Das Pfarrkirchdorf Merkwitz
liegt eben fast tief, nördlich von Oschatz eine halbe Stunde von dieser
Stadt entfernt, unweit der von Dresden nach Leipzig führenden Chaussee
und der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, welche einen großen Teil der
Flur durchschneidet; die Herleitung des Ortsnamens ist mir unbekannt.
Über die Zeit der Gründung
des Orts lässt sich nichts auffinden, nur so viel kann gesagt werden
dass Merkwitz ehemals dem Zisterzienserkloster Altenzella bei Nossen gehörte,
dorthin Zinsen geben und Frohen leisten musste. 1554 ging es mit noch mehreren
Zellaschen Klostergütern in Privatbesitz über und war zum Nossener
Amt geschlagen. Seit dem 29. Mai 1582 gehörte es unter das Justizamt
in Oschatz. Von den früheren Schicksal des Ortes lässt sich,
da Nachrichten aus jener Zeit dem Konzipienten mangeln, fast gar
nichts sagen. Nur so viel findet man in den alten Kirchenbüchern aufgezeichnet,
dass nach den Drangsalen des 30jährigen Krieges auch die Pest den
Ort, namentlich im Jahre 1693 heimsuchte, woran viele Personen gestorben
sind. In den Kriegen der neueren Zeit, deren Schauplatz Sachsen war, hat
Merkwitz namentlich in den Jahren 1812 und 1813 wegen der nahen Landstraße
von den Truppenzügen durch Plünderung, so wie im Jahre 1813 von
den Ausfällen der in der nur 7 Stunden entfernten Festung Torgau belagerten
Franzosen durch Hinwegführung des Viehs und ähnliche Erpressungen
unendlich zu leiden gehabt. Nachdem länger als 100 Jahre keine Feuersbrunst
in Merkwitz gewesen war, so war 1811 wieder die erste Feuersbrunst; den
4. Juli 1811 schlug der Blitz in die Kirche und richtete an selbiger und
an dem Turm einen bedeutenden Schaden an. 1812 war ebenfalls hier eine
Feuersbrunst; im Jahre 1821, den 2. August in den Frühstunden zündete
ein Blitzstrahl das Hoffmannsche Gut an und legte mit demselben 11 Güter
in Asche. Am Tage vor Pfingsten, den 6. Juni 1829, in den Mittagsstunden,
gingen die zur Merkwitzer, auf der Groß-Naußwitzer Flur liegenden
windmühle gehörenden Wohngebäude in Flammen auf, den 22.
Mai 1830 brannte wieder ein Halbhufengut ab; und im Jahre 1833, den 7.
April in der Nacht vom ersten auf den zweiten Osterfeiertag wurden 6 Güter
und zwei Häuser ein Raub der Flammen. In den Nachmittagsstunden des
3. Juli 1827 verwüstete ein von Südwest heraufziehendes Hagelwetter,
dergleichen die ältesten Leute des hiesigen Orts nicht erlebt hatten,
den größten Teil der Flur dergestalt, dass die Winterfrucht
ganz unbrauchbar wurde, die Sömmerung zum Teil noch einmal vorgenommen
werden musste und nur das Sommergetreide unbeschädigt blieb. Durch
die Feuersbrünste, zum Teil auch durch Bau sind neue Gebäude,
die von einigen Seiten des Dorfes, namentlich von Südwest aus gesehen,
dem Ort ein hübsches Ansehen geben. Ob sich aber die genannten Gebäude
in ihrer Bauart auszeichnen, möchte ich nicht geradezu behaupten.
Die Hauptbeschäftigung der Ortsbewohner ist Landwirtschaft. Außerdem
befindet sich hier eine Schmiede und eine Wagnerwerkstätte.
Über die Zeit der Erbauung
der Merkwitzer Kirche, die schon vor der Zeit der Reformation zum erzpriesterlichen
Stuhl in Oschatz gehörig, im Jahre 1345 als Pfarrkirche genannt wird,
fehlen mir alle Nachrichten. Im Jahre 1713 wurde sie nach einer vom damaligen
hiesigen Pfarrer M. Eschenbach im Pfarrarchiv nachgelassenen handschriftlichen
Nachricht wegen baufälligkeit abgetragen und ganz von Stein, sowohl
inwendig, nebst einem schönen neuen, mit Schiefer gedeckten Turm aufgeführt.
Die damaligen Kircheninspektoren zu Merkwitz, nämlich der Superintendent
Dr. Boßeck und der Königl. und Kurfürstl. Sächs. Amtvogt
Vockel in Oschatz, von welchen es in jener Nachricht heißt, dass
sie beiderseits das „Werk des Herrn mit allem Nachdruck, mit herzlichem
Gebet und mühsamer Sorge und mit erwünschter Tat befördert
haben,“ waren dafür besorgt, dass die Baukosten, welche sich überhaupt
auf 1.500 Thlr. beliefen, teils durch Kollekten, teil durch Anlagen im
Dorf selbst, teils durch einen Beitrag aus dem hiesigen Kirchenvermögen
an 400 M.fl. ausgebracht worden. Den Bau leitete der Architekt und Maurermeister
Joh. Georg Hauptmann in Lampertswalde. Unter ihm baute der Ratszimmermeister
Paul Funke in Oschatz Kirche, Turm, Treppen und Emporkirchen, der Schieferdeckermeister
Nicolaus Lutzsch in Canitz deckte den Turm, der Glasermeister Meyer aus
Oschatz lieferte die Kirchenfenster; Kanzel und Altar sind ein Werk des
obgenannten Hauptmann selbst; und die Malerei hinter dem Altar rührt
her von dem Maler Hofmann in Gröba. „Dieser Bau, heißt es ferner
in jener Nachricht, wurde geführt bei sehr schwerer und gefährlicher
Zeit. Schwer war sie nicht nur wegen der vielen und überhäuften
Steuern und Gaben, sondern auch wegen des Misswachses, da in dem vorigen
Jahr 1712 eine sehr schlechte und schmale Ernte gewesen, so dass auch bei
der täglichen Hofarbeit an der Kirche die guten Einwohner allhier
des Hungers sich kaum haben erwehren können. Der Scheffel Korn Dresdner
Maß war auf 2 Thlr. 12 Gr. angestiegen und war auch nicht genug einmal
vorhanden, dass ein jeder nach Notdurft hätte kaufen können.
Daneben war die Zeit auch gefährlich wegen des zu besorgenden feindlichen
Einfalls (Schwedisch-Polnischer Krieg unter Carl XII. und August II.) und
wegen der grassierenden Contagien und Pestilenzen.“ Dem unerachtet wurde
der Bau rüstig in Angriff genommen. „Dom. Invoc. 1713 die letzte Predigt
und Kommunion in der alten Kirche gehalten und tags darauf, montags den
6. März, der Anfang zum Einreißen und Abbrechen gemacht bis
endlich mit dem 7. November 1713 der Bau absolviert, und der Knopf, somit
der Fahne von purem Kupfer den 6. November von obgedachtem Schieferdeckermeister
Lutzsch aufgesetzt worden. Unter währendem Baue ist der Gottesdienst
im Predigen und Sakramentreichen in des Pfarrers Stube verrichtet worden.
Die erste Predigt ist darin geschehen Dom. Reminiscere, die letzte aber
den 6. November nach dem XXI. Trinitatissonntag, montags, als an welchem
Tage die sogenannte Kirmes im Dorfe zelebriert und mit dem Gottesdienst
zuletzt in des Pfarrers Stube feierlich begangen wurde, worauf die solenne
Inauguration der reparierten Kirche durch obgedachten Herrn Superintendent
Dr. Boßeck in Oschatz, als (damaligen) Kollator der Kirche am 9.
November, donnerstags nach Dom XXI.p.Trinit. 1713 erfolgte.“ Der damalige
Pfarrer war M. Eschenbach, der Schulmeister Andreas, die Kirchenväter
Reinhardt und Täschner, der Bauvorsteher Franke. Doch das in den Nachmittagsstunden
des 4. Juli 1811 erfolgte Einschlagen des Blitzes in den Turm machte eine
Hauptreparatur des ohnedies auf dem Turm, den Böden, an den Balken,
Mauern und Ständen im Laufe der Zeit wieder schadhaft gewordenen Kirche
notwendig und wünschenswert. Ob nun gleich der mit dem Unwetter an
genannten Tage verbundene Regenguß das durch den Blitz entstandene
Feuer wieder ausgelöscht hatte, so war doch Einschlagen selbst nicht
ohne bedeutenden Schaden geblieben. Doch Gott, der dieses Unglück
gesendet hatte, half auch wieder. Der durch das Einschlagen des Blitzes
verursachte Schaden wurde mit dem vordem schon höchst notwendigen,
von einer Zeit zur anderen aufgeschobenen Reparatur der Kirche und des
Turmes, ohne die Gemeinde mit Kosten herbeizuziehen, durch die Immobiliar-Brandkasse
übertragen. Die damaligen Kircheninspektoren hiesigen Orts (Superintendent
Dr. Steinert und Justizamtmann Fallou in Oschatz) akkordierten diesen Kirchenbau
an Maurer- und Zimmerarbeit für 550 Thlr. an den damaligen Zimmermeister
Joh. Gottlob Mann in Oschatz, welcher alles teils durch den Blitz entstandene,
teils schon vorher dagewesene Schadhafte an Turm und Kirche aufs Beste
wieder herstellte, die Kirche von Außen und Innen anweißte,
mit seinem Bruder die Emporkirchen, Stände und den Vorhang hinter
dem Altar neu malte. Der Bau selbst, welcher mit dem Abnehmen des Turmes
bis auf die Mauer den 5. August 1811 begann, wurde, nachdem der von dem
genannten Zimmermeister Mann neu vergoldete Knopf durch selbigen ebenfalls
wieder auf den mit Schiefer gedeckten Turm den 4. September genanten Jahres
gesetzt worden war, im Monat Oktober 1811 vollendet. Der damalige Pfarrer
hieß Gehe, der Schullehrer Bürger. Die Kirchenväter waren
die Hüfner Schneider und der Halbhüfner Naumann und der Bauvorsteher
Halbhüfner Moebiuß. Außer der durch den Hagelschlag am
3. Juli 1827, durch einen heftigen Sturm im Monat Dezember 1833 herbeigeführten
Beschädigung durch Abdeckung vieler Dachziegel hat bis heute, Gott
sei Dank, die Kirche weiter keinen Schaden erlitten.
Die Namen der Prediger,
wie man sie an der Sakristeitür hiesiger Kirche aufgezeichnet findet
sind 1.) Simon Seilendorf, 2.) Michael Friedel, 3.) M. Caspar Eberhard
„pulsus a Cryptocalvinismo.“ Er hatte sich nämlich zugleich mit dem
Diakon zu Oschatz M. Peter Scheiner und dem Diakon in Strehla M. Müller
geweigert, den kurfürstlichen Willen nachzukommen und den Exorzismus
bei der Taufe abzuschaffen. Es erging an den Amtsvogt in Oschatz der Befehl,
genannte Prediger gefänglich einzuziehen und auf dem Wagen nach Dresden
zu überantworten, wo sie von ihrem Superintendenten verleumdet worden
waren. Da sie indessen bald Nachricht davon erhielten, so ergriffen sie
die Flucht. Da jedoch in dem folgenden Jahr durch den Administrator von
Kursachsen Friedrich Wilhelm dem Kryptocalvinismus wieder Einhalt getan
wurde und die Vertriebenen wieder zurückberufen wurden, so konnte
auch M. Eberhard im Jahr 1592 sein Amt in Merkwitz antreten, von wo er
1596 nach Neustadt (?) versetzt wurde, wo er 1615 starb. 4.) Wolfgang Fehmel.
5.) Daniel Fehmel, gestorben 1658. 6.) George Tobias Müller, gestorben
1703. 7.) M. Michael Christoph Eschenbach aus Jeßen, seit 1704 hier
als Pfarrer vociert, gestorben 1738. 8.) M. J. Gottlob Kretzschmar aus
Liebenau gebürtig, seit 17387 bis zu seinem Tode 1775. 9.) Christian
Friedrich Mehnert, gebürtig aus Frauenhain, vociert als Substitut
des hiesigen Pfarrers den 1. Februar 1770, trat 1775 in den vollen Genuss
der Stelle und starb den 24. Dezember 1804. 10.) Hermann Friedrich August
Gehe, geboren 1782 zu Reval in Estland, wo sein Vater, der späterhin
Superintendent in Oschatz war, damals das Amt eines Professors der Theologie
und hebräischen Sprache am damaligen Kaiserl. akad. Gymnasium bekleidete,
trat den 21. September 1803 sein Amt in Merkwitz an und starb daselbst
184. 11.) M. J. Karl Theodor Zerche, geboren 1790 in Ganzig bei Oschatz,
früher Subrektor am Gymnasium zu Torgau; 1815 nach Merkwitz berufen
und seit dem 1. Januar 1823 Pfarrer in Wellerswalde und Liebschütz.
Er starb in Wellerswalde im Jahr 1830. 12. Karl Sigismund Müller,
geboren in Oschatz 1798, Pfarrer hier seit dem 1. Januar 1823.
Die hiesige Kirche ist geräumig
und lichtvoll, überhaupt durch die Reparatur im Jahr 1811 eine der
einfachsten und freundlichsten in hiesiger Gegend geworden. Nun wäre
zu wünschen, dass eine mit Glastüren versehene Vorhalle in das
Schiff der Kirche führte, wodurch auch die Treppen auf die Emporkirchen
verdeckt würden, was sich wohl ohne großen Kostenaufwand ins
Werk setzen ließe. Bei dem Wiederaufbau der Kirche im Jahr 1713 ist
über den einzigen Eingang derselben folgende, jetzt fast unleserlich
gewordene Inschrift gesetzt worden:
Soli Deo. Ex Munificentia
Augustissimi Poloniarum Regis e Electoris Saxoniae Friederici Augusti,
jussuque Collatoris et Supenintendentis in Oschatz Dr. Johannis Bosseck.
SS. Th. Doct. celeberrimi, nec non approbatione Johannis Pauli Vockel,
Praefecti Regii in Oschatz Templum hoc reparatum est; Pastore M. Mich.
Christoph. Eschenbach Jessensi Saxone nico minist. Xaet. XLII. |