdienste der Daleminzier, der dem Götterdienste der übrigen Sorben ähnlich war, kann hier nicht ausführlich gehandelt werden 29) Von ihren Gottheiten scheinen hier nur diejenigen aufgeführt werden zu müssen, die für die hiesige Gegend ein besonderes Interesse insofern haben, als nach ihnen mehrere Dörfer genannt worden sind. Sie verehrten überhaupt zwei höhere Wesen, ein gutes und böses. Von dem guten Gott, den sie Bog nannten, wähnten sie, daß er sich stets in einer ungestörten Ruhe befinde und die Sorge für die Welt andern Göttern aufgetragen habe, die sie ihm unterordneten. Von diesen Untergottheiten waren die vornehmsten Swantewith und Radegast. Unter dm ersten verehrten sie überhaupt das Feuer und insbesondere die Sonne, und daher stand der Feuerdienst bei ihnen im großen Ansehen; unter dem zweiten einen listigen, aber uns nicht bekannten Helden, der in Kriegszeiten um Rath gefragt ward. Denn das Wort Radegast bezeichnet einen verschlagenen und tapfern Mann. Von einer niedrigern Gattung waren folgende: Porenutus oder Poronicny galt als Gott der Schwangern; Slota Baga als Göttin der Gebährerinnen; Cisa als Göttin der mütterlichen Nahrung. Curcho oder Gorcho verlieh jedem sein bescheidenes Theil in der Nahrung, so wie überhaupt Potrimbus, von Potreba oder Potrebny, bedürftig, abgeleitet, für die Nahrung und andere Bedürfnisse der Menschen sorgte. Porewith gab seinen Verehrern gute Beute in feindlichen Ländern und verhütete Beraubungen vom Feinde. Die Göttin Siwa schenkte das Leben und Auschwitus (von dem sorbischen Worte Wußwieczicz, erleuchten,) erhielt es, indem er den Kranken, die seine Priester in der Nacht befragten, heilsamen Rath ertheilte. Pergrubius besorgte durch das gedeihliche Wachsthum des Getreides und aller andern Feldfrüchte eine gute Ernte; Puscetus aber, dessen Name, wenn er von dem sorbischen Worte Bosowske abgeleitet wird, eigentlich einen Gott, der unter einem Hollunderstrauche wohnt (deum sambuceum), anzeigt, schützte die geheiligten Haine, Wälder und Bäume. Dziewanna war die Göttin der Wälder und der wilden Thiere; Provo, Prawo oder Prono der Gott der Gerechtigkeit; Vitus oder Wet der Gott der Rache. Von dem bösen Gott, den die Daleminzier Czernebog, das ist, den schwarzen Gott nannten, bildeten sie sich ein, daß er den Menschen allerlei Schaden und Nachtheil zufüge. Uebrigens machten sich die Sorben ihre Gottheiten durch geschnitzte, gemalte oder gegossene Bilder sinnlich, welche gemeiniglich vielköpfig und von fürchterlicher Gestalt waren. Jedes Dorf und jede Familie hatte einen eigenen Schutzgott, welcher Jedem der erste und heiligste war, und von ihm da verehrt ward, wo er sich der allgemeinen Meinung nach gern aufhielt, in dicken Wäldern, Hainen, unter alten Eichen, an Sen und Brunnen. Daher legten die Daleminzier auch oft den Dörfern, wo die Bildsäulen ihrer Götter standen, den Namen derselben bei. Dieses läßt sich mit den Namen verschiedener Dörfer in der Oschatzer Gegend beweisen. So hat z.B. Bornitz bei Oschatz seinen Namen von dem Porenutus oder Poronicny; Bortewitz bei Börln von dem Porewith; Bucha bei Dahlen von dem Bog; Churschitz bei Lommatzsch von dem Churo; Grubnitz bei Oschatz von dem Pergrubius; Ibanitz bei Staucha von der Siwa; Prawsitz jetzt Prausitz bei Jahnishausen und Prositz bei Staucha von dem Provo oder Prawo; Ragegast bei Börln von dem Radegast; Schinnewitz bei Oschatz von der Dziewanna; Schlatitz bei Mügeln von der Slota; Schmannewitz von dem Swanewith; Sörnewitz bei Lampertswalda, Sornzig bei Mügeln, Sörmitz oder Sörnitz bei Döbeln von dem Czernebog; Treben bei Staucha, Trebnitz bei Strehla, Trebitz bei Döbeln von dem Potrimbus; Wetitz bei Mügeln von dem Wet; Wutschwitz bei Döbeln von dem Auschwitus; Zißen bei Dahlen, Zöschau bei Oschatz von der Ciza. Zu ihren heiligen Hainen gehörte das Pösig-Holz, dem Rittergute Staucha zuständig, in alten Urkunden Biscowe genannt, wo der Puscetus verehrt ward und das Ziezschhölzchen an der Poststraße, zum Rittergute Hof gehörig, der Ciza geweiht. Es gab derer noch mehrere und sie wurden gemeinigleich in alten Schriften Heidehölzer genannt. Der Rath zu Oschatz entrichtete aus der Kämmerei 1511 einen Groschen Zins zur Kapelle St. Elisabeth daselbst von dem Heidenholze. – Die Verehrung der Götter bestand vorzüglich in Beten, Opern, Weissagen und vielleicht auch Fasten. Die Götter ertheilten auf Befragen auch Antworten und die Orte, wo dies geschah, wurden in der sorbischen Sprache Praschwitz oder Pratschitz genannt. Da das jetzige geistliche Aerarien-Gut in Oschatz und die Flur, darin die dazu gehörigen Felder liegen, diesen Namen führt, so läßt sich nicht ohne Grund annehmen, daß auf dem Standorte des Gutes oder in den Feldern desselben ein Ort gewesen sei, wo die Götter von den Daleminziern, sobald sie Sachen von Wichtigkeit unternehmen wollten, um Rath gefragt wurden 30) Die Diener der Götter hießen Popen. Vielleicht hat das Dorf Poppitz beo Mügeln davon seinen Namen. Das Neujahrfest im März und das Erntefest im Herbste waren die einzigen Feste, die von ihnen gefeiert wurden. Bei ihren häuslichen Verrichtungen beschäftigten sich
die Daleminzier mit der Viehzucht, dem Ackerbau, der Jagd, Bienenzucht und Fischerei. Ihre Speisen waren von schwer
verdaulicher Art und schlecht zugerichtet. Sie aßen des Tages nur zweimal, Mittags und Abends. Ihr Getränke war Bier
und Math, aus Honig bereitet. Zur Erleuchtung ihrer Stuben bedienten sie sich des Kiens, den sie, wie noch jetzt in
Holzgegenden geschieht, in einem kleinen bei dem Ofen an der Wand angebrachten Kamin anzündeten und dessen Flamme
mit kleingespaltenem Holze unterhielten. In dem Mittelpunkte der angezeigten Burgwarten lag die Burg in den Keilgärten vor Oschatz, welche umsomehr unsere Aufmerksamkeit verdient, da sie der Grund für die Stadt, dem Amte und der Diöces Oschatz ist. Die Gewißheit ihres ehemaligen Daseins gründet sich auf einen gerichtlichen Aufsatz in dem ältesten Stadtbuche, darin im Jahre 1354 am sechsten Tage nach Pfingsten von den Scabinen bezeugt wird, daß Conradus Karpentarius mit seiner Ehefrau dem Hospital zum heil. Geiste vor der Stadt und der Pfarrkirche zu St. Aegidius in der Stadt einen Hopfengarten, auf der Stelle des Burgstadils 52) gelegen (humuletum in loco burgstadil situm), jedem zur Hälfte vermacht habe. (Band III.) Die Bestimmung der Lage des vermachten Hopfengartens war zwar für die damaligen Zeiten, wo jedem noch die Stätte der eingegeangenen Burg bekannt war, deutlich, aber nicht für uns, da sich durch die Länge der Zeit die Bekanntschaft mit der Burgstätte verloren hat. Ich würde sie auch nicht gefunden haben, wenn mich nicht ein von meinem Vater verfertigter Auszug aus des Amtes Oschatz Handelsbüchern darauf geleitet hätte. Darin fand ich einen Vergleich angemerkt, der wegen der Stückchen Feld bei den Keilgärten, die Bratheringe genannt, den 29. Juli 1661 in dem Amte abgeschlossen worden war. Dieser Name war schon meinem Vater aufgefallen, weil er dazu ein Zeichen gemacht hatte, noch viel mehr fiel er mir auf, da ich schon längst über den wahren Standort der Burg nachgedacht hatte und sogleich vermuthete, daß ich dadurch einen nähern Aufschluß darüber erhalten würde. Ich ward auch in meiner Erwartung nicht getäuscht. Schon die Bedeutung des Namens Bratheringe, die ich zuerst zu erforschen suchte, gab mir einige Befriedigung, weil er nach der Sprache des Mittelalters eine Wohnung streitbarer Männer aus dem Heere anzeigt 53) Den gänzlichen Aufschluß aber erhielt ich durch die eigne Ansicht des Feldstücks. Es gehört jetzt als eine halbe Hufe zu dem Krapfischen (jetzt Mehnert'schen) Vorwerke vor dem Hospital-Thore, hat die Gestalt eines Winkelmaaßes und nimmt zwei Seiten von den Keilgärten ein. Die eine Seite liegt gegen Abend an dem Fußsteige, der nach Naundorf führt, die andere gegen Mittag; eine jede ist gegen 600 Schritte lang und 200 Schritte breit, daher es, als es noch ein Hopfengarten war, nach den Worten des Vermächtnisses leicht in zwei gleiche Hälften abgetheilt werden konnte. Auf diesem Feldstücke stand also das Burgschloß, das der militärische Befehlshaber mit seiner Besatzung, der Justiz- und Rentbeamte, der Meßpriester nebst andern Personen, die in der Burg nöthig waren, gewohnten, auch die gottesdienstliche Kapelle und die Schuttböden für das aus den zur Burg geschlagenen Dorfschaften eingebrachte königliche Zinsgetreide mit in sich faßte. An den Ecken der Mittags- und Abendseite sind noch deutlich halbrunde Ausbeugungen von 60 Schritten wahrzunehmen, daraus sich schließen läßt, daß das Schloß mit 2 oder 3 Wachthürmen, davon jeder 120 Schritte im Umfange hatte und von der Art waren, wie sie noch jetzt in der Stadtmauer zu sehen sind, verwahrt gewesen sei. Die hohe Lage des Feldes und die Höhe der Thürme setzte sie Besatzung der Burg in den Stand, sich weit umzusehen und der nächsten Burgwart Treben durch ein verabredetes Zeichen kund zu thun, wenn ihre Hülfe etwa nöthig war, um einen feindlichen Haufen zu zerstreuen. Außer diesen Thürmen ging auch noch ein Erdwall um die Außenseite des Schlosses herum, der nach dem Verfalle desselben eingeebnet ward, daher es auch kommen mag, daß das Feld, worauf das Schloß lag, um einen großen Theil höher ist, als die übrigen Keilgärten. Die an der Mittagsseite unter dem Felddamme hervorgehenden Steine sind allem Ansehen nach noch Ueberreste von dem Grunde der um das Schloß herumgegangenen Mauer. Der Burggraben scheint die ganzen Keilgärten, die ein Viereck bilden, umgeben zu haben. Am deutlichsten ist er an der Morgenseite zu sehen, wo er noch auf 3½ Elle tief und auf 230 Schritte Länge hat. Auf der Abendseite ist ein Abhang, der, ehe man bei Erbauung der Stadt Steine daselbst brach, eben so steil gewesen sein mag, als nicht weit davon der Abhang hinter dem Lazarethe noch ist. Am Fuße des Abhangs fließt die Döllnitzbach, die aber in jenen ältern Zeiten, als der Stadtmühlgraben noch nicht davon abgeleitet war, viel breiter und wasserreicher war, als jetzt. In einer Burgwart war auch ein freier Platz erforderlich, auf welchem über die Einwohner des Burgbezirks öffentlich das Gericht im Namen des Königs durch den Justizbeamten gehalten ward. Zu dieser Gerichtsstätte war der übrige Raum in den Keilgärten bestimmt. Dieses giebt schon der Name Keilgarten oder nach der altsächsischen Sprache Keulgharden zu erkennen, weil er, wie ich oben gezeigt habe, eine Gerichtsstätte bedeutet, wo über die mit dem Burgwart verbundenen Personen das Burgwartsrecht ausgeübt ward. Noch deutlicher erhallt es aus dem Namen Rohlandsgarten, der in des Amtes Oschatz Kauf- und Handelsbuche 54) dem ersten Keilgarten von der Morgenseite her, beigelegt wird. Dieser Name sollte eigentlich Rugelandsgarten geschrieben sein, weil er von dem altdeutschen Worte Ruge oder Rüge, d.h. Gericht herkommt. Auf diesem Rugelande stand nach altdeutscher Sitte ein sogenanntes Rohlandsbild, das nichts anders war, als eine hölzerne Bildsäule, die den König Heinrich I., den Bezwinger der Daleminzier, in der Gestalt eines bewaffneten Kriegshelden, mit einem Schwerte in der rechten Hand, mit einer Krone uf dem Haupte und mit der Weltkugel nebst dem Kreuze in der linken Hand, vorstellte, und die das Zeichen war, daß an dem Orte, wo sie stand, freies königliches Gericht gehalten werde. 55) Nimmt man alle hier angeführten Umstände zusammen, so wird wohl kein Zweifel mehr sein, daß die Burg in den Keilgärten mit unter die Anzahl der in hiesiger Gegend gewesenen Burgwarten aufgenommen werden könne und ich trage kein Bedenken, ihr den Namen Brathering beizulegen. Schöttgen konnte ihrer in seiner Abhandlung von den in hiesigen Landen gewesenen Burgwarten nicht gedenken, weil ihm die Quellen unbekannt waren, aus welchen ich meine Beweise über ihr Dasein und ihre Beschaffenheit geschöpft habe. Ihm ist keine ältere Urkunde, darin einer Burgwart gedacht wird, als vom Jahre 961 vorgekommen. Zu dieser Zeit nahte sich die von mir entdeckte Burgwart schon ihrer Endschaft und das Burgwartsrecht ging in das Amt über, das in die um jene Zeit erbaute Stadt Oschatz verlegt ward. Ehe ich die Beschreibung der Burg endige, kann ich nicht unerwähnt lassen, daß ihr mein verewigter Bruder 56) einen andern Standort angewiesen hat, nämlich in dem Augarten bei dem über die Döllnitz führenden hohen Stege. Allein die Lage für eine Burg wäre hier viel zu tief und mit zu vielen Anhöhen, welche die freie Aussicht hindern, umgeben. Das Merkmal, das er von der Burgstätte angiebt, ist nur eine alte eingegangene Schanze, wie man noch mehrere um die Stadt findet. Was ihn auf seine Vermuthung gebracht hat, sind die Worte eines alten Zinsregisters des Hospitals zu St. Georgen in Osachatz aus dem vierzehnten Jahrhunderte, das dem ältesten Stadtbuche angehängt ist. Darin wird nämlich ein Haus in der Stadt, das 2 Groschen zu zinsen hat, das Haus nahe bei dem dort befestigten Orte, wo das Wasser in die Stadt fließt (prope castrum, ubi aqua intrat), genannt. Weil nun die gedachte Schanze nicht weit von dem Einflusse des Wassers in die Stadt liegt, so hat ihn dieser Ausdruck verleitet, die Schanze für den Ort des Burgstadils anzunehmen. Allein bei einer genauen Untersuchung der Lage des Zinshauses, welches die jetzige der Tuchmacher-Innung zugehörige Schönfarbe ist (jetzt Nr. 381), wird offenbar, daß unter dem Worte castrum nicht das Burgschloß, sondern die kleine Citadelle hinter der Schönfarbe, unter welcher das Wasser in die Stadt fließt, zu verstehen ist. 57) 1) Der verstorbene Hofrath Adelung behauptet, was unter den ältesten Geschichtsschreibern schon Christ. Heinr. Weise in seinen Sigularibus Antiquitatum Saxonicarum S. 35, und unter den neuern M. Heynig unter dem 1. Stück der Thüringischen Monatsschrift gethan haben, daß die Thüringer, die gewöhnlich für einen westgothischen Völkerstamm gehalten werden, das nämliche Volk wären, welches in den frühern Zeiten unter dem Namen Hermundurer vorkomme; giebt aber dieser Behauptung durch den neuen Grund, daß das Wort Hermundurer soviel als Hermunische Durer, das ist, germanische Bergbewohner bedeute, ein noch größeres Gewicht. Man sehe sein Dictorium, d.i. chronologisches Verzeichniß der Quellen der süd-sächsischen Geschichte, sofern selbige aus Geschichtsschreibern aller Welt und Denkmälern bestehen, (Meißen 1802) unter der ersten Rubrik der Einleitung, welche die Aufschrift: Hermundurer und Thüringer führt. und vergleiche damit Schöttgen's Nachricht von den Hermundurern in seiner diplomatischen Nachlese, Th. 1, S. 1-15. Vergl. Plinius hist. nat. IV. 14. Diese Ansicht ist durch die neueste Geschichtsforschung bestätigt. Vergl. von Wietersheim: „Über die Urbewohner des heutigen Sachsen“ in Werber's Archiv für Sächsische Geschichte Bd. III S. 66 zurück 2) Im Anfange des 7. Buches seiner Geographie zurück 3) Schöttgen's diplomat. Nachlese Th. 1 S. 2 zurück 4) Vellejus patere L. 2 c. 106 zurück 5) Tacit. Annal. L. VII c. 30 zurück 6) Tacit. de mor. Germ. c. 41 zurück 7) In dem 1590 aufgesetzen Verzeichnisse von den dem Amte Oschatz eigenthümlichen und angrenzenden Hölzern wird der Name des Dürrnbergs bei Strehla Thurnbergk geschrieben und eben so in der Wellerswaldaer Pfarr-Matrikel v.J. 1617 ein Viertel Pfarrfeld auf dem Filiale Liebschütz das Viertel Land am Thurenberge genannt, daraus sich noch eine größere Ähnlichkeit mit dem Götternamen Thuran ergiebt. Ein über dem Wasser gelegene Stück Pfarrfeld in Gröba kommt in der Matrikel v.J. 1575 unter dem Namen: auf der Thorwigk vor. zurück 8) Albinus in seiner Meißnischen Landchronik und Reinerus Reineccius in seinem Buche vom Ursprunge der Meißner haben zwar behaupten wollen, als wären die Hermundurer von einem Volke, die Myser genannt, vertrieben worden, die hernach dem Lande Meißen den Namen gegeben hätten. Diese Meinung haben auch viele Chronikenschreiber, namentlich Johann Fiedler in seiner Mügeln'schen Ehren- und Gedächtniß-Säule, angenommen. Allein jenes Vorgehen hat D. Friedr. Wiedeburg in seinen orig. et antiquit. Marggraviatus Misnici P. II, p. 123 (d) gründlich widerlegt. Vergl. von Wietersheim „Ueber die Urbewohner des heutigen Sachsen“ in Werber's Archiv Bd. III, S. 67 zurück 9) in seiner Sächsischen Geschichte Th. 1, S. 53, 54 zurück 10) in seiner ältesten Meißnischen Geschichte, S. 12,13 14. zurück
11) Obgleich diese Meinung , welche Schöttgen in der Historie der Sorben-Wenden in seiner diplomat. Nachlese, Th. 2, S 177-226 weitläufig auseinandergesetzt hat in den Analect Saxonie P. I, S. 247 ff, nicht ohne Sachkenntniß und Scharfsinn bestritten worden ist, so hat sie doch D. Christ. Ernst Weiße, Oberhofgerichtsrath und Professor zu Leipzig im ersten Theile seiner Geschichte der Chursächsischen Staaten (Leipzig 1802) S. 4 noch immer gelten lassen. Jedoch hat sie an Adelung einen neuen Gegner erhalten, welcher in seinem Directorium, und zwar in der zweiten Rubrik der Einleitung zu erweisen gesucht hat,daß die Sorben nicht aus Servien, Slavonien u.s.w. in unser Vaterland gekommen, sondern von uns nach Illyrien u.s.w. gewandert seien. Dieser Meinung Adelungs ist auch noch ein anderer Gelehrter in der Leipz. Literat. Zeit- 1804, 6.St., S. 81 beigetreten. Da aber für mich Schöttgen's Meinung überzeugender gewesen ist, so wird man es mir nicht verdenken, wenn ich ihr auch hier gefolgt bin. zurück 12) Man muß sich freilich wundern, wie die Dalminzier nach Zadel, das über der Elbe liegt, wo das Gebiet der Milziener war, gekommen sind. Allein die Elbe hatte in ältern Zeiten, wie Pötzsch in seiner mineralogischen Beschreibung der Gegend um Meißen S. 126 und in seiner chronologischen Geschichte der großen Wasserfluthen des Elbstroms S. 17 zu erweisen sucht, einen andern Lauf, als jetzt. Nach seiner Meinung ging die Elbe ehemals oben unter Scharfenberg jenseits bei der nassen Aue hinein, hinter Zadel weg, bis unterhalb dem Gerisch, der noch jetzt zu Zadel gehört, wo sie wieder herausfloß. Nimmt man dieses an, so konnte Zadel mit Recht zu der Zupanie Daleminzien gerechnet werden. zurück 13) In seiner Chronik, nach Ursinius Uebersetzung, S. 8,9 zurück 14) Dieser kleine stehende See ist noch jetzt vorhanden, liegt nicht viel über eine Meile von der Elbe zwischen den drei Dörfern Paltschen, Dörschnitz und Striegnitz, von allen diesen Orten gleich weit entfernt, eine halbe Stunde weit von der Stadt Lommatzsch, und ist jetzt unter dem Namen des Paltschener Sees bekannt, jedoch, da die Erde umher sich gesenket hat, nicht mehr so kenntlich, wie zu Dithmars Zeiten. Die vermeintlichen Wunder dieses Sees mögen Betrügereien der Daleminzischen Popen oder Priester gewesen sein. Jetzt würde er, wenn er ganz mit Wasser angefüllt werden könnte etliche hundert Quadrat-Ellen im Umfange betragen. Er hat weder Zu- noch Abfluß, außer vom Regen, und gleichwohl hat man bemerkt, daß er bei lange anhaltendem Regen nicht größer, sondern vielmehr kleiner wird. In der größten Trockenheit wird er dagegen desto wasserreicher und überschwemmt weit herum die angrenzenden Felder. Doch hat es sich damit seit einiger Zeit geändert. Nach Albini Bericht sollen die Brunnen in Altlommatzsch ihren Ursprung aus diesem See haben, welches, da derselbe höher als das Dorf liegt, nicht unwahrscheinlich ist. In diesem See hat jeder von den Feldnachbarn aus Paltschen, Dörschnitz und Striegnitz, so weit er ihre Felder berührt, Antheil. Er wird in den großen und kleinen See abgetheilt. Der große See ist nie von Wasser, eine Mannslänge tief, leer, hatte sonst mehr Fische als jetzt, der Boden umher ist Sumpf und mit vielem Schilf, Binsen und andern Wasserpflanzen bewachsen. Der kleine See liegt weiter unten in den Feldern und ist größtentheils ein trockner Wiesenfleck; mit Weiden und Büschen umgeben. Daß, wie Éinige meinen, der Zulauf des Volks zu diesem See zur Entstehung der Stadt Lommatzsch Gelegenheit gegeben habe, ist darum nicht wahrscheinlich, weil noch gar keine Städte zur Zeit der Daleminzier im Lande waren. Glaublicher ist es, daß Altlommatzsch, welches vor Erbauung jener Stadt Lommatzsch hieß, seinen Namen von dem See Glomuczi erhalten habe. „Der ehemalige (Paltschener) Pöltzscher See bei dem Dorfe Dörschnitz wurde von den Sorben als heilig verehrt und weissagte ihnen, nach ihrem Glauben, Frieden, wenn seine Oberfläche mit Weizen, Hafer und Eicheln, aber Krieg, wenn sie mit Blut und Asche bedeckt war.“ (Vaterlandskunde von Dr. Theodor Flathe, Leipzig 1866. S. 108) zurück 15) In theatro Saxonico, tow. III zurück 16) Zudpanie = Sudpanie. Die „Pani“ waren Diejenigen, welche den hohen Adel ausmachten. Vergl. Meusel, hist. lit. s. 1781. 1. Jahrg. 2. Bd. S. 312. zurück 17) Eberhardi Windeckii hist. vitae. imp. Sigismundi. c. XIII. in Menkenii scr. R. Germ. Tom. I. p. 1086. Martiniere geograph. Lexicon Th. II s. t. Bosnien, Wisocki = hoch zurück 18) Hohenwussen wird in älteren Urkunden auch „Wossin“ genannt. Vergl. Weber's Archiv s. Sächs. Gesch. Bd. III S. 96 zurück 19) Stauchitz oder Staucha, davon in ältern Urkunden jenes Stuchewitz, dieses Stuchowe geschrieben wird, haben beide ihre Namen von dem sorbischen Worte Stuck, das Haltmachen bedeutet. Von Dösitz läßt sich eben das sagen, was Frenzel in nomenclator. utriusque Lusatiae, in Hoffmannii rerum Lusatiae. tom. II. p. 36 von Dehsa über Bautzen anführt. Dehsa, sagt er, nennen die Sorben Tazen, liegt am Ausgange der Berge und des Gehölzes und hat seinen Namen von Tazeni, id est exitus, abitus, discessio, Bohem. Dösitz bei Staucha hatte, ehe die untere Gegend angebaut ward, eine ähnliche Lage. Es lag am Ausgange des Holzes, mit welchem jene Gegend damals noch bedeckt war. Marschitz heißt von Marsch die Grenze. Zschochau, sonst Schachowe, läßt sich füglich von dem Worte Tzech, das als Name eines Volks und einer Familie oft vorkommt, herleiten und mit M. Johann Dobrowsky in seinem Traktate über den Ursprung des Namens Tzech, (Prag und Wien 1782) S. 10 und mit Carl Gottlob Anton in seinen ersten Linien eines Versuchs über der alten Slaven Ursprung v. S. 23,25 annehmen, daß Tzech so viel heiße, als vordere, vornwohnende, vorn an der Spitze wohnenden Grenzler. Mithin kann auch der Name Zschochau einen Ort anzeigen, der an der Grenze liegt. Dieses bestätigen noch andere Orte, die gleiche Namen führen und noch jetzt Grenzorte sind, z.B. Zschocken im Amte Zwickau. Zschocha, ein adliches Schloß in der Oberlausitz am Queißflusse, der die schlesische Grenze macht zurück 20) Schöttgens Historie der Stadt Wurzen, S. 808. Staucha (K.-D. Leipzig, G.-A. Wurzen.) Eine aus dm Hussitenkriege herrührende, zwischen Kühren, Burkartshain und Trebelshain gelegene wüste Mark, von welcher ersteres Dorf 7 7/8 Hufen und Burkartshain den Rest besitzt. Schon als Wüstung verkaufte 1470 Hans von Canitz auf Sachsendorf „Stuchow“ an das Land Meißen. (Vergl. Dr. Herzog: Sachsens wüste Marken in Weber's Archiv, Bd. II S. 197) zurück 21) Procopius de B. Goth. L. II zurück 22) Heimoldus in chron. Slavorum, lib. I, c. 2, 48 Andreas Abb. Bamberg. ed. Jaschii p. 325 zurück 23) Darunter sind bewohnte Bezirke oder Distrikte zu verstehen, denn das slavische Wort Zupa bedeutet eine bewohnte Gegend. Über jeden s´dieser Bezirke war ein Aufseher und Richter gesetzt, welcher den Namen Zupan oder Supan führte. Die Deutschen nannten diese Zupanien in der Folge Gowe oder Gaue (pagos) und die darüber gesetzten Beamten hießen Gaugrafen. – Noch jetzt nennen die Winden in Oesterreich ihre Dorfrichter Suppen. Das Wort Panitz bei Staucha scheint, nach seinem Namen zu urtheilen, der Sitz eines Zupanen gewesen zu sein. zurück 24) Diplomat. Nachlese, Th- II, S. 222 zurück 25) Das Landrichtergut zu Lonnewitz wird in der Oschatzer Amts-Matrikel vom Jahre 1552 ein Saupengut genannt, welche Benennung auf die Vermuthung führt, daß es ehedem das Gut eines Zupans gewesen ist, der außer Lonnewitz noch mehrere Dörfer unter seiner Gerichtsbarkeit hatte. zurück 26) Viele Geschichtsschreiber machen Belgern und Mügeln zwar zu zwei Haupt-Zupanien, allein da beide zu der Haupt-Zumpanie Daleminzien gehörten, so kann man sie zu nichts weiter als für untergeordnete Zumpanien gelten lassen zurück 27) Vielleicht waren Goselitz bei Döbeln und Goseln bei Mügeln solche Gerichtsstätten und haben von diesem Umstande ihren Namen zurück 28) Von diesem Kriegswerkzeuge, das in ihrer Sprache Streyl heißt, gaben sie dem von ihnen erbauten Dorfe, der jetzigen Stadt Strehla den Namen. Daher führt sie noch jetzt einen Pfeil in dem Wappen und in der Rathhausfahne, zurück 29) folgende Schriften geben darüber eine nähere Belehrung: Michael. Frenzelii dissert histor. de idolis Slavorum et de diis Soraborum aliorumque Slavorum in D. Christ. Godofr. Hoffmanni scriptt. rer. Lusat. Tom. II, pag. 63 - 236. M. Paul Jacob. Eckard duo perantiqua monumenta ex agro Jutrbocensi eruta atque reperta, cum idolis Slavorum Juterbocensium etc. Cap. IV p- 42-87. Christ. Knauths umständliche Kirchengeschichte der Oberlausitzer Sorbenwenden, Cap. II von der Sorbenwenden Götzen, S. 12-28. zurück 30) Es giebt noch mehrere Orte, die den Namen Praschwitz führen, z. B. bei Pirna, so auch eine Meile von Bautzen einen Berg, der für den höchsten in der Oberlausitz gehalten wird, den die Sorben Praschiwa, die Deutschen den Frageberg nannten, davon Christ. Knauth in der Kirchengeschichte der Oberlausitzer Sorbenwenden S. 36 und Frenzel in Nomeaclat. utriusque Lusat. in Hoffmanni scriptt rer. Lusat. tem. II, p. 31 mehrere Nachricht geben. zurück 31) Dergleichen Urnen, größere und kleinere, sind in neuerer Zeit viele gefunden und zum Theil dem Sächsischen Alterthums-Museum zu Dresden einverleibt worden. zurück 32) M. Hilling in tumulo Slavico circa Lommatiam in Misnia aperto. S. Christ. Fried. Schulzens Nachricht von den an verschiedenen Orten in Sachsen gefundenen Todtentöpfen und andern heidnischen Alterthümern. Friedrichst. 1767 S. 32, 33. zurück 33) Wittekindi Annales lib. I. p. 634 apud Meibom. Scriptt. rer. germ. tom. I. Wenn Gana eine Festung genannt wird, so darf man sich dieselbe nicht als Festung nach heutiger Zeit vorstellen. Sie war nichts anders, als ein hölzernes Blockhaus, das mit einem Erdwalle, mit Weiden und andern Bäumen durchflochten und durchwachsen, und mit Sümpfen umgeben war. Man hatte in Daleminzien zwei Orte, die den Namen Gana führten und jetzt Jahna geschrieben werden. Der eine ist das Rittergut Jahna am Jahnabach, ungefähr eine Stunde von Meißen, der andere ist das Kirchdorf Jahna im Amte Oschatz. Welcher von beiden die daleminzische Festung gewesen sei, läßt sich nicht mit Gewissheit bestimmen. Doch macht es eine Urkunde vom Jahre 1150, in Schöttgen's diplomat. Nachl. Th. 7, S. 392 f. darin Markgraf Conrad zu einer Kapelle, die der Burggraf Heinrich gestiftet hatte, das Dorf Zelewitz, im Burgwart an der Gana gelegen, verehrt, höchstwahrscheinlich, daß Jahna im Amte Oschatz die daleminzische Festung gewesen sei, denn das geschenkte Dorf Zelewitz ist unstreitig das Dorf Salbitz, (eines von den sogenannten Jahnischen Dreidörfern). Diese Wahrscheinlichkeit wird noch durch den Umstand gestärkt, daß an die Stelle der Festung in der Folge eine Burgwart angelegt ward. Ritter in seiner ältesten Meißnischen Geschichte, S. 62 hält Gana gleichfalls für das Dorf Jahna an dem Flusse gleichen Namens in der Lommatzscher Gegend. Leonhardi tritt im zweiten Theile seiner Erdbeschreibung von Sachsen S. 241, dieser Meinung auch bei und verwirft die im ersten Theile S. 182 und 466 angenommene Meinung, daß das Rittergut Jahna bei Meißen die Festung der Daleminzier gewesen sei. zurück 34) Die Deutschen nannten sie gewöhnlich nur Hunde. S. M. Götzinger's Beschreibung der sachs. Schweiz S. 109. Diese Verachtung erstreckte sich sogar bis auf gewisse Wörter ihrer Sprache. Wörter, die bei den Sorben keine geringschätzigen Sachen bezeichneten, wurden von den Deutschen nur alsdann gebraucht, wenn sie das Schlechteste in einer Gattung von Dingen ausdrücken wollten. Bei den Sorben heißt Chalupa eine Hütte, Kritschel eine Birne, Rusche ein Messer, Scherpen das Bier, Piczen, trinken. Die deutschen nannten aber ein schlechtes, baufälliges Haus eine Chalupa, die schlechtesten wildwachsenden Kirschen Kritschel, ein altes abgewetztes Messer eine Rusche, das geringe Nachbier Scherpen, das Uriniren Piczen. Einen Menschen, der sich nicht zu helfen, nichts recht anzugreifen wußte, nannten sie einen Winschen (Wendischen) Kerl. Aus dem Worte Holunke, das bei den Sorben einen Menschen anzeigt, der Nachtwachendienste thut, machten die Deutschen ein Schimpfwort. S. Provinzial-Blätter oder Samml. zur Gesch. Naturk. Moral und andern Wissensch. von der Oberlaus. Gesellsch. der Wissensch. 1782, 4. St., S. 482-484; 5. St., S. 127 zurück 35) Das Wort Aldin ist von dem Wortes Aldius, welches schon in den Langobardischen Gesetzen vorkommt und einen leibeigenen Knecht bedeutet, abzuleiten, und scheint durch Abkürzung aus Allodium entstanden und mit ihm ein und dasselbe Wort zu sein. Allodium aber hieß jedes Gut, dessen Unterthanen Aldii, leibeigene Leute (humines proprii) waren, die willkürlich vererbt werden konnten. M. Frenkel, der zweite Sammler der Oschatzer Stadtnachrichten, hat die Hypothese, daß die Benennung Alt, die sich mehreren Dorfnamen vorgesetzt findet, von den Aldinen oder Aldionen entlehnt sei, in einem schriftlichen Aufsatze, zuerst vorgetragen und sie seinem Freunde M. Kreyßig, dem die sächsische Geschichte so viele wichtige Aufklärungen verdankt, zur Prüfung vorgelegt. Dieser antwortete ihm darauf: die Meinung von den Aldis sei Werth, besonders ausgearbeitet zu werden, um zu vernehmen, was Andere dazu sagen würden. Hierauf fügt er ein Verzeichniß solcher Orte bei, welchen von den Alden ihre Benennung erhalten zu haben scheinen und setzt hinzu: ich glaube, es wird auf eine Distinction ankommen a) inter urbes et vilias et b) inter nomina originis sorabicae et germanicae. zurück 36) Grupen origines Germaniae, Th. 2,S.388 zurück 37) Nähere Belehrung hierüber giebt D. Carl Ferd. Hommel in seiner Abhandlung vom Ursprunge des niedern Adels in Deutschland, welche in der Sammlung einiger ausgesuchter Stücke der Gesellschaft der freien Künste zu Leipzig, Th. 2, S. 1 bis 61 eingerückt ist. zurück 38) Endgültig und dauernd wurde freilich der Name Sachsen auf diese Bezirke erst übertragen, nach Erwerbung der sächs. Kurwürde und Kurlande durch Friedrich den Streitbaren 1423. zurück 39) Diplomat. Nachlese, Th. 7, S. 384 - 412 zurück 40) Diese Benennung wird gebraucht in der im Jahre 1575 aufgesetzten Pfarr-Matrikel von Striegnitz, der Mutterkirche von der Filialkirche Mehttheuer. Es hat aber mit dem Worte Kühlgraten eben die Bewandtniß, wie mir mehrern Altsächsischen, jetzt in der Umgangssprache nicht mehr gewöhnlichen Wörtern, daß es nämlich jetzt anders, als ursprünglich geschrieben und ausgesprochen wird. Die ursprüngliche Schreibart war ohne Zweifel Kolgharden. So kommt das Wort vor im Briefe des Raths zu Harburg vom Jahre 1406 in Grupen orig. germ., Th. 2, S. 160. Das O in Kol ward späterhin nach der in allen Sprachen gewöhnlichen Verwechslung der Selbstlauter, bald in ü, bald in eu, bald in ei verwandelt, und es entstanden daraus die Schreib-Formen Kühl, Keul, Keil. Das Wort Keil kommt von dem Celtischen Worte cal und coil, das Holz her, hieß bei den Franken cile, bei den Allemanniern kule und war der Name eines hölzernen Kriegswerkzeuges der alten Sachsen, von welchem die Knechte, die es trugen, Calones (Keulen- oder Streitkolbenträger) genannt wurden. Diesem nach würde durch Kühl eine Gattung Krieger, die zu gewissen diensten verbunden waren, angezeigt. Von dem Worte Gharden schreibt Micrälius in seinem Buche von dem alten Pommernlande 1 S. 86, daß es nicht nur einen Blumengarten, sondern auch die Wohnung und einen Ort, wo Gericht gehalten werde, bedeute. Die letzte Bedeutung könnte hier als passend angenommen werden. Kühlgharden würde dann den freien Platz in der Burg bedeuten, wo die in ihr befindlichen Soldaten nebst andern leibeigenen Knechten aus den Daleminziern, die an die Burg gewiesen waren, vor Gericht stehen mußten. Indessen scheint es mir richtiger, das Wort Garden oder Guarden von dem alten Wort Guarde moder Garde, die Wache, abzuleiten und Kühlgarten für den Ort in einer Burgwart zu erklären, wo sich das zum Wachen bestimmte Militär aufhielt. Im handschriftlichen Nachlasse des Verfassers dieser Chronik findet sich die Notiz: Ich habe zwar im I. Theile, S. 31 aufgeführt, daß ich Mehltheuer für das Dorf halte, welches im Mittelalter Nimucowa hieß, wovon eine Burgwart den Namen führte. Nachdem ich aber, wie ich unter der Kirchfahrt Bloßwitz auch auf das Rittergut Seerhausen kam, so besann ich mich, daß auch von andern Schriftstellern, wie ich oben unter Bloßwitz angemerkt habe, Seerhausen für eine Burgwart gehalten wird. Ich finde diese Nachricht auch gegründet, nur muß es berichtigt werden, daß die Zeitrechnung geändert werden muß und statt Carls des Großen Zeiten die Zeit seines Sohnes Heinrich I. zu setzen ist. Da aber die meisten Burgwarten in einiger Entfernung eine Vorwache hatten, so halte ich dafür, Mehltheuer sei ein solcher Ort für die Burg von Seerhausen gewesen. Denn daß Militär an diesem Orte gestanden habe, giebt der Name Keilgarten zu verstehen, denn die Soldaten hatten zu Waffen Keulen, wie der Keilgarten bei Oschatz. – Keilgarten wird sonst auch Keil-Warte geschrieben, Also bleibt Mehltheuer noch immer eine Warte, die Keilenträger besetzt hatten. Aus Mangel an Wasser hat auch keine Burg angelegt werden können. – Die Stiftsschule in Mehltheuer brannte den 17. März 1832 in der 11. Vormittagsstunde nebst der Schmiede und dem Lindtner'schen Hause, wo das Feuer auskam, ab. zurück 41) Vergl. hierzu Webers Archiv Bd. VI, S. 169. Ni heißt auf Deutsch nicht; muc eine Menge, ein Vorrath, copia (Frencel. orig. linguae sorab. p. 84) und owa ein wasserreicher Ort (Tom. II.) Nach dieser Erläuterung bedeutet Nimncowa also ein Dorf, das nicht auf nassem, sondern trockenem Boden liegt. M. Pastor Pabst nennt den Ort in der sächsischen Kirchengallerie (Inspection Oschatz, Bd. III, S. 85) Nimuncowa und deutet dieses Wort = nie Mehl. zurück 42) Tableau historique de l'Electorat de Saxe p. 259 zurück 43) Knauths geograph. und historische Vorstellung des Klosters Alten-Zella, Th. VI, S. 176 zurück 44) Seyffart in Ossilegio Bennonis p.12, n. 48 hält es für Rüßeine oder Roßeine, das Kirchdorf bei Nossen; aber mit Unrecht, denn dort liegt kein Treben, und von den andern Orten, die diesen Namen führen, liegt es viel zu weit entfernt, als daß es in ihren Bezirk gerechnet werden könnte. zurück 45) Im Glossario german. s.t. Kutten. zurück 46) Knauth's Beschreibung des Klosters Alten-Zella, Th. VI, S. 127 zurück 47) Es kann nicht ohne Ursache geschehen sein, daß diese Burgwart, ihrer Lage nach, die Burgwart an der Gana genannt wird. Der Fluß Jahna, den Schöttgen annimmt, kann nicht gemeint sein, weil dadurch nichts bestimmt wird, indem meherere Dörfer an diesem Flusse liegen. Vielmehr halte ich es für das Kirchdorf Jahna. In Jahna selbst kann nun die Burgwart nicht gestanden haben, weil das Dorf viel zu tief liegt und mit Anhöhen zu sehr umgeben ist, als daß die Absicht der damaligen Burgwarten, den Feind von weitem auszuspähen, hätte erreicht werden können. Ich vermuthe daher, daß sie auf einer von jenen Anhöhen bei dem Dorfe Jahna gestanden hat, und zwar gleich hinter dem jetzigen Rittergute Goldhausen, das mit Jahna so nahe grenzt, daß beide gleichsam ein Dorf zu sein scheinen. Noch sind daselbst viele Vertiefungen (jetzt beinahe vollständig nivellirt) zu sehen, die auf einen daselbst gewesenen Burggraben schließen lassen, nur daß sie durch den dadurch angelegten Fahrweg erweitert worden sind. Hieraus ergiebt sich, warum sie die Burgwart nicht in, sondern an der Gana genannt wird. zurück 48) Fabricii Orig. Sax. I. I. p. 124. Peccenstein Theatr. Sax. Th. I, S. 61. Kreyßigs Beiträge zur Saächs. Geschichte, Th. 5, S. 8 zurück 49) In neuerster Zeit nur noch Reste von Kellerräumen vorhanden. zurück 50) Aus einem schriftlichen Aufsatze des ehemal. Past. M. Joh. Gottlob Sinz in Altmügeln, der eine Mügeln'sche Chrinik in Handschrift hinterlassen hat. zurück 51) M. Mörbitzens Beschreibung der Stadt Döbeln, S. 9 zurück 52) Mit dem Worte Burgstadil, sowie mit dem Worte Burgstall, Burgholden und Burg oder Bürgle pflegten die Allemannier schlechthin, mit Hinweglassung des eigentlichen Namens, den Standort einer Burg oder den ganzen Raum (aream), den sie mit ihren Gebäuden und Mauern umschloß, zu bezeichnen. Diese Meinung bestätigt eine Urkunde vom Jahre 1355, die im Anhange zu Avemanns Beschreibung, der Reichs- und Burggrafen von Kirchberg in Thüringen befindlich ist mit den Worten: aream quandam Castri, qvot vulariter Burgstadil nuncupatur. So kommen auch in einer Urkunde vom Jahre 1318 die in Schöttgen et Kreys diplomat. et Script. hist. germ. med. aevi, tom I. p. 791 et 792 steht, die Worte vor: Renunciaverunt et renunciant nominatim super loco Castri, qvi dicitur Burgstadil. zurück 53) Das Wort besteht aus drei Silben, die erste ist Brat, welches ich für das abgekürzte Wort Baratter halte und nach Grupen. in Origin. German., Th. 2, S. 210 bei den Anglonormännern einen streitbaren tapfern Mann (virum litigatorem) bedeutet. Die zweite Silbe ist her, die in den mittlern Zeiten das bedeutete, was wir jetzt Herr nennen; denn die Alten folgten der Natur einer Sprache und schrieben in einer Silbe nicht mehr Vokale, als in der Aussprache gehört wurden, wie Longolius in seiner Beschreibung von Brandenb. Culmbach Th. VIII, S. 64 not. 104 anmerkt. Die letzte Silbe zeigt einen Aufenthaltsort, eine Wohnung an, darüber Wachter in prolegom. glossarii Germ. Sect. VI s.t. ing mehrere Belehrung ertheilt. zurück 54) Vol. VII d.a. 1725 f 433 b zurück 55) In Belgern ist ein solches Rohlandsbild noch zu sehen. Schlewitz beschreibt es ausführlich in Misc. Saxon. Th. V. AQls das Christenthum in hiesigem Lande mehr ausgebreitet ward, bediente man sich statt dieser Bilder erst hölzener, dann steinerner Kreuze. Auf dem Gemeinplatze des ehemaligen Burgwarts Döben bei Grimma steht noch jetzt ein hohes hölzernes Kreuz zum Zeichen des ehemaligen Burgfriedens. Drei steinerne Kreuze stehen in Oschatz noch auf dem Thale in der Strehlaischen Vorstadt vor dem Sonntag'schen (jetzt Schietzel'schen) Vorwerke, zum Merkmale, daß hier die peinliche Gerichtsbarkeit durch die Hinrichtung der Missethäter ehemals ausgeübt ward, davon auch die nicht weit davon entfernten Gärten am Wege nach Mannschatz die Rohlands- oder Rugelandsgärten genannt werden. Gleiche Bewandtniß hat es mit den drei steinerner Kreuzen, die aber fast ganz in die Erde gesunken sind, bei der Distanzsäule vor dem Hospitalthore. – Von den hier genannten Wahrzeichen sind nur die zuletzt angeführten drei steinerne Kreuze und die dabei erwähnte Distanzsäule nicht mehr vorhanden. zurück 56) In der Beschreibung der wüsten Marken des Amtes Oschatz unter dem Titel Burgstadil, in dem Magazin der Sächs. Geschichte, Bd. II, S. 327 zurück 57) Fäsch Kriegs-Ingenieur-Artillerie-Lexicon s. t. Castell zurück |
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