Die erste Obliegenheit, die jeder Bürger sogleich bei Erlangung des Bürgerrechts
zu erfüllen hat, ist die eidliche Versicherung, alles zu leisten, was getreuen Unterthanen gegen den Landesherrn, und guten Bürgern gegen den Rath
und die ganze Bürgerschaft gebühret nebst der Erlegung des Bürgerrechtgeldes. Daß die Bürger schon in den ersten Zeiten unsrer Stadt nach
erlangter Volljährigkeit einen Bürgereid abgelet haben, ist wohl nicht zu bezweifeln, daß sie aber auch, um das Bürgerrecht zu erlangen, ein
gewisses Geld haben entrichten müssen, machen folgende Gründe unwahrscheinlich. Einmal waren Abgaben dieser Art in den
damaligen Zeiten nicht nöthig, und daher auch nicht gewöhnlich. Denn der Obrigkeit waren andere Quellen angewiesen,
woraus sowohl ihr Gehalt, als auch die Kosten flossen, die zur Erhaltung der Commun-Gebäude und öffentlichen Anstalten
erfordert wurden. Sodann gab jedem Freigebornen schon seine Geburt das Recht, Bürger zu sein, folglich brauchte er das
Bürgerrecht nicht erst noch besonders erkaufen. Leibeigenen aber war die Erlangung des Bürgerrechts auf keine Weise
verstattet. Die Erlegung des Bürgerrechtgeldes scheint erst in den Zeiten aufgekommen zu sein, als auch den
Leibeigenen das Recht, Bürger zu werden, zugestanden ward. Doch dem sei, wie es wolle, so setzen es doch vorhandene
Nachrichten außer Zweifel, daß lange vor dem Jahre 1467 die Erlegung des Bürgerrechtgeldes in unsrer Stadt gewöhnlich
gewesen sei. Eine Willkür des Rathes, die in diesem Jahre aufgesetzt ward, ist hier völlig entscheidend. Denn darin
wird bestimmt, daß jeder neue Bürger nach des Raths Erkenntniß 1 bis 6 Pfund Kupfer und außerdem noch 15 Gr. 3 Pf.
darum geben sollte, weil es vormals von Alters her also gewesen sei. Hieraus wird auch soviel klar, daß der Betrag
des Geldes, das ein neuer Bürger erlegen mußte, auf des Raths Gutbefinden beruhete. Wonach aber der Rath jenen
Geldbetrag bestimmte, wird aus spätern Nachrichten deutlich. Denn nach dem Zeugnisse der Kämmerei-Rechnung
unterschied man noch im J. 1467 das große und kleine Bürgerrecht. Jenes erlangten die angesessenen, dieses die
unangesessenen oder Pfahlbürger. Die Angesessenen mußten für die zu erlangende Würde mehr als die Unangesessenen
entrichten.
Durch Erlangung des Bürgerrechts macht sich auch ein neuer Bürger verbindlich, die gewöhnlichen landesherrlichen Abgaben und die Rathsgefälle
gehörig zu entrichten. Sie hier einzeln aufzuzählen, würde überflüssig sein, weil sie Jedem schon von selbst bekannt sind. Indessen will ich doch
die Hauptarten und die Zeit anzeigen, wenn sie eingeführt worden sind. Unter den landesherrlichen Abgaben ist die urälteste das Gleitsgeld
2)
, das an die hiesige Hauptgleitseinnahme entrichtet wird, unter welche noch 7 Beigleite,
nämlich das zu Strehla, Riesa, Luppa, Hof, Hohenwussen, Lampertswalde und Pulsitz in Ostrau gehören. Eine beinahe
eben so alte Art der Abgaben waren die willkürlichen, oder außerordentlichen, die man Bete nannte. und die oben
in der Anmerkung erklärt worden sind. Nach und nach verwandelten sich die Beten in ordentliche Abgaben, die man
Jahrrenten nannte, und worauf die Landesherrn oft eine Anweisung ertheilten, wovon oben ein Beispiel vorkommt.
Nachher wurden noch andere bestimmte Abgaben eingeführt. So nahmen die Tranksteuer, oder wie sie bei ihrer Einführung
genannt ward, der Bierzehende, im J. 1469 auf dem Landtage zu Leipzig, die Land- oder Schocksteuer
3)
1550 auf dem Landtage zu Torgau, die Fleischsteuer, 1628 auf dem Landtags-Convente zu Torgau, die Land-Accise 1641, die Pfennigsteuer 1648 auf dem
Landtage zu Dresden, die Quatembersteuer
4)
1650 auf einem Ausschußtage, die General-Consumtions-Accise 1602 ihren Anfang. Um die Einführung der letzten bat die Stadt Oschatz, nebst vielen
andern Städten, aus dem Grunde, damit vermittelst derselben die sie drückenden Grundsteuern übertragen werden möchten
5)
. In den Abgaben in die Raths-Kämmerei gehört der Schoß, Erbzins und andere, die bald früher, bald später eingeführt
worden sind. Daß Zeiten eintreten können, wo außerordentliche Bedürfnisse auch außerordentliche Abgaben nöthig
machen, lehren außer andern auch die Beispiele, die unter den Schicksalen unsrer Stadtbewohner in der 5. Abtheilung
beigebracht worden sind. Zuletzt sind hier noch die Obliegenheiten zu
beschreiben, welche die Bürger in Rücksicht auf die Kriegsverfassung hiesiger Lande ehemals zu erfüllen hatten. Um
auf jeden Fall gefaßt zu sein, übten sich die waffenfähigen Bürger im Schießen
6)
, welche Uebung ihnen den Namen der Schützen gab. Geschah ein Aufgebot zur Vertheidigung des Vaterlandes, so wurden zwischen 50 und 100 Bürger
ausgehoben, ging aber eine Heerfahrt außer Landes, so stellte die Stadt nur 10 bis 15 Mann, die im 15., 16. und 17.
Jahrhundert Trabanten, Landsknechte, Fußknechte und Defensioner genannt wurden. Rüstung, Waffen, Kleidung und Zehrung
mußten sie sich selbst schaffen. Ihre Rüstung bestand in den frühesten Zeiten in einer eisernen Sturmhaube, Pickel-
oder Hirnhaube, mit Barchend, Leinwand und Baumwolle gefüttert, im eisernen Armschienen und in einem Harnisch oder
Panzer. Spieße, Lanzen, Helleparten, Streitkolben, Armbrüste waren ihre Waffen bis zu der Zeit, als das Pulver
gebräuchlich ward, da sie, statt jener, kleine Hacken, Handbüchsen, Musketen und Seitengewehre erhielten. In
Ansehung der letztern Waffen verordnete der Rath, daß jeder brauberechtigte Bürger über sein gewöhnliches Heergeräthe
aufs wenigste noch eine Handbüchse, die übrigen aber einen Lanzenspieß halten sollten. Die Musketen wurden 1608 auf
landesherrlichen Befehl statt der langen Röhre, die man bei der neuern Art, Krieg zu führen, nicht mehr brauchen
konnte, angeschafft. Um den Bürgern ihre Anschaffung zu erleichtern, verschrieb der Rath aus Suhl 20 Musketen mit
einem Luntenschlosse (dabei man sich der brennenden Lunten, wie jetzt bei den Kanonen, zum Losschießen bediente),
3 Musketen mit Feuerschlössern (die 1517 zu Nürnberg erfunden worden waren), und 10 andere Musketen, die nicht nur
mit einem Feuer-, sondern auch mit einem Luntenschlosse versehen waren. Die dafür ausgelegten 54 Schock 24 Gr.
wurden von der Bürgerschaft wieder bezahlt. Außerden´m erhielten die Musketiere Patrontaschen und die mit Langspießen
versehenen Bürger lange Beinkleider. Die Waffen wurden, wenn man sie nicht gebrauchte, in einer dazu eingerichteten
Kammer auf dem Klostergebäude verwahrt. Das nöthige Pulver ward entweder gekauft, oder auf der hiesigen Pulvermühle
verfertigt und in Freiberg rectificirt. Es ward auch ein besonderer Büchsenmeister, sonst Schützenmeister genannt,
angestellt, der vor seiner Anstellung in dem Büchsenmeisteramte zu Dresden den nöthigen Unterricht erhalten hatte.
Die bei eintretenden Kriegen ausgehobene Mannschaft ward in Oschatz, Meißen und andern Orten gemustert, erhielt eine
oder zwei Fahnen von schwarzem, rothem, gelbem und weißem Zündel, worauf das Rathswappen gemalt war, und überdies
noch einen Pfeiffer und Tambour. Dieses Bürger-Militär war anfangs grün und gelb gekleidet. Vom Jahre 1608 aber
bekamen sie auf hohen Befehl einen Schützenrock von schwarzem Tuche mit geldem Futter, schwarz und gelbe Feldzeichen
und gelbe Strümpfe. Die Zehrung ward ihnen in die Heerzüge entweder gleich mitgegeben oder nachgeschickt. Jeder Mann
bekam wöchentlich einen Gülden. Der Garkoch war, wie schon oben gemeldet worden ist, ihr Marketender. Auf einem
bedeckten Heerfahrtswagen, der stets in Bereitschaft stehen mußte, wurden ihnen Victualien, Gewürze, Rüstungen,
Munition und dergl. nachgefahren. Mit dem Landaufgebote ging zu Herzog Albrecht
des Beherzten Zeiten, der 1500 starb, eine Aenderung vor. Ob es gleich noch nicht ganz aufgehoben ward, so wurden die
Streitkräfte der Nation doch schon ohne Aufgebot geweckt. Sächsische Soldaten fochten im Auslande. Die Einrichtungen,
die Moritz, der Politik seiner Zeiten gemäß, für ein stehendes Heer traf, dauerten nicht fort. Dem Churfürsten August
bewilligte man auf dem ersten, von ihm gehaltenen Landtage, ohne die Hoffahne, die 500 Mann stark war, und ohne die
Ritterpferde, noch 1500 Soldreiter und 2000 Knechte und versprach, sie 3 Monate lang zu unterhalten
7)
. Churfürst Johann Georg I. führte das sogenannte Defensionswerk ein, das auf dem Landtage 1612 beschlossen und 1613 eingerichtet
ward. Es bestand aus 9664 Mann Infanterie und aus 1593 Ritterpferden. Daher erging den 23. Februar 1613 an die
Städte der Befehl, die besten und versuchtesten Bürger auszulesen und dergestalt bewehrt zu machen, daß sie binnen 2
Monaten zur Musterung erscheinen könnten
8)
. Dadurch war aber die Bewaffnung der übrigen Bürger nicht aufgehoben, denn die Defensions-Ordnung hatte nur eine schleunige Hülfe zur Absicht.
Mit dieser neuen Einrichtung ward es nun namentlich in hiesiger Stadt also gehalten. Eine gewisse Anzahl der tauglichsten Bürger ward zum
Defensions-Werk bestimmt. Der Rath sorgte für die Rüstung, Waffen, Munition, Kleidung und Zehrung. Jährlich ward mit
den Defensionern erst in Oschatz eine Special- und dann in Torgau, wo sie zu den übrigen Mannschaften des Kreises
stießen, eine General-Musterung gehalten. Um sie zur Musterung fähig zu machen, wurden ein Büchsenmeister, ein
Feldwebel, Tambour und Pfeifer angestellt, zu deren Besoldung das hiesige Amt nebst Mügeln, Dahlen und Strehla
unserer Stadt einen Beitrag gab. Bei jeder Musterung ward eine bedeutende Summe aufgewandt. Die im J. 1614 kam auf
44 Schck, 25 Gr. 9 Pf., das ist 111 Rth. 1 Gr. 9 Pf. Entstand nun ein Krieg, so mußte eine gewisse Anzahl von den
zum Defesions-Werk gehörigen Bürgern persönlichen Antheil daran nehmen. So schlossen sich z.B. den 9. Sepet. 1920
52 Mann an die Belagerungs-Truppen der Stadt Bautzen an, und kamen den 16. Decbr. wieder zurück. Die Kosten
beliefen sich auf 311 Schck. 23 Gr. 7. Pf. Sechs Mann begaben sich 1623 gleichfalls zur Besatzung nach Sonnewalde.
Außerdem wurden die Defensioner auch gebraucht, Reisende, besonders Churfürstliche Diener und Güter mit geladenem
Gewehre zu eskortiren und auf landesherrlichen Beilagern die Aufwartung zu machen. Die Defensioner wurden 1711
von dem Könige Friedrich August in Land-Miliz verwandelt, welche jedoch nicht außer Landes gebraucht werden sollte
9)
. Nach Aufhebung dieser Land-Militz im J. 1716 ward im J. 1734 eine neue, von 4 sogenannten Kreisregimentern errichtet, welche aber 1756 ebenfalls
wieder einging. Von diesem Zeitpunkte an besteht die Sächsische Armee durchgängig aus besoldeten und beständig beibehaltenem Militär. Zu den
Kosten, die zur Unterhaltung einer stehenden Armee erforderlich werden, trägt jeder Staatsbürger gewiß um so williger bei, jemehr er bedenkt, daß
sie den ehemaligen Aufgeboten und Defensions-Anstalten, die nicht nur für die ungestörte Betreibung seiner Geschäfte nachtheilig waren, sondern
auch sogar sein Leben in Gefahr setzten, ein Ende gemacht und ihn in Besitz wesentlicher Vortheile gesetzt habe. Die Kriegsverfassung unsres
Landes, wie sie in den Zeiten des Aufgebots und des Defensions-Werkes bestand, machte immer eine gewisse Anzahl fertiger Schützen in den Städten
nöthig. Weil nun keine Fertigkeit ohne Uebung erlangt werden kann, so sieht man ein, wie nothwendig es war, daß in den Städten solche
Uebungs-Anstalten eingerichtet wurden, worin fertige Schützen gebildet werden konnten. Dieses Bedürfniß fühlte man
in den frühesten Zeiten und daher gab es von jeher keine bedeutende Stadt, deren Bürger sich nicht in eine besondere
Gesellschaft vereinigt und im Schießen geübt hätten. Die Schützen unsrer Stadt hatten ursprünglich im
Hospital-Thorzwinger und in der Folge auf der Viehweide ihre oben beschriebenen Schießpläne. Ihrer Uebung im Schießen
wird zwar zuerst in der Kämmerei-Rechnung vom J. 1477 bei der Gelegenheit gedacht, da Einige unter den hiesigen
Schützen von Rathe 20 Gr. zur Zehrung erhielten, weil sie dem angestellten Schießfeste zu Freiberg beiwohnten. Allein
von selbst läßt es sich einsehen, daß jene Uebung schon vor dieser Zeit unter den hiesigen Bürgern gewöhnlich gewesen
sein müsse, wenn auch davon keine schriftlichen Nachrichten bis auf unsere Zeiten gekommen sind. Die Schützen wurden
in den ältern Zeiten nach dem Geschoß, das sie führten, in Armbrust- und Büchsenschützen eingetheilt. Jene waren die
ältesten, diese entstanden erst, als nach Erfindung des Pulvers das Schießgewehr üblich ward. Beide dauerten neben
einander lange Zeit fort, bis die Armbrustschützen bei der Einführung des Defensions-Werks im J. 1613 aufhörten. Sie
hielten jährlich von Pfingsten bis Michaelis ihre Schießübungen und machten den Anfang mit dem Vogelschießen in der
Pfingstwoche auf der Viehweide. Zu ihrer Ermunterung setzte der Rath gewisse Prämien, die in Tuch zu ein paar
Beinkleidern, in zinnernen Gefäßen, in ein Paar Handschuhen und 2 Dutzend Senkeln bestanden, für diejenigen aus,
welche die Krone, den Ring, Scepter oder Reichsapfel trafen. Der König erhielt einen silbernen Becher, oder den Werth
desselben an 2 Schck. 24 Gr. und 1576 ward beschlossen, ihm überdieß ein Jahr Freiheit vom Schosse zu ertheilen und
die Benutzung einer Wiese zu überlassen. Nach geendigtem Vogelschießen nahm mit dem Sonntage Trinitatis in dem
Zwinger das sogenannte Sonntagsschießen nach der Stechscheibe seinen Anfang und dauerte bis auf den Michaelistag.
Der Rath gab dazu einen größern oder kleinern Beitrag, nachdem die Anzahl der Schützen größer oder kleiner war. Auch
bewilligte Churfürst Christian I. den hiesigen Schützen 1580 wöchentlich von Trinitatis bis Michaelis 12 Gr. zum
Vortheilgelde aus den Amtseinkünften
10)
. Das Schießen im Zwinger hörte zu Anfang des 17. Jahrhunderts gänzlich auf. Von dieser Zeit an scheint das
Vogelschießen auf die Mittwoche des nach Peter Paul fallenden Jahrmarktes verlegt worden zu sein und das solenne, noch jetzt gewöhnliche
Scheibenschießen, nebst dem Auszuge der Schützen-Compagnie in der Pfingstwoche, seinen Anfang genommen haben. Um sich im Schießen zu
vervollkommnen, wurden auch gemeinschaftliche Kreisschießen angestellt, wobei sich Schützen von andern Orten einfanden und Jeder wetteiferte,
den ausgesetzten Preis zu erlangen. Ein solches Schießfest ward 1574 in Oschatz gehalten und es ist oben beschrieben
worden. Unsre Schützen unterließen nicht, auf gleiche Art 6, 9 bis 16 Mitglieder von ihrer Gesellschaft auf
auswärtige Schießfeste zu senden, welche vom Rathe zu ihrer Zehrung eine Beisteuer erhielten. Die Kämmerei-Rechnungen
von 1477 bis 1602 nennen Altenburg, Belgern, Borna, Chemnitz, Colditz, Dahlen, Delitzsch, Döbeln, Dresden, Eilenburg,
Freiberg, Grimma, Halle, Herzberg, Leipzig, Leisnig, Liebenwerda, Meißen, Mügeln, Mühlberg, Ortrandt, Pegau,
Schmiedeberg, Strehla und Wurzen als solche Oerter, dahin Schützen von hier gezogen sind. Sie waren auch so
glücklich, in Döbeln den Kranz, in Liebenwerda einen Ochsen und in Meißen 40 Gülden als ausgesetzte Preise zu
erhalten. Ob nun gleich der nächste Zweck, den man bei Einführung der Schützengesellschaften hatte, nämlich eine
Anstalt zu gründen, woraus bei nöthigen Aufgeboten und Defensionen taugliche Krieger ausgehoben werden könnten,
seit der Aufrichtung eines stehenden Kriegsheeres nicht mehr Statt findet, so haben dennoch unsere Landesherrn ihre
Beibehaltung für nöthig und nützlich gehalten und sie mit besonderen Freiheiten begnadigt. In ihren Befehlen, die sie
1709, 1734, 1744, 1745 haben ergehen lassen, geben sie die Ursache davon mit diesen Worten an: So haben zuförderst
die Räthe in den Städten – die jeden Orts aufgerichteten Schützengesellschaften in gute Ordnung zu setzen, damit sie
benöthigten Falls sowohl die Städte selbst defendiren, als auch an diejenigen Orte, wohin sie commandirt werden
dürften, – sofort marschiren können. Obgleich in unserm Lande der Fall noch nicht eingetreten ist, daß die Schützen
die Städte haben vertheidigen müssen, so haben sie sich doch zu diesem Geschäft immer bereit gehalten. Außerdem
lassen sich bei den Schützengesellschaften auch noch andere löbliche Ansichten denken. Die vorgetragenen Fahnen, mit
dem Wappen ihres Landesherrn und ihrer Stadtobrigkeit geziert, können sie an die Huld des Fürsten, wodurch ihnen das
Recht, Fahnen zu tragen, zugestanden ward und an den Willen ihrer Obrigkeit erinnern, aus deren Händen sie dieselbe
empfingen, welcher Wille dahin geht, die bürgerlichen Pflichten, zu denen sie sich eidlich verbunden haben, aus Liebe
und Gehorsam zu erfüllen, in freundschaftlicher Eintracht unter einander zu leben, und ihren Mitbürgern mit einem
guten Beispiele vorzuleuchten
11)
. Die Beobachtungen, die wir in unsern Zeiten zu machen Gelegenheit gehabt haben, lehren, daß die Schützengesellschaften auch noch gebraucht
werden, durch Paraden das Ansehn ihrer Städte zu befördern, und in Abwesenheit des Militärs dessen Stelle zu vertreten. Mit diesem allen läßt sich
endlich Erholung und Vergnügen als Absicht der noch bestehenden Schützengesellschaften gar wohl vereinigen
12)
. Ich kehre nun wieder zur Beschreibung der Schützengesellschaft unsrer Stadt in neuern Zeiten zurück. Sie behielt die Zeit ihrer
öffentlichen Aufzüge und ihres Scheibenschießens in der Pfingstwoche und am Sonntage, wie es vor Alters gewöhnlich
war, immer bei. Als das Schießen zu Ende des siebenzehnten. Jahrhunderts in Abnahme gekommen war, richtete sie
es 1700 von neuem an, setzte bestimmtere Artikel auf und ließ sie den 22. Juli 1704 von dem Rathe bestätigen. Um das
Schützen-Chorps in einer regelmäßigen Ordnung zu erhalten, ist ihm ein Schützen-Hauptmann vorgesetzt, der gewöhnlich
ein Rathsmitglied ist
13)
. Nach dem siebenjährigen Kriege, in welchem das Schützenschießen unterblieb, ward das Schützen-Chorps von Zeit zu Zeit zu einer immer größern
Vollkommenheit gebracht. Statt der sonst gewöhnlichen Grenadier-Mützen wurden dergleichen von Bärpelzwerke mit messingenen Schildern und 1811 die
Tschako's angeschafft. Im J. 1803 ward ein besonderes Jäger-Chorps errichtet, das 1805 nebst der Grenadier-Compagnie eine neue Fahne erhielt
14)
. Im J. 1809 ward die Janitscharenmusik eingeführt. Was die Vogelschützen-Societät anlangt, so behielt sich die Zeit ihres Schießens in der
Jahrmarktswoche immer bei, setzte neue Gesetze und Artikel auf und ließ sie den 28. Juni 1742 vom Rathe bestätigen, erhielt auch von dem
Landesherrn den 2. Mai 1742 auf ihr Ansuchen die Vergünstigung, zur Ergötzlichkeit jährlich ein Bier nach hiesigen Orts gewöhnlichen Schutt und
Guß steuerfrei abzubrauen oder den Betrag davon an Gelde zu erheben, jedoch unter der Bedingung, da´sie sich fleißig mit Feuerröhren üben sollte.
Im Jahre 1810 verehrte der Rittergutsbesitzer in Saalhausen, Günther, derselben zu ihren Feierlichkeiten eine zweipfündige Kanone.
weiter zu Kapitel 3
1) Leitet man Pfahlbürger von dem alten Worte pfehlen ab, welchem die jetzt gebräuchlicheren
Wörter befehlen oder empfehlen entsprechen, so sind eigentlich darunter solche Personen zu verstehen, die sich dem Schutz einer Stadtobrigkeit
empfohlen oder in denselben begeben haben.
zurück
2) Hungers Finanzgeschichte von Sachsen, S, 5 ff.
zurück
3) Von den jetzigen Steuerschocken unsrer Stadt sind in dem jetzigen Jahre 1812 27.174½ volle, 14.300¼ gangbare, 10.924 decremente, 1.731¼ caduke,
219 moderirte – Joh. Christ. Spendelin führt in seinem Handbuch über die Chursächsischen Steuerrechte, Th. 1, S. 199 an, daß vermöge Befehls vom
17. März 1718 dem Schuhmachermeister in Oschatz, Christian Springsfeld, die Steuer an 62 Fl. 4 Gr. 5½ Pf. um seiner Frömmigkeit willen um die
Hälfte erlassen worden sei.
zurück
4) Am Quatembern hat unsre Stadt in dem jetztlaufenden Jahre 1812 90 Thlr. volle, 10 Thlr. 7 Pf. moderirte und 79 Thlr. 23 Gr. 5 Pf. gangbare zu
verneuren.
zurück
>
5) Hungers Finanzgeschichte von Sachsen, S. 142. Von dem Ursprunge der angezeigten Abgaben giebt D. Dan. Gottfr. Schreber in den Nachrichten von
den Sächs. Land- und Ausschußtagen und wie die Steuern und Anlagen eingeführt und erhöhet worden sind, 3te Auflage, v. J. 1793, von S. 58 an eine
ausführlichere Belehrung.
zurück
6) Eine Urkunde von 1344 erhält die erste schriftliche Nachricht davon.
zurück
7) Wecks Beschreibung der Stadt Dresden, S. 443
zurück
8) Tob. Benj. Hoffmanns codex legum militarium Saxoniens. S. 45 ff
zurück
9) Hoffmann codex leg. militar. Saxon. S. 55 f. In dem daselbst eingerückten Befehle wegen Aufrichtung der Land-Miliz wird ausdrücklich gesagt,
daß dadurch eine beständige Miliz eingeführt werden solle, damit man vieler zeitherigen Militär-Beschwerungen überhoben sein und der fleißige
Hausmann sein Gewerbe und seine Nahrung desto ungestörter abwarten könne.
zurück
10) Der Befehl, vom Original abgedruckt, ist eingerückt in M. C. G. Herings Beschreib. der beiden Bürger- und Schützenfeste in der Stadt Oschatz
bei feierlicher Uebergabe erneuter Fahnen an die löbl. Grenadier- und Jäger-Compagnien 1805, S. 9 und 10
zurück
11) Der für das beste unsrer Stadt eifrig mitwirkende Bürgermeister Belger machte die Empfehlung dieser bürgerlichen Tugenden zum Hauptgegensande
seiner beiden Reden, davon er die eine den 21. Februar 1805 an die Grenadier-Compagnie und die andere den 26. Febr. d. J. an das Jägercorps der
hiesigen Schützen bei der Uebergabe erneuter Fahnen hielt. Den Stoff dazu gab ihm die auf dem Oval der Fahnenspitze des Jägercorps angebrachte
Inschrift: Einigkeit baut, Uneinigkeit zerstört. Beide Reden sind M. Herings Beschreibung der beiden Bürger- und Schützenfeste beigefügt.
zurück
12) Ueber diesen Gegenstand verdienen außer der nur angeführten Beschreibung von M. Hering noch folgende Schriften nachgelesen zu werden: der
deutsche Kammer-Präsident S. 102 f.woraus in dem neunten Jahrgange des Lausitzer Magazins v. J. 1776, S. 278 bis 280 ein Auszug geliefert wird;
desgleichen Reden an die Schützengesellschaft zu Rochlitz bei der Einweihung des Schießhauses und der neuen Fahne, im J. 1780 und 1784 mit einigen
Anmerkungen, v.G.a.B.
zurück
13) Vor beinahe 70 Jahren, als der Stadtrichter Gerhardt die Stelle eines Schützenhauptmannes bekleidete, traf in seiner Behausung am Markte 376
die Schützenfahne ein Blitzstrahl, der ihre Flagge, worauf sich das Rathswappen mit einem Rautenkranze umgeben, befand, verbrannte und ihre Spitze
schmelzte.
zurück
14) M. Hering beschreibt in der angeführten Schrift die dabei vorgefallenen Feierlichkeiten ausführlicher.
zurück |