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Chronik (Inhalt) |
Theil II, Erste Abtheilung |
1.) Eintheilung. In den ersten Zeiten unterschied man ursprünglich Freigeborne 1) neuerlich Freigelassene 2) und Leibeigene. Die erste Art kann man ganz, von den beiden andern Arten aber nur einen gewissen Theil zu den unmittelbaren, die übrigen Unterthanen aber, die den ersten Rittergutsbesitzern angehörten, zu den mittelbaren Amtsunterthanen rechnen. Als im 12. Jahrhunderte von dem Markgrafen, Konrad dem Großen, die Leibeigenschaft aufgehoben ward 3), so unterschied man zwar noch mittelbare und unmittelbare Amtsunterthanen, allein man theilte nun die mittelbaren in amtssässige und schriftsässige, weil seit dieser Zeit die Amts- und Schriftsässigkeit der Rittergüter eingeführet ward. Eine besondere Art von Unterthanen machen die aus, welche keinen weltlichen Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn, sondern einer Kirche und Pfarre angehören und daher gewöhnlich Dotal- und Pfarrbauern genannt werden. Auf eine noch speciellere Art unterscheidet man unter den Amtsbewohnern Ansässige und Unansässige. Zu den Ansässigen werden die Ganzhüfner (von denen die Ein-, Zwei- und Dreihüfner u.s.w. wieder eine Unterabtheilung ausmachen und welche wegen ihrer Pferdefrohnen, wozu sie nothwendig Pferde halten müssen, mit einem allgemeinen Namen Pferdner oder Anspänner genannt werden), Halbhüfner, Viertelshüfner, Sechstelhüfner 4) u.s.w. Groß- und Kleingärtner 5) und Häusler 6) gerechnet. Diese Angesessenen betragen an der Zahl 2084. Davon sind 548 Ganzhüfner, 472 Halbhüfner, 414 Gärtner und über 650 Häusler. Unter den Unangesessenen begreift man die Auszügler und Hausgenossen. 2.) Rechte. Dazu kann gerechnet werden, daß wider die Bauern nicht nach Wechselrecht verfahren werden darf 7); daß sie zu Saat- und Erntezeiten nicht zu allgemeinen Amts- und Gerichtstagen gefordert werden dürfen 8), welches jedoch auf Termine und gerichtliche Verhandlungen einzelner Bauersleute nicht gezogen werden darf. Als Gerechtsame aller ansässigen Bauern kann man ansehen, daß sie gewöhnlich Gemeinderecht haben, und mithin an allen Commungütern Antheil nehmen; unterdessen ist doch die Gemeindeeinrichtung sehr verschieden und es giebt oft in Dörfern Häuser und Güter, deren Eigenthümer von der Gemeinde ausgeschlossen werden. (Dieses Recht hat die Gewohnheit eingeführet, aus der Gemeinde einen sogenannten Heimbürgen oder Heinberger (praetorem rusticum, vid. Wachteri Glossar, p. 691) der auch Vomund genannt wird, zu wählen. Sein Amt heißt Heimbürgenschaft. Er ist gleichsam Verwahrer und Vorsteher des Dorfes und wird nebst dem Richter, besonders in weitläufigen Dörfern, zu dem Ende bestellt, daß er die Nachbarschaft unter sich in guter Ordnung erhalten, die Gemeindegüter verwalten, über Einnahme und Ausgabe Rechnung führen, diese am sogenannten Köhrtage (eine Benennung, die von dem Worte Köhren oder Kühren hergekommen ist und bekanntermaßen so viel heißt, als libre statuere, convenire et eligere, vid. not. cc) adjunctorum tract. L. Joh. Jac. Reinhardi de jure forestali Germanorum, p. 191 et Wachteri Glossar, p. 898) jährlich der Gemeinde vorlesen, zur Bestreitung der Abgaben billige Anlagen machen, die Besserung der Brücken, Wege und Stege, auch Hebung der Gräben besorgen, die Früchte von den Gemeindegütern in Zeiten einbringen, oder an Andere verpachten, oder verkaufen, allen Schaden verhüten und abwenden, auch überhaupt deren Verwaltung bestens führen und der Gemeinde treulich vorstehen sollen. (Klingers Dorf- und Bauernrecht, Th. I. S. 13).) Eine an sich sehr geringe, aber doch nicht zu übergehende Gerechtsame der Ganz- und Halbhüfner besteht darin, daß sie Tauben halten dürfen; und zwar gestehet man einem Ganzhüfner 12 Paar, einem Halbhüfner nur 6 Paar zu. Alle übrige Bewohner der Dörfer, die weniger als eine halbe Hufe besitzen, sollen dagegen gar kein solches Federvieh halten 9). 3) Verbindlichkeiten, a) gegen den Landesherrn. Die unmittelbaren Amtsunterthanen tragen nicht nur zu den allgemeinen Landesbedürfnissen das Ihrige an Abgaben und Dienstenbei, sondern entrichten auch noch besondere Amtsgefälle an den Rentbeamten, leisten überdies Frohnen und Dienste und sind zur Land- und Gerichtsfolge 10), sowie zur Bezahlung der peinlichen Kosten verbunden. Die mittelbaren Amtsunterthanen oder die Unterthanen der amts- und schriftsässigen Gerichtsherrschaften haben dem Landesherrn nur die bewilligten Landsteuern zu entrichten und die bestimmten Dienste zu leisten. Die Landsteuern werden in Schock- und Quatember-Steuern eingetheilt. Da ihrer in der zweiten Abtheilung bei jedem Orte öfters gedacht werden wird, so halte ich es nicht für unnöthig, hier eine kurze Notiz davon zu geben. In den Steuer-Katastern 11) führen sie verschiedene Namen. Unter den vollen Schocken versteht man den Anschlag der Grundstücke nach dem im Jahre 1628 errichteten Steuer-Kataster. Allein die in der Folge mit den vollen Schocken vorgegangenen Veränderungen, die durch Unglücksfälle, Wüstungen und eigenmächtige Vereinzelung der Grundstücke verursacht wurden, machten diesen Anschlag sehr unzuverlässig, und gaben zu der übrigen Eintheilung der Schocke und dazu Anlaß, daß die Anzahl derselben, die in dem Kataster vom Jahre 1628 verzeichnet ist, aufhörte durchgängig contribuabel zu sein. Man nannte daher diejenigen Schocke, die wirklich vergeben wurden, zum Unterschiede von jenen, die nicht mehr contribuabel waren, gangbare Schocke. Da man sich genöthigt sah, manche Ansätze vor der Hand ganz zu erlassen, so wurden dadurch die decrementen Schocke eingeführt. Der Name der Quatember-Steuern entstand seit 1653, al sman sie vierteljährig einzunehmen anfing. Jede Stadt und jedes Dorf hat nach den vorhandenen Haupt-Steuer-Katastern von den Jahren 1646, 1653 und 1688 eine bestimmte Summe zu den Quatembern zu erlegen, deren Repartition seit dem Jahre 1661 den Obrigkeiten überlassen ist. Weil die Ansätze des Katasters vom Jahre 1699 in der Folge verschiedentlich gemäßiget worden sind, so theilt man die Quatember in volle, moderirte und gangbare. Nicht nur die unmittelbaren Amtsdörfer, sondern auch die amtsansässigen Dörfer entrichten ihre Steuern an die Amtssteuereinnahme in Oschatz, von der sie, wie dies auch von den schriftsässigen Ortschaften geschieht, an die Meißner Kreissteuereinnahme in Dresden abgeliefert werden. Für die außer den Steuern zu entrichtenden Accis-Abgaben sind an jedem Orte gewisse Einnehmer verpflichtet, die sie in die General-Accis-Cassen zu Oschatz, Dahlen und Strehla, über welche ein General-Accis-Inspector zur Aufsicht gesetzt ist, berechnen. An die hiesige Land-Accis-Einnahme liefern die Untereinnehmer auf den Dörfern ihre eingenommenen Gelder ein. Zur Erleichterung der Königlichen Gleitsabgabe sind außer dem Hauptgleite in Oschatz, noch 7 Beigleite, nämlich in Strehla, Riesa, Luppa, Hof, Hohenwußen, Lampertswalda und Pulsitz angelegt. Das Gleite, das eigentlich in Pulsitz abgegeben werden sollte, wird in dem angrenzenden Dorfe Ostrau, wegen der durchgehenden Hauptstraße, eingenommen. Nächst den Geldabgaben haben die ins Amt einbezirkten Ortschaften, die Stadt Oschatz ausgenommen 12), noch besondere Fuhrendienste zu leisten, die auf die Hufen vertheilt sind. Die Hufen führen in dieser Hinsicht verschiedene Namen. Spannhufen werden diejenigen genannt, welche die wirklichen Pferdner und Anspänner in Besitz haben, und womit sie zu Miliz- und Landfuhren verpflichtet sind 13). Magazinhufen sind die, welche unter dem Pfluge getrieben werden und wovon man Getreide zur Unterhaltung der Landmagazine erschütten muß. Zu den Marschhufen gehören alle beschockte Grundstücke und Häuser ohne Unterschied; nach ihnen wird die militärische Einquartierung regulirt, wobei 1 Hüfner 4 Gärtnern oder 8 Häuslern gleich gerechnet wird.
4) Nahrungszweige. Diese sind Ackerbau und Viehzucht 15), zu deren Betreibung jetzt 1.560 Pferde, 1.450 Ochsen, 5.987 Kühe und 1100 Schaafe gehalten werden. Die vorzüglichsten Nahrungszweige wurden schon stark betreiben, ehe noch das Amt entstand und ehe sich noch die Deutschen mit den Daleminziern verbanden. Daß man die letzten als Urheber davon anzuerkennen hat, das setzen die Wendischen Benennungen, die bei der Feld- und Viehwirthschaft noch jetzt gewöhnlich sind, außer Zweifel. (Zu diesen Benennungen sind folgende zu rechnen: Anewald, ein Stück Feld oder Wiese, das an einem Wege liegt, ein Feldwegsacker; Grummet oder Grammet, eigentlich das dritte Heu, das da, wo man im Jahre dreimal abmähet, nach demStoppelheue und zwar um den Hieronymustag gemacht wird. Von diesem letzten Umtande hat es auch seinen Namen erhalten. Denn das Wendische Wort Growmus bezeichnet den Hieronymus. Hotte rechts, Schwade, oder wie es jetzt oft gehört wird, Schwude, links, Jehi, fort, ist noch jetzt bei Lenkung des Zugviehes im Gebrauch. Hufe, ein Stück Feld, nach seiner Länge und Weite in 8 Theilen, wird in Urkunden insgemein eine Huwe, von Howy, a, e, genannt, weil man die öden, bloßen und ins Freie fallenden Plätze dazu aufnahm und sie anbauete, daher Hufen auch im Lateinischen novalia heißen. Kabsamen, Kohl, Krautkohl, Kabbelwiese, eine Gemeindewiese, die verlooset wird. Koppeljagd, die Mehrern gemein ist. Panze, daher einpanzen, ein von Lehm geschlagener und auf den Seiten damit vermachter Ort, worin das vom Felde gebrachte Garbengetreide aufbewahret wird. Petersilie, das Kraut, Kräuticht. Prach, Brache, brachen, das Feld Brache liegen lassen, von prahnu, trocken, sapahnn, austrocknen, daher das Brächeln, Ausbrächeln, wenn man das Fett ausziehen läßt. Prozigk wird vom Kraute und andern Feldfrüchten gesagt, wenn sie gleichsam starr und steif gerade empor stehen. Rocken oder Roggen, das Korn, weil es entweder einer kleinen Erbse gleicht oder weil man aus Erbsen an vielen Orten das Brod bäckt, von roh, roch, das Korn, rozka, roschka, das Körnchen. Ruren, wenn man das dritte Mal ackert; von ruju, rygu, woru, aufwühlen, furchen. Säen, die Saat ist mit ßyju, ich sähe und ßyty, a, e, gesäet, verwandt. Sense, ein Werkzeug zum Ernten von Zen, böhm. die Ernte, wend. zni, znie, plur. Schnitter, der Erntemann, der das Getreide abschneidet. Schober, aufschöbern, einen Haufen Heu machen, sammeln. Wune, ein Loch oder Wiese. Bei der Hauswirthschaft sind aus der Wendischen Sprache noch übrig: Bast, die dürre Schaale von Weiden, womit man etwas bindet; Biele, weiß, die Ente; Bieseln, laufen, wie das Rindvieh thut, wenn es von der Sonnenhitze gedrückt wird; bleichen, weiß machen, z.B. Leinwand; Dreschen, das Getreide ausschlagen, Fladen, der Koth, der beste Dünger vom Rindviehe; Horde; Hürde, ein Verschlag von Zaunstecken; Husche, die Gans, Keil, ein Werkzeug zum Spalten; Keilen, soviel wie spalten, daher Keilhaue, d.i. die Axt; Kleben, Klebwerk, Klebwand, mit lepiu, lepenza und klew, der Stall von Klebwerke gemacht; Klitschen, soviel als stoßen, drücken, quetschen, z.B. die Butter klitschen; Kien, soviel als ein harziges Stück Holz von der Kiefer; Kunz, Kunzsch der Saukunzsch; Miethen, soviel als lohnen, das Gesinde ums Lohn dingen, daher die Maid, das Maidel, das Ding; Mötschel, soviel als jung, eine junge Kuhkalbe; Pelz über einer Sache, die in Gährung übergehen und verderben will, soviel als Schimmel, Kahn; Pilz bezeichnet bei den Wenden die Eichel, bei uns aber eine Gattung Erdschwämme, die von der Eichwurzel gemeiniglich auslaufen und davon die kleinern Stockschwämme genannt werden; Pips, eine Krankheit bei den Hühnern; Planschen, spritzen schwämmen, wässern, am Wasser handthieren; Prude, eigentlich der Unflath oder Morast, aber auch ein kleiner Sumpf, darin sich Hirsche und Schweine wälzen; Quattern, eigentlich kochen, brauen, fieden, wird von dem Tone oder Getöse gebraucht, das das Wasser, beim Kochen oder Sieden zu machen pflegt. Rankorn, eine Schweinekrankheit, Riese, eigentlich ein Fluß, eine Bach, dann eine Flachsriese, ein Ort, wo man den dürren Flachs ins Wasser legt und mit Steinen beschweret, daß er nicht zerrinnt; Spülen, soviel als schwemmen, wegschwemmen, reinigen, aufschwimmen, daher ausspülen, das Spülicht; Schiete, von einem Wendischen Worte, das soviel, als zusammenheften bedeutet, womit man die Strohfiete (Strohschütte) bezeichnet, weil sie mit einem Hefte oder Strohbande zusammengemacht ist; wahrscheinlich kommt auch das Wort Schote davon her, eine Frucht, deren Theile gleichsam geheftet, d.i. fest mit einander verbunden sind; Schlickermilch, von Schlick, das Hintertheil, das Hintere, auch von der lautern Milch gebraucht, die nach abgenommener Sahne zurückbleibet; Tengeln, soviel als dünne machen, daher eine stumpfe Sense oder Sichel mit einem spitzigen Hammer auf einem Eisenstocke dünne geschlagen oderschärfen; Trense, von einem Worte, das pressen, drücken, brechen bedeutet, bei den Pferden ein leichter Zaum. Weise, weben; Weisel, ein Leiter, Führer bei den Bienen, Wetzen, mit einem Wetzsteine etwas schärfen; Wiete, ein Band von Reißholz, das man drehet, Wißbaum, eine Stange, die über ein Fuder Heu oder Stroh gelegt wird, um es zusammenzuhalten; Zopfel, was man auf ein Mal von dem Rocken spinnt. M. Georg Körner liefert in seiner philologisch-kritischen Abhandlung: von der Wendischen Sprache und ihrem Nutzen in den Wissenschaften S. 52 ff. meherer Beispiele. Man vergleiche auch erster Theil oben) Zur bessern Uebersicht des jetzigen Zusatndes der Feldwirthschaft diene folgende in den Feldfluren des Amtsbezirks in den Jahren 1811-1814
Das die Aussaat und der Ertrag der Ernte bei den meisten Feldfrüchten im Jahre 1814 bedeutend geringer ausgefallen ist, als in den vorhergehenden Jahren, ist eine Folge von den drückenden Kriegsunruhen und häufigen Durchmärschen fremder Kriegsvölker. Die Amtsbewohner, die sich nicht von Ackerbau und Viehzucht nähren können, suchen durch Gastwirthschaft, Bier- und Branntweinschenken, Krämerei, Treibung eines Handwerks, Garnspinnen, Handarbeit u.s.w. ihren Unterhalt zu erwerben. Manufacturen giebt es auf dem Lande nicht, wohl aber Handwerker. Durch mehrere große Straßen, die durch den Amtsbezirk gehen, wird die Nahrung seiner Bewohner nicht wenig befördert. Zu denselben gehöret die von Hain kommende und über Lampertswalda, Dahlen und Meltewitz nach Wurzen und Leipzig führende, sogenannte Hainstraße; die Butterstraße von Mügeln über Collm, Luppa, Torgau nach Berlin; die Torgauer Straße über Dahlen und Sitzenroda und die Poststraße, die, nachdem sie von ihrer Entstehung an bis 1726 über Oschatz und von dem genannten Jahre an über Stauchitz und Wermsdorf gegangen war, seit dem 21. Septbr. 1916 zur Bequemlichkeit und schnellern Beförderung der Reisenden auf die Chaussee über die neuern Poststationen Klappendorf, Oschatz und Luppa verlegt worden ist. |
Von den allgemeinen Schicksalen, welche die Amtsbewohner mit andern Bewohnern Sachsens gemein hatten, sind hier nur diejenigen nachzuholen, die sich seit etlichen Jahren ereignet haben, da die frühern Ereignisse dieser Art bereits im ersten Theile dieses Buches oben erzählt worden sind. Die speciellen Vorfälle aber, welche allein bei den Amtsunterthanen statt gefunden haben, werden bei der Beschreibung eines jeden Ortes eingeschalten werden. Es ist bekannt, daß im letzten Dritttheile des Jahres 1812 ein Krieg zwischen dem Kaiser von Frankreich, dem Rheinbunde, dem Kaiser von Oestreich und Könige von Preußen und zwischen dem Kaiser von Rußland ausbrach, worin der Erstere mit seinen Verbündeten nach verschiedenen Schlachten bis Moskau drang. Er hoffte daselbst die Winter-Quartiere halten zu können. Da aber Moskau von den Russen aus Patriotismus durch Feuer verheeret und theils dadurch, theils durch eine frühzeitig eintretende sehr strenge Kälte 16) die Subsistenz einer Armee unmöglich gemacht ward; so sahen sich die Verbündeten zum gänzlichen Rückzuge aus Rußland so genöthiget, daß sie nur Danzig, Thoren, Modlin und Zamosc Besatzungen zurückließen. Der Französische General Reynier ging mit dem siebenten Armee-Corps über Petrikau, Rawa, Kalisch, sogar bis über die Oder zurück und nahm seine Stellung bei Dresden, wo sich die Division Durette mit ihnen vereinigte. Von einer Baierischen Division auf dem linken Flügel gedeckt und überdies mit 10.000 Mann Sachsen aus den Depots verstärkt, erwartete er hier die den Franzosen folgenden Russen, an die sich die Preußen, dem Rheinbunde entsagend, immittelst angeschlossen hatten. Mit jedem Tage erhielt die bange Besorgnis, daß Sachsen der Schauplatz des Krieges werden würde, mehr Wahrscheinlichkeit. Dem Amts-Hauptmann von Boblick auf Zöschau ward daher höhern Orts die Leitung der etwanigen Truppenmärsche durch hiesige Gegend aufgetragen. Er vereinigte sich diesemnach mit dem Rathe zu Oschatz auf dem dasigen Rathhause in ein Bureau, dessen Expedition vom Februar 1813, bis über die Hälfte des folgenden Jahres, Tag und Nacht, ununterbrochen fortdauerten. Je schwieriger, vielseitiger und verwickelter die Expeditionen der Natur der Sache nach oft auch sein mußten, wurden sie doch mit so viel Sachkenntniß, Gewandtheit, Anstrengung, Ausdauer, oft mit Aufopferung der Gesundheit und ohne Hoffnung einer Belohnung also besorgt, daß die erwünschte Ruhe und Ordnung erhalten und der Stadt und Landschaft alle nur mögliche Erleichterung gewähret ward, was auch beide mit dem innigsten Danke erkannten. Späterhin ward auch der Regierungs-Assessor in Dresden, von Hartmann, als Etappen-Commissarius in Oschatz angestellt; welcher ebenfalls thätigen Antheil an den Geschäften des Büreau nahm und sich mehr als Ein dankenswerthes Verdienst um Stadt und Land erwarb. Am 13. März 1813 kam der Russische Kaiser, Alexander, in Breslau an. Der General Reynier besetzte die Residenz Dresden, die unter König, um vom Kriegsschauplatze entfernter zu sein, am 25. Februar mit dem Cabinets-Ministerio verlassen und sich nach Plauen begeben hatte. Unterdessen sah man täglich wohl hundert Reconvalescirte aus den Französischen Lazarethen kommen und durch Oschatz und die Umgegend ziehen. Nachdem sich die Russischen und Preußischen Truppen der Elbe immer mehr näherten; so sah sich die Französische Besatzung von Altdresden genöthiget, dem schnellen Uebergange über diesen Fluß möglichst vorzubeugen und sprengte daher am 19. März früh um 8 Uhr den vierten Pfeiler der Brücke, wodurch die zwei von ihm getragenen Bogen in die Elbfluthen gestürzt wurden. Dabei litt jedoch weder der übrige Theil der Brücke, noch ihre Umgebungen einigen Schaden. Am 12. März des Nachts um 11 Uhr war bereits auch die Meißner Brücke, die man Tags vorher abzutragen angefangen hatte, in gleicher Absicht abgebrannt und vorher noch die Fähren und Kähne an den rechten Ufer versenkt worden. Den 22. März ward dem Commando des Generals von Winzingerode stehenden Corps übergeben. Die Franzosen verließen hierauf Alt-Dresden und zogen sich zu einer andern Bestimmung in die Leipziger Gegend zurück. Die Russen machten die Brücke wieder gangbar und nahmen in Verbindung mit dem von dem Fürsten von Blücher befehligten Preußischen Corps Alt-Dresden in Besitz. Eine Abtheilung dieser vereinigten Truppen ging bei Meißen über die wiederhergestellte Brücke und verbreitete sich bald auch in unserer Gegend auf einige Zeit. Dies war seit Menschengedenken das erste Mal, daß unser Amtsbezirk, sowie das ganze Land, Russische Kriegsvölker, als Feinde, sah. Zu Ende des Aprils marschirten die verbündeten Truppen auf Pegau und Zeitz und vereinigten sich mit dem russischen Corps des Fürsten von Wittgenstein, welches aus der Gegend von Dessau kam, durch Leipzig ging und sich an die große Armee anschloß, bei der sich der Kaiser Alexander und der König von Preußen in Person befanden. Von der andern Seite drang der Französische Kaiser, Napoleon, über Erfurt vor, und lieferte am 2. Mai in den Ebenen von Lützen eine Schlacht, nach welcher sich die Verbündeten nach Dresden und bald darauf weiter in die Oberlausitz zogen. Am 8. Mai rückte Napoleon mit seiner Armee in Dresden ein und am 12. Mai 17) kehrte auch unser König von Regensburg, wohin er sich von Plauen begeben hatte, wieder zurück. Nach einem kurzen Aufenthalte gingen die Franzosen in Dresden und Meißen, wo sie die von den Russen und Preußen aufs neue ungangbar gemachten Brücken wieder in Stand gesetzt hatten, sowie bei Torgau und Wittenberg über die Elbe. Bei dieser Gelegenheit bekam Oschatz und die umliegende Gegend starke Einquartierung und viele Durchzüge von Kanonen und Pulverwagen, welche durch Vorspannung weiter gebracht wurden. Die Französische Armee entfernte sich immer weiter von uns und zog nach einigen gewonnenen Schlachten in Schlesien ein. Bei Breslau ward den 4. Juni ein Waffenstillstand abgeschlossen, der nur bis zum 20. Juni dauern sollte, der aber durch Vermittelung des Kaisers von Oestreich bis zum 10. August verlängert ward. Allein da dieser friedliebende Monarch seine Hoffnungen vereitelt sah,so verband er sich mit Rußland und Preußen, um das von den Völkern längst heiß ersehnte Glück des Friedens, das diplomatische Unterhandlungen nicht herbei zu führen vermochten, mit gewaffneter Hand zu erkämpfen. Schon am 10. August rückten 80.000 Russen und Preußen in Böhmen ein und verbanden sich mit den Oestreichern. Am folgenden Tage ward der Waffenstillstand aufgekündigt und Oestreich erklärte Frankreich den Krieg. Napoleon drang sogleich meit einem Corps über Zittau nach Böhmen ein und ging dann zur Armee nach Schlesien, wo er am 19. und 23. August bei Löwenberg und Goldberg siegte. Inzwischen hatte die vereinigte Armee den 21. August Sachsens Boden betreten und erschien den Tag darauf vor Dresden, wo sie jedoch von Napoleon, der in Eilmärschen aus Schlesien am 26. August dahin zurückgekehret war, an diesem und am folgenden Tage bis nach Böhmen zurückgedrängt ward. Zwei große Transporte von den bei Dresden gefangenen Russen und Oestreichern gingen durch unsere Gegend und übernachteten in Oschatz in der Klosterkirche und auf dem sie umgegebenen Kirchhofe. Einige Zeit vorher hatte Napoleon dem Herzoge von Regio Befehl gegeben, Berlin zu nehmen. Er kam auch bis in die Nähe von Berlin, aber die Schlacht bei Großbeeren setzte seinem Vordringen Grenzen. Der Kronprinz von Schweden, Karl Johann, der sich kurz zuvor mit der Preußischen Armee vereinigt hatte, schlug ihn daselbst am 23. August bis nach Wittenberg zurück. Napoleon übergab das Commando über die geschlagene Armee dem Fürsten von Moskau, der sich den Preußen bei Jüterbogk entgegenstellte und am 5 Septbr. einige Vortheile errang, aber am folgenden Tage bei Dennewitz eine so große Niederlage erlitt, daß er sich bis Torgau zurückziehen mußte. Napoleon behauptete, ob er schon einige Schlachten in Schlesien und Böhmen verloren hatte, doch noch seine Stellung bei Dresden. Allein in der Mitte des Septbrs. sah man ihn Anstalten zu einem Rückzuge treffen. Zahllose Haufen von Blessierten und Kranken verließen Dresden und zogen durch unsere Gegend nach ihrer Heimath. Die Meisten erlagen unter der Last der mit einem solchen Marsche verbundenen Beschwerden. Durch sie ward das verheerende Nervenfieber auch zu uns gebracht, das so Viele in der Stadt und auf dem Lande dahinraffte. Die Französische Besatzung in Torgau that öfters Ausfälle und trieb auch aus unserer Gegend viel Vieh weg. Um von den Verbündeten, welche während der Zeit an mehrern Orten über die Elbe gegangen waren, nicht völlig eingeschlossen zu werden, rückte Napoleon mit seiner Armee den 5. October aus Dresden und ließ den Marschall St. Cyr mit 30.000 Mann allein zur Besatzung zurück. Durch den Oschatzer Amtsbezirk zog den 7. October das Französische Oudinotische Corps und übernachtete daselbst. Napoleon, der an diesem Tage sein Haupt-Quartier in Seerhausen hatte, ging den folgenden Tag früh nach 8 Uhr, von seinen Garden und einem großen Theile des Oudinotischen Corps begleitet, durch Oschatz. Gegen Abend traf auch unser König daselbst ein, nahm sein Absteige-Quartier in dem Amtshause, das gerade um diese Zeit nicht bewohnt ward, weil der neue Amtmann noch nicht angezogen war. Bei dieser Gelegenheit hatte Oschatz mit seiner Umgegend nicht nur viel von unverhältnißmäßiger Einquartierung zu leiden, sondern hatte auch am 8. October de Morgens noch den besondern Schrecken, daß vor dem Brüderthore in der Merkwitzer Gasse ein Haus in Feuer aufging. An eben diesem Morgen begab sich der König von hier nach Leipzig, wo er alle Schrecken der am 16., 18, 19 October erfolgten großen Schlacht erfahren mußte. In dieser großen und für Europa's Freiheit so entscheidende Völkerschlacht siegten die Verbündeten, machten 52.000 Gefangene, worunter 30.000 Gesunde, und eroberten 250 Kanonen und 900 Pulver-Monuntionswagen. Der Kanonendonner ward auch bei uns, bald stärker bald schwächer, gleich einem entfernten Gewitter, vernommen. Nach der Schlacht verließ unser König Leipzig und ging nach Berlin, seine Truppen hingegen vereinigten sich mit den Verbündeten. Napoleon zog sich nach Weißenfels und kam nach manchem harten Kampfe mit dem Reste seiner Armee in Frankreich an. Bayern hatte schon am 8. Ocbr. dem Rheinbunde entsagt und sich an die Verbündeten angeschlossen, die übrigen Fürsten des Rheinbundes folgten nach. Die Verbündeten waren den Franzosen Schritt vor Schritt gefolgt. Schon den 13. Octbr. erschien in unsrer Gegend ein Commando Oestreichischer Husaren, die sich in Reppen einquartierten und eine Patrouille nach Oschatz abschickten, die bei ihrer Ankunft früh gegen 8 Uhr einige Französische Offiziere, die im Gasthofe zum Schwane eingekehrt waren, mit Pistolenschüssen attakierte, sie gefangen nahm und darauf wieder nach Reppen zurückkehrte. Von dieser Zeit an blieb Oschatz und die Umgegend selten von Russischer Einquartierung frei, die bald längere, bald kürzere Zeit verweilte. Am 20. October übernachteten Russische Ulanen mit ihren Pferden auf dem alten Markte, wo sie 5 Wachtfeuer anzündeten, die von der Spohrergasse bis an die Strehlaer Gasse reichten und in deren Nähe aus Vorsicht eine Spritze aufgeführt ward. Die von den Franzosen noch besetzten Städte Sachsens gingen nach und nach über. Dresden kapitulirte am 11. Novbr., Torgau am 26. Novbr. und ward den 10. Januar 1814 geräumt. Wittenberg ward den 12. Januar ebendesselben Jahres von den Preußen erstürmt und übergeben. Da Sachsen durch die Räumung der zuletzt genannten Festung von Französische Herrschaft völlig frei geworden war, so ward den 30. Januar als am 4. Sonntage nach Epiphanias 1814 in unsrer Diöces, so wie im ganzen Lande, ein Dankfest gefeiert und dabei in der Diöces für die durch die Belagerung unglücklichen Bewohner Wittenbergs und Torgaus eine Collecte gesammelt, den 273 Thlr. 6 Gr. 5 Pf. betrug. In Oschatz versammelte sich der Rath, die Geistlichkeit, die Viertelmeister und Ausschußperson, die Lehrer mit ihren Schülern auf dem Rathhause und zogen von da in feierlicher Procession und mit Gesang in die Hauptkirche, wo der Gottesdienst der Feier des Tages gemäß eingerichtet ward. Nach Einnahme von Dresden ward dem Russisch-Kaiserl. Generalmajor Fürsten von Reppnin, die obere Verwaltung aller Militär- und Civil-Angelegenheiten im Königreiche Sachsen, dem Herzogthume Altenburg und den Reußischen Landen, als General-Gouverneur, anvertraut. Es ward die Aushebung der Landwehr anbefohlen, wozu im Monat Decbr, auch der Oschatzer Amtsbezirk sein Contingent stellen mußte. Die Aushebung in Oschatz geschah unter der Direction des Major und Deputierten der Landesbewaffnung des Amtes Oschatz, Heinrichs von Wilke auf Lößnig. Von ihm wurden die Ausgehobenen vereidet, welche Freierlichkeit theils durch eine von ihm auf dem Super.M. Steinert gehaltene Rede, theils durch einige von ihm auf diesen Vorgang besonders verfertigte Gesänge erhöhet ward. Unsere Gegend gab auch, wie andere, zu der allgemeinen Landesbewaffnung einen ansehnlichen Beitrag. Bei dem Major v. Wilke waren im Januar 1814 für den Banner der freiwilligen Sachsen und zur Bekleidung der Landwehr folgende Beiträge aus der Stadt Oschatz und dem Amtsbezirk eingegangen: 8443 Thlr. 18 Gr. nebst 10 Stück Hemden und 24 Paar Socken zur Ausrüstung der Landeswehr.; 1699 Thlr. 16 Gr., 2 Büchsen, 2 Paar Pistolen, 2 Hirschfänger und 54 Ellen Leinwand für den Banner, für welchen der Super. M. Steinert noch besonders 170 Thlr. 5 Gr. 4 Pf. in der Diöces gesammelt hatte 18). Wegen des siegreichen Einzugs der Verbündeten in Paris am 31. März 1814, das am vorgehenden Tage kapituliert hatte, seierte Sachsen am Sonntage Quasimodogeniti, der auf den 17. April fiel, ein allgemeines Dankfest, wobei in der Diöces 185 Thlr. 7 Pf. durch die Collecte für die durch den Krieg verunglückten Bewohner Sachsens gesammelt wurden. Nur jetzt erst, da die Verminderung der bisher getragenen Lasten zu beginnen schien, war ein ruhiger Blick auf das große Unglücksgemälde der vorigen Tage möglich. Obgleich unser Amtsbezirk von großen Bedrückungen selbst nicht frei geblieben war, so wandte er doch noch seine Aufmerksamkeit auf die Verunglückten in der Nähe und Ferne und unterstützte sie willig nach seinen Kräften. Am Dankfeste, das am 4. Sonntage nach Epiphanias 1814 gefeiert ward. kamen für sie in der Diöces 356 Thlr. 19 Gr. 8 Pf. ein. Auf den Aufruf, den der Amtshauptmann v. Boblick an die Bewohner von Oschatz ergehen ließ, erhielt er 215 Thlr., die er folgendermaßen vertheilte: 90 Thlr. an die Hülfs-Commission zu Pirna, 50 Thlr. an die Hülfs-Commission zu Dresden, 50 Thlr. an die Hülfs-Commission zu Leipzig und 25 Thlr. an den Professor Leonhardi für die unglücklichen Bewohner der Gegend Wittenbergs 19). Für die armen Kinder im obern Bezirk des Meißner Kreises, die durch die Drangsale der Zeit zu vater- und mutterlosen Waisen geworden waren, wurden ebenfalls durch die menschenfreundlichen Bemühungen des Super.. M. Steinerts in der Stadt Oschatz und der umliegenden Gegend 174 Thlr. 10. Gr. 9 Pf. gesammelt und an den Central-Hülfs-Ausschuß des Meißner Kreises obern Bezirks nach Dresden eingesendet. Außerdem fanden 7 von der Zahl jener armen Waisen in Oschatz und der Umgegend ihre erwünschte Aufnahme und Versorgung 20). Die von den Alliierten unmittelbar nach dem Einzuge in Paris niedergesetzte provisorische Regierung entsetzte am 2. April 1814 Napoleon und seine Familie des Thronses und entband das französische Volk und die französische Armee von dem ihm geleisteten Eide. Napoleon unterzeichnete am 4. April die unbedingte Entsagungs-Acte. Hierauf ward mit ihm eine Convention geschlossen, nach welcher er die Insel Elba als ein souveränes Fürstenthum auf seine Lebenszeit besitzen und für sich und seine sämmtlichen Familien-Glieder eine ansehnliche Pension erhalten sollte. Für seine Gemahlin wurden die Herzogthümer Parma, Piazenza und Guastalla bestimmt, welche nach ihrem Ableben auf ihren Sohn, der nun nicht mehr König von Rom, sondern Prinz von Parma hieß, fallen sollten. Schon am 20. April reisete Napoleon an den Ort seiner Bestimmung ab. Am 30. Mai ward der Friede mit Frankreich unterzeichnet und zwischen Frankreich und den alliierten alles auf den Fuß gesetzt´, wie es am 1. Januar 1792 gewesen war. Der König Ludwig XVIII. hielt den 3. Mai seinen Einzug in Paris und beschäftigte sich mit der neuen Einrichtung. In Sachsen und anderwärts ward den 18. October eine Gedächtnißfeier für die im Kampfe für die Deutsche Freiheit Gebliebenen und am darauf folgenden 19. Octbr. ein allgemeines Lob- und Dankfest für die Siege, welche die Vorsehung der gerechten Sache verliehen hatte, begangen, auch an beiden Tagen eine Collecte für die Bewohner der Leipziger Gegend, welche durch die an diesen Tagen gelieferten Schlachten hülfsbedürftig geworden waren, gesammelt, die in Oschatz 18 Thlr. 21 Gr. 11 Pf. einbrachte. Am 1. Novbr. ward zu Wien von den verbündeten Mächten ein Congreß eröffnet, auf welchem die Angelegenheiten Deutschlands zum Gegenstand gemeinschaftlicher Berathschlagungen genommen wurden. Am 8. Novbr. ging die Besetzung und Verwaltung des Königreichs Sachsen, vermöge einer zwischen den Verbündeten Mächten getroffenen Uebereinkunft, von den Russen auf des Königs von Preußen Majestät über. Von ihn hierzu bevollmächtigt, übernahm der Königl. Preuß. Staatsminister, Freiherr von der Reck und der Königl. Preuß. Generalmajor und commandirende General von Sachsen, Freiherr von Gaudi, die Geschäftsführung des General-Gouvernements von Sachsen aus den Händen des bisherigen General-Gouverneurs, des Kaiserl. Ruß. General-Lieutenants, Fürsten Repnin. Sachsen, dessen König noch immer entfernt ward, lebte unterdessen in der größten Ungewißheit über sein endliches Schicksal. Erst im Februar 1815 reisete Friedrich August von Berlin über Brünn nach Presburg, um den Unterhandlungen in Wien näher zu sein. So sehr er auch die Integrität Sachsens zu behaupten suchte, so sah er sich doch genöthiget, in dem am 18. Mai zu Wien mit dem Könige von Preußen geschlossenen Traktat an den letzten einen ansehnlichen Theil von Sachsen abzutreten, der nun den Namen Herzogthum Sachsen erhielt. Nach vorhergegangener Ankündigung traf er am 7. Juni in Begleitung seiner hohen Familie nach einer 20monatlichen Abwesenheit unter den herzlichsten Glückwünschen seiner getreuen Unterthanen in Dresden ein. Seine Bemühungen waren zunächst darauf gerichtet, dem gesunkenen Wohlstande des Landes wieder aufzuhelfen und die Verdienste zu belohnen, die sich in seiner Abwesenheit Patrioten um das Vaterland erworben hatten. Zur Erreichung des letztgenannten Zwecks stiftete er noch in diesem Jahre den Civil-Verdienstorden und ernannte außer Mehreren aus anderen Gegenden, auch den hiesigen Buchdrucker Friedrich Christian Ludwig Oldecop, zum Mitgliede desselben. Als mit dem 7. Juni des folgenden Jahres der Ordenstag wiederkehrte, so erhob er den Amtshauptmann v. Boblick, auf Zöschau, und den General-Accis-Inspector und Stadtschreiber Atenstädt in Oschatz zu Rittern des mehr erwähnten Ordens. Noch vor seiner Ankunft verbreitete sich die Nachricht, Napoleon habe den 26. Februar mit 1100 Mann die Insel Elba verlassen, sei am 1. März in Frankreich gelandet und eile fast ungehindert der Hauptstadt des Reichs zu. Der König von Frankreich fand es rathsam, am 20. März früh Paris zu verlassen. Noch an demselben Tage rückte Napoleon daselbst ein und stellte sogleich die Verfassung wieder her, wie sie am 1. April 1814 gewesen war. Die Alliirten versammelten unverzüglich ihre Heere und ließen sie ihm entgegen rücken. Ein Russisches, über 80.000 Man starkes Corps, ging über Mühlberg nach Oschatz und von da nach Grimma dem Schauplatze des Krieges zu. Napoleon lieferte vom 15.-18. Juni den Engländern und Preußen bei la belle Alliance und Waterloo in den Niederlanden eine Schlacht, worin er gänzlich geschlagen ward. Er kam auf seiner Flucht schon den 22. Juni in Paris an und legte die Krone zu Gunsten seines Sohnes, unter dem Namen Napoleon II. nieder. Der Englische General-Feldmarschall Wellington hielt, nach einer vorher getroffenen Uebereinkunft mit seiner Armee in Paris als Sieger seinen Einzug; der Preußische General-Feldmarschall, Fürst Blücher aber, der an dem Siege gleichen Antheil hatte, blieb noch zu St. Cloud. Als König Ludwig XVIII. am 8. Juli Nachmittags zu Paris wieder eingezogen war; so folgten die beiden Kaiser und der König von Preußen am 10. Juli und viele Russen den Tag darauf nach. Napoleon hatte sich unterdessen am 3. Juli nach Rochefort begeben, um, wie man sagte, von da aus nach Amerika zu schiffen. Da er aber keine Möglichkeit sah; so übergab er sich mit seinem Gefolge dem Admiral, der ihn den 16. Juli nach England brachte, wo er jedoch nicht ans Land steigen durfte. Kurz darauf ward er nach der Insel Helena abgeführt, wo er den 18. Ocbr. anlangte. Noch jetzt steht ein Theil der verbündeten Heere und zwar, öffentlichen Angaben zufolge, eine Armee von 150.000 Mann auf Frankreichs Boden, die von diesem Lande unterhalten werden muß. Ob übrigens die Theilung Sachsens namentlich einen Einfluß auf die Erweiterung oder Verengerung des Oschatzer Amtsbezirks haben werde, wird der Ausgang der noch nicht vollendeten Grenzberichtigung lehren. (Vergl. Bd. III.) 1) erster Theil, oben zurück 2) Um zu erfahren, ob ein Gut entweder ein ursprünglich freies oder ein erst in der Folge von freigewordenen Leibeigenen erworbenes ist, muß man auf die Befreiung von Frohnen Rücksicht nehmen. Findet man ein Gut, von dem es sich erweisen läßt, daß es niemals mit Frohnen und Diensten beschwert gewesen sei, so ist es für ein ursprüngliches Freigut, oder für ein solches Langut zu halten, das schon von den ältern Zeiten her Freigebornen erb- und eigenthümlich zugehöret hat. Im Gegentheil ist zu vermuthen, daß ein frohn- und dienstbares Gut ehedem von Leibeigenen besessen, und erst in der Folge von freigewordenen Leibeignene erworben worden sei. Man sehe hierbei Damiel Nettelblatts (s. auct. Frieder. Cuil. L. B. de Hagen diss. de rusticorum juribus et obligationibus singularibus falso vel merito suspectis, Halae 1789 4 obs. 4 ingl. D. Klingners Dorf- und Bauernrecht, Th. 1 Kap. XI. S. 43. zurück 3) Erster Theil oben. Die Abschaffung der Leibeigenschaft ward dadurch sehr befördert, daß sich der Gerichtsherr besser befand, wenn er sich bei dem Todesfalle eines freigegebenen Unterthanes nur eine geringe Abgabe an Geld oder Vieh (mortnarium) vorbehielt, sich dagegen jährlich einen höhern Zins bezahlen ließ, als derselbe im Zustande der Leibeigenschaft entrichtet hatte. Zwar verlor der Herr durch jene Befreiung den Vortheil von dem Hauptfalle, oder das Erbtheil, das er nach dem Tode eines Leibeigenen erhielt; allein dieser Vortheil war sehr ungewiß und hing davon ab, ob der Bauer gut gewirthschaftet und nicht zu lange gelebt hatte. (D. G. Strubens vernichteter Beweis der Deutschen Rechtsstände völliger Landeshoheit vor dem sogenannten großen Interregium; Hannover 1758 4 §§ 55 S. 18). Fast gleiche Ursachen mochten auch der adeligen Dienstbarkeit oder Ministerialität ein Ende machen. (Strubens Nebenstunden, Th. IV, n. 28 § 21 S. 433 f.) zurück 4) Diese Eintheilung der Hüfner gründet sich auf die Anzahl der Hufen des zu einem Bauerngute gehörigen Landes. In Gegenden, wo schlechtes und unfruchtbares Land ist, sind die Hufen gewöhnlich groß und man rechnet bis 30 Acker auf Eine Hufe. In Gegenden aber, wo sehr guter und tragbarer Boden ist, schlägt man nur 12, 16 bis 18 Acker, bei mittelmäßigem Boden aber 24 Acker oder Morgen zu Einer Hufe. Einen Acker bestimt man zu 300 Quadrat-Ruthen oder 17.252 1/12 Quadrat-Ellen Leipziger Maaß. zurück 5) Die Gärtner besitzen gewöhnlich einen Garten, worin sie etwas Feld haben, das sie mehrentheils mit Kühen oder mit der Hand bearbeiten, oder auch außerdem noch ein Stück Land, welches Gartenrecht hat. Jene nennt man Klein- diese Großgärtner. zurück 6) Die Häusler besitzen gemeiniglich nur ein Haus mit oder auch ohne Obst- und Küchengarten. Es giebt Dörfer, wo man die Häusler in Groß- und Kleinhäusler abtheilt. Bei den letzten werden 12 Häuser für 1 Hufe gerechnet, da im Gegentheil bei allgemeinen Oblasten 3 Großhäusler oder 4 Gärtner für 1 Hufe steuern müssen. zurück 7) Erläut. Proceßordnung in Anhange § 11. Nur solche Bauersleute, die zugleich eine auf dem Lande zulässige Handlung treiben oder Güter pachten, können sich nach Wechselrecht verbindlich machen. zurück 8) Erläut. Processordnung ad. Tit. II. § 4. zurück 9) Hommels Rhapsod. Obs. 282 zurück 10) Nach des Amtes Oschatz Erbbuche vom J. 1532 gaben zum ehemaligen Heerfahrtsdieste Lampertsdorf, Schleben, Glossen und Wetitz 1 Heerfahrtswagen, 4 starke Wagenpferde, 2 Wagenknechte und 14 Fußknechte; Ockritz, Collm, Thalheim und Kleinböhla 4 Wagenpferde nebst 7 Fußknechten; Paußnitz und Sahlasen bei Strehla 1 Heerfahrtswagen mit 4 Wagenpferden, 2 Wagenknechten und 9 Fußknechten. Wendischluppa gab seinen Beitrag zum Heerfahrtsdienste nach Deutschluppa nebst 5 Fußknechten. Forwerg, so wie Kleinböhla stellte 1 Fußknecht zur Folge ins Amt. Solche Heerwagendienste waren aber keine Ritterdienste, sondern eine Obliegenheit, wozu alle unmittelbare Amtsdörfer durchs ganze Land verbunden waren, bis sie, vermöge eines Rescripts vom 10.Octbr. 1576 im Lande aufhörten. Durch ein anderweitiges Rescript vom 25. Octbr. 1663 wurden sie indessen dem Landesherrn vorbehalten. Diese Dienste sind aber nicht wieder gebräuchlich geworden, sondern die Unterthanen müssen jetzt ohne Unterschied die vorfallenden Miliz-Fuhren verrichten. zurück 11) Mit diesem Namen werden die Register oder Verzeichnisse belegt, worin die auf jedem Grundstücke liegenden Schock- und Quatember-Steuern eingetragen sind. Es giebt allgemeine und individuelle Steuer-Kataster eines jeden Ortes und Gerichts, davon sich jene auf diese gründen. zurück 12) Dafür sind die Feldbegüterten nach dem Amtserbbuche schuldig, alles Getreide an Korn und Hafer, das im Rentamte einkommt, desgleichen allen Hufenhfer und anderes Getreide, das des Orts fürs Hoflager oder andere Nothdurft eingekauft wird, jedesmal und jährlich, so oft es verlangt wird, an die Elbe zu schaffen und dabei 16. Schfl. Korn oder 33 Schfl. Hafer auf jeden Wagen zu laden, wofür sie 5 Gr. für jede Fuhre erhalten. Eine andere authentische Nachricht meldet, daß die Oschatzer Stadtfelder darum, weil sie zu einer Infanterie-Stadt gehören und bloß walzende Grundstücke sind, weder Marsch- noch Spannhufen haben, aber bei Erschüttung des Magazin.-Getreides nach 91 Hufen, 3¾ Ruthen gerechnet werden. zurück 13) Man vergleiche Anmerkung 10) zurück 14) D. Hartung diss. de Schultetis, Heimburgiis et Scabinis paganicis, lenae, 1684. D. Klingners Samml. zum Dorf- und Bauernrechte, Th. I. Kap. IV, V, S. 11-16. Des Amtmanns Henne Instruction für sämmtliche Dorfrichter und Schöppen des Amtes Dobrilugk, Dresden, 1786, auch oben. zurück 15) Man vergleiche, was hierüber im ersten Theile oben und in diesem Theile oben gesagt worden ist. zurück 16) Auch in Deutschland begann der Winter dieses Jahres eher und härter, als gewöhnlich. Schon im October gab es viele so kalte Tage, daß es fror und um die Mitte des Novembers erfolgte in so starker und anhaltender Frost, daß viele Felder unbesäet bleiben mußten. Die Kälte dauerte bis zum 28. December ununterbrochen fort und stieg an mehrern Tagen des genannten Monats bis auf 16 Grad nach Reaumur. Dem Eintritte dieses strengen Winters ging am 15. Novbr. Abends in der siebenten Stunde ein feuriges Meteor voran, das die Dunkelheit der Nacht einige Stunden auffallend erleuchtete, nicht nur in Sachsen, sondern in ganz Deutschland wahrgenommen und sogar von Manchen auch in politischer Hinsicht für vorbedeutend angesehen ward. zurück 17) An diesem Tage ward die ganze Stadt Bischoffswerda bei Gelegenheit einer Bataille zwischen den Französischen und Russisch-Preußischen Truppen in einen Aschenhaufen verwandelt. zurück 18) Die Namen der letztern lieset man im 4. und 12. Stück der Oschatzer gemeinnützigen Blätter vom Jahr 1814. zurück 19) Die Namen nennt dankbar das 18. Stück der Oschatzer gemeinnützigen Blätter vom Jahre 1814. zurück 20) Die Namen dieser wohlthätigen Kinderfreunde hat die Dankbarkeit in dem 22. Stücke der Oschatzer gemeinnützigen Blätter vom Jahre 1814 genannt. zurück |
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